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Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman


 
 
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Chostin
Geschlecht:männlichSchneckenpost

Alter: 67
Beiträge: 8



Beitrag26.11.2012 14:36
Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Chostin
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Kapitel 1
„Komm Schatz steige ein“, sagte Tante Frieda zu ihr,
nahm sie bei  der Hand und öffnete gleichzeitig die Autotür.
„Das Schlimmste ist geschafft.“
Andrina setzte sich auf den hinteren Sitzen des  großen Wagens.
„Rutsch durch Kind“, lächelte Tante Frieda sie an und nahm neben ihr Platz.
„Nach Hause, Fred!“ rief sie dem Chauffeur zu.  
Andrina merkte wie sich das Fahrzeug in Bewegung setzte und schaute zurück durch die Heckscheibe. Große dicke Tränen rollten über ihre Wangen. Wie durch einen Schleier sah sie das große Blumenmeer vor dem offenen Grab.
„Mami, Papi ich vermisse euch so.“
Die Fahrt dauerte nicht lange, doch Andrina kam es wie eine Ewigkeit vor. Als sie von der Straße abbogen und über die weiß-geschotterte Zufahrt durch das große Eisentor fuhren, wusste sie, dass sie jetzt besonders stark sein müsse. Der Wagen kam direkt vor der großen Eichentür zum stehen.  Als Fred Tante Frieda die Tür öffnete und Andrina auf der anderen Seite ausstieg, rauschte ein kalter Windzug durch das Auto. Erst jetzt bemerkte sie, dass es angefangen hatte zu schneien. Dicke weiße Flocken legten sich über das Anwesen. Da wo vor einem Moment noch der Rasen zu sehen war, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen. Auch die große Kräuterschnecke, die im Mittelpunkt auf dem Grün der Zufahrt des Rondells stand, war schon vom Schnee bedeckt. Ihre Mutter und sie hatten viel Zeit an der Kräuterschnecke verbracht. Ja, es gab kein Kraut was Sie nicht kannte,  da waren Lavendel, Thymian, Rosmarin, Petersilie und ganz unten in dem kleinen Teich wuchs die Brunnenkresse. Gerne wäre sie noch in Ihren Gedanken verweilt und hätte dabei dem Schneetreiben noch etwas zugeschaut, doch sie musste ins Haus. Verwandte, Freunde, Nachbarn und Bekannte waren bereits alle schon im Haus eingetroffen. Fred hatte Tante Frieda die große Eichentür geöffnet. Als sie das Gebäude betraten und sie in der  großen Diele ihre Mäntel  und Schals ablegten und  in Richtung Bibliothek gingen, wurde das Raunen und Murmeln, welches sie in der Diele noch vernahmen leiser. Plötzlich herrschte eine gespenstische Stille im Haus, die aber jäh durch den Schlag der großen Standuhr, die vor der Wand zwischen den beiden großen Fenstern stand, beendet wurde. Bong……bong…..bong…..bong….  Andrina zählte leise mit. Vier Uhr. Tante Frieda, die nicht von ihrer Seite wich, schenkte ihr erneut ein warmes Lächeln.
Frau Schachtelhut, ihre Klassenlehrerin kam als erstes auf sie zu.
„Andri… es tut…mir“, stammelte sie vor sich hin, „ja so Leid.“
Die ansonsten distanzierte, rundliche, kleine Frau drückte sie an sich heran, und glitt ihr dabei liebevoll über ihr langes blondes lockiges Haar. Peter, der auch der beste Freund ihres Vaters  war, schaute sie wortlos an.  Zum ersten Mal sah sie in dem sonst so fröhlich blickenden Gesicht  große Traurigkeit. Er wirkte müde und hatte dunkle Ränder um die Augen. Einen Moment verweilten die Blicke ineinander und jeder verstand den Schmerz des anderen. Seine Frau Silly hielt ihm die Hand und sie kamen gemeinsam auf sie zu. Auch Silly nahm Andrina wortlos in den Arm. Die Stille hob sich langsam auf. Der Duft von frisch aufgegossenem Tee und Rotwein lag jetzt in diesem Raum. Eigens zu diesem Anlass waren ein paar Stehtische aufgestellt, auf denen Gebäck und Kuchen standen. Magda die Köchin und Fred ihr Mann bedienten mit großen Tabletts die Trauergäste. Ab und zu legte Fred ein dickes Scheit in den Kamin. Dort züngelte das Feuer, in roten, gelben und blauen Farben, über den glühenden Holzbalken. Das Licht war gedämpft. Vor dem Fenster tanzten die Schneeflocken hin und her. Alle Sitzmöglichkeiten waren belegt. Nur der Stuhl an dem großen Schreibtisch ihres Vaters und der Ohrensessel ihrer Mutter nicht. Einige Gäste mussten stehen, diese gesellten sich aber an die Stehtische. Auf dem Sofa und in den Sesseln unterhielten sich leise die Gäste, aßen von dem Gebäck und tranken Tee oder Wein. Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Tost aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder.“  
Zwischendurch kamen einige zu Andrina, die sich mittlerweile in den großen Ohrensessel, in dem ihre Mutter meist saß, hingesetzt hatte, kondolierten ihr  und sprachen liebe  tröstende Worte. Die meisten der Anwesenden kannte sie. Sie arbeiteten in dem Konzern der Tante Frieda und ihrer Mutter gehörten. Ihre Mutter zog es allerdings vor, gemeinsam mit ihrem Vater ein Antiquariat zu haben, sodass Tante Frieda die Konzerngeschäfte alleine führte, was ihr auch sehr lag und was sie gerne tat. Einige Gäste verließen schon nach kurzer Zeit die Gedenkfeier, die meist von Peter und Silly oder Tante Frieda verabschiedet wurden.  Als sie so durch den Raum blickte, viel ihr eine Gruppe von jüngeren Gästen auf, die sich um eine Person gebildet hatten. Auch hier erkannte sie die meisten wieder. Es waren Mitschülerinnen und Mitschüler aus ihrer Schule, die mit ihren Eltern zur Beerdigung gekommen waren. Fast die ganze Ortschaft war da.  Sie musste nicht lange überlegen wem diese Aufmerksamkeit galt… Robella Glemmer! Als Robella sah, dass sie zu ihr rüber blickte, unterbrach sie das Gespräch in der Runde und kam auf sie zu.
„Ich kann dir gar nicht sagen wie Leid mir das tut. So ein schreckliches Unglück!“, sagte sie und beugte sich zu ihr runter.
 Andrina glaubte ihr, was nicht immer der Fall war. Einen Moment lang passierte nichts, dann fügte sie hinzu,  „dich quält doch sicherlich die Frage wie es zu diesem schrecklichen Unfall kam?“
Andrina nickte. Robella wand den Blick von Andrina ab, machte dabei eine Drehung,  wobei sie fast unscheinbar den anderen Jugendlichen zuwinkte.
„Schön, dass du wieder zu Hause bist“, sagte Andrina, wobei ihr die Geste von Robella nicht entging.
„Ja“, erwiderte Robella, „allerdings wäre ich gerne noch ein Jahr in Stockholm geblieben.“  „Der Schüleraustausch hat dir offensichtlich gefallen?“
„Es ist eine große Umstellung, aus einer Großstadt wieder in unsere ländliche Idylle zu kommen“, meinte Robella etwas ironisch und verzog dabei ihr Gesicht.
Andrina merkte, dass es momentan wichtigeres für Robella gab.
„Wir sehen uns heute Abend bestimmt noch“, sagte Andrina um sie aus dem Gespräch zu entlassen.
Ein kurzes „Ja“, und sie ging auf ihren alten Platz zurück.
Robella war Tante Friedas Adoptivtochter  und hatte ihr  Zimmer direkt neben dem von ihrem. Ihre Mutter und Tante Frieda waren der Meinung, dass es besser für beide wäre, wenn alle unter einem Dach zusammen wohnten, in der Hoffnung, dass sie mal beste Freundinnen bzw. sowas wie Geschwister werden würden. Das funktionierte allerdings nicht so richtig. Andrina  verbrachte lieber ihre Freizeit im Gewächshaus und den Gartenbeeten, wo sie sich um die unterschiedlichsten Pflanzen kümmerte.  Abends las sie gerne mal ein gutes Buch. Häufig konnte man sie auch in der Küche finden, wobei sie der Köchin über die Schulter blickte. Ihre ganz große Liebe galt aber ihrem schwarzen Hengst Purpur, mit dem sie tägliche Ausritte unternahm und dabei von ihrem Bernersennenhund begleitet wurde. Ihr Vater wollte einen Stallmeister einstellen, doch das lehnte sie ab. Robella dagegen liebte es über das Internet zu chatten und in Modemagazinen zu blättern, wobei sie immer ein Telefon oder Handy am Ohr hatte. Robella sah super toll aus. Ihr schulterlanges seidiges schwarzes Haar schimmerte wie ein schwarzer Diamant. Andrina kannte keinen Jungen in ihrem Umkreis der Robella nicht gerne näher kennen lernen würde. Auch viele Mädchen begehrten ihre Gesellschaft.  

