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_narrative
Eselsohr


Beiträge: 210
Wohnort: Augsburg


Beitrag13.04.2013 00:31
papier
von _narrative
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papier

du malst dich
in meine arme wie das
bittere nachbeben
anderer lieben

zeichnest meine
adern in rot und meine
lippen in blau ich will
dich verlieren

dich von meinen
gliedern kratzen die
farbe löschen mich
freilegen

ich knittere unter
blicken in deinen
berührungen weiche ich
auf - in wellen



bis du sie
glättest

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Ishamaru
Geschlecht:männlichSchneckenpost
I


Beiträge: 5
Wohnort: Niedersachsen


I
Beitrag13.04.2013 00:45

von Ishamaru
Antworten mit Zitat

Hallo Narrative!

Als persönliche Anekdote möchte ich einbringen, dass mich fehlende Groß-,Kleinschreibung hier doch recht stört.

Objektiv betrachtet finde ich das Werk tiefgreifend angenehm. Wobei mir diese Parts:

Zitat:
zeichnest meine
adern in rot und meine
lippen in blau ich will
dich verlieren

[...]

ich knittere unter
blicken in deinen
berührungen weiche ich
auf - in wellen


Nicht vollends schlüssig erscheinen.
Zum 1.: Es ist nicht schlüssig warum man etwas verlieren sollte was im sonstigen Kontext so begehrenswert und wichtig erscheint.
Zum 2.: Ich verstehe nicht warum es unter Blicken generell knittert? Das Aufweichen und der Schlussstrich des Glättens finde ich jedoch gut gelungen.

Laienhafte Grüße,
B.


_________________
Dies ist ein Text, der an jedem Beitrag anhängt.
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finis
Klammeraffe
F


Beiträge: 577
Wohnort: zurück
Die lange Johanne in Bronze


F
Beitrag13.04.2013 12:02

von finis
Antworten mit Zitat

Also ICH fand's großartig. Wirklich großartig.
Ich finde wirklich toll, wie Du das Papiermotiv  durch die Zeilen ziehst und darüber die Beziehung charakterisierst.
Deine Worte sind wunderschön gesetzt.
Falls mal jemand fragt was Lyrik ist, bräuchte man eigentlich nur dieses Gedicht vorzulegen und zu sagen: "Das".

Wahnsinn.
finis

@Ishamaru: Wann knittert Papier? Wenn man es anfasst, es zusammenknüllt, faltet, in die Tasche steckt. Es zieht sich zusammen, wird kleiner. Das lyrische Ich auch. Unter den Blicken wir es kleiner, das Bild schrumpft zusammen. (sozusagen. und so verstehe ich das Bild.)
Und ist dieses gleichzeitig halten und verlieren wollen nicht eine von den Paradoxien, die für die Liebe charakteristisch sind? Jemanden zu lieben und halten zu wollen, und trotzdem sich von ihm lösen zu müssen, wenn man eingeengt wird, wenn er einen in seinen Farben malt? Wenn man nicht mehr seine eigenen Farben hat?
LG
finis


_________________
"Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky)
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_narrative
Eselsohr


Beiträge: 210
Wohnort: Augsburg


Beitrag14.04.2013 21:31

von _narrative
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank euch für die schnellen Antworten!

@Ishamaru:

Warum genau erscheinen die von dir genannten Punkte unschlüssig? Vielleicht haben dir finis' aufmerksame Worte den Sinn dahinter etwas näher gebracht - aber wenn nicht, sag ich gern noch was dazu.
Danke für deinen Kommentar! smile

@finis:
Vielen lieben Dank, finis! Ich finde es toll, dass es dir so gefällt, freut mich sehr smile
Deine Interpretation trifft zu, danke auch hierfür für dein Mühe. Es ging mir vor allem um das Gefühl der Zerbrechlichkeit und Schwäche des lyrischen Ichs, sodass es selbst unter etwas Leichtem wie einer Berührung aufweicht. Danke für deine Gedanken!

Liebe Grüße,
n
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finis
Klammeraffe
F


Beiträge: 577
Wohnort: zurück
Die lange Johanne in Bronze


F
Beitrag17.04.2013 19:11

von finis
Antworten mit Zitat

Sehr gern. War mir ein Vergnügen   Wink
Zerbrechlichkeit ist schön (das Wort, das mir beim Kommentieren gefehlt hat - danke).

Gruß
finis


_________________
"Mir fehlt ein Wort." (Kurt Tucholsky)
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Strichpunkt
Geschlecht:männlichLeseratte
S


Beiträge: 166

Bronzene Neonzeit


S
Beitrag21.04.2013 18:23

von Strichpunkt
Antworten mit Zitat

Hi narrative

Ich habe dein Gedicht schon vor einigen Tagen entdeckt und komme nun dazu, einen Kommentar zu schreiben.

