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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig "Zwischen Löckchen und Luther", Eine Novelle


 
 
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Rodja R.
Erklärbär
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Beiträge: 4



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Beitrag02.07.2013 02:14
"Zwischen Löckchen und Luther", Eine Novelle
von Rodja R.
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Guten Abend.
Ich bin während einer frustrierten Pause auf das Forum gestoßen. Ihr kennt sicherlich die Momente, in denen jeder Satz zu kitschig, zu unbeholfen, zu abgrundtief furchtbar ist. Nunja, Ich kaue mir gerade die Nägel blutig um nicht alles bisher geschriebene zu löschen.
Ich arbeite an einer Novelle. Die Arbeit ist bereits relativ fortgeschritten und insgesamt könnte man wohl sagen, dass Ich meinem Ziel näherkomme. Jedoch habe Ich noch ein paar Zweifel, die eine handvoll fremder Meinungen vielleicht beseitigen können.

Ich werde das 1. Kapitel besagter Novelle hochladen, sodass man es per Word lesen kann.

Seid ehrlich. Wer sich die Zeit nehmen mag, kann mir auch gern seine Gedanken bezüglich der Thematik schicken.

Nun, äh, vielen Dank im vorraus.
Und Gute Nacht.

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Rodja R.
Erklärbär
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Beiträge: 4



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Beitrag02.07.2013 02:16

von Rodja R.
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Gottverdammte Datei. Zweiter Versuch.
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bordo
Geschlecht:männlichWortedrechsler
B


Beiträge: 83



B
Beitrag02.07.2013 02:23

von bordo
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Ich könnte mir die Zeit nehmen  Wink .
Zur Info: Der rote Teppich ist eigentlich dazu da, um sich vorzustellen, wird aber sicher bald verschoben.  Smile  

lg bordo
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Rodja R.
Erklärbär
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Beiträge: 4



R
Beitrag02.07.2013 02:32

von Rodja R.
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In Ordnung. Ich kapituliere.
Der Text ist nirgendwo zu finden. Die Datei, meine Ich. Also werde Ich sie doch im Fenster hochladen.