Tante Frieda hatte allerdings noch ein großes Apartment in der City, wo sie die Woche über auch wohnte. Dort wohnte sie näher am Konzern. Sie stand morgens sehr früh auf und verließ meist ihr Büro erst spät in der Nacht. Es wurde auch schon berichtet, dass sie über Ihren Bilanzen schlafend auf  ihrem Bürosessel von der Reinemacherfrau morgens gefunden wurde.

„Magst du auch mal abbeißen?“,  fragte Benny Andrina und hielt ihr ein Stück Streuselkuchen vor die Nase. „Nee“, erwiderte sie und schaute ihn grimmig und angewidert an.
 Benny der mit vollem Namen Benjamin hieß war der Sohn von Peter und Silly. Gemeinsam waren sie seit dem ersten Schuljahr in eine Klasse in der Schule. Frau Schachtelhut hatte sie erst in der letzten Woche wieder auseinander gesetzt, weil sie der Meinung war, das Andrina bei Benny ab geguckt hatte. Naja so ganz Unrecht hatte sie ja nicht. Das passierte wenigstens einmal in der Woche. Aber am Tag darauf saßen sie wieder zusammen. Frau Schachtelhut war eben tüddelig, so wie Lehrer eben sind. Wenn Benny nicht gerade über einem hochkarätigen literarischen Bollwerk saß, beschäftigte er sich mit Runen und alten Schriften.  Er hatte ständig ein Buch in der Hand, immer ein Blatt Papier und einen Schreiber griffbereit. Er war mit Abstand der Klassenbeste.  Benny der nicht immer das Feingefühlt für die aktuelle Situation hatte,  deutete mit dem Stück Kuchen auf die Bibliothek.
„Was geschieht denn jetzt damit?“, fragte er Andrina und biss wieder genussvoll in den Kuchen.
Sie blickte rüber zur Bücherwand und hatte das Gefühl, als wenn ein Ring aus Eisen um ihr Herz lag, der sich immer enger und enger zusammen zog. Das war das Lebenswerk ihrer Eltern. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und  ihr kam die Geschichte in den Kopf, wie ihre Eltern sich damals kennen gelernt haben. Sie musste etwas schmunzeln, denn jeder der ihre Eltern kannte, wusste dass das nur in einem Bücherladen passieren konnte. Und Richtig:  Bei dem Versuch aus dem aller obersten Regal ein Buch heraus zu ziehen, verlor ihre Mutter das Gleichgewicht und stieß dabei ein dickes schweres Exemplar auf der gegenüberliegenden Seite des Regals hinunter, was ihren Vater direkt auf dem Kopf fiel.
„An diesen Tag hat mich zweimal der Blitz getroffen“, scherzte er häufig und schaute seine Frau dabei liebevoll an.
Auch wenn ihre Mutter auf der hohen Rollleiter stand, die sich an ihrer Bibliothek befand, hörte man den Satz von ihrem Vater „Schmeiße nicht wieder ein Buch nach mir.“
Und beide brachen in einem schallenden Gelächter aus. Mehr als 5000 Bücher waren darin. Fein säuberlich nach den unterschiedlichsten Kategorien sortiert. Nur für Kenner war es zu erkennen das es sich um Antiquare und teilweise auch sehr seltene Exemplare handelte.  Jeder andere Betrachter musste den Eindruck gewinnen, dass es sich um wahllos zusammengewürfelte Bücher handelte.  Aber gerade das gab diesem Raum einen persönlichen Charme und somit auch seinen Namen.
„Ich werde sie alle behalten“, sagte Andrina zu Benny gewandt „du weiß ja wie es in der Vergangenheit war, du kannst dir jederzeit eins ausleihen.“
Benjamin grinste etwas verlegen, wobei ein freudiges Blitzen in seinen Augen hinter seiner Brille zu erkennen war. Dass Benny meistens saß konnte man seiner Figur ansehen. Er war etwas rundlicher um die Hüfte und sein Gesicht ebenso. Nicht das er dick war, aber etwas weniger an Pfunde hätten ihm auch nicht geschadet.  Andrina hatte ihren Blick wieder zu der Bücherwand gewandt, etwas Misstrauisch beäugt sie die Gestalt, die mit dem Rücken zu ihr akribisch die Einbände der Bücher studierte und eines herauszog  -Kräutermischungen und ihre Wirkungen-.  
Sie versuchte zu erkennen wer das wohl war.
„Weiß du wer das da in der Bibliothek ist?“, fragte sie Tante Frieda, die sich mittlerweile wieder zu ihr gesellt hatte und hinter ihrem Sessel stand.
„Wen meinst du Liebes?“, Andrina deutete mit dem Finger auf die schwarz gekleidete Person. „Wird wohl ein Geschäftsfreund deiner Eltern sein“, antwortete Tante Frieda.
Auch Benny hat den Blick zu dem Unbekannten gerichtet, der das Buch wieder zurück in das Bord stellte.
„Den habe ich auch noch nie gesehen, und seine Kleidung ist aus dem gleichen Jahrhundert wie die Bücher aus den Regalen“, scherzte er.
Das seine außergewöhnlich Kleidung  ihr und den anderen nicht sofort auffiel, lag wohl daran das unter den Trauergästen auch Leute aus dem orientalisch Ausland zu Gast waren. Diese trugen teilweise Ihre Landestracht. Herr Siangh hatte sogar seinen Turban auf. Alle drei betrachteten den Fremden und  plötzlich wie auf Kommando hielt dieser inne und drehte sich um. Für einen Moment hatte Andrina den Eindruck  der Raum würde sich drehen und nicht diese Person. Sein Blick blieb an ihr hängen. Und die Person erschien ihr nicht mehr fremd. Sowas wie ein Lächeln legte sich über sein vollbärtiges  Gesicht.
 „Darf ich mich vorstellen?“, fragte er als er auf sie zu kam, mit einem kurzen Blick auf Tante Frieda gewandt.
„Moonlight, Ronald Moonlight. Und du muss Andrina sein.“
Mit dem Blick wieder zu dem Mädchen gewandt, „ich bin….ähh ich war ein…. ich kannte deine Eltern.“ Er verbeugte sich.
„Hallo“,  sagte Andrina schüchtern und dachte gleichzeitig bei sich „seltsam… den haben sie nie erwähnt“. Benny murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
„Frieda Miller“, erwiderte die Tante und streckte ihm die Hand entgegen.
Ein Moment zögerte Moonlight, nahm dann ihre Hand und drückte ihr einen fetten Kuss auf den Handrücken. Verwundert schaute Tante Frieda erst Moonlight und dann Andrina an und merkte wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Andrina räusperte sich leise und schaute Moonlight genauer an. Benny hatte recht. Seine Kleidung  wirkte altertümlich, nicht das sie schmutzig war. Unter seiner schwarzen Jacke die eher wie ein Umhang wirkte, war in einer großen Tasche eine Zeitung zu erkennen, dazu trug er eine schwarze Stoffhose, die von einem breiten Gürtel mit silberner großer Schnalle gehalten wurde. Sie glaubte einen Zweig und eine Sichel darauf zu erkennen. Sein weißes Rüschenhemd war oben am Kragen mit einer feinen schwarzen Lederbandschleife  verbunden. Über seinen Schultern hing eine Kette die am unteren Ende auch ein silberfarbenes Medaillon enthielt. Ja jetzt konnte sie es ganz deutlich sehen. Auch diese hatte die Sichel und den Zweig eingeprägt. Seine Hände die jeweils von einem goldenen Ring geziert wurden, waren Schwielig und hatten wenig mit den eher zartwirkenden Händen der anderen ihr bekannten Geschäftsleuten ihrer Eltern zu tun. Sie passten eher zu einem Waldarbeiter. Ebenso wie der gewundenen Stab in seiner rechten Hand, der ihm bis Hüfte reichte. Durch den grauen Vollbart und sein volles schulterlanges Haar war sein Alter nicht wirklich aus zu machen. Seine braunen Augen strahlten Gutmütigkeit und Wärme aus. Nachdem er die Hand von Tante Frieda wieder los gelassen hatte, und diese sich peinlichst wegschlich, sagte er  mit dem Blick in die Bibliothek gewandt,  „es ist schon beeindruckend welche Sammlung an okkulten und spirituellen Bücher deine  Eltern zusammen getragen haben. Es ist jetzt aber nicht der passende Augenblick darüber zu reden.“ Benny nickte mit dem Kopf und schloss sich offensichtlich seiner Meinung an. „Nicht der passende Augenblick“, halte es durch ihren Kopf.
 Und ihre Gedanken waren bei ihren Eltern. Sie schaute aus dem Fenster und sah dass es noch kräftiger zu schneien angefangen hatte und mittlerweile die Dämmerung von der Dunkelheit abgelöst war.
„Wo mögen sie jetzt sein“, sie hatte den Gedanken noch nicht ganz ausgedacht als Moonlight mit seiner tiefen warmen Stimme antwortete,
„In einer anderen Welt und die ganze Kraft Ihrer Liebe ist bei dir.“
Benny schaute den großen Mann verdutzt an. Andrina traute ihren Ohren nicht und richtete ihren Blick wieder auf Ronald Moonlight.
 „Wie war das Möglich?“, schoss es ihr durch den Kopf.
Und erneut kam prompt die Antwort.
„Es gibt Ding zwischen Himmel und Erde, zwischen Mond und Sonne die schon immer da waren.“ Andrina sprang erschrocken auf,  „Wie ist das möglich?“, fragte sie jetzt mit fester Stimme und schaute Ronald Moonlight an. Sie war erschrocken aber verspürte keine Angst.
Dieser Antwortete nur mit einem gutmütigen und warmherzigen Lächeln.
„Ich muss bald gehen und es war schön dich einmal persönlich kennen zu lernen, aber wir werden uns wiedersehen,  schon morgen, bei der Testamentseröffnung deiner Eltern“, er zwinkerte ihr zu. Wandte  sich ab und ging mit großen schnellen Schritten durch den Raum Richtung Diele. Einmal nickte er noch Tante Frieda und Peter kurz zu, die beide fest mit Silly in einer Unterhaltung eingebunden waren. Schon schloss sich hinter ihm die Tür zur Diele.
 „Was war das? Wie ist der denn drauf?“, fragt Benny etwas irritiert.
„Weiß nicht“, entgegnete Andrina  ihm abwesend und nachdenklich.
„Schau mal er hat etwas vergessen“, ergänzte Benny und zeigte auf den Stock der an dem Sessel angelehnt da stand. Andrina drehte sich um, griff den Stock und lief zur Terassentür um dem Fremden zu rufen. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien und am Himmel leuchtete die Sichel des Mondes. Sein silbernes Licht erhellte  die schneebedeckte Landschaft. Suchend schaute sie auf das Rondell vor dem Haus, ohne ihn zu erblicken.
„Wo ist er nur?“, murmelte sie leise vor sich hin. Kein Auto stand mehr auf dem Parkplatz. Keine Menschenseele war mehr zu sehen. Nur ein großer Vogel flatterte über die Kräuterschnecke,  die mittig auf dem Rondell stand, er ließ sich nieder und war plötzlich in dem Schnee verschwunden. Sie schaute noch einmal genauer hin und erkannte nun  frische Fußspuren die auch dort endeten.
„Was hältst du dort in der Hand?“, hörte sie Tante Frieda fragen und riss sie aus ihren Gedanken.
„Das ist der Stock von Ronald Moonlight“, antwortete sie, „den hat er hier vergessen.“
Auch Peter der mittlerweile neben ihr an der Tür stand und einen Arm um sie gelegt hatte schaute in die Nacht und sie kannte seine Frage.
Andrina antwortete, „In einer anderen Welt, Peter.“