Das Ich als ein Stück Papier, das damit sowohl den Buntstiften als auch den Tränen schutzlos ausgeliefert ist, somit also der Gestaltung und Fremdeinwirkung. Ich sehe den Text gleichzeitig als Willen zur Loslösung dieser Ausgeliefertheit, andererseits auch als Bitte nach Schutz und Geborgenheit.

Der Text gefällt mir gut! Allerdings empfinde ich den Ausdruck stellenweise als etwas unpräzise, manchmal die Aussagen ambivalent.

Zitat:
du malst dich
in meine arme wie das
bittere nachbeben
anderer lieben


Ein schöner Beginn, nur der letzte Vers ist für mich nicht ganz präzise gezeichnet (um bei der Bildsprache des Textes zu bleiben. Wobei: Zeichnen und Malen sind ja bei weitem nicht dasselbe.  Wink )
"lieben" verstehe ich als Nomen und bleibt für mich irgendwie farblos. Es schliesst sich mir nicht so richtig an den Vers "bittere nachbeben" an (hier tritt für mich ganz klar eine erotische Komponente in den Text). Die Zeilen "hängen" bei mir ein wenig.

Zitat:
zeichnest meine
adern in rot und meine
lippen in blau ich will
dich verlieren


Hier wird die Ausgeliefertheit deutlich oder anders gesagt: die Gestaltungsmacht eines anderen über das LI. Das Ich will das Du verlieren. Vermutlich deshalb, weil es die Adern in rot und die Lippen blau zeichnet. Genau umgekehrt wie sonst normal. Das "ich will / dich verlieren" klingt seltsam. Das besitzt eine andere Bedeutung als, "ich will dich verlassen; du wirst mich verlieren" etc. Der Verse werden mir so nicht ganz klar. Was möchtest du ganz genau sagen? (Es tönt eben so, wie wenn das Ich wollte, dass das Du aus "eigenem" Willen fortgeht. Dafür muss in der Folge allerdings etwas vom Ich eingefädelt worden sein...Ich bezweifle, dass du so etwas meintest).

Zitat:
ich knittere unter
blicken in deinen
berührungen weiche ich
auf - in wellen



bis du sie
glättest


Die Situation scheint sich nicht grundlegend verändert zu haben. Das Ich weicht unter den Berührungen des Dus auf. Das ist nicht unbedingt ein Vorteil, wenn man Papier ist. Man zerfasert, wellt auf. Ein Zustand, in dem Papier leicht reissen kann. Gefährlich.
Doch dann kommt der erlösende Schlussspruch: "bis du sie / glättest". Nun stellt sich unweigerlich die Frage, wie das Glätten bewerkstelligt werden kann, wenn die Berührungen dazu führen, dass das Ich sich aufweicht in Wellen und unter Blicken knittert?

Es legt sich auch noch eine andere Leseweise nahe (auf diese Weise meinte ich ambivalent). Die letzte Strophe kann Ausdruck einer unbändigen Sehnsucht sein. Das Ich kann den Blicken des Dus in keinster Weise widerstehen, es schmilzt beinahe dahin. Nur wenn sich das Du zum Ich bekennt (so verstehe ich das "glätten"), hört das auf.

Ich weiss nicht, ob du möchtest, dass beide Leseweise offen bleiben. Der Text liefert je nach Perspektive unterschiedliche Begründungen/Argumente. Der Text gibt für mich nicht in jedem Fall  einen wohlwollenden Schluss vor. Wie siehst du das?

Liebe Grüsse
Strichpunkt
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hypnobader
Geschlecht:männlichEselsohr

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Beiträge: 420
Wohnort: Voralpen
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Beitrag21.04.2013 20:05

von hypnobader
Antworten mit Zitat

Hallo _narrative (erzählende Sinnsucherin? wieso geh ich nur automatisch von einer Frau aus?)

Zitat:
du malst dich
in meine arme wie das
bittere nachbeben
anderer lieben

Was für eine Eröffnung! Geht's noch? Schlimmer?


Zitat:
zeichnest meine
adern in rot und meine
lippen in blau ich will
dich verlieren

Das kann ich gut verstehen.


Zitat:
dich von meinen
gliedern kratzen die
farbe löschen mich
freilegen

Boah. Heftig.


Zitat:
ich knittere unter
blicken in deinen
berührungen weiche ich
auf - in wellen

Hmm.


Zitat:
bis du sie
glättest

Also was jetzt? Bin ich (also das lyrische Du) jetzt ein Quäler oder Erlöser? Oder beides?


Hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Sprachlich und rhythmisch. Und fein komponiert.

Complimente
Michael


_________________
Es gilt das gebrochene Wort
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_narrative
Eselsohr


Beiträge: 210
Wohnort: Augsburg


Beitrag01.07.2013 00:07

von _narrative
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hypnobader hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
du malst dich
in meine arme wie das
bittere nachbeben
anderer lieben

Was für eine Eröffnung! Geht's noch? Schlimmer?


