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Die Karawane der orangen Ameisen


 
 
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sinuhe
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 62
Beiträge: 68
Wohnort: Rheinland


Beitrag12.01.2013 17:51
Die Karawane der orangen Ameisen
von sinuhe
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Die Karawane der orangen Ameisen

Als mein Kumpel Dude tot vor mir lag, geriet ich ins Grübeln.

Im Stammesverband der orangen Ameisen war ich immer ein geachtetes Mitglied gewesen. Keiner von denen, die die Speerspitze des Verbandes bildeten; allerdings auch nicht am Ende der Kolonne marschierend. Halt irgendwo im oberen Mittelfeld wie bereits mein Vater, Großvater und die Ahnen vor ihnen. Alle überaus stolz auf ihre Tätigkeiten und den Rang, den sie bekleideten. Insgeheim bezeichneten sie sich als Kaste des Gehobenen Zweiten Drittels und achteten mit Argusaugen darauf, nicht ins letzte Drittel abzurutschen.

Viele Jahre war ich mitgetrottet in der endlosen Karawane. Fragen nach dem Warum und Wohin hatte ich nie gestellt. Wozu auch? Zum einen kümmerten sich die alte, dicke Königin und ihre Ratgeber um unser Volk und die Organisation. Zum anderen führte die Lösung eines Problems  zwangsläufig zu neuen Schwierigkeiten, weshalb ich vor langer Zeit aufgehört hatte, mir den Kopf über unnötige Dinge zu zerbrechen. Ich lief mit, ließ mich treiben, nannte meinen immer wiederkehrenden Rhythmus Struktur und fühlte mich als ehrenwertes Mitglied einer vom Ameisengott ausgewählten Gesellschaft.

Eines Tages rastete ich neben dem Treck und erholte mich von den Strapazen des Vormittags. Meine wichtige Aufgabe bestand darin, Viertelstundenzahlen zu notieren. Diese Teilmengen wurden von Buchhaltungsreferenten zu Zwischenergebnissen aufaddiert, die wiederum von den Staatssekretärsameisen in Tagesstatistiken zusammengefasst wurden. Jeden Abend penibel um viertel vor zehn trat der Oberste Rat vor die immerzu fressende Königin und informierte sie über die Fortschritte bei der täglichen Wertschöpfung. Bei 17 war alles in Ordnung, 15 führte zu einem verärgerten Rülpsen und spätestens ab 13 war der Teufel los. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall waren diese Zahlen von außerordentlicher Bedeutsamkeit für das Wohl unseres Staates. Hinter vorgehaltener Hand tuschelten die respektlosen Arbeiter, dass sich die Königin bei 18 fröhlich grunzend auf den Rücken drehte, dabei ihre rosa Schenkel weit spreizte und es dem Premierminister gestattete, sie zu begatten.

Es war ein heißer Nachmittag, Staub flirrte in der Luft, über uns kreisten Schmeißfliegen. Der alte Dude saß stillvergnügt neben mir, löffelte einen Vogelbeeren-Joghurt und leckte mit seiner violetten Zunge genießerisch den Deckel ab. Er grinste mich aus halbgeschlossenen Augen an, begann zu husten, lief im Gesicht blau an, röchelte ein letztes Mal und sackte mausetot in sich zusammen. So schnell kann es gehen, überlegte ich. Vor einigen Minuten hatte er noch gemeinsam mit mir die Zahlen der Morgenschicht kalkuliert, die gar nicht so schlecht aussahen; jetzt lag er alle viere von sich gestreckt auf der Bastmatte, und der Joghurtlöffel klebte an der linken Wange.

Aus einer spontanen Gefühlregung heraus entschloss ich mich, auf den hinter mir stehenden Maulbeerbaum heraufzukrabbeln und mir die Szene von oben anzuschauen. Mein Dasein ergab mit einem Mal keinen rechten Sinn mehr. Ich benötigte dringend eine Auszeit. Die Karawane zog weiter wie bisher, niemand beachtete den leblosen Dude außer einigen Raubkäfern, die sich bereits gierig um die leckersten Stücke aus seinem Kadaver balgten. Nach einer Stunde erschien die Putzkolonne der Epsilongruppe. Die muskulösen Frauen hoben Dude beziehungsweise den Rest, den die Schakale übriggelassen hatten, auf und warfen ihn in eine mobile Mischmaschine zu den anderen Arbeitern und Beamten der unteren Ränge, die heute ihr Leben ausgehaucht hatten. Die Beseitigung der Leichen war hervorragend organisiert und bis ins kleinste Detail geregelt. Die höherstehenden Chargen wurden eingeäschert und würdevoll bestattet, während man die operativ Tätigen in einer Mühle zu dunkelgelbem Pulver zerrieb. Das so gewonnene Mehl diente in den kargen Wintermonaten als willkommene Nahrungsergänzungsbeilage.