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Trearu
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Beitrag26.11.2012 23:10
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Trearu
Antworten mit Zitat

Ich bin ein reiner Leihe (der Zeit seines Lebens durch Mangel an Emotionen nie an eine dieser 'Trauerveranstaltungen' teilgenommen hat Smile ) Also nimm meine Kritik nicht zu ernst.

Der Anfang hat mich irgendwie etwas gelangweilt.

Sind all die Charaktere für die weitere Handlung wichtig genug, dass man sie (jetzt schon) ausführlich beschreiben muss?
Eine lange Beschreibung und dann nur eine "Mini-Unterhaltung" mit den nach einanderer Vorgestellten Charakteren. - Das wirkt ein Bisschen als würdest du eine Liste abarbeiten.

Der Auftritt von Benny gefiel mir. - Hervorragender erster Eindruck. Zu blöd, dass man danach sofort von Beschreibung erschlagen wird.

Chostin hat Folgendes geschrieben:
Benny der mit vollem Namen Benjamin hieß [...]

Ist diese Information relevant?

Zitat:
Da wo vor einem Moment noch der Rasen zu sehen war, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen.

Das hört sich etwas zu 'plötzlich' an.

Zitat:
Als sie so durch den Raum blickte, viel ihr eine Gruppe von jüngeren Gästen auf, die sich um eine Person gebildet hatten.


Zitat:
Andrina sprang erschrocken auf, „Wie ist das möglich?“, fragte sie jetzt mit fester Stimme und schaute Ronald Moonlight an.

Sie hat sich mit ihm unterhalten, oder? Wenn man (mich ausgenommen Very Happy ) sich mit jemanden unterhält  schaut man ihn doch sowieso an. Es müsste nicht erst mitten in der Unterhaltung angegeben werden. Etwas anderes wäre es natürlich, wenn sie ihn nun anderes ansieht. (z.B. anstarrt)

Das Gedankenlesen kommt mir nicht ausreichend hervorhoben vor. Das könnte mir aber auch nur so vorkommen, weil ich daran gewöhnt bin, dass Gesprochenes und Gedanken unterschiedlich gekennzeichnet werden.