"Zwischen Löckchen und Luther";
1. Kapitel

Es scheint einer dieser Tage zu werden, an denen der Himmel sich nicht entscheiden kann ob er regnen soll, denke Ich und wende den Blick vom gläsernen Bahnhofsdach ab. Ich mag mich auch täuschen. Das Glas ist von den ewigen Wetterwechseln ganz trüb und wird von einem Adernetz aus Stahlstreben gestützt. Aber die Wolken sahen auch schwer und grau aus, als ich aus dem Haus ging. Es wird wohl doch regnen, früher oder später. Na, wie dem auch sei.
An sich ist mir das Wetter egal, aber irgendwie muss Ich mich ablenken um nicht dauernd auf die Uhr zu starren. Als ich vor einer halben Stunde aufwachte, war ich völlig orientierungslos und mich packte die Angst verschlafen zu haben. Irgendwie habe Ich es geschafft innerhalb von zehn Minuten in die Dusche, in die Kleidung und aus dem Haus zu spurten. Auf die Uhr zu sehen fiel mir erst auf halbem Weg ein und jetzt lungere Ich seit einer Viertelstunde auf dem Gleis und wünsche mir eine Tasse Kaffee und eine Ibuprofen.
In der Hoffnung Ich könnte eine bei mir haben krame ich in meinen Hosen- und Jackentaschen, doch alles was Ich finde ist ein Juicy Fruit.
Na, besser als nichts, murmele Ich und stecke es mir in den Mund.
Schon beim zweiten Kauen beginnt ein Zahn zu schmerzen als spanne man den Nerv auf eine Streckbank und ich spucke das Kaugummi wieder aus.
In dem Augenblick kommt ein pickliges Gesicht in einer Bahn-uniform in meine Richtung gelaufen und wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Um einer Diskussion um Verschmutzung öffentlichen Eigentums, oder schlimmer noch, dem Aufheben des angekauten Dings zu entgehen, trete ich vorsorglich den Rückzug an und schlendere Richtung Gleisende.
Auf halbem Wege kann ich mich nicht länger beherrschen und werfe einen Blick auf die Uhr neben der nächsten Anzeigetafel. Genau 11 Uhr. Der Zug sollte um 11:05 ankommen. Das bedeutet, dass ich noch zehn Minuten tot schlagen muss.
Fünf Meter neben dem Raucherquadrat beziehe Ich, an einen Snackautomaten gelehnt, Stellung. Das Gleis füllt sich allmählich mit angehenden Passagieren und Menschen aller Altersklassen, die auf die Ankommenden warten. Noch trennen mich dreißig unbestandene Meter Gleis von dem summenden Knäuel, doch es schwillt nun stetig an und kommt immer näher.
Ich fische eine Zigarette aus dem Päckchen in meiner Jackentasche und zünde sie an. Nach dem ersten Zug muss Ich husten und während meine Lungenflügel kontrahieren und ein rhytmisches Stechen in meinem Hinterkopf einsetzt fällt mir ein, dass Ich heute noch nichts getrunken habe und durstig bin.
Soweit ich weiß, steht am Gleisanfang ein kleiner Kiosk.
Eine tiefe Unlust breitet sich in mir aus bei dem Gedanken mich durch die schnatternde Masse drängen zu müssen, doch mein Hals ist rauh wie Schleifpapier und das Stechen im Hinterkopf hält an.
Leise summend schlendere Ich also zurück. Nach ein paar Metern kommt mir wieder die picklige Uniform entgegen. Ich bin dabei ihn zu ignorieren, doch plötzlich hebt er einen Arm und sagt „Hey, entschuldigen Sie mal!“
Ohne langsamer zu werden blicke Ich ihm in die Augen und sage „Nein.“
Aus den Augenwinkeln sehe ich noch, wie er verdutzt innehält, da stellt sich bereits eine quäkende Lautsprecherdurchsage zwischen uns.
Fünf Meter weiter befinde Ich mich bereits im Herzen der Masse. Das Summen ist nun zu einem lauten Grollen gewachsen, aus dem dann und wann vereinzelte Worte hervorbrechen. Ich nehme einen letzten Zug von meiner Zigarette und schnippse sie aufs Gleis.
Mit einemmal werde Ich mir der unzähligen Störquellen bewusst. Eine Armlang vor mir steht eine Familie und unterhält sich lautstark, links von mir brüllt eine blondierte Frau ins Handy, Lautsprecherdurchsagen dröhnen von allen Ecken und Enden und über die gesamte Kulisse legt sich das Knattern von Kofferrollen und das grelle Kreischen von Zugbremsen. Die weite Halle des Bahnhofs, in der sich die Geräusche nur noch ungestörter ausdehnen um von den steinern-verzierten Wänden zu resonieren verstärkt den Eindruck im Kern eines Tsunamis zu stecken noch zusätzlich
Überwältigt schließe Ich die Augen und sämtliche Geräusche verschmelzen in meinem Kopf zu einem formlosen Dröhnen, dass mir die Schädeldecke zu sprengen droht.
Ich flüchte hastig in den Kiosk und atme dort erst einmal durch. Der Kiosk ist eine Art Plastikquadrat. Die Geräusche sind hier nur gedimmt wahrzunehmen und das Dudeln des Radios hinter der Theke ist erträglich.
„Eine Flasche Wasser bitte“, sage ich zu der jungen Frau nachdem ich mich einigermaßen beruhigt habe. Sie sieht ein wenig merkwürdig aus, aber das tut grad nicht zur Sache.
„Still oder mit Sprudel?“ fragt Sie.
„Ähm, still, ja, still bitte.“
„Kommt sofort.“
Ich beobachte, wie sie aus einem dieser Getränke-Glas-Kühlschränke, oder wie die Dinger halt heißen, eine Flasche Wasser fischt. In der Reihe darüber stehen verschiedene Sorten Bier.
Eigentlich wäre es ja eine nette Geste, schließlich habe Ich Jean seit über drei Monaten nicht mehr gesehen. Er würde sich bestimmt darüber freuen. Als ich ihn Anfang des Jahres in Berlin besucht habe lief es auch nicht so ganz nach Vorstellung. Wir hatten uns ja vorgenommen seinen Geburtstag ruhig und zu zweit zu verbringen. Bis drei in der Kneipe sitzen, Erdnüsse essen, trinken, quatschen und Rock hören. Doch als Ich abends ankam empfing er mich mit einer Horde von neuen Freunden und es endete damit, dass wir halb Berlin abgrasten und keinen Moment für uns hatten. Das er mich am nächsten Tag zum Bahnhof begleitete machte auch keinen Unterschied mehr.
Wir saßen nur völlig apathisch auf den Stufen vor einem der Seiteneingänge. Zwischen uns eine halbvolle Coke und eine kalte Currywurst.
Als Ich dann eine halbe Stunde später in den Zug einstieg, mich nochmal umdrehte und sah, wie er langsam auf die Treppen zuging, da durchzuckte mich der Gedanke, dass dies das Ende sein könnte und ich wurde furchtbar traurig.
Ein paar Stunden später relativierte sich das vermeintliche Ende zwar, als wir völlig unbeschwert eine Stunde telefonierten und er, als ich ihm von dem Gedanken erzählte nur lachte und sagte Ich könne nicht mit Teilekater umgehen, doch es war trotzdessen nicht mehr wie früher.
Seit er damals aus der Klinik kam und umzog hatte sich etwas verändert. Irgendwie war uns die Leichtigkeit verloren gegangen. In den ersten zwei Jahren hatten wir uns nie gestritten obwohl wir pausenlos zusammen waren, doch nun war da ständig dieser Druck. Vielleicht gerade weil man sich nicht regelmäßig sah. Als müssten wir jede Sekunde perfekt gestalten oder wenigstens das meistmögliche aus ihr herausquetschen. Das man mit so einer Einstellung nur scheitern kann ist uns wohl beiden bewusst, doch diese Erwartungshaltung zu verändern scheint uns unmöglich zu sein.
Was es auch ist, wir können es später in Ruhe besprechen.
Während Ich meinen Gedanken nachhänge fühle ich auf einmal, trotz ihnen, Freude in mir aufsteigen. Jean wird in wenigen Minuten hier ankommen. Er wird aus der Zugtür steigen, seine rote Segeltasche tragend, und mir ein breites Grinsen schenken.  
Ja, Ich muss ihm definitiv eine kleine Freude machen.
„Das macht dann 1,75“ , sagt die junge Frau.
„Könnte Ich noch zwei Beck’s dazu bekommen?“
Wir werfen beide unweigerlich einen Blick auf die Uhr. 11:02. Der Zug sollte bald da sein.
„Selbstverständlich“, sagt sie, etwas weniger freundlich, und fischt zwei Flaschen hervor.
„Das macht dann 4,95.“
Ich ziehe einen Fünf-Euro Schein aus meiner Hosentasche und gebe in ihr.
„Den Rest können sie behalten.“
Dann stecke Ich das Bier jeweils in eine Jackentasche, schnappe mir das Wasser und gehe.
Da Ich nichts anderes zu tun habe, krame Ich mein Handy hervor und sehe, dass Ich eine neue SMS habe. Sie ist von Jean und kam um 9:57.
Hey man, der Zug ist vor fünf Minuten los. Steh also auf, du verkatertes Schweinchen. Ich erwarte dich pünktlich. Gruß und Kuß.