Nun saß ich also auf einem Ast in der ersten Etage eines Maulbeerbaums und stellte fest, dass es mir dort gefiel. Die Welt sah von oben betrachtet anders aus, als wenn man sich mittendrin im Gewimmel befand. Meine orangen Kollegen marschierten ohne Unterbrechung in stupider Routine zehn Meter nach Nordosten, erreichten dort eine halbverweste Katze, die sie fachgerecht zerlegten, schulterten exakt zwölf Gramm und kehrten dieselben zehn Meter – allerdings auf der gegenüberliegenden Fahrbahn – ins Basislager zurück. Sämtliche Bewegungen einstudiert, jeder Handgriff minutiös vorgeschrieben. Es existierten Statistiken über Maximalalter und Durchschnittsverbrauchsmengen für die Arbeitsameisen. Für mich und Dude war das Leben immer ein einziges Zahlenspiel gewesen.

Niemand schien mich zu vermissen; dachte ich zumindest, bis mich am vierten Tag eine Beamtin des Ordnungsamtes ansprach.
»He du, was treibst du da oben?«
»Nichts Besonderes. Ich sitze hier und starre in die Gegend.«
»Wozu soll das nütze sein?«
»Keine Ahnung. Mir gefällt es.«
»Komm sofort runter und nimm deine Arbeit wieder auf!«
»Vielleicht morgen. Heute habe ich keine Lust dazu.«
»Du wirst schon sehen, was du von deiner Aufsässigkeit hast. Ich werde die Behörden informieren.«

Mein Fall war wohl derart ungewöhnlich, dass niemand so recht zu wissen schien, wie man damit umzugehen hatte. Folgerichtig dauerte es eine Weile, bis zwei Uniformierte unter meinem Baum auftauchten.
»Schluss jetzt mit dem Unsinn!«
»Wie meinen Sie das?«
»Es kann Ihnen doch keine Freude bereiten, tagelang auf einem morschen Zweig zu kauern.«
»Doch, ich fühle mich hier außerordentlich wohl.«
»Sie fallen der Allgemeinheit zur Last.«
»Warum? Ich bettele niemanden an.«
»Wir werden Sie auf keinen Fall mit Lebensmitteln versorgen.«
»Kein Problem, ich bin nicht hungrig. Notfalls melke ich mir eine Laus.«
Der Ältere blickte den jungen Helmträger an, zuckte mit den Schultern und meinte schließlich:
»Lassen wir den alten Spinner eben da oben hocken. Er macht einen friedlichen Eindruck auf mich.«

Der Sommer ging vorüber, und der Herbst zog ins Land. Ich saß immer noch auf dem Baum, hatte allerdings den Ast gewechselt und war ein Stockwerk weiter nach oben gezogen. Links und rechts konnte ich fremde Fabrikhallen erkennen, vor denen rote und schwarze Ameisen hektisch wuselten. Sieht ähnlich aus wie bei uns, ging es mir durch den Kopf.

»Möchtest du dich neben mich legen und mir Gesellschaft leisten?«
Eine brünette Liebesameise hatte sich unten in Positur gestellt und entblößte ihre prallen Brüste.
»Krabbele zu mir nach oben, und wir können uns hier aneinander erfreuen.«
»Warum kletterst du nicht runter zu mir? Auf der Wiese ist es bequemer.«
»Weil ich diesen Baum so schnell nicht verlassen werde.«
»Du bist dir sicher?«
»Tausend Prozent.«
»Da kann man nichts ausrichten. Der Alte scheint verrückt zu sein. Gehört in die Irrenanstalt. Wer bezahlt mich jetzt?«, wisperte sie in ihr pinkfarbenes Walky Talky und verschwand.

Die Nächte wurden allmählich länger und frostig. Es gab nun Momente, in denen ich meinen Entschluss, auf einem Ast zu sitzen, bereute. Ein atemberaubendes Panorama, das sich mir jeden Morgen bei Sonnenaufgang bot, entschädigte mich jedoch für alle Entbehrungen. Das Essen hatte ich mir großenteils abgewöhnt. Der in den Blättern aufgefangene Tau reichte mir vollkommen. Es mangelte mir an nichts. Ich begann, mich eins mit dem Universum zu fühlen.

»Verfertigen Sie Notizen von dem, was Sie von da oben sehen?«
»Nein, sollte ich?«
»Den Ministerrat würde schon interessieren, was in den Nachbarvölkern passiert.«
»Aufs Schreiben verspüre ich wenig Lust.«
»Sie sind ein schlechtes Vorbild.«
»Weshalb?«
»Wenn alle es nun so machen würden wie Sie?«
»Es tut aber niemand außer mir.«

Als im März die ersten Vorboten des Frühlings nahten, fühlte ich meine Kräfte schwinden. Noch hielt ich mich mit Mühe auf meinem Ast. Im April war es aber um mich geschehen , und ich plumpste wie eine reife Frucht auf den morgens noch leicht gefrorenen Boden. Fünf Arbeiterinnen der Omikrongruppe entdeckten mich, warfen meinen zitternden Leib auf eine Trage und transportieren mich ins Zentralkrankenhaus. Drei Krankenschwestern schnitten mir dort den Bart und wuschen meinen vor Schmutz starrenden Körper. Daraufhin wurde ich in einen Rollstuhl verfrachtet und in den Thronsaal geschoben, wo sich die dicke Königin gerade von zwei Lustpagen den nackten Bauch massieren ließ.

