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rezna Wortedrechsler
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Beiträge: 83
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R 23.12.2007 15:35 Ein erster Eindruck (nicht der Titel) von rezna
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Anbei eine Textidee. Ich experimentiere in welchem Stil ich meinen Roman verfassen will. Im Prinzip ist das der Versuch eine Romananfangs, und ich möchte ehrliche Kritik, ob das gut zu lesen ist, ob man weiterlesen würde... Der Text könnte auch noch zum Beginn einer beliebigen Szene werden, wenn ich umstrukturiere...
na ich mach mal, schreibt mir was ihr dazu wissen wollt (Rechtschreibtechnisch bitte hängt euch nicht auf, ich habe zwar ausgebessert was ich gesehen habe, aber zur endgültigen Korrektur muss ich das einem Nicht-Legastheniker übergeben)
Ihr erstes Mal. Sie war siebenundzwanzig und er über fünfzig. Es war gegen vierundzwanzig Uhr. Vereinzelt warteten Männer im weiß gekachelten U-Bahnsteig. Workaholics und Betrunkene. Sie stierten, betäubt durch ihre individuelle Droge, vor sich hin. In sich hinein und verloren sich in ihrer Leere. Doch sie wurden irritiert, abgelenkt – und wie ein Sog zog sich ihre Aufmerksamkeit in eine Richtung. Ihr langes feuerrotes Haar floss über ihren schmalen Rücken bis zu ihren Hüften. Ihre zierlich kurvige Figur wurde betont durch eine schwarze Hose und einen schwarzen Rolli. Und obgleich sie klein - kaum eins sechzig - war, trug sie flache Schuhe. Doch sie war groß. Sie wusste es bloß noch nicht. Er war nur wenig größer, seine fetten Haare zu lang und lieblos über den überwiegend kahlen Kopf geschmiert. Der beige Mantel konnte seine fast weiblich runde, gedrungene Figur nicht verbergen. Es passierte unvermittelt, sie kannten sich nicht. Sie hieß Sophie und er Theodor. Ihr Herz raste, ihr Blutdruck stieg. Sie fühlte den Druck in ihrem Kopf. Ihre Kehle schwoll an. Ihre Augen brannten, tränten. Adrenalin zog sich durch jede Ader ihres Körpers und betäubte ihn. Erst fühlte sie es an ihrer Oberlippe, wie sie anzuschwellen schien – und dann spürte sie nichts mehr – nichts als ihren Herzschlag. Er war sehr unangenehm. Ihr Herzschlag. Er war aufdringlich, dominant und fühlte sich ungesund an. Es musste schädlich sein, so laut, so heftig den Herzschlag zu fühlen. Geradezu als würde der restliche, betäubte Körper drumherum nur diesem pulsieren folgen. Diesem Hämmern. Wie eine Maschine die in ihrer kraftvollen Dynamik ihre gesamte Peripherie mit riss, ein Beben, Klopfen, Schlagen, Dröhnen, Rattern. Sie blinzelte kein einziges mal, und doch, obgleich sie ihn nicht aus den Augen ließ – in seine runden, Tränensack und Schlupflid umrankten Augen sah – nahm sie ihn nicht wahr. Wie eine Beute verlor er seine Identität, sein Wesen und alle seine Probleme ihre Bedeutung. Sein Herz raste, sein Blutdruck stieg, er fühlte den Druck in seinem Kopf, seine Kehle schwoll an, seine Augen brannten, tränten und er verlor den Kontakt zu seinen Fingern, Zehen, Händen, Füßen, Armen und Beinen. Er brach in sich zusammen, so selbstverständlich sachlich. So unmittelbar wie ein ausgedientes Gebäude bei einer kontrollierten Sprengung. Seine Knochen krachten, seine Sehnen rissen, man konnte es hören. Er spürte hiervon nichts. Er war tot. Theodor, eine Beute, lag auf den schmutzigen Fliesen. Sein Hintern war das höchste, seine fetten Wangen auf dem kalten Boden schoben sein Gesicht zu einer lächerlichen Grimasse – er stierte ohne zu sehen. Wer stirbt, möchte tot würdevoller aus sehen als dieser Mann. Sein linker Arm war leicht verdreht, die Finger standen verkrüppelt ab als hielten sie einen unsichtbaren Apfel. Ihr Blick klärte sich. Das Rasen beruhigte sich. Und als eine von wenigen stand sie vor dem weichen abkühlenden Körper Theodors. Um sie herum Männer. Workaholics. Betrunkene. Und sie waren abgelenkt von ihrem inneren Nichts. Sie starrten auf jenen, der bedauernswerter war als sie. Und sie fühlten sich – vermutlich zum ersten mal seit Wochen – lebendig. Was war geschehen? Vermutlich ein Herzanfall. Haben Sie etwas mit bekommen? Himmel, da denkt man nichts böses. Er ist einfach so umgefallen, ich hab das gesehen. Sophie fragte sich nichts. Das Fragen kam erst später. Und in den folgenden Tagen wird sie glauben, ihre Gefühle wären erst nach Theodors Dahinscheiden entstanden. Es wäre eine Reaktion auf sein unvermitteltes Sterben gewesen. Es war immerhin ihr erster Toter. Wer konnte da seine Gefühle schon zuordnen? Wer hatte Interesse an der Chronologie der Emotionen? Wie viele fürchten sich vor dem Anblick ihrer ersten Leiche. Und wie viele verrenken sich dennoch den Kopf, wenn die Aussicht darauf gegeben war?