Merkwürdig, denke ich, die Zugfahrt dauert nicht einmal 90 Minuten und trotzdem sehen wir uns so selten. Nicht länger als eine Fahrt von Pankow zum Wannsee. Naja, ein kleiner Unterschied ist da schon. Nicht nur was den Preis betrifft. Aber trotzdem. 90 Minuten, das ist ein Katzensprung. Das es überhaupt nötig ist sich zwischen den Städten zu besuchen liegt ja auch an nichts anderem als einer Reihe unglücklicher Umstände. Bezeichnend, dass er, einen Monat nachdem ich von Berlin nach Leipzig gezogen bin, selbst nach Berlin zog.
Aber was sollte Ich machen? Alle rissen sich um einen Platz an der Humboldt oder FU. Mit meinem Zeugnis war da nichts zu machen. Noch ein Jahr zu verschwenden mit sinnlosen Nebenjobs wie Catering, Security oder Weihnachtsmann stand ausser Frage. Vorwärts kommen musste Ich. Das besagter Schritt der Beginn eines Studiums wurde lag wohl eher an mangelnden Alternativen, als an meiner Begeisterung erneut in die Welt akademischer Institutionen einzutauchen.  Als dann die Zusage aus Leipzig simultan mit den Absagen aus Berlin in meinem Briefkasten landete, war es als legte mir eine vernunftgeschwängerte Stimme die Hand auf den Rücken und flüsterte
Nun wird es aber Zeit, genug mit den Spielchen, denk an deine Zukunft!
Aber was bedeutet das eigentlich?
Als ich gerade anfing als Caterer zu arbeiten, wurde ich für einen Tag ins jüdische Museum geschickt, wo Ich Geschirr abräumte, Bestellungen aufnahm und die letzten drei Stunden an der Kasse der Cafeteria stand. Die Arbeit an der Kasse teilte Ich mit einer emsigen Mitt-Dreißigerin. Einer leicht pummeligen Frau. Eine von denen, die in der Schule den Lehrer daran erinnerte die Hausaufgaben zu überprüfen. Unangenehmer Charakter.
Natürlich behielt ich meine Meinung für mich. Die Kundschaft kam immer in kurzen, dafür arbeitsintensiven Schüben. Zwischendurch unterhielten wir uns und nach und nach wurde Ich neugierig. Ich beobachtete ihren Umgang mit den Kunden und kam nicht umhin ihre Höflichkeit zu bemerken.
Sie war beinahe zu extrem. Als bedrohe sie die Leute mit einem Stück Torte. Einen Finger an der Gabel.
In einer ruhigen Minute, während wir uns über die Arbeit unterhielten, fragte Ich sie dann, wie Sie es schaffte eine derart optimistische Ausstrahlung an den Tag zu legen?
Sie ließ sich Zeit zum überlegen. Schließlich sagte sie mit ernstem Gesicht:
„Ich weiß nicht genau, es gibt mir einen Kick, wenn Ich selbst bei sehr unhöflichen Kunden meine positive Ausstrahlung beibehalte und diese später wieder kommen um sich bei mir zu entschuldigen.“
„Kommt das denn öfters vor?“ fragte ich.
„Nicht öfters, aber manchmal“ sagte sie. Dann kam auch schon der Nächste und bestellte ein Stück Nusskuchen und einen Milchkaffee.
Das kurze Gespräch ist mir im Gedächtnis geblieben und einer der Gründe, weshalb Ich mich entschloss zu studieren. Was ich tun wollte wusste ich nicht, scheiße, ich weiß es immer noch nicht. Aber auf einen Funken Anstand von Fremden zu warten und mich in Knigge-Moral zu suhlen ist es sicherlich nicht.
Eine Ansage dröhnt über unseren Köpfen. Ich verstehe kein Wort, gottverdammte Sachsen, doch die Umstehenden werden rastlos. Wie eine Horde Büffel kurz vor der Fütterung. Zu meiner Linken hüpft ein kleines Mädchen auf und ab und rupft dabei an der Hand ihrer Mutter.
„Oma kommt, Oma kommt,...“
„Ja, mein Schatz. Gleich kommt Oma. Jetzt sei geduldig, bis der Zug da ist.“
„Oma kommt, Oma kommt,...“
Ich dränge mich ein paar Meter weiter und finde wiederum neben einem Snackautomaten Zuflucht. Die Wartenden sind jetzt bis ans Ende des Gleises vorgerückt. Manche stehen sogar unter offenem Himmel. Die äusserste Haut des Mobs, die zwei Meter Stein von mir trennen, bilden zwei breitschultrige Kerle mit Basecaps auf den kurzgeschorenen Schädeln.
Kleine Schlücke Wasser trinkend, schweifen meine Augen von einem Ende des Gleises zum Anderen. So voll habe ich es noch nie gesehen. Nicht nur hier.
Langsam aber sicher bekomme Ich das Gefühl etwas verpasst zu haben. Vielleicht ist heute ein wichtiger Feiertag. Oder ein sächsisches Volksfest.
Was es auch ist, die Lautstärke ist unerträglich. Selbst von aussen betrachtet fühle ich klaustrophobische Panik in mir aufsteigen.
In dem Augenblick fährt der Zug ein. Aus allen Ecken ertönt nun Grunzen und das Geräusch von scharrenden Sohlen auf Stein, während der Zug bedächtig die Gleise entlang gleitet.
Kurz bevor Er mich passiert, taucht ein grobkörniger Film vor meinen Augen auf, ähnlich den Stummfilmen der Zwanziger, wie Ich mit Anlauf in die Kerle vor mir springe. Es sollte reichen um die erste Reihe, wie Dominosteine, vor den Zug fallen zu lassen. Die wabernde Eleganz und die kühle Schnauze des ICE’s ist reine Illusion. Ohne einen Bruchteil an Geschwindigkeit zu verlieren würde er die Unglücklichen zermalmen. Ein Augenblick der Stille würde herrschen, dann bräche die Panik los und die Herde würde sich gegenseitig zertrampeln.
Ich schnappe aus meinen Film als ein lautes Zischen ertönt. Als löse sich ein Knoten. Dann öffnen sich die Türen und die ersten Passagiere steigen aus. In einem Bruchteil von Sekunden erklingen aus allen Richtungen Schreie der Begrüßung, der dumpfe Knall eines fallengelassenen Koffers.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und halte Ausschau nach Jean, doch in dem Gewusel ist es unmöglich ihn auszumachen. Ich werde wohl oder übel warten müssen, bis das Knäuel sich löst. Gott sei Dank ist er keiner von denen, die sich eigenhändig auf die Suche machen. Nein, er wartet darauf gefunden zu werden.
In Angesicht der unbestimmten Wartezeit trinke ich den Rest des Wassers in einem Schluck, stelle die Flasche zu Boden und zünde mir dann eine Zigarette an. Die sandige Beschaffenheit meines Halses ist einer erträglichen Räuhe gewichen und auch das Stechen ist nichts als ein Echo seiner selbst. Unbewusst versuche ich die Hände in die Jackentaschen zu stecken und erst da erinnere ich mich an das Bier. Das Glas ist kalt und dort wo es den Rand des Stoffs berührt haben sich kleine feuchte Flecken gebildet. Bei einer der Flaschen ist die Alufolie ein wenig abgeschabt. Nur ganz fein, wie von einem weiblichen Fingernagel. Mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand fahre ich das kühle grüne Glas entlang und fange einen Tropfen auf. Ich lege den Finger an die Lippen und meine einen Hauch Hopfen zu schmecken. Im nächsten Augenblick überkommt micht das Verlangen die Flasche jetzt, sofort zu öffnen, doch unmittelbar darauf dimmt ein Kontergedanke die Lust. Die zwei Minuten werde Ich noch warten können. Und wäre es nicht nett schon am Gleis mit Jean anzustossen?