»Hat er gesehen, dass wir nicht alleine auf der Welt sind?«
»Vermutlich schon.«
»Seine Beobachtungen hat er weitererzählt oder gar aufgeschrieben?«
»Nicht, dass wir davon gehört hätten.«
»Das ist erfreulich. Denn es wäre nicht gut für die Wertschöpfung, wenn das Volk auf dumme Gedanken käme. Zumal die undankbaren Arbeiter ohnehin schon murren.«
»Wollt Ihr ihn fressen?«
»Nein, er ist zu alt und knochig. Zudem riecht er stark nach Desinfektionsmitteln. Werft den unnützen Kerl in die Mühle und zerhäckselt ihn zu Notproviant für den nächsten Winter. Und sägt den Ast ab, auf dem er gesessen hat. Bloß keine Wallfahrten meines orangen Volkes  zum Maulbeerbaum!«



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Beim Schreiben ist es wie mit der Prostitution. Zuerst macht man es aus Liebe, dann für ein paar Freunde und schließlich für Geld. (Molière)
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Strichpunkt
Geschlecht:männlichLeseratte
S


Beiträge: 166

Bronzene Neonzeit


S
Beitrag13.01.2013 14:35

von Strichpunkt
Antworten mit Zitat

Hi sinuhe

Eine flotte Geschichte hast du hochgeladen. Vorab: Hat mir gefallen und ich musste das ein oder andere mal schmunzeln. Auch die Gesellschaftskritik ist bei mir angekommen. Ich fand den Text gelungen!

Zitat:
Als mein Kumpel Dude tot vor mir lag, geriet ich ins Grübeln.


Ein wunderschöner Beginn in eine Geschichte! Bereits hier musste ich schmunzeln. Der Kollege liegt tot vor mir und ich gerate ins Grübeln. Herrlich.

Zitat:
Staatssekretärsameisen


 Mr. Green

Zitat:
Bei 17 war alles in Ordnung, 15 führte zu einem verärgerten Rülpsen und spätestens ab 13 war der Teufel los. Oder umgekehrt.


Ein schönes Beispiel für unzuverlässiges Erzählen!

Diese Beschreibung finde ich gut gelungen, sie zieht sich an keiner Stelle und wird auch nicht langweilig. Die Sätze sind sehr gut ausbalanciert, sprich, eine gute Abwechslung zwischen lang und kurz.

Zitat:
Er grinste mich aus halbgeschlossenen Augen an, begann zu husten, lief im Gesicht blau an, röchelte ein letztes Mal und sackte mausetot in sich zusammen. So schnell kann es gehen, überlegte ich.


Das ging ja wirklich ratzfatz und weg ist der. Herzschwäche?

Zitat:
und der Joghurtlöffel klebte an der linken Wange.


Wie ist dieser Ameisenlöffel beschaffen, dass er an der Wange kleben bleibt.?
 Wink

Zitat:
Aus einer spontanen Gefühlregung


Ich glaube, hier ist das Fugen-S verloren gegangen: Gefühlsregung.

Zitat:
den die Schakale übriggelassen hatten


Ich weiss, "Schakale" ist das Wort, das den Doppler von "Raubkäfer" umgehen soll. Dennoch ist es ein wenig verwirrend, denn das ist eine Tiergeschichte und Schakale hier als Metapher zu verwenden, halte ich nicht für geglückt. Der Doppler würde mich nicht stören. "Räuber" wäre vielleicht gar nicht so schlecht, aber dir fällt sicher noch was Besseres ein.

Zitat:
Das so gewonnene Mehl diente in den kargen Wintermonaten als willkommene Nahrungsergänzungsbeilage.


Uuh, lecker! (Vielleicht kriegt unser Erzähler Dude am Schluss als Aufputscher zum Essen).

Zitat:
Die Welt sah von oben betrachtet anders aus, als wenn man sich mittendrin im Gewimmel befand.


Das scheint eine neue Erkenntnis für eine Ameise zu sein. Logisch, die orangen Kollegen scheinen nicht oft auf Bäume zu klettern.

Zitat:
Eine brünette Liebesameise hatte sich unten in Positur gestellt


"in Positur gestellt", die Formulierung kenn ich noch nicht. Gibt's die?

Zitat:
»Da kann man nichts ausrichten. Der Alte scheint verrückt zu sein. Gehört in die Irrenanstalt. Wer bezahlt mich jetzt?«, wisperte sie in ihr pinkfarbenes Walky Talky und verschwand.