Ich finde auch, in Dialogen solltest du, wenn du den Charakter wechselst grundsätzlich immer einen Seitenumbruch einfügen.

"Moonlight" wirkt etwas seltsam, wenn der übrige Text 'deutsch ist'.

Alles in allen würde ich diese Geschichte gerne weiterlesen. Das liegt aber hauptsächlich am Ende.
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Harald
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Beitrag27.11.2012 07:45
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Harald
Antworten mit Zitat

Süß, diese Kommis ...

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Ich bin ein reiner Leihe [...] Also nimm meine Kritik nicht zu ernst.

nee, geliehene Kritik sollte man nicht zu ernst nehmen ...

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Als sie so durch den Raum blickte, viel ihr eine Gruppe von jüngeren Gästen auf, die sich um eine Person gebildet hatten.

Wenn schon Fehler verbessern, dann statt viel -> fiel schreiben und bei hatte das "N" weglassen, weil eine Gruppe sich gebildet hatte (Gruppe ist Einzahl, auch wenn sie aus mehreren Personen besteht, so ist es doch eine Gruppe!)

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Ich finde auch, in Dialogen solltest du, wenn du den Charakter wechselst grundsätzlich immer einen Seitenumbruch einfügen.

Ein Zeilenumbruch, ein Absatz genügt auch ...

Trearu hat Folgendes geschrieben:
"Moonlight" wirkt etwas seltsam, wenn der übrige Text 'deutsch ist'.

Es gibt auch noch andere englische Namen im Text ->
Chostin hat Folgendes geschrieben:

Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Tost aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder.“

Trinkspruch wie auch geröstetes Weißbrot in Scheiben werden Toast geschrieben ...
http://www.duden.de/suchen/dudenonline/Toast

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Alles in allen allem würde ich diese Geschichte gerne weiterlesen. Das liegt aber hauptsächlich am Ende.

Du meinst, das liegt hauptsächlich daran, dass das Ende offen ist, oder?

***
@ Chostin
An dem "Handwerk"  Schreiben solltest du noch ein wenig arbeiten, Rechtschreibung, Groß- und Kleinschreibung und vor allem die Interpunktion, hauptsächlich die Kommasetzung (bzw. Nichtsetzung), das sollte verbessert werden. Da hilft der Duden Korrektor, benutze doch schon mal die Online-Version, die frei zugänglich ist:
http://www.duden.de/rechtschreibpruefung-online#

@ Trearu
Schön, wenn Kommentare gegeben werden, nur sollte man sicher sein, dass man Fehler verbessert - und keine einbaut ...

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mati
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M
Beitrag27.11.2012 09:22
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von mati
Antworten mit Zitat

Harald hat Folgendes geschrieben:
Chostin hat Folgendes geschrieben:

Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Tost aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder.“

Trinkspruch wie auch geröstetes Weißbrot in Scheiben werden Toast geschrieben ...


Ich glaube, an diesem Punkt irrst Du, Harald. Man wollte bestimmt einen Trost aussprechen. Aber mit der berechtigten Kritik sollten wir am Anfang beginnen: Das erste Kapitel meines Fantasy-Romans.


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Harald
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Wohnort: Schlüchtern


Beitrag27.11.2012 09:40
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Harald
Antworten mit Zitat

mati hat Folgendes geschrieben:
Harald hat Folgendes geschrieben:
Chostin hat Folgendes geschrieben:

Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Tost aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder.“

Trinkspruch wie auch geröstetes Weißbrot in Scheiben werden Toast geschrieben ...


Ich glaube, an diesem Punkt irrst Du, Harald. Man wollte bestimmt einen Trost aussprechen. Aber mit der berechtigten Kritik sollten wir am Anfang beginnen: Das erste Kapitel meines Fantasy-Romans.


Ich glaube, Du irrst, wenn Du annimmst, dass ich irre, denn hier lese ich einen *"Toast" heraus:

„Auf John und Marie Founder.“

* Trinkspruch -> Toast -> [...]einen Trinkspruch auf jemanden, etwas halten, ausbringen jemanden in, mit einem Trinkspruch würdigen ...

Inwieweit das bei einer Beerdigung angebracht ist, von einem Toast zu reden, das sei dahingestellt, gemeint war es lt. Text/zitiertem Spruch!

Ich würde an dieser Stelle schreiben:

"Lasst uns in der Erinnerung an John und Marie Founder die Gläser heben", hörte man ab und an leise jemanden sagen ...

 Wink


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Trearu
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Beitrag27.11.2012 10:23
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Trearu
Antworten mit Zitat

Harald hat Folgendes geschrieben:
nee, geliehene Kritik sollte man nicht zu ernst nehmen ...

?

Zitat:
Wenn schon Fehler verbessern, dann [...] und bei hatte das "N" weglassen, weil eine Gruppe sich gebildet hatte (Gruppe ist Einzahl, auch wenn sie aus mehreren Personen besteht, so ist es doch eine Gruppe!)

Das N habe ich nicht hinzugefügt. Es stand bereits im original. Ich habe es nur versehentlich unterstrichen anstelle es durchzustreichen.

Zitat:
Ein Zeilenumbruch, ein Absatz genügt auch ...

Man sollte sich womöglich nicht mit dem 'Notwendigsten' abfinden. Wenn eine 'aufwandlose' Kleinigkeit, dass lesen erleichtert, warum sollte man sie nicht nutzen? -> Oder jemanden dazu raten es zu nutzen? Smile

Zitat:
Es gibt auch noch andere englische Namen im Text ->

Das meinte ich auch gar nicht. Ich weiß, englische Begriffe hören sich wesentlich 'cooler' an, aber mir kommt es immer etwas seltsam vor wenn 'urdeutsche' Begriffe auf das Englische treffen.

Zitat:
Du meinst, das liegt hauptsächlich daran, dass das Ende offen ist, oder?

Nein. Es gibt genügend Geschichten die ich trotz offenen Ende nicht weiter Lesen will. Es liegt daran, dass es gegen Ende für mich interessanter wirkt.

Zitat:
@ Trearu
Schön, wenn Kommentare gegeben werden, nur sollte man sicher sein, dass man Fehler verbessert - und keine einbaut ...

Wo genau habe ich den Fehler eingebaut?

Das Ausbessern des "N"s ausgenommen habe ich doch gar keinen Fehler ausgebessert.

Soll ich am Anfang eines Satzes immer und immer wieder "ich finde ...", "ich finde ...", "ich finde ..." schreiben?
Es ist doch durch meinen Einleitungssatz offensichtlich, dass es hier um persönliche Eindrücke und nicht professionelle Analyse geht?
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Berti_Baum
Reißwolf


Beiträge: 1214
Wohnort: Immerheim


Beitrag27.11.2012 11:00
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Berti_Baum
Antworten mit Zitat

Okay, die Szene ist erst mal soweit verständlich. Deine Schreibe hat auf jeden Fall Potenzial. Wirklich ansprechen tut mich der Text allerdings nicht. Ich finde, deine Protagonistin verhält sich die ganze Zeit über zu passiv. Ja, es ist eine Trauerszene, aber auch da kann man mehr in die Innenansicht gehen bzw. aktiver schreiben.

Dein Lieblingswort habe ich schnell gefunden. Nach dem fünften oder sechsten "groß" dachte ich mir, dass soll bestimmt ein Running-Gag werden ...
Fakt ist: Du benutzt zu viele überflüssige Adjektive. Aus den "großen dicken Tränen" kann man auch ganz einfach "die Tränen" machen. Das sagt nicht weniger aus.
Unter Worten wie "groß", kann sich ein Leser ohnehin selten etwas vorstellen bzw. werden diese Dinge einfach überlesen. Was ist der Unterschied zwischen einem großen Schreibtisch und einem Schreibtisch?