Als hätte die Welt meinen Gedanken gelesen spüre Ich im nächsten Moment eine Hand auf meiner Schulter. Langsam, ganz langsam um den Moment auszukosten drehe Ich mich um und blicke auf einmal wieder in das unrasierte, breit grinsende Gesicht von Jean.
„Lang ist’s her mein Lieber“ sagt Jean.
„Verdammt lang“ sage Ich.
Dann umarmen wir uns. Er riecht nach Bier und dieser Gelpaste die er immer benutzt. Spielerisch knuffe ich ihm in die Seite und er drückt mir lachend einen Kuss auf den Hals bevor wir uns aus der Umarmung lösen.
„Ist ja ganz schön was los hier“ sagt er und wirft einen Blick über die Schulter.
„Ja, auf jeden, hatte mich schon darauf eingestellt eine Ewigkeit zu warten, da du dich ja nie vom Fleck bewegst“ sage Ich.
„Tja, dieses mal habe Ich es mir anders überlegt“ entgegnet er lächelnd.
Ich will gerade das Bier aus meinen Taschen nehmen, da legt er nochmals die Hand auf meine Schulter und sagt „Übrigens, Bruder, das ist Anna.“
Erst als er das sagt fällt mir die schlanke Brunette auf, die rechts neben ihm steht. Sie ist hübsch, wirklich, wirklich hübsch. Ein Katzengesicht mit dunkel akzentuierten, grünen Augen, die mich hypnotisch anfunkeln. Völlig verwirrt sehe ich sie reglos an, da kräuseln sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln auf, sie tritt einen Schritt auf mich zu und sagt in einer honig-rauchigen Stimme „Hallo Karel. Schön dich endlich kennenzulernen. Jean hat schon soviel von dir erzählt.“
Sie reicht mir die Hand, bedächtig, als führe sie sie ein Podest hinauf. Ich ergreife sie und entgegne umständlich „Schön, ich meine, ich hoffe doch nur Gutes.“
Kurz legt sich ein perplexer Ausdruck über ihre Züge, doch sogleich schüttelt sie ihn ab und lächelt wieder freundlich. Unsere Hände sind nun wieder an unseren Seiten, doch ich bin immer noch verwirrt. Wer ist das?
Bevor ich den Gedanken weiterverfolgen kann, unterbricht ihn Jean:
„Alter, der Bahnhof erinnert mich irgendwie an einen Flugzeughangar. Ein wenig wie der Kölner Bahnhof, nur sauberer und, kein plan, griechischer.“ Er lächelt ironisch.
„Stimmt, die Steinpfeiler sehen toll aus“ zwitschert Anna, den Kopf in den Nacken gelegt. Ich folge ihrem Blick und bleibe an den Tauben hängen, die von Strebe zu Strebe fliegen.
Kurz frage ich mich, ob die Decke schon immer so hoch war, doch dann setzt wieder die Verwirrung ein und mit ihr das Stechen im Hinterkopf. Anna, Anna, irgendwie kommt mir der Name bekannt vor. Moment..
„Hey man, woran friemelst du eigentlich die ganze Zeit herum?“ fragt Jean mich auf einmal.
„Bitte? Achso,..“ Erst jetzt bemerke Ich, dass ich die ganze Zeit die Alufolie einer Flasche abgeschabt habe. Von einem Anflug Irritation begleitet sehe ich, dass sie jetzt unter meinen Fingernägeln klebt. Ich nehme die Flaschen heraus.
„Ja, ich hab vorhin zwei Flaschen Beck’s gekauft. Dachte wir stoßen schon am Gleis an.“ Während ich Jean die eine Flasche hinhalte, bemerke ich, dass wir ja zu dritt sind und werfe Anna einen Blick zu. Doch sie scheint meinen Gedanken gelesen zu haben und sagt mit einem entwaffnenden Lächeln
„Keine Sorge. Um die Uhrzeit trinke Ich sowieso noch nicht.“
Jean zuckt die Schulter und wirft mir einen Blick zu. Dann nimmt er die Flasche entgegen. Er öffnet sie mit seinem Feuerzeug und stößt mit mir an. Der präzise Ton rüttelt etwas in mir wach. Ich öffne meine Flasche mit meinem Feuerzeug, nehme einen großen Schluck und schließe die Augen.
Richtig. Jean hatte mir erst kürzlich von Anna erzählt. Er hatte sie auf der WG-Party eines, anscheinend, gemeinsamen Bekannten getroffen. Das dürfte vor drei oder vier Wochen gewesen sein. Er hatte auch noch erzählt was sie machte. Ich glaube es war studieren, aber genau erinnere ich mich nicht mehr. Darauf folgte dann seine übrige Tour. Das schnelle Verlieben. Stürmische, detaillierte Berichte was wann wo passiert. Und jetzt hatte er sie mit zu mir gebracht. Nachdem wir uns drei gottverdammte Monate nicht mehr gesehen hatten bringt er die Schlampe, die er seit einer Woche vögelt mit zu unserem Wiedersehen. Meine Fresse Jean!
Einen Augenblick lang bin ich fest entschlossen einfach wegzugehen, die beiden stehen zu lassen. Ob sie sich darüber wundern würden. Ob Jean sauer würde. Das wäre nicht mein Problem. Ich würde es wohl tun, wenn meine Füße nicht wie festgewachsen am Boden klebten und ein ebenso starkes Verlangen, trotz allem, Zeit mit Jean zu verbringen in mir wäre.
Ich muss mir nichts vormachen. Aber warum zwingt er mich stets dazu, diese gottverdammten Bissen hinunterzuwürgen?
Als ich die Augen wieder öffne, sehe ich die beiden in inniger Umarmung. Jean scheint Anna etwas ins Ohr zu flüstern, denn sie lacht neckisch und zwickt ihm in die Hüfte.
Ohne das ich es bemerkt habe, hat sich das Gleis geleert. Ausser uns dreien stehen nur noch vereinzelte Büffel umher, die ungeduldig auf ihre Armbanduhren- und nervös in alle Richtungen schauen. Ansonsten tobt er weiter, der Alltag im Bahnhof. Die Durchsagen dröhnen metallisch aus den Lautsprechern und  zwei ICE’s und ein paar gleisvoll Regionalbahnen warten darauf ihre Fahrt zu beginnen. Alles wie immer.
Mit einem schnellen Schluck leere ich die Bierflasche und stelle sie auf den Boden. Ein leichtes Sodbrennen hat eingesetzt, was daran liegen könnte, das Ich noch nichts gegessen habe. Jedoch ist das Stechen im Hinterkopf verschwunden und auch mein allgemeines, körperliches Wohlbefinden hat sich verbessert. Ich sollte jetzt nichts überstürzen. Zuerst einmal gehen wir zu mir, essen einen Happen, trinken ein paar Gläser Wein und danach wird es schon angenehmer werden. Ich denke das und eine seelische Übelkeit steigt in mir auf. Doch vielleicht ist es auch nichts weiter als mein Stolz der sich regt. Ein ungünstiger Zeitpunkt, mein Lieber.
„Hey, sollen wir zu mir gehen? Da könnt ihr euch erstmal von der Fahrt ausruhen und..“ sage ich und lasse den Rest des Satzes unausgesprochen. Die beiden lösen ihre Umarmung. Jean schultert seine rote Segeltasche, Anna hat eine braune Lederreisetasche bei sich, die sich an den Seiten wölbt. Gott Mädchen, es sind doch nur 30 Stunden.
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Harald
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Beitrag02.07.2013 08:53