Die gibt ja schnell auf. Die scheinen alle Schiss vor diesem Baum zu haben, die Beamten hätten ihn ja runterholen können.

Zitat:
Den Ministerrat würde schon interessieren


Könnte man hier noch ein "es" einfügen? Es geht auch ohne, aber mit fände ich es besser zu lesen.

Das war's auch schon. Schreibtechnisch sehr gut!

Ein sehr amüsantes Abenteuer über eine kleine orange Ameise, die einen Maulbeerbaum beklettert und dort die Welt neu entdeckt. Anlass gab der Tod des Kollegen Dude.
Die Gesellschaftskritik entfaltet sich auf den letzten Zeilen, als die Königin fragt, ob er gesehen habe, dass sie nicht alleine auf der Welt seien. Daraufhin wird er in den Häcksler geworfen. Das tut man mit potenziellen Aufwieglern oder Störefrieden.
Einzige Frage: Weshalb holen sie ihn da nicht runter? Wenn er da raufklettern kann, können es die anderen auch. Zumal wollen sie ja, dass er da runter kommt.

sinuhe, die Geschichte hat mir gut gefallen, ich würde nichts daran ändern. Könnte man meiner Meinung nach in Prosa verschieben.

Gruss Strichpunkt
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
A


Beiträge: 3106
Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A
Beitrag13.01.2013 15:42

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo sinuhe,

auch wenn ich mich nur selten im Prosabereich herumtummle, habe ich mal ganz neugierig in deine erste Geschichte hier herein geschaut.

Sie gefällt mir, hat einen lockeren unterhaltsamen Ton und führt mich stilsicher durch eine feine Geschichte. Und auf diese Weise schiebt mir der Autor einiges Nachdenkens-wertes in die Zeilen. Nicht dramatisiert, nicht mit Zeigefinger, gut verpackt in eine Fabel, wird hier der Gesellschaft in ihrem rastlosen Schaffen und Zahlenerfüllen auf die Finger geschaut und ihr Umgang mit de leben und Sterben wird schonungslos offengelegt. Ich finde die Geschichte recht überzeugend und den Schreibstil auch. Und so habe ich nur wenig Anmerkungen zu Details zu machen. Ich klammere mal ohne Kommentar die Stelle ein, wo sich stilistisch vielleicht noch etwas feilen ließe. Ich muss dann aber nichts dazu sagen, das siehst du dann schon selbst, was ich meine.


Zitat:
Als mein Kumpel Dude tot vor mir lag, geriet ich ins Grübeln.


Ein wunderbarer ersten Satz. Er lässt schon keine Zweifel an der Direktheit der Geschichte.

Zitat:
Im Stammesverband der orangen Ameisen war ich immer ein geachtetes Mitglied gewesen. Keiner von denen, (die die) Speerspitze des Verbandes bildeten; allerdings auch nicht am Ende der Kolonne marschierend.



Zitat:
Viele Jahre war ich (mit/getrottet) in der endlosen Karawane. Fragen nach dem Warum und Wohin hatte ich nie gestellt. Wozu auch? Zum einen kümmerten sich die alte, dicke Königin und ihre Ratgeber um unser Volk und die Organisation. Zum anderen führte die Lösung eines Problems zwangsläufig zu neuen Schwierigkeiten, weshalb ich vor langer Zeit aufgehört hatte, mir den Kopf über unnötige Dinge zu zerbrechen. Ich lief mit, ließ mich treiben, nannte meinen immer wiederkehrenden Rhythmus Struktur und fühlte mich als ehrenwertes Mitglied einer vom Ameisengott ausgewählten Gesellschaft.


Gefällt mir, diese Passage, wie schön lässt du mich da in einen Spiegel schauen.

Zitat:
Bei 17 war alles in Ordnung, 15 führte zu einem verärgerten Rülpsen und spätestens ab 13 war der Teufel los. Oder umgekehrt. Auf jeden Fall waren diese Zahlen von außerordentlicher Bedeutsamkeit für das Wohl unseres Staates. Hinter vorgehaltener Hand tuschelten die respektlosen Arbeiter, dass sich die Königin bei 18 fröhlich grunzend auf den Rücken drehte, dabei ihre rosa Schenkel weit spreizte und es dem Premierminister gestattete, sie zu begatten.


Auch diese Stelle finde ich gut. So ganz genau weiß es wohl keiner, was es mit den Zahlen auf sich hat, Aber ohne Zweifel sind sie von staatstragender Bedeutung. Und der Erzähler setzt hier seine Zweifel auf eine sehr schöne Weise um, im Getuschel hinter der Hand wird er ein wenig bissig humorvoll und beleuchtet so die Wichtigkeit dieses Zahlenwerks.