In dieser Nacht werden sie alle wach liegen. Die ernüchterten Betrunkenen. Die gelähmten Workaholics. Sophie. Sie werden diese Szene, die kaum eine gewesen war, in ihrem Kopf durchspielen. Immer und immer wieder. Und Stück für Stück. Mit jeder Wiederholung, wird die Erinnerung abgefälscht. Bis am Morgen werden nur noch Fragmente übrig sein. Wie tausendmal abgespielte Videobänder. Die Erinnerung verzerrt, mit einem Rauschen durchzogen. Und durch die eigenen Gedanken eines jeden, das individuelle Erfahren eines jeden – vergilbt. Und noch in dieser Nacht wird das eigene Schicksal bestochen werden. Man wird verhandeln. Wenn ich nicht mehr trinke, könnte ich dann nicht doch meine Ehe retten? Wenn ich meine Arbeit hintan stelle, könnte mein Sohn mich vielleicht doch noch respektieren? Wenn ich ab jetzt versuche, positiv zu denken, könnte ich nicht doch glücklich werden? Wenn ich es schaffe, weniger perfektionistisch zu sein, könnte ich mich am ende nicht doch noch leiden? Und sie alle werden vergessen. Ihre Abmachungen. Ihre Angebote an eine bessere Zukunft. Sie werden noch Aktenordner wälzen während ihre Kinder seit Stunden schlafen. Sie werden in Bier, Schnaps und Selbstmitleid ertrinken, während ihre Frauen lernen, ohne sie aus zukommen. Sie werden heulend den Teufel an die Wand malen. Und sie wird nicht genügen. Wieder nicht. Wie keiner genügt. Doch ihre Droge ist nicht die Arbeit. Nicht der Alkohol. Nicht die Trauer. Ihre Droge ist der Hass.
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rezna Wortedrechsler
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Beiträge: 83
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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27.12.2007 10:45
von Enfant Terrible
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Warum war das nix? Ich find den Text ganz okay, danke, dass du mich durchs Hochholen wieder darauf aufmerksam gemacht hast. Was mir nicht so zusagt, ist der Schreibstil mit seinen kurzen Sätzen. Er wirkt leicht abgehackt, auf die Dauer eintönig, weil du so selten die Sätze verbindest - es geht also nicht so sehr um die Länge, sondern um den Textfluss. Trotzdem habe ich gespannt gelesen.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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rezna Wortedrechsler
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Beiträge: 83
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Gabi Reißwolf
Alter: 53 Beiträge: 1216 Wohnort: Köln
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27.12.2007 18:20
von Gabi
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Hallo Rezna!
Ich fand deinen Text nicht schlecht. Du umschreibst sehr gut die Personen.
Nur der Anfang gefällt mir nicht so gut.
Ihr erstes Mal. Sie war siebenundzwanzig und er über fünfzig.
Das vermittelt irgendwie den Eindruck, als wären die beiden zusammen.
Auch die Erwähnung des Alters ließe sich anders erwähnen. Nicht so einfach.
Doch sie war groß. Sie wusste es bloß noch nicht.
Warum? Hier bist du dem Leser noch eine Antwort schuldig.
Schätze, sie kommt noch im weiteren Verlauf des Romans.
Er war nur wenig größer, seine fetten Haare zu lang und lieblos über den überwiegend kahlen Kopf geschmiert.
Hier würde ich fettigen Haare schreiben.
Sie hieß Sophie und er Theodor
Die Namen würde ich genauso wie das Alter in den Text einfließen lassen.
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.
L.G.
Gabi
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rezna Wortedrechsler
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Beiträge: 83
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R 30.12.2007 14:30
von rezna
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ich habe den anfang nun etwas verbessert (hoffe ich)...
ist es auch eine verbesserung für den leser?