von Harald
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Hallo Rodja R.

Zwei Sachen auf die Schnelle, neben einigen Fehlern, die es noch auszumerzen gilt, sprangen mich zwei Sachen geradezu an:

Du schreibst in der Regel "Ich" groß, also nicht nur am Satzanfang, das wird im Satz auf jeden Fall klein geschrieben!

Dann lässt du dich und andere Reisende "auf dem Gleis stehen", saugefährlich, besser seid ihr auf dem Bahnsteig aufgehoben.

Und noch etwas, man schreibt in der Regel "zusammengesetzte" Wörter, wie der Name schon sagt, zusammen, also nicht "Mitt-Dreißigerin", sondern "Mittdreißigerin" - und da das Wort echt Sche…ße aussieht, "Eine Frau Mitte Dreißig" …


 Wink


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Rodja R.
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Beitrag05.07.2013 15:19

von Rodja R.
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Möchte nicht ungeduldig erscheinen, aber gibt es keine weiteren Meinungen?

Ein "Ja" oder "Nein" reicht mir völlig. Bin diesbezüglich relativ anspruchslos.
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Harald
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Beitrag05.07.2013 15:39

von Harald
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Hallo Rodja,

ich fürchte, du missverstehst ein solches Forum.

Wir warten hier nicht gespannt darauf, dass neue Mitglieder kommen, einen Text "hinrotzen", einen ersten Kommentare unbeachtet lassen um sich dann Tage später über die Untätigkeit anderer zu beschweren …

An und für sich ist ein Geben und Nehmen angesagt, wobei da nichts auf die Golwaage gelegt wird bezüglich Menge und Art der Beiträge, aber dieser Vorwurf jetzt, das war wohl nix!

Ich bin raus!


 Rolling Eyes


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Paradigma
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Beitrag05.07.2013 17:06

von Paradigma
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@Harald
Langsam nervt es mich, dass du hier immer wieder neuen Mitglieder dumm kommst wegen Rechtschreibfehlern und Formalien. Reicht doch wohl, das du letztens erst ein Neumitglied so heftig kritisiert hast, das sie entnervt den Account wieder gelöscht hat.
---

Liebe Rodja,

bevor du auch das Handtuch wirfst - ich schau mir gerne deinen Text an, er ist aber ziemlich lang, deshalb braucht es schon seine Zeit mit einem Feedback.
Ich werde auch nur den ersten Teil "besprechen", mehr Zeit habe ich gerade nicht.

Also, etwas Geduld bitte.


_________________
Schreib den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt auch den zweiten lesen will.

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Paradigma
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Beitrag06.07.2013 08:44

von Paradigma
Antworten mit Zitat

So, ich hoffe, du bist noch da ...

Ich habe den ganzen Text gelesen, hin und wieder schweift du aus und beschreibst Dinge, die nicht in die Geschichte zu passen scheinen. Soll das der Geschichte mehr Dichte geben und mehr Hintergrund? Meiner Meinung (!) nach funktioniert das in dieser Geschichte nicht nicht, es lenkt den Leser vom Inhalt ab und und man fragt sich, worum es eigentlich geht in der Geschichte.

Geht es um die Beziehung zwischen Jean und dem Ich-Erzähler? Oder um die Gründe für die beruflichen Entscheidungen des Erzählers, um Kassiererinnen und ihre Weltanschauung, und Wahl des Studienplatzes? Oder gehts um die Beschreibung von Warten auf einem Bahnhof, Beschreibung von Sinneseindrücken in einer Menschenmenge und beim Wasser kaufen?

Bis zum Ende musste ich übrigens dreimal meine Annahme über den Ich-Erzähler ändern. Erst dachte ich - ein Mädchen wartet auf ihre "Beziehung", die schlecht läuft. Dann dachte ich an einen homosexuellen Mann, der auf seinen Partner wartet. Begrüßt wird er dann mit "Bruder" - aber auc hda bin ich nicht sicher, ob tatsächlich ein leiblicher Bruder gemeint sein kann. (Warum sollte ich mir wegen eines Bruders große Sorgen um unsere Geschwisterbeziehung machen, nur weil da mal ne Horde Freunde mit dabei ist wenn wir uns sehen? Bro ist Bro und bleibt Bro. Da Erlebt man im laufe einer Geschwisterbeziehung härtere Klöpse ...). Sandkastenkumpel? In dem Falle ist der Ich-Erzähler aber ein seltsam anhänglicher Loser.