Zitat:
Es war ein heißer Nachmittag, Staub flirrte in der Luft, über uns kreisten Schmeißfliegen. Der alte Dude saß stillvergnügt neben mir, löffelte einen Vogelbeeren-Joghurt und leckte mit seiner violetten Zunge genießerisch den Deckel ab. Er grinste mich aus halbgeschlossenen Augen an, begann zu husten, lief im Gesicht blau an, röchelte ein letztes Mal und sackte mausetot in sich zusammen. So schnell kann es gehen, überlegte ich. Vor einigen Minuten hatte er noch gemeinsam mit mir die Zahlen der Morgenschicht kalkuliert, die gar nicht so schlecht aussahen; jetzt lag er alle viere von sich gestreckt (auf der Bastmatte, und der Joghurtlöffel klebte an der linken Wange.)


Hier wird auch dem Leser einmal ein wenig Ruhe gegönnt, ein Erzählen, dass ins Detail geht, ein Bild entsteht. Es hat etwas Zufriedenes, Genüssliches, dieses Joghurtschlecken und dennoch kreisen die Schmeißfliegen schon darüber. Die Bastmatte und das kleben des Joghurtlöffels an der Wage, bräuchte ich jetzt nicht. Würde lieber mit den „alle viere von sich gestreckt“ enden, und damit bewusst an den ersten Satz anschließen können.  

Zitat:
Aus einer spontanen (Gefühlsregung) heraus entschloss ich mich, auf den hinter mir stehenden Maulbeerbaum (herauf/zu/krabbeln) und mir die Szene von oben anzuschauen.


Zitat:
Die muskulösen Frauen hoben Dude beziehungsweise den Rest, den die (Schakale) übriggelassen hatten, auf und warfen ihn in eine mobile Mischmaschine zu den anderen Arbeitern und Beamten der unteren Ränge, die heute ihr Leben ausgehaucht hatten. Die Beseitigung der Leichen war hervorragend organisiert und bis ins kleinste Detail geregelt. Die höherstehenden Chargen wurden eingeäschert und würdevoll bestattet, während man die operativ Tätigen in einer Mühle zu dunkelgelbem Pulver zerrieb. Das so gewonnene Mehl diente in den kargen Wintermonaten als willkommene Nahrungsergänzungsbeilage.


Das kommt so harmlos daher und hat eine Menge Zündstoff. Gefällt mir wieder. Nur bei Schakal, habe ich nicht gleich die Übertragungsebene erwischt und auf der Tierebene funktioniert es nicht. Fand ich eine wenig störend.
Auch die folgende Passage, den Blick von Oben, finde ich gelungen.

Die Dialoge sind kurz und klar und sehr angemessen. Auch die lassen sich gut lesen.


Zitat:
Werft den unnützen Kerl in die Mühle und ((zer)häckselt) ihn zu Notproviant für den nächsten Winter. Und sägt den Ast ab, auf dem er gesessen hat.


(ich glaube „häckseln“ reicht. Was da rauskommt wird durch „zer“ auch nicht kleiner.)


Zitat:
Bloß keine Wallfahrten meines orangen Volkes zum Maulbeerbaum!«


Ein guter lapidarer letzter Satz, passt zum ersten.

Gerne gelesen. Ein guter Einstand, würde ich mal sagen. Und dir viel Spaß hier im Forum.

Liebe Grüße Aranka


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sinuhe
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 62
Beiträge: 68
Wohnort: Rheinland


Beitrag13.01.2013 17:49

von sinuhe
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Hallo Strichpunkt,

herzlichen Dank für deinen Kommentar!

Die grammatikalischen und RS-Hinweise von dir werde ich alle übernehmen.

Schakale hatte ich tatsächlich verwendet, um den Doppler mit (Raub-) Käfern/ Räubern zu umgehen. Da lasse ich mir was anderes einfallen.

Wie der Joghurtlöffel einer Statistikameise aussieht? Ehrlich gesagt: keine Ahnung.  Very Happy

Herzinfarkt von Dude? Gut möglich.

Zitat:
   In Positur stellen    

habe ich zwar im Duden gefunden. Sich in Positur werfen scheint aber die gängigere Formulierung zu sein.

Da ich bisher an das 1000w-Limit gewöhnt war, kämpfe ich immer hart um die Länge jeder einzelnen Passage. Weshalb einige Sequenzen – wie die mit der Liebesameise – evtl zu kurz geraten sind.

Warum klettern die anderen orangen Ameisen nicht auf den Maulbeerbaum? Mögliche Gründe:
( ) ist streng verboten
( ) Scheu vor einem „religiösen“ Ort
( ) nicht jeder möchte in Erfahrung bringen, ob eine neue Welt jenseits der altbekannten existiert.

Freut mich, dass dir die kleine Geschichte gefällt. Werde demnächst eine Fortsetzung von Hank & Sentenza hochladen.

Vg sinuhe


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sinuhe
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 62
Beiträge: 68
Wohnort: Rheinland


Beitrag13.01.2013 18:53

von sinuhe
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Hallo Aranka,

hin und wieder sind Abstecher in andere Bereiche ganz interessant. Wenngleich ich zugeben muss, dass ich mich nur (sehr) selten in Lyrik tummele. Ich gelobe Besserung.