Chostin hat Folgendes geschrieben:
Kapitel 1
„Komm Schatz steige ein“, sagte Tante Frieda zu ihr,
nahm sie bei  der Hand und öffnete gleichzeitig die Autotür.
„Das Schlimmste ist geschafft.“
Andrina setzte sich auf den hinteren Sitzen des  großen Wagens.
„Rutsch durch Kind“, lächelte Tante Frieda sie an und nahm neben ihr Platz.
„Nach Hause, Fred!“ rief sie dem Chauffeur zu.  
Andrina merkte wie sich das Fahrzeug in Bewegung setzte und schaute zurück durch die Heckscheibe. Große dicke Tränen rollten über ihre Wangen. Wie durch einen Schleier sah sie das große Blumenmeer vor dem offenen Grab.
„Mami, Papi ich vermisse euch so.“
Die Fahrt dauerte nicht lange, doch Andrina kam es wie eine Ewigkeit vor. Als sie von der Straße abbogen und über die weiß-geschotterte Zufahrt durch das große Eisentor fuhren, wusste sie, dass sie jetzt besonders stark sein müsse. Der Wagen kam direkt vor der großen Eichentür zum stehen.  Als Fred Tante Frieda die Tür öffnete und Andrina auf der anderen Seite ausstieg, rauschte ein kalter Windzug durch das Auto. Erst jetzt bemerkte sie, dass es angefangen hatte zu schneien. Dicke weiße Flocken legten sich über das Anwesen. Da wo vor einem Moment noch der Rasen zu sehen war, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen. Auch die große Kräuterschnecke, die im Mittelpunkt auf dem Grün der Zufahrt des Rondells stand, war schon vom Schnee bedeckt. Ihre Mutter und sie hatten viel Zeit an der Kräuterschnecke verbracht. Ja, es gab kein Kraut was Sie nicht kannte,  da waren Lavendel, Thymian, Rosmarin, Petersilie und ganz unten in dem kleinen Teich wuchs die Brunnenkresse. Gerne wäre sie noch in Ihren Gedanken verweilt und hätte dabei dem Schneetreiben noch etwas zugeschaut, doch sie musste ins Haus. Verwandte, Freunde, Nachbarn und Bekannte waren bereits alle schon im Haus eingetroffen. Fred hatte Tante Frieda die große Eichentür geöffnet. Als sie das Gebäude betraten und sie in der  großen Diele ihre Mäntel  und Schals ablegten und  in Richtung Bibliothek gingen, wurde das Raunen und Murmeln, welches sie in der Diele noch vernahmen leiser. Plötzlich herrschte eine gespenstische Stille im Haus, die aber jäh durch den Schlag der großen Standuhr, die vor der Wand zwischen den beiden großen Fenstern stand, beendet wurde. Bong……bong…..bong…..bong….  Andrina zählte leise mit. Vier Uhr. Tante Frieda, die nicht von ihrer Seite wich, schenkte ihr erneut ein warmes Lächeln.
Frau Schachtelhut, ihre Klassenlehrerin kam als erstes auf sie zu.
„Andri… es tut…mir“, stammelte sie vor sich hin, „ja so Leid.“
Die ansonsten distanzierte, rundliche, kleine Frau drückte sie an sich heran, und glitt ihr dabei liebevoll über ihr langes blondes lockiges Haar. Peter, der auch der beste Freund ihres Vaters  war, schaute sie wortlos an.  Zum ersten Mal sah sie in dem sonst so fröhlich blickenden Gesicht  große Traurigkeit. Er wirkte müde und hatte dunkle Ränder um die Augen. Einen Moment verweilten die Blicke ineinander und jeder verstand den Schmerz des anderen. Seine Frau Silly hielt ihm die Hand und sie kamen gemeinsam auf sie zu. Auch Silly nahm Andrina wortlos in den Arm. Die Stille hob sich langsam auf. Der Duft von frisch aufgegossenem Tee und Rotwein lag jetzt in diesem Raum. Eigens zu diesem Anlass waren ein paar Stehtische aufgestellt, auf denen Gebäck und Kuchen standen. Magda die Köchin und Fred ihr Mann bedienten mit großen Tabletts die Trauergäste. Ab und zu legte Fred ein dickes Scheit in den Kamin. Dort züngelte das Feuer, in roten, gelben und blauen Farben, über den glühenden Holzbalken. Das Licht war gedämpft. Vor dem Fenster tanzten die Schneeflocken hin und her. Alle Sitzmöglichkeiten waren belegt. Nur der Stuhl an dem großen Schreibtisch ihres Vaters und der Ohrensessel ihrer Mutter nicht. Einige Gäste mussten stehen, diese gesellten sich aber an die Stehtische. Auf dem Sofa und in den Sesseln unterhielten sich leise die Gäste, aßen von dem Gebäck und tranken Tee oder Wein. Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Tost aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder.“  
Zwischendurch kamen einige zu Andrina, die sich mittlerweile in den großen Ohrensessel, in dem ihre Mutter meist saß, hingesetzt hatte, kondolierten ihr  und sprachen liebe  tröstende Worte. Die meisten der Anwesenden kannte sie. Sie arbeiteten in dem Konzern der Tante Frieda und ihrer Mutter gehörten. Ihre Mutter zog es allerdings vor, gemeinsam mit ihrem Vater ein Antiquariat zu haben, sodass Tante Frieda die Konzerngeschäfte alleine führte, was ihr auch sehr lag und was sie gerne tat. Einige Gäste verließen schon nach kurzer Zeit die Gedenkfeier, die meist von Peter und Silly oder Tante Frieda verabschiedet wurden.  Als sie so durch den Raum blickte, viel ihr eine Gruppe von jüngeren Gästen auf, die sich um eine Person gebildet hatten. Auch hier erkannte sie die meisten wieder. Es waren Mitschülerinnen und Mitschüler aus ihrer Schule, die mit ihren Eltern zur Beerdigung gekommen waren. Fast die ganze Ortschaft war da.  Sie musste nicht lange überlegen wem diese Aufmerksamkeit galt… Robella Glemmer! Als Robella sah, dass sie zu ihr rüber blickte, unterbrach sie das Gespräch in der Runde und kam auf sie zu.
„Ich kann dir gar nicht sagen wie Leid mir das tut. So ein schreckliches Unglück!“, sagte sie und beugte sich zu ihr runter.
 Andrina glaubte ihr, was nicht immer der Fall war. Einen Moment lang passierte nichts, dann fügte sie hinzu,  „dich quält doch sicherlich die Frage wie es zu diesem schrecklichen Unfall kam?“
Andrina nickte. Robella wand den Blick von Andrina ab, machte dabei eine Drehung,  wobei sie fast unscheinbar den anderen Jugendlichen zuwinkte.
„Schön, dass du wieder zu Hause bist“, sagte Andrina, wobei ihr die Geste von Robella nicht entging.
„Ja“, erwiderte Robella, „allerdings wäre ich gerne noch ein Jahr in Stockholm geblieben.“  „Der Schüleraustausch hat dir offensichtlich gefallen?“
„Es ist eine große Umstellung, aus einer Großstadt wieder in unsere ländliche Idylle zu kommen“, meinte Robella etwas ironisch und verzog dabei ihr Gesicht.
Andrina merkte, dass es momentan wichtigeres für Robella gab.
„Wir sehen uns heute Abend bestimmt noch“, sagte Andrina um sie aus dem Gespräch zu entlassen.
Ein kurzes „Ja“, und sie ging auf ihren alten Platz zurück.
Robella war Tante Friedas Adoptivtochter  und hatte ihr  Zimmer direkt neben dem von ihrem. Ihre Mutter und Tante Frieda waren der Meinung, dass es besser für beide wäre, wenn alle unter einem Dach zusammen wohnten, in der Hoffnung, dass sie mal beste Freundinnen bzw. sowas wie Geschwister werden würden. Das funktionierte allerdings nicht so richtig. Andrina  verbrachte lieber ihre Freizeit im Gewächshaus und den Gartenbeeten, wo sie sich um die unterschiedlichsten Pflanzen kümmerte.  Abends las sie gerne mal ein gutes Buch. Häufig konnte man sie auch in der Küche finden, wobei sie der Köchin über die Schulter blickte. Ihre ganz große Liebe galt aber ihrem schwarzen Hengst Purpur, mit dem sie tägliche Ausritte unternahm und dabei von ihrem Bernersennenhund begleitet wurde. Ihr Vater wollte einen Stallmeister einstellen, doch das lehnte sie ab. Robella dagegen liebte es über das Internet zu chatten und in Modemagazinen zu blättern, wobei sie immer ein Telefon oder Handy am Ohr hatte. Robella sah super toll aus. Ihr schulterlanges seidiges schwarzes Haar schimmerte wie ein schwarzer Diamant. Andrina kannte keinen Jungen in ihrem Umkreis der Robella nicht gerne näher kennen lernen würde. Auch viele Mädchen begehrten ihre Gesellschaft.  