Wie gesagt, solche intensiven Verlustgefühle hat man einem Partner gegenüber, nicht bei einem Freund ... für den freut man sich eher, das er ne Menge Spaß hat und endlich die große Liebe gefunden hat ... das verwirrt mich also wirklich.

Zitat:
Es scheint einer dieser Tage zu werden, an denen der Himmel sich nicht entscheiden kann ob er regnen soll, denke Ich und wende den Blick vom gläsernen Bahnhofsdach ab. Ich mag mich auch täuschen. Das Glas ist von den ewigen Wetterwechseln ganz trüb und wird von einem Adernetz aus Stahlstreben gestützt. Aber die Wolken sahen auch schwer und grau aus, als ich aus dem Haus ging. Es wird wohl doch regnen, früher oder später. Na, wie dem auch sei.

Möglich, das der Absatz zu lang ist, aber vielleicht auch nicht, und ich kümmere mich eben um anders, ich könnte mich täuschen. Wahrschinlich ist er doch zu lang, irgendwie. Egal, wie dem auch sei.

Hm, den Charakter hast du damit schon treffend eingeführt, nicht wahr? Nix genaues weiß er nicht, das scheint die rote Linie zu sein. Als Leser (der noch nicht weiß, das dieser Abschnitt eine Charakterbeschreibung darstellt), finde ich diese Beschreibung irritierend und nervig. Könnte gut sein, das ich das Buch / Geschichte hier wieder weglege.

An sich ist mir das Wetter egal, aber irgendwie muss Ich mich ablenken um nicht dauernd auf die Uhr zu starren. Als ich vor einer halben Stunde aufwachte, war ich völlig orientierungslos und mich packte die Angst verschlafen zu haben. Irgendwie habe Ich es geschafft innerhalb von zehn Minuten in die Dusche, in die Kleidung und aus dem Haus zu spurten. Auf die Uhr zu sehen fiel mir erst auf halbem Weg ein und jetzt lungere Ich seit einer Viertelstunde auf dem Gleis und wünsche mir eine Tasse Kaffee und eine Ibuprofen.

Hier werde ich als Leser überfahren. Husch, husch muss ich meinem Prota hinterher, und ich wünsche mir auch einen Kaffee und eine Aspirin. Erst so langsam, jetzt so hektisch ...

In der Hoffnung Ich könnte eine bei mir haben krame ich in meinen Hosen- und Jackentaschen, doch alles was Ich finde ist ein Juicy Fruit.
Na, besser als nichts, murmele Ich und stecke es mir in den Mund.
Schon beim zweiten Kauen beginnt ein Zahn zu schmerzen als spanne man den Nerv auf eine Streckbank und ich spucke das Kaugummi wieder aus.
In dem Augenblick kommt ein pickliges Gesicht in einer Bahn-uniform in meine Richtung gelaufen und wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Um einer Diskussion um Verschmutzung öffentlichen Eigentums, oder schlimmer noch, dem Aufheben des angekauten Dings zu entgehen, trete ich vorsorglich den Rückzug an und schlendere Richtung Gleisende.

Und wieder zurück auf langsam. Zoom, Suche nach Tablette, Kaugummi, Zahnschmerz, du erzählt in Zeitlupe.

Auf halbem Wege kann ich mich nicht länger beherrschen und werfe einen Blick auf die Uhr neben der nächsten Anzeigetafel. Genau 11 Uhr. Der Zug sollte um 11:05 ankommen. Das bedeutet, dass ich noch zehn Minuten tot schlagen muss.

Hier gehst du davon aus, das jeder Leser sofort kapiert, das Züge immer 5 Minuten zu spät kommen? Halte ich für risikoreich.

Fünf Meter neben dem Raucherquadrat beziehe Ich, an einen Snackautomaten gelehnt, Stellung. Das Gleis füllt sich allmählich mit angehenden Passagieren und Menschen aller Altersklassen, die auf die Ankommenden warten. Noch trennen mich dreißig unbestandene Meter Gleis von dem summenden Knäuel, doch es schwillt nun stetig an und kommt immer näher.

Ich dachte, die Passagiere kommen allmählich, nicht als summendes Knäuel? Die beiden Bilder passen nicht zusammen.

Ich fische eine Zigarette aus dem Päckchen in meiner Jackentasche und zünde sie an. Nach dem ersten Zug muss Ich husten und während meine Lungenflügel kontrahieren und ein rhytmisches Stechen in meinem Hinterkopf einsetzt fällt mir ein, dass Ich heute noch nichts getrunken habe und durstig bin.

Gut, der Ich-Erzähler wird in allen Details dargestellt. Ich weiß das er wartet, am Bahnhof, vermutlich ERWARTET er jemanden. Soweit so langweilig. Mann wacht auf, ist zu spät dran, hat kein Organisationstalent, rennt einfach so los und langweilt sich auf dem Gleis. Bis jetzt habe ich nichts gefunden, das mich an dem Protagonisten wirklich interessieren würde. Ich weiß nicht, wen er er erwartet, welche Hoffnungen oder Befürchtungen sich mit dem Besuch verknüpfen, es gibt keinen Konflikt, nur langweiligen Alltag.



Meine Empfehlung: Streiche alles, was nicht zur unmittelbaren Geschichte gehört (Uniwahl, Kassiererinnen) und schau zu, das du in den ersten Absätzen, möglichst früh, andeutest, wie wichtig der Besuch heute ist, und möglichst auch einen Konflikt, der sich andeutet. Dein Konflikt kommt erst am Ende des Textes, wenn der Freund zusammen mit seiner Tussi aussteigt. Nach 2480 Wörtern kommst du mal mit dem Problem um die Ecke. (gut, Andeutungen gab es ja vorher schon ...)

Ansonsten: Du schreibst flüssig, formulierst tolle Sätze, kannst Stimmung aufbauen, nicht mal Harald hatte groß was an der Rechtschreibung zu meckern (ich nehme an, das Ich ist absichtlich groß geschrieben).