Die von dir rot gekennzeichneten Stellen werde ich ausbessern. Der Doppler die die war mir bisher gar nicht aufgefallen. Immer gut, wenn ein Dritter mit geübtem Auge den Text durchliest.

Die Schakale werde ich auswechseln. Irgendein bösartiges, Kadaver fressendes, Insekt wird mir schon einfallen.

Den an der Backe klebenden Joghurtlöffel magst du nicht so gerne . Werde in mich gehen, ob ich ihn eliminiere. So wichtig ist der ja nicht für den Fortgang der Geschichte.

Schön, dass dir die Fabel (meine erste) gefällt. Da könnte ich glatt eine zweite verfassen.

Vielen Dank für deinen Kommentar!

LG sinuhe


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Lupo
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Beitrag13.01.2013 23:48
In Altona auf der Chaussee
von Lupo
Antworten mit Zitat

verzichten die Ameisen keineswegs auf den Rest der Reise, sondern trotten in unermesslichen Kolonnen von irgends nach nirgends. Der Erzähler lässt mich teilhaben an seinen Beobachtungen und Schlussfolgerungen mit Begriffen, die meinem menschlichen Erfahrungsschatz entsprechen und mir deswegen sofort einleuchten.  Sicher ein Strebender, der wegen miesen Karmas seinen Diamantweg nicht geschafft hat, und eine Runde Anatta drehen muss als Pharaonenameise (deswegen orange). Damit ist auch erklärt, weshalb ihn die Aussicht, in die Rickeracke geworfen zu werden, völlig kalt lässt.
Wahrscheinlich wird auch der Befehl, einen Ast von Nuts Sykomore abzusägen, nichts als eine leere Drohung bleiben.
So verstehe ich den dickfelligen "Ich" als Reporter und freue mich an seiner schnoddrigen Art. Sowohl Parallelen zu Huxleys schöner neuer Welt glaube ich heraus zu lesen, als auch ein Schlaglicht auf die Beamtenhierarchie im Behördenstumpfsinn, sowie Seitenhiebe auf die Eskapaden der gesellschaftlichen Prominenz. Eine dicke Packung!
Meine Tipps: Lass Dein Monomorium noch ein bisschen spionieren, und zwar hübsch der Reihe nach in den verschiedenen Umgebungen! Dabei müssten für das intelligente Publikum in diesem Forum die offensichtlichen Analogien nicht ausdrücklich kommentiert werden.
Ameisenfresser sind auch Frösche, Kröten, Vögel, Spinnen.
Etwas Korinthenklauberei:
 "spätestens ab 13 war der Teufel los. Oder umgekehrt". in welcher Form?
 "von außerordentlicher Bedeutsamkeit" Bedeutung.
 "jetzt lag er alle viere von sich gestreckt " alle sechse.
 "auf den hinter mir stehenden Maulbeerbaum heraufzukrabbeln" hinauf zu krabbeln.
 
 Im Bogenlauf, Lupo.
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firstoffertio
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Beitrag14.01.2013 00:28

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Mir gefällt das sehr gut. Vor allem ist es dir gelungen, gleichzeitig von Ameisen und Menschen zu erzählen. Du hast nicht eindeutig die einen als Bild für die andern, sondern da ist eine Art Vexierspiel. Deshalb macht mir auch der Joghurtlöffel nichts aus. Hätte aber eher erwartet, dass der abgezogene Deckel vom Joghurtbecher an der Wange klebt.

Deinen Schreibstil finde, davon abgesehen,  ich sehr überzeugend.
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sinuhe
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Alter: 62
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Wohnort: Rheinland


Beitrag14.01.2013 10:04

von sinuhe
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Guten Morgen Lupo,

wenn ich in den Tiefen meines Gedächtnisses wühle, erinnere mich dunkel an diese Figur aus den Rolf-Kauka-Comics der 60-er. Der Wolf agierte als Gegenspieler zu den kleinen Füchsen Fix & Foxi. Mitunter zogen sie an einem Strang. Lupo war also nicht so klar wie Kater Karlo als Bösewicht gezeichnet.

Beginne ich mit den Korinthen:
Zitat:
    "von außerordentlicher Bedeutsamkeit" Bedeutung   

Der Duden kennt beide Worte. Ich kann aber ohne weiteres auf die von dir vorgeschlagene Alternative ausweichen.

Zitat:
    "jetzt lag er alle viere von sich gestreckt " alle sechse   

sechse ergibt bei einer Ameise vermutlich mehr Sinn. D‘ accord

Zitat:
    "auf den hinter mir stehenden Maulbeerbaum heraufzukrabbeln" hinauf zu krabbeln.    

Bei diesem Präfix tue ich mich schwer: worin liegt der großartige Unterschied zw. herauf und hinauf“? Keine Ahnung.
Der Duden erwähnt als Beispiel: hinaufsteigen (zusammengeschrieben).