Zitat:
bis du sie
glättest

Also was jetzt? Bin ich (also das lyrische Du) jetzt ein Quäler oder Erlöser? Oder beides?


Lieber Michael,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar, hat mich sehr gefreut!
Nur musst du mich etwas aufklären. Was genau ist an der Eröffnung so schlimm? Oder war das mehr auf das Gewicht des Inhaltes bezogen?

Und das lyrische Du ist weder noch, es ist beides und gar nichts davon.

Freu mich über ein Antwort!
Liebe Grüße,
n
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_narrative
Eselsohr


Beiträge: 210
Wohnort: Augsburg


Beitrag01.07.2013 00:22

von _narrative
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Strichpunkt hat Folgendes geschrieben:


Hier wird die Ausgeliefertheit deutlich oder anders gesagt: die Gestaltungsmacht eines anderen über das LI. Das Ich will das Du verlieren. Vermutlich deshalb, weil es die Adern in rot und die Lippen blau zeichnet. Genau umgekehrt wie sonst normal. Das "ich will / dich verlieren" klingt seltsam. Das besitzt eine andere Bedeutung als, "ich will dich verlassen; du wirst mich verlieren" etc. Der Verse werden mir so nicht ganz klar. Was möchtest du ganz genau sagen? (Es tönt eben so, wie wenn das Ich wollte, dass das Du aus "eigenem" Willen fortgeht. Dafür muss in der Folge allerdings etwas vom Ich eingefädelt worden sein...Ich bezweifle, dass du so etwas meintest).

So falsch liegst du nicht, stimmt schon smile
Es geht um diesen Zustand des gegenseitigen Anziehens und Abstoßens, ein ständiges Hin und Her, Wollen und nicht Wollen, Glück und Verzweiflung, innere Zerrissenheit. Und der Gedanke im Mittelpunkt, dass das LI ohne das Du besser dran wäre, sich aber nur passiv verhalten kann, weich und unfähig in den Händen des Anderen liegt und auf eine Veränderung hofft.

Zitat:

Zitat:
ich knittere unter
blicken in deinen
berührungen weiche ich
auf - in wellen



bis du sie
glättest


Die Situation scheint sich nicht grundlegend verändert zu haben. Das Ich weicht unter den Berührungen des Dus auf. Das ist nicht unbedingt ein Vorteil, wenn man Papier ist. Man zerfasert, wellt auf. Ein Zustand, in dem Papier leicht reissen kann. Gefährlich.
Doch dann kommt der erlösende Schlussspruch: "bis du sie / glättest". Nun stellt sich unweigerlich die Frage, wie das Glätten bewerkstelligt werden kann, wenn die Berührungen dazu führen, dass das Ich sich aufweicht in Wellen und unter Blicken knittert?

Es legt sich auch noch eine andere Leseweise nahe (auf diese Weise meinte ich ambivalent). Die letzte Strophe kann Ausdruck einer unbändigen Sehnsucht sein. Das Ich kann den Blicken des Dus in keinster Weise widerstehen, es schmilzt beinahe dahin. Nur wenn sich das Du zum Ich bekennt (so verstehe ich das "glätten"), hört das auf.

Ich weiss nicht, ob du möchtest, dass beide Leseweise offen bleiben. Der Text liefert je nach Perspektive unterschiedliche Begründungen/Argumente. Der Text gibt für mich nicht in jedem Fall  einen wohlwollenden Schluss vor. Wie siehst du das?

Wie ich oben schon geschrieben habe, gehts hier nicht um einen einzigen Kern, eine Richtung, eine Leseweise. Das LI ist verwirrt, verletzlich, formbar wie Wachs und ganz richtig - es sehnt sich nach Zuneigung des Dus. Aber immer noch im Wissen, dass es nicht das Beste für es selbst ist, dass es sich daraus befreien müsste, ausbrechen, aber es nicht kann. Und das Glätten, das nur eine einzige Person bewerkstelligen kann, zeigt die Abhängigkeit des LIs.
Der Schluss ist insofern wohlwollend, da das LI seine Sehnsucht erfüllt. Welche Folgen dies bereithält, sei mal dahin gestellt. Für mich hat das durchaus eine positive Bedeutung.

Allerdings bin ich immer noch der Meinung, das jeder Gedichte nach seiner eigenen Fantasie lesen darf, mit eigenen Richtungen, die vielleicht auch ganz anders sind als die ursprünglichen Intentionen. Das ist doch das Interessanteste daran, zu erfahren welche Reaktionen die eigenen Zeilen auslösen, oder nicht? smile
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar, Strichpünktchen. Freut mich jedes Mal wieder riesig, von dir zu hören!

Liebe Grüße,
n
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