Weiß nicht, wie andere das sehen, das man die Beziehung ICH- Jean nicht einschätzen kann. Mich hat das eher genervt, aber andere lieben vielleicht den AHA-Effekt, den das mit sich bringt.


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Rodja R.
Erklärbär
R


Beiträge: 4



R
Beitrag07.07.2013 00:38

von Rodja R.
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Hi Paradigma,

vielen Dank für deine Rückmeldung. Ich habe mir, anhand deiner Kommentare, den Text nochmals vorgenommen und vor ein paar Stunden mit dem (massiven) Umschreiben begonnen.

Ich finde es übrigens interessant, wie du darauf kommen konntest, dass der Ich-Erzähler eine Sie ist. Kann es sein, dass du von dem Namen "Rodja" darauf geschlossen hast? (Reines Interesse meinerseits)

(Rodja ist übrigens die Abkürzung von Rodion. Das R. steht für Raskolnikow)

Harald. Es mag sein, dass Ich etwas ungeduldig war. Vielen Dank auch für deine Beteiligung. Das "Ich" ist absichtlich groß geschrieben.
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Paradigma
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 54
Beiträge: 960
Wohnort: Östlich von Westfalen
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Beitrag07.07.2013 12:45

von Paradigma
Antworten mit Zitat

Wie bin ich auf eine "Sie" gekommen?

Hm, vielleicht tatsächlich, weil dein Avatar weiblich klingt, aber vor allem bin bin selber eine Frau, und gehe daher erst mal von MEINEM Geschlecht aus.

Dazu beschreibst du eine eher unsichere Person, die sich sehr in Detailbeobachtungen verliert und etwas chaotisch ist. Offenkundig ist "das Prota" wegen eines Besuchst hypernervös. Das verbinde ich vielleicht eher mit Frau als mit Mann. (Obwohl sich manche Frau vielleicht erst stundenlang zurechtgemacht hätte bevor sie sich zum Bahnhof aufmacht .. ich selber aber eher nicht).

Zitat:
Eigentlich wäre es ja eine nette Geste, schließlich habe Ich Jean seit über drei Monaten nicht mehr gesehen. Er würde sich bestimmt darüber freuen. Als ich ihn Anfang des Jahres in Berlin besucht habe lief es auch nicht so ganz nach Vorstellung. Wir hatten uns ja vorgenommen seinen Geburtstag ruhig und zu zweit zu verbringen.


Das war die Stelle, wo ich dann definitiv eine Frau angenommen habe. Hier gehts offenbar um eine Beziehung von enormer Bedeutung für "das Prota", und so wichtig ist einem üblicherweise nur eine Liebesbeziehung. Auch diese Sehnsucht nach zweisamkeit, intimität - sprach für mich dafür.) Das klassisches Modell ist da eben Mann-Frau. Es wird ein "er" erwartet, also muss "das Prota" eine "sie" sein.

Selbst ald dann durch das Pronomen klar war, das es ein männlicher Protagonist ist, habe ich immer noch ein (jetzt homosexuelles) Liebespaar im Kopf gehabt. Tatsächlich habe ich IMMER noch im Kopf, das der Protagonist in Jean verliebt ist ... ansonsten ist mir dieser extreme Wunsch nach Exclusivität nicht nachvollziehbar.

---

Ich hoffe, du kannst damit was anfangen. Wie gesagt, das sind nur meine Eindrücke. Wäre interessant zu erfahren, ob es Anderen auch so geht, oder ob das nur ich bin.


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adelbo
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Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag07.07.2013 14:45

von adelbo
Antworten mit Zitat

Hallo Rodja R.

Ich finde den Text genau wie Paradigma gut geschrieben, aber eben viel zu ausladend und deshalb auch ausladend.  Laughing
Ich habe einmal einen Abschnitt als Muster kopiert. der mir charaktristisch dafür erscheint. Manche Sätze sind für mich einfach zu konstruriert, zu gekünstelt, wie z.B. Die sandige Beschaffenheit ...


Zitat:
In Angesicht der unbestimmten Wartezeit trinke ich den Rest des Wassers in einem Schluck, stelle die Flasche zu Boden und zünde mir dann eine Zigarette an. Die sandige Beschaffenheit meines Halses ist einer erträglichen Räuhe gewichen und auch das Stechen ist nichts als ein Echo seiner selbst. Unbewusst versuche ich die Hände in die Jackentaschen zu stecken und erst da erinnere ich mich an das Bier. Das Glas ist kalt und dort wo es den Rand des Stoffs berührt haben sich kleine feuchte Flecken gebildet. Bei einer der Flaschen ist die Alufolie ein wenig abgeschabt. Nur ganz fein, wie von einem weiblichen Fingernagel. Mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand fahre ich das kühle grüne Glas entlang und fange einen Tropfen auf. Ich lege den Finger an die Lippen und meine einen Hauch Hopfen zu schmecken. Im nächsten Augenblick überkommt micht das Verlangen die Flasche jetzt, sofort zu öffnen, doch unmittelbar darauf dimmt ein Kontergedanke die Lust. Die zwei Minuten werde Ich noch warten können. Und wäre es nicht nett schon am Gleis mit Jean anzustossen?


Der Geschichte an sich kann ich gut folgen, ich mag gerne solche Momentaufnahmen. Auch finde ich, dass du die Situation auf dem Bahnhof sehr gut rüberbringst.
Die Empfindungen deines Ich sind in meinen Augen teilweise, ich nehme an bewusst, zu lapidar formuliert.
Ich bin auf die Überarbeitung gespannt.

LG
adelbo


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bordo
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B


Beiträge: 83



B
Beitrag07.07.2013 20:29

von bordo
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich zeige dir erst mal die orthografischen Fehler auf, um dann später auf die inhaltlichen näher einzugehen. Das das Ich immer großgeschrieben wird, hat es mir sehr schwer gemacht den Text zu lesen.

Es scheint einer dieser Tage zu werden, an denen der Himmel sich nicht entscheiden kann, ob er regnen soll,

An sich ist mir das Wetter egal, aber irgendwie muss ich mich ablenken, um nicht dauernd auf die Uhr zu starren.