Zwei Begriffe musste ich googlen, um sicherzugehen, dass ich sie richtig verstehe:
Zitat:
   Anatta    

= Nicht-Selbst bzw. Nicht-Ich

Zitat:
    Monomorium   

(Pharao-) Ameise
Ganz lustig, weil es zu dem von mir gewählten Avatar passt.
Deren Farbe sei bernsteingelb. Das sieht ähnlich aus wie orange.
Jedoch reiner Zufall!!

An die – an und für sich naheliegende – Philosophie der Wiedergeburt hatte ich beim Verfassen des Textes gar nicht gedacht. Der namenlose Prota erleidet nach dem Tod von Dude plötzlich eine Sinnkrise. Die sich evtl vorher bereits angebahnt hatte und von ihm bisher unterdrückt wurde. Und klettert jetzt auf einen Baum (Maulbeer, Sykomore, Turm, Bergspitze, Burj al Arab, Dach der Welt  etc), um dort seine wirren Gedanken zu sortieren. Oben angekommen stellt er zum einen fest, dass Höhenluft frei macht und bemerkt zum anderen, dass jenseits der altbekannten Karawanenstraße noch weitere Welten existieren. Wenngleich das Wimmeln der roten und schwarzen Ameisen sich nicht großartig vom Betrieb der orangen Kollegen unterscheidet.

Er beschließt folgerichtig, gar nichts zu tun. Also nicht zu einer Revolution aufzurufen, an deren Ende sich ohnehin nichts ändern würde. Außer dass man die alte Königin durch eine junge ersetzt. Die monotonen Abläufe würden jedoch beibehalten werden. Also begnügt sich der Prota damit, seine Gedanken neu zu sortieren, sich in Bescheidenheit zu üben und die Eitelkeit allen Strebens nach Macht/ Geld/ Ruhm zu erkennen. Als er schließlich völlig verdreckt vor der dicken Königin steht, ist ihm alles egal geworden. Selbst der Tod – und seine Weiterverwertung als Notproviant für den Winter – schockt ihn nun nicht mehr. Ob er im nächsten Leben als blaue Ameise, Kröte, Wellensittich oder gar Abteilungsleiter der Telekom erwacht: wer weiß das schon? Ist dem Prota zum Zeitpunkt seines Ablebens auch völlig schnuppe. „Et kütt (ohnehin), wie et kütt“, heißt es bei uns im Rheinland.

Eine Prise Huxley steckt tatsächlich drinnen. Hatte dessen Schöne neue Welt im vergangenen Herbst mal wieder in die Hand genommen.


Lupo, sei bedankt für deine treffsichere Analyse!

VG sinuhe


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sinuhe
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Wohnort: Rheinland


Beitrag14.01.2013 10:44

von sinuhe
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo firstoffertio,

Post aus Irland. Erhält man (ich) nicht allzu oft.

Beim Schreiben der kleinen Geschichte hatte ich tatsächlich eher Menschen – denn Ameisen – vor Augen. Die Metapher diente mir dazu, die Monotonie lebenslanger Routine mittels eines plastischen Beispiels aus dem Tierreich zu kennzeichnen. Deshalb findet man in dieser Story Joghurtlöffel, Viertelstundenzahlen und Liebesameisen mit prallen Brüsten. Mit etwas Fantasie ließe sich z.B. eine Anspielung auf den Bau der großen Pyramiden in Gizeh erkennen.

VG vom Rhein nach Irland: Heimat von Kerrygold, Tullamore Dew, (zumindest in den 90-ern) vieler Call Center, Oscar Wilde und James Joyce!   sinuhe


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Lupo
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Wohnort: Pegnesien


Beitrag14.01.2013 11:58
Hin und Her
von Lupo
Antworten mit Zitat

Geschätzter Heilkünstler,
wenn Du am Fuß einer Treppe stehst und sie dann erklimmst, dann steigst Du hinauf, also von Deinem Standpunkt aus hinweg.
Solltest Du Besuch bekommen an Deiner höheren Warte, dann nimmt dieser die Sprossen von Dir aus gesehen zu Dir herauf.
Die Vorsilben „hin“ und „her“  sind also je nach Ausgangslage und Blickwinkel zu verwenden.
Einen Nagel schlägst Du in das Holz hinein - mit der Zange ziehst Du ihn dann heraus. Ein Holzwurm, der diese Ereignisse im Inneren des Bretts beobachtet, sieht den Stift natürlich hereinkommen, dann wieder hinaus entschwinden.