Tante Frieda hatte allerdings noch ein großes Apartment in der City, wo sie die Woche über auch wohnte. Dort wohnte sie näher am Konzern. Sie stand morgens sehr früh auf und verließ meist ihr Büro erst spät in der Nacht. Es wurde auch schon berichtet, dass sie über Ihren Bilanzen schlafend auf  ihrem Bürosessel von der Reinemacherfrau morgens gefunden wurde.

„Magst du auch mal abbeißen?“,  fragte Benny Andrina und hielt ihr ein Stück Streuselkuchen vor die Nase. „Nee“, erwiderte sie und schaute ihn grimmig und angewidert an.
 Benny der mit vollem Namen Benjamin hieß war der Sohn von Peter und Silly. Gemeinsam waren sie seit dem ersten Schuljahr in eine Klasse in der Schule. Frau Schachtelhut hatte sie erst in der letzten Woche wieder auseinander gesetzt, weil sie der Meinung war, das Andrina bei Benny ab geguckt hatte. Naja so ganz Unrecht hatte sie ja nicht. Das passierte wenigstens einmal in der Woche. Aber am Tag darauf saßen sie wieder zusammen. Frau Schachtelhut war eben tüddelig, so wie Lehrer eben sind. Wenn Benny nicht gerade über einem hochkarätigen literarischen Bollwerk saß, beschäftigte er sich mit Runen und alten Schriften.  Er hatte ständig ein Buch in der Hand, immer ein Blatt Papier und einen Schreiber griffbereit. Er war mit Abstand der Klassenbeste.  Benny der nicht immer das Feingefühlt für die aktuelle Situation hatte,  deutete mit dem Stück Kuchen auf die Bibliothek.
„Was geschieht denn jetzt damit?“, fragte er Andrina und biss wieder genussvoll in den Kuchen.
Sie blickte rüber zur Bücherwand und hatte das Gefühl, als wenn ein Ring aus Eisen um ihr Herz lag, der sich immer enger und enger zusammen zog. Das war das Lebenswerk ihrer Eltern. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und  ihr kam die Geschichte in den Kopf, wie ihre Eltern sich damals kennen gelernt haben. Sie musste etwas schmunzeln, denn jeder der ihre Eltern kannte, wusste dass das nur in einem Bücherladen passieren konnte. Und Richtig:  Bei dem Versuch aus dem aller obersten Regal ein Buch heraus zu ziehen, verlor ihre Mutter das Gleichgewicht und stieß dabei ein dickes schweres Exemplar auf der gegenüberliegenden Seite des Regals hinunter, was ihren Vater direkt auf dem Kopf fiel.
„An diesen Tag hat mich zweimal der Blitz getroffen“, scherzte er häufig und schaute seine Frau dabei liebevoll an.
Auch wenn ihre Mutter auf der hohen Rollleiter stand, die sich an ihrer Bibliothek befand, hörte man den Satz von ihrem Vater „Schmeiße nicht wieder ein Buch nach mir.“
Und beide brachen in einem schallenden Gelächter aus. Mehr als 5000 Bücher waren darin. Fein säuberlich nach den unterschiedlichsten Kategorien sortiert. Nur für Kenner war es zu erkennen das es sich um Antiquare und teilweise auch sehr seltene Exemplare handelte.  Jeder andere Betrachter musste den Eindruck gewinnen, dass es sich um wahllos zusammengewürfelte Bücher handelte.  Aber gerade das gab diesem Raum einen persönlichen Charme und somit auch seinen Namen.
„Ich werde sie alle behalten“, sagte Andrina zu Benny gewandt „du weiß ja wie es in der Vergangenheit war, du kannst dir jederzeit eins ausleihen.“
Benjamin grinste etwas verlegen, wobei ein freudiges Blitzen in seinen Augen hinter seiner Brille zu erkennen war. Dass Benny meistens saß konnte man seiner Figur ansehen. Er war etwas rundlicher um die Hüfte und sein Gesicht ebenso. Nicht das er dick war, aber etwas weniger an Pfunde hätten ihm auch nicht geschadet.  Andrina hatte ihren Blick wieder zu der Bücherwand gewandt, etwas Misstrauisch beäugt sie die Gestalt, die mit dem Rücken zu ihr akribisch die Einbände der Bücher studierte und eines herauszog  -Kräutermischungen und ihre Wirkungen-.  
Sie versuchte zu erkennen wer das wohl war.
„Weiß du wer das da in der Bibliothek ist?“, fragte sie Tante Frieda, die sich mittlerweile wieder zu ihr gesellt hatte und hinter ihrem Sessel stand.
„Wen meinst du Liebes?“, Andrina deutete mit dem Finger auf die schwarz gekleidete Person. „Wird wohl ein Geschäftsfreund deiner Eltern sein“, antwortete Tante Frieda.
Auch Benny hat den Blick zu dem Unbekannten gerichtet, der das Buch wieder zurück in das Bord stellte.
„Den habe ich auch noch nie gesehen, und seine Kleidung ist aus dem gleichen Jahrhundert wie die Bücher aus den Regalen“, scherzte er.
Das seine außergewöhnlich Kleidung  ihr und den anderen nicht sofort auffiel, lag wohl daran das unter den Trauergästen auch Leute aus dem orientalisch Ausland zu Gast waren. Diese trugen teilweise Ihre Landestracht. Herr Siangh hatte sogar seinen Turban auf. Alle drei betrachteten den Fremden und  plötzlich wie auf Kommando hielt dieser inne und drehte sich um. Für einen Moment hatte Andrina den Eindruck  der Raum würde sich drehen und nicht diese Person. Sein Blick blieb an ihr hängen. Und die Person erschien ihr nicht mehr fremd. Sowas wie ein Lächeln legte sich über sein vollbärtiges  Gesicht.
 „Darf ich mich vorstellen?“, fragte er als er auf sie zu kam, mit einem kurzen Blick auf Tante Frieda gewandt.
„Moonlight, Ronald Moonlight. Und du muss Andrina sein.“
Mit dem Blick wieder zu dem Mädchen gewandt, „ich bin….ähh ich war ein…. ich kannte deine Eltern.“ Er verbeugte sich.
„Hallo“,  sagte Andrina schüchtern und dachte gleichzeitig bei sich „seltsam… den haben sie nie erwähnt“. Benny murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
„Frieda Miller“, erwiderte die Tante und streckte ihm die Hand entgegen.
Ein Moment zögerte Moonlight, nahm dann ihre Hand und drückte ihr einen fetten Kuss auf den Handrücken. Verwundert schaute Tante Frieda erst Moonlight und dann Andrina an und merkte wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Andrina räusperte sich leise und schaute Moonlight genauer an. Benny hatte recht. Seine Kleidung  wirkte altertümlich, nicht das sie schmutzig war. Unter seiner schwarzen Jacke die eher wie ein Umhang wirkte, war in einer großen Tasche eine Zeitung zu erkennen, dazu trug er eine schwarze Stoffhose, die von einem breiten Gürtel mit silberner großer Schnalle gehalten wurde. Sie glaubte einen Zweig und eine Sichel darauf zu erkennen. Sein weißes Rüschenhemd war oben am Kragen mit einer feinen schwarzen Lederbandschleife  verbunden. Über seinen Schultern hing eine Kette die am unteren Ende auch ein silberfarbenes Medaillon enthielt. Ja jetzt konnte sie es ganz deutlich sehen. Auch diese hatte die Sichel und den Zweig eingeprägt. Seine Hände die jeweils von einem goldenen Ring geziert wurden, waren Schwielig und hatten wenig mit den eher zartwirkenden Händen der anderen ihr bekannten Geschäftsleuten ihrer Eltern zu tun. Sie passten eher zu einem Waldarbeiter. Ebenso wie der gewundenen Stab in seiner rechten Hand, der ihm bis Hüfte reichte. Durch den grauen Vollbart und sein volles schulterlanges Haar war sein Alter nicht wirklich aus zu machen. Seine braunen Augen strahlten Gutmütigkeit und Wärme aus. Nachdem er die Hand von Tante Frieda wieder los gelassen hatte, und diese sich peinlichst wegschlich, sagte er  mit dem Blick in die Bibliothek gewandt,  „es ist schon beeindruckend welche Sammlung an okkulten und spirituellen Bücher deine  Eltern zusammen getragen haben. Es ist jetzt aber nicht der passende Augenblick darüber zu reden.“ Benny nickte mit dem Kopf und schloss sich offensichtlich seiner Meinung an. „Nicht der passende Augenblick“, halte es durch ihren Kopf.
 Und ihre Gedanken waren bei ihren Eltern. Sie schaute aus dem Fenster und sah dass es noch kräftiger zu schneien angefangen hatte und mittlerweile die Dämmerung von der Dunkelheit abgelöst war.
„Wo mögen sie jetzt sein“, sie hatte den Gedanken noch nicht ganz ausgedacht als Moonlight mit seiner tiefen warmen Stimme antwortete,
„In einer anderen Welt und die ganze Kraft Ihrer Liebe ist bei dir.“
Benny schaute den großen Mann verdutzt an. Andrina traute ihren Ohren nicht und richtete ihren Blick wieder auf Ronald Moonlight.
 „Wie war das Möglich?“, schoss es ihr durch den Kopf.
Und erneut kam prompt die Antwort.
„Es gibt Ding zwischen Himmel und Erde, zwischen Mond und Sonne die schon immer da waren.“ Andrina sprang erschrocken auf,  „Wie ist das möglich?“, fragte sie jetzt mit fester Stimme und schaute Ronald Moonlight an. Sie war erschrocken aber verspürte keine Angst.
Dieser Antwortete nur mit einem gutmütigen und warmherzigen Lächeln.
„Ich muss bald gehen und es war schön dich einmal persönlich kennen zu lernen, aber wir werden uns wiedersehen,  schon morgen, bei der Testamentseröffnung deiner Eltern“, er zwinkerte ihr zu. Wandte  sich ab und ging mit großen schnellen Schritten durch den Raum Richtung Diele. Einmal nickte er noch Tante Frieda und Peter kurz zu, die beide fest mit Silly in einer Unterhaltung eingebunden waren. Schon schloss sich hinter ihm die Tür zur Diele.
 „Was war das? Wie ist der denn drauf?“, fragt Benny etwas irritiert.
„Weiß nicht“, entgegnete Andrina  ihm abwesend und nachdenklich.
„Schau mal er hat etwas vergessen“, ergänzte Benny und zeigte auf den Stock der an dem Sessel angelehnt da stand. Andrina drehte sich um, griff den Stock und lief zur Terassentür um dem Fremden zu rufen. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien und am Himmel leuchtete die Sichel des Mondes. Sein silbernes Licht erhellte  die schneebedeckte Landschaft. Suchend schaute sie auf das Rondell vor dem Haus, ohne ihn zu erblicken.
„Wo ist er nur?“, murmelte sie leise vor sich hin. Kein Auto stand mehr auf dem Parkplatz. Keine Menschenseele war mehr zu sehen. Nur ein großer Vogel flatterte über die Kräuterschnecke,  die mittig auf dem Rondell stand, er ließ sich nieder und war plötzlich in dem Schnee verschwunden. Sie schaute noch einmal genauer hin und erkannte nun  frische Fußspuren die auch dort endeten.
„Was hältst du dort in der Hand?“, hörte sie Tante Frieda fragen und riss sie aus ihren Gedanken.
„Das ist der Stock von Ronald Moonlight“, antwortete sie, „den hat er hier vergessen.“
Auch Peter der mittlerweile neben ihr an der Tür stand und einen Arm um sie gelegt hatte schaute in die Nacht und sie kannte seine Frage.
Andrina antwortete, „In einer anderen Welt, Peter.“


