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Autor |
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woertchen Leseratte
Beiträge: 137
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30.12.2007 18:25 Die Ameise von woertchen
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Hallo, ich stelle hier mal den Auszug einer längeren Geschichte rein und würde mich über zahlreiche Kommentare freuen!
Warum ist das Leben so gemein? , fragte Anja als sie den Pausenhof betrat. Frühlingsluft strömte ihr entgegen und besänftigte ihr aufgewühltes Gemüt. Nichts wie weg von dieser Schule, einem Betonklotz ohne Menschlichkeit. Die Worte, die mit Kreide an die Tafel geschrieben worden waren, reihten sich in ihrem Kopf auf wie Perlen an einer Kette. Das Schwindelgefühl war verflogen, ihr Blick geschärft. Wer war es? Nur die Antwort auf diese Frage interessierte Anja jetzt. Wer weiß von der Sucht meines Vaters? Sie ließ ihre Gedanken vor- und zurückspulen wie eine Videokassette, doch kam auf kein Ergebnis. Seufzend setzte sie ihre Schritte fort, den symmetrisch angeordneten Betonplatten folgend.
Ihr Blick fiel auf die schmutzigen Rillen, die den Asphaltteppich wie ein Schachbrettmuster durchzogen. Warum verläuft mein Leben nicht so geradlinig? Anja hielt inne, als sie eine Ameise erblickte, die, ein unsichtbares Ziel anpeilend, einen Blatt auf ihren Rücken balancierte. So ein kleines Tier trägt so eine große Last. Ohne dass es daran zerbricht. Sie schnaufte wütend Luft durch die Nase. Wieso scheint jeder sein Leben meistern zu können, nur ich nicht? Wieso wendet sich bei jedem das Schicksal irgendwann, nur bei mir nicht? Ohne Vorwarnung stieg eine Hitzewelle in ihr auf, die in ein grollendes Bauchgefühl, vermischt mit Wut mündete. Anjas Augen verfolgten die Beine der Ameise, die hastig trippelnd ihren Weg verfolgten. Von einer willkürlichen Lust gepackt, hob sie ihr Bein und trat mit voller Wucht auf das kleine Tier. Ein zweiter, dritter, vierter Tritt folgten. Schließlich drehte sie ihren Fuß auf der Stelle, wie um sicherzugehen, dass das Leben der kleinen Ameise endgültig zerstört war. Noch jemand, dessen Schicksal sich nicht mehr ändern wird. Die Genugtuung wandelte sich jedoch in einem Sekundenbruchteil in tiefe Reue. Fassungslos schielte Anja auf ihre Schuhsohle, an der die zerquetschten Überreste des Insekts klebten.
Langsam sank ihr Fuß zurück auf den Asphalt. Sie war über ihr eigenes Verhalten entsetzt, dass sich anscheinend mehr und mehr ihrer Kontrolle entzog. Warum mache ich so etwas? Anja konnte sich auch diese Frage nicht beantworten. Plötzlich sah sie, wie zwei andere Ameisen auf der Platte erschienen und aufgeregt um das Blatt herumschwirrten, das der Attacke unversehrt entkommen war. Eine dicke Träne lief über Anja Wange. Schließlich tropfte sie hinunter auf den Asphalt und versiegte in der anonymen Tiefe des Betons.
LG
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Leona Leseratte
L Alter: 30 Beiträge: 120
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L 30.12.2007 20:35
von Leona
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Hallo woertchen!
Die Geschichte gefällt mir sehr gut! Besonders gut beschreibst du den Teil mit Anja und der Ameise. Ihre Gedanken sind gut geschrieben. Und du baust eine gewisse Spannung auf, da der Leser nicht weiß, was Anjas Problem ist und was mit ihrem Vater passiert ist.
Ein paar Sachen sind mir jedoch aufgefallen:
Zitat: | einem Betonklotz ohne Menschlichkeit | (der Vergleich gefällt mir)
Zitat: | den symmetrisch angeordneten Betonplatten folgend. |
Du benutzt zweimal Beton. Nicht direkt hintereinander, aber ich würde, wenn möglich, ein "Beton" durch ein anderes Wort ersetzen. Du könntest aus den Betonplatten ja auch graue Steinplatten machen.
Zitat: | Ohne dass es daran zerbricht |
Ohne , dass heißt es
Zitat: | Anjas Augen verfolgten die Beine der Ameise, die hastig trippelnd ihren Weg verfolgten |
Zweimal "verfolgten" in einem Satz. Find ich nicht so gut.
Zitat: | Schließlich tropfte sie hinunter auf den Asphalt und versiegte in der anonymen Tiefe des Betons. |
Kann eine Träne im Beton versiegen? Im Sand oder in der Erde ja, aber Beton ist ja hart und eigentlich undurchlässig.
Ansonsten: Mach weiter so, gefällt mir, wie gesagt, sehr gut.
lg,
Leona
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Gast
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30.12.2007 21:13
von Gast
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Hi woertchen!
Kann mich Leona nur anschließen, dass klingt bis jetzt gut. Auch die Sucht des Vaters weckt Neugier.
Zitat: | Augen verfolgten die Beine der Ameise, die hastig trippelnd ihren Weg verfolgten. | Sie muss verdammt gute Augen haben, um die Beine verfolgen zu können!
Die anderen besonders guten oder schlechten Details hat Leona schon hervorgehoben.
Weitermachen!
Gruß,
Martin[/quote]
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omchen Wortedrechsler
Alter: 75 Beiträge: 55 Wohnort: paragauy
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14.04.2016 19:31
von omchen
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Ich finde deine Geschichte auch sehr schön, aber ich hätte gerne erfahren, warum ist das Leben für sie so gemein.
Toll fand ich, als du sie erkennen lässt, was sie dem armen, fleißigen Tier angetan hat. Mach weiter so!
Gruß Omchen
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