Ob „herabklettern“ nun zusammen oder getrennt geschrieben wird, ist solange gleichgültig, wie sich der gleiche Sinn daraus ableitet.
Gegenbeispiel: „wohltätig“ im Sinne von fürsorglicher Behandlung und „wohl tätig“ im Sinne von scheinbarem Tun, dem ein „aber“ folgt.
Meinem persönlichen Geschmack hingegen widersprechen Blähworte, wie „Verwünschtsamkeit“ statt „Verwünschung“, „Geplantsamkeit“ statt Planung, und der ehrenwerte Duden scheint mir zum kostenträchtigen Vorschlagswerk verkommen zu sein, statt als Nachschlagswerk zu dienen, das er einmal war.
Manchmal möchte ich jaulen.
Lupo
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sinuhe
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Beitrag14.01.2013 14:19

von sinuhe
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Hallo Lupo,

das ist eine gute Eselsbrücke:
Zitat:
    wenn Du am Fuß einer Treppe stehst und sie dann erklimmst, dann steigst Du hinauf, also von Deinem Standpunkt aus hinweg.
Solltest Du Besuch bekommen an Deiner höheren Warte, dann nimmt dieser die Sprossen von Dir aus gesehen zu Dir herauf.   

So werde ich (hoffentlich!?) die beiden Präfixe in Zukunft auseinanderhalten. Danke für den Hinweis!

Vg sinuhe


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Endgegner
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Beitrag14.01.2013 15:46

von Endgegner
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Hallo sinuhe!

Deine Fabel gefällt mir sehr gut. Extrapunkte gibt es für die Ameisen, denn für diese kleinen Krabbeltiere hatte ich schon immer ein Faible.

sinuhe hat Folgendes geschrieben:
Als mein Kumpel Dude tot vor mir lag, geriet ich ins Grübeln.

Ich stimme den anderen zu: Schöner erster Satz. Stimmt gut auf den durchweg nüchternen Erzählstil der Geschichte ein. Auffällig ist der Name Dude, der einzige Name im ganzen Text. Der Protagonist hingegen bleibt namenlos.

Zitat:
ehrenwertes Mitglied einer vom Ameisengott ausgewählten Gesellschaft.

An dieser Stelle fände ich "auserwählten" etwas eleganter als "ausgewählten", aber das kannst du entscheiden, wie du möchtest.

Zitat:
Er grinste mich aus halbgeschlossenen Augen an, begann zu husten, lief im Gesicht blau an, röchelte ein letztes Mal und sackte mausetot in sich zusammen.

Die Schakale wurden schon genannt. Analog dazu würde ich auch das Wörtchen "mausetot" ersetzen. Schmunzeln musste übrigens bei dem anschließenden Satz: So schnell kann es gehen, überlegte ich. Genialer erster Gedanke nach dem Tod des "Kumpels" ...

Zitat:
Die höherstehenden Chargen wurden eingeäschert und würdevoll bestattet, während man die operativ Tätigen in einer Mühle zu dunkelgelbem Pulver zerrieb. Das so gewonnene Mehl diente in den kargen Wintermonaten als willkommene Nahrungsergänzungsbeilage.

Jetzt weiß ich endlich, woraus Soylent Yellow hergestellt wird.

Zitat:
Zudem riecht er stark nach Desinfektionsmitteln.

Warum riecht die Ameise nach Desinfektionsmitteln? Weil sie im Krankenhaus behandelt wurde? Das habe ich nicht ganz verstanden.

Insgesamt eine wirklich gelungene Geschichte, sinuhe. Wie Biene Maja, nur irgendwie anders. Wink
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sinuhe
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Beitrag14.01.2013 17:10

von sinuhe
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Hallo Endgegner,

du trägst einen Respekt einflößenden Nickname. Alle Achtung!

Zitat:
    An dieser Stelle fände ich "auserwählten" etwas eleganter als "ausgewählten",    

Stimmt. Werde deinen Vorschlag übernehmen.

Zitat:
    Die Schakale wurden schon genannt. Analog dazu würde ich auch das Wörtchen "mausetot" ersetzen.    

Mal schau’n, welches andere Tier mir anstatt „Maus“ einfallen wird. Muss in einem engeren Zusammenhang mit dem Tod einer Statistikameise stehen. Schon klar.

Zitat:
    Jetzt weiß ich endlich, woraus Soylent Yellow hergestellt wird.    

Ein guter Film aus den 70-ern mit Charlton Heston. Bevor (?) der zum Chef der NRA (National Rifle Association) avancierte (mutierte?)

Zitat:
   Warum riecht die Ameise nach Desinfektionsmitteln? Weil sie im Krankenhaus behandelt wurde? Das habe ich nicht ganz verstanden.     

Zwei Möglichkeiten:
(a) der Prota wurde von den Pflegerinnen (zwangs-) gewaschen. Nach sechs Monaten auf einem Baum könnten ihm beispielsweise bereits die Körperhaare durch die Socken durchgewachsen sein. Der Job einer Krankenschwester ist nicht immer schön
(b) er hat – heimlich – eine Pulle davon getrunken.
Evtl erst a.; danach b.

Zitat:
    Wie Biene Maja, nur irgendwie anders.     

Fehlt noch die Titelmusik von Karel Gott.


Endgegner, freut mich sehr, dass dir – einem Ameisenliebhaber – die Geschichte gefällt. Gut, dass ich mich nicht für Termiten – oder gar Kakerlaken – entschieden habe.

Vg sinuhe


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