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Der Junge, der Glück brachte (Jugendbuch/2013)
Das Mädchen, das Hoffnung brachte (Jugendbuch/ November 2014)
Tod und tiefer Fall (Thriller/18. Mai 2015)
Rache und roter Schnee (Thriller/Oktober 2015)
Blut und böser Mann (Thriller/März 2016)
Asche und alter Zorn (Thriller/August 2016)
Ein kleines Verbrechen (Thriller/Dezember 2016)
Blinde Krähen (Thriller/März 2017)
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mati
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Beitrag27.11.2012 15:22
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von mati
Antworten mit Zitat

Harald hat Folgendes geschrieben:
mati hat Folgendes geschrieben:
Harald hat Folgendes geschrieben:
Chostin hat Folgendes geschrieben:

Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Tost aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder.“

Trinkspruch wie auch geröstetes Weißbrot in Scheiben werden Toast geschrieben ...


Ich glaube, an diesem Punkt irrst Du, Harald. Man wollte bestimmt einen Trost aussprechen. Aber mit der berechtigten Kritik sollten wir am Anfang beginnen: Das erste Kapitel meines Fantasy-Romans.


Ich glaube, Du irrst, wenn Du annimmst, dass ich irre, denn hier lese ich einen *"Toast" heraus:


Ich wiederum sehe einen Irrtum, falls man mir Irrtum bei einem Irrtum vorwirft. Denn gemünzt war der Trost auf die vielen Irrungen. Falls uns aber nur der Trost bleibt, einen Toast auf unseren künftigen Alkoholverbrauch wegen der unüberwindlichen Rechtschreibhürden auszusprechen - bitte sehr. Prost!
(Ich muss bei 'Vorsicht Humor' keine Smileys verwenden, oder?)


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Harald
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Beitrag27.11.2012 15:50
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von Harald
Antworten mit Zitat

mati hat Folgendes geschrieben:

Ich wiederum sehe einen Irrtum, falls man mir Irrtum bei einem Irrtum vorwirft. Denn gemünzt war der Trost auf die vielen Irrungen. Falls uns aber nur der Trost bleibt, einen Toast auf unseren künftigen Alkoholverbrauch wegen der unüberwindlichen Rechtschreibhürden auszusprechen - bitte sehr. Prost!