Ihr erstes Mal. Es war gegen vierundzwanzig Uhr und vereinzelt warteten Männer im weiß gekachelten U-Bahnsteig. Workaholics und Betrunkene. Sie stierten, betäubt durch ihre individuelle Droge, vor sich hin - in sich hinein und verloren sich in ihrer Leere. Doch sie wurden irritiert, abgelenkt – und wie ein Sog zog sich ihre Aufmerksamkeit in eine Richtung. Sophie war siebenundzwanzig und ihr rostrotes Haar floss über ihren schmalen Rücken bis zur kleinen Mulde über dem Steißbein. Ihre schwarze Hose und ihr schwarzer Rolli unterstrichen die Kurven ihrer zierlichen Gestalt. Und obgleich sie klein - kaum eins sechzig - war, trug sie flache Schuhe. Theodor war über fünfzig und nur wenig größer. Seine fettigen Haare waren zu lang und lieblos über den überwiegend kahlen Kopf geschmiert. Er hatte eine fast weiblich runde, gedrungene Figur die sich durch den dünnen beigen Mantel wölbte. Es passierte unvermittelt, sie kannten einander nicht. Ihr Herz raste, ihr Blutdruck stieg. Sie fühlte den Druck in ihrem Kopf. Ihre Kehle schwoll an. Ihre Augen brannten, tränten. Adrenalin zog sich durch jede Ader ihres Körpers und betäubte ihn. Erst fühlte sie es an ihrer Oberlippe, wie sie anzuschwellen schien – und dann spürte sie nichts mehr – nichts als ihren Herzschlag. Er war sehr unangenehm. Ihr Herzschlag. Aufdringlich, dominant musste es schädlich sein, so laut, so heftig den Herzschlag zu fühlen. Geradezu als würde der restliche, betäubte Körper drumherum nur diesem pulsieren folgen. Diesem Hämmern. Wie eine Maschine die in ihrer kraftvollen Dynamik ihre gesamte Peripherie mit riss, ein Beben, Klopfen, Schlagen, Dröhnen, Rattern. Sie blinzelte kein einziges mal, und doch, obgleich sie ihn nicht aus den Augen ließ – in seine runden, Tränensack und Schlupflid umrankten Augen sah – nahm sie ihn nicht wahr. Wie eine Beute verlor er seine Identität, sein Wesen und alle seine Probleme ihre Bedeutung. Sein Herz raste, sein Blutdruck stieg, er fühlte den Druck in seinem Kopf, seine Kehle schwoll an, seine Augen brannten, tränten und er verlor den Kontakt zu seinen Fingern, Zehen, Händen, Füßen, Armen und Beinen. Er brach in sich zusammen, selbstverständlich sachlich. So unmittelbar wie ein ausgedientes Gebäude bei einer kontrollierten Sprengung. Seine Knochen krachten, seine Sehnen rissen, man konnte es hören. Er spürte hiervon nichts. Er war tot. Theodor, eine Beute, lag auf den schmutzigen Fliesen. Sein Hintern war das höchste, seine fetten Wangen auf dem kalten Boden schoben sein Gesicht zu einer lächerlichen Grimasse – er stierte ohne zu sehen. Wer stirbt, möchte tot würdevoller aus sehen als dieser Mann. Sein linker Arm war leicht verdreht, die Finger standen verkrüppelt ab als hielten sie einen unsichtbaren Apfel.
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Gabi Reißwolf
Alter: 53 Beiträge: 1216 Wohnort: Köln
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03.01.2008 00:34
von Gabi
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Hallo Rezna!
Erst einmal hab ich den Eindruck, dass du aus der Perspektive von Sophie erzählst. Das mit Theodor, hm, das gefällt mir nicht so.
Bleib doch einfach bei der Perspektive von Sophie, denn er ist ja tot.
Spielt es noch eine Rolle, dass er Theodor hieß, in diesem Moment.
Oder taucht seine Lebensgeschichte im weiteren Verlauf noch auf.
Dann würde ich ihn in einer Todesanzeige erwähnen. Doch auf dem Bahnsteig, würde ich dir raten, nicht seinen Namen zu nennen.
Das Alter, lass Sophie es schätzen.
Auch versteh ich nicht, warum hat Sophie diese Gefühlsausbrüche, als sie Theo sieht. Beobachte Theo aus ihrer Persepktive. Steh auf dem Bahnsteig. Ein Mann stirbt. Vorher hat sie bestimmt an etwas anderes gedacht. Ihre Einkäufe, ihr Freund und dann taucht dieser Mann auf, der unmittelbar vor ihr stirbt.
Das Aussehen beschreibst du sehr gut, doch die Reihenfolge stimmt nicht.
Ich hoffe, ich konnte dir vermitteln, was ich ausdrücken wollte.
Wenn nicht, frag einfach noch einmal nach.
L.G.
Gabi
_________________ "Das hier ist mein Dach und mein Tag!" (Oma Thea macht die Fliege) |
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rezna Wortedrechsler
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Beiträge: 83
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