Zitat:
Irgendwie habe Ich es geschafft innerhalb von zehn Minuten in die Dusche, in die Kleidung und aus dem Haus zu spurten.

Das solltest du umformulieren, weil man nicht in die Kleidung spurtet.
Vorschlag:Irgendwie habe ich es geschafft mich innerhalb von zehn Minuten anzukleiden, zu duschen und aus dem Haus zu spurten.

 Auf die Uhr zu sehen, fiel mir erst auf halbem Weg ein, jetzt lungere Ich seit einer Viertelstunde auf dem Bahnsteig, wünsche mir eine Tasse Kaffee und eine Ibuprofen. Der Satz gefällt mir ohne die zwei und besser.

In der Hoffnung Ich könnte eine bei mir haben, krame ich in meinen Hosen- und Jackentaschen, doch alles was Ich finde ist ein Juicy Fruit.

Um (einem Bußgeld) einer Diskussion wegen Verschmutzung öffentlichen Eigentums, oder schlimmer noch, dem Aufheben des angekauten Dings zu entgehen, trete ich vorsorglich den Rückzug an und laufe Richtung Bahnsteigende.
Wenn er der Aufsicht entkommen will, sollte er weglaufen anstatt wegzuschlendern.

Das bedeutet, dass ich noch fünf Minuten tot schlagen muss.

Ich nehme einen letzten Zug von meiner Zigarette und schnipse sie aufs Gleis.Mit einem Mal werde Ich mir der unzähligen Störquellen bewusst. Eine Armlänge vor mir steht eine Familie
Während Ich meinen Gedanken nachhänge, fühle ich auf einmal, trotz ihnen, Freude in mir aufsteigen.
Ich ziehe einen Fünf-Euro Schein aus meiner Hosentasche und gebe ihn ihr.
Noch ein Jahr zu verschwenden mit sinnlosen Nebenjobs wie Catering, Security oder Weihnachtsmann stand außer Frage.
Das besagter Schritt der Beginn eines Studiums wurde, lag wohl eher an mangelnden Alternativen, als an meiner Begeisterung erneut in die Welt akademischer Institutionen einzutauchen.
Als ich gerade anfing als Caterer zu arbeiten,
Vermeide Wortwiederholungen.
Was ich tun wollte, wusste ich nicht, scheiße, ich weiß es immer noch nicht.
Ohne einen Bruchteil an Geschwindigkeit zu verlieren, würde er die Unglücklichen zermalmen.
Ich schnappe aus meinem Film als ein lautes Zischen ertönt.
Zitat:
In einem Bruchteil von Sekunden

In einem Sekundenbruchteil
In Angesicht der unbestimmten Wartezeit
Angesichts finde ich da besser.  Wink
Das Glas ist kalt und dort wo es den Rand des Stoffs berührt hat, haben sich kleine feuchte Flecken gebildet.
Als hätte er meinen Gedanken gelesen, spüre Ich im nächsten Moment eine Hand auf meiner Schulter.
Spielerisch knuffe ich ihn in die Seite und er drückt mir lachend einen Kuss auf den Hals, bevor wir uns aus der Umarmung lösen.
„Tja, dieses Mal/diesmal habe Ich es mir anders überlegt
Jean hat schon so viel von dir erzählt- auseinander
 kein Plan, griechischer.“
Nachdem wir uns drei gottverdammte Monate nicht gesehen haben, bringt er die Schlampe, die er seit einer Woche vögelt, mit zu unserem Wiedersehen. Meine Fresse, Jean!
Außer uns dreien stehen nur noch vereinzelte Büffel umher, die ungeduldig auf ihre Armbanduhren- und nervös in alle Richtungen schauen. Ansonsten tobt er weiter, der Bahnhofsalltag. Die Durchsagen dröhnen metallisch aus den Lautsprechern und zwei ICE’s und ein paar Regionalbahnen warten darauf ihre Fahrt zu beginnen. Alles wie immer.

Du hast einen lockeren Schreibstil, verlierst dich aber zu oft in ausschweifende innere Monologe. Achte auf deine Beistrichsetzung. Auch ich dachte, dass der Protagonist eine Frau wäre. Der Kuss an den Hals ... Da wusste ich ja schon, dass er ein Mann ist. Aber die Gedanken sind doch sehr weiblich, vielleicht ist das Absicht? Ein den Klischees nicht entsprechender Mann. Wird er möglicherweise eine homosexuelle Neigung  an sich entdecken? Ich glaube nämlich, doch erkannt zu haben, dass Karels Gedanken schwärmerische sind.
  Question  Aber du kannst schreiben, finde ich, hast auch gute Formulierungen.

lg bordo
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Harald
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Beitrag07.07.2013 21:15

von Harald
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bordo hat Folgendes geschrieben:


 Auf die Uhr zu sehen, fiel mir erst auf halbem Weg ein, jetzt lungere Ich seit einer Viertelstunde auf dem Bahnsteig, wünsche mir eine Tasse Kaffee und eine Ibuprofen.


Im Großen und Ganzen stimme ich bis auf obige Änderung den Vorschlägen zu, ich würde das Komma dort nicht setzen …

 Wink


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adelbo
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Beitrag07.07.2013 21:28

von adelbo
Antworten mit Zitat

Zitat:
Auch ich dachte, dass der Protagonist eine Frau wäre. Der Kuss an den Hals ... Da wusste ich ja schon, dass er ein Mann ist. Aber die Gedanken sind doch sehr weiblich, vielleicht ist das Absicht? Ein den Klischees nicht entsprechender Mann. Wird er möglicherweise eine homosexuelle Neigung an sich entdecken? Ich glaube nämlich, doch erkannt zu haben, dass Karels Gedanken schwärmerische sind.


Das habe ich bei meinem ersten Kommentar vergessen,  mir kamen nie Zweifel, dass der Protagonist männlich ist. Ich finde schon, dass auch eine Männerfreundschaft solche Gedanken hervorrufen kann, ohne, dass dabei Sexualtiät im Spiel ist. Gemeinsam Erlebtes über einen längeren Zeitraum, hundertprozentig gleiche Wellenlänge, das verbindet und oft glaubt man unbewusst ein Recht darauf zu haben.


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