Tja,

wir sollten uns bei Gelegenheit mal in echt zuprosten, wie wäre es hier ->

http://www.cafe-lounge-jasmin.de/cljs.php?page=1

Es gibt keine Rechtschreibhürden, es wird lediglich versäumt, die noch vorhandenen mittels neuer Rechtschreibreform(en) auf das Niveau von Holzbauklötzchen zu senken

mati hat Folgendes geschrieben:
(Ich muss bei 'Vorsicht Humor' keine Smileys verwenden, oder?)


Nö, wir brauchen keine herumhampelnden Animateure, die uns den Moment zeigen, an dem man Lachen muss ...


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Liebe Grüße vom Dichter, Denker, Taxi- Lenker

Harald

Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste!
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mati
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Beitrag27.11.2012 18:11
Re: Das erste Kapitel von meinem Fantasy-Roman
von mati
Antworten mit Zitat

Harald hat Folgendes geschrieben:
wie wäre es hier ->

http://www.cafe-lounge-jasmin.de/cljs.php?page=1



Absolut korrekt. Machen wir.


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Chostin
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Beiträge: 8



Beitrag27.11.2012 21:50

von Chostin
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Vielen Dank für die zahlreichen Antworten.
Das der Text einige Rechtschreibschwächen aufweist, sei mir bitte zu verzeihen. Das war auch der eigentliche Grund, warum ich meine Geschichten immer nur für mich geschrieben habe. In meinem Beruf als Puppenspieler habe ich es natürlich auch mit der "Gewalt" der Sprache zu tun. Das geschieht aber meist aus der aktuellen Situation und ich muss mir keine Gedanken über Komma und Punkt machen. Meine Manuskripte versuche ich allerdings, immer korrekt zu verfassen.
Noch mal ganz vielen, lieben Dank.

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Sind all die Charaktere für die weitere Handlung wichtig genug, dass man sie (jetzt schon) ausführlich beschreiben muss?

Einige Beschreibungen der Charaktere habe ich so belassen müssen, andere konnte ich aber etwas ausdünnen.

Trearu hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Da wo vor einem Moment noch der Rasen zu sehen war, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen.

Das hört sich etwas zu 'plötzlich' an.

Ja, du hast recht, die Zeilen habe ich geändert.

Berti_Baum hat Folgendes geschrieben:
Dein Lieblingswort habe ich schnell gefunden. Nach dem fünften oder sechsten "groß" dachte ich mir, dass soll bestimmt ein Running-Gag werden

War mir nie so aufgefallen, werde in Zukunft drauf achten. Danke schön.


Aufmerksam und schmunzelnd habe ich die Diskussion um den "To(a)st" verfolgt. "Für das Erste" habe ich mich für die "oa- Version" entschieden.

@Harald
Danke für den Link zur Online-Prüfung.

Bin in Foren auch nicht ganz so häufig unterwegs, deshalb frage ich lieber mal.
Kann ich die geänderte Version dann hier noch mal posten?
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mati
Eselsohr
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Beiträge: 203



M
Beitrag27.11.2012 22:04

von mati
Antworten mit Zitat

Chostin hat Folgendes geschrieben:
Aufmerksam und schmunzelnd habe ich die Diskussion um den "To(a)st" verfolgt. "Für das Erste" habe ich mich für die "oa- Version" entschieden.


Na, geht doch. Ein kleiner Schubser, schon dampft die Emma wieder dick und fett durch Lummerland.


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Myrine
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Wohnort: München


Beitrag27.11.2012 22:15

von Myrine
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Hallo Chostin,

ein gelungener Einstieg meiner Meinung nach - neugierig auf die weitere Geschichte bin ich auf jeden Fall.

Mir stellt sich allerdings die Frage, wie alt Andrina ist? Bei "Kind" am Anfang dachte ich an ein vielleicht zehnjähriges Mädchen, bis mir dann auffiel, dass das nicht sein kann. Vielleicht solltest du das Wort am Anfang ersetzen, um keinen falschen ersten Eindruck entstehen zu lassen (z. B. durch Schatz, Liebling oder etwas in der Art).

Die Sache mit den Gedanken und der wörtlichen Rede wurde schon angesprochen und ich würde mich anschließen. Ich persönlich setzte Gedanken gerne in kursiv, dann sind sie von gesprochenen Worten klar abgesetzt.

Die Ankunft am Haus fand ich sehr schön beschrieben; ich hatte einen guten Eindruck von der Szenerie und der Stimmung. Die Beschreibung des Raumes im Haus (eine Diele? wirklich? klingt mehr nach Wohnzimmer/Salon) zieht sich dagegen. Ich denke, dort könnte man straffen und auch die Satzstellung noch einmal überprüfen. Wenn du jeden Satz gleich aufbaust, klingt der Text schnell monoton.

Liebe Grüße,
Myrine


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Schläft ein Lied in allen Dingen,
die da träumen fort und fort,
und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
(Joseph Freiherr von Eichendorff)
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JT
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Beitrag28.11.2012 08:35

von JT
Antworten mit Zitat

Zitat:
Kann ich die geänderte Version dann hier noch mal posten?
Sicher geht das. Wenn du deinen Text eingibst, hast du darunter ein paar Optionen wie z.B. Fortsetzung, neue Version usw. Wenn du ein Häckchen bei neuer Version setzt, ist oben bei deinem Text dann ersichtlich, dass es eine Neue gibt.

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LG JT
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Chostin
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Alter: 67
Beiträge: 8



Beitrag28.11.2012 11:32
Überarbeitete Version
von Chostin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Kapitel 1
„Komm Schatz steig ein“, sagte Tante Frieda zu ihr,  
nahm sie bei der Hand und öffnete gleichzeitig die Autotür.
„Das Schlimmste ist geschafft“.
Andrina setzte sich auf den hinteren Sitzen des Wagens.
„Rutsch durch Liebes“, lächelte Tante Frieda sie an und nahm neben ihr Platz.
„Nach Hause, Fred“, rief sie dem Chauffeur zu.
Andrina merkte, wie sich das Fahrzeug in Bewegung setzte, und schaute zurück durch die
Heckscheibe. Dicke Tränen rollten über ihre Wangen.
Wie durch einen Schleier sah sie das Blumenmeer vor der offenen Gruft.
„Mami, Papi ich vermisse euch so“.
Die Fahrt dauerte nicht lange, doch Andrina kam es wie eine Ewigkeit vor.
„Warum? Warum? Warum?“, hallte es ihr durch den Kopf und sie versuchte mit ihren 16 Jahren
das Unbegreifliche zu begreifen.
Als sie von der Straße abbogen und über die weiß-geschotterte Zufahrt durch das große Eisentor
fuhren, wusste sie, dass sie jetzt besonders stark sein müsse. Der Wagen kam direkt vor der massiven
Eichentür zum Stehen.  Als Fred Tante Frieda die Tür öffnete und Andrina auf der anderen Seite
ausstieg, rauschte ein kalter Windzug durch das Auto.
Erst jetzt bemerkte sie, dass es angefangen hatte zu schneien. Dicke weiße Flocken legten sich über
das Anwesen. Langsam aber stetig, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen, auch die
Kräuterschnecke, die in der Mitte auf dem Grün der Zufahrt des Rondells stand, war fast schon
vom Schnee bedeckt. Ihre Mutter und sie hatten viel Zeit an der Kräuterschnecke verbracht.
Ja, es gab kein Kraut, was sie nicht kannte, da wuchsen Lavendel, Thymian, Rosmarin, Petersilie und
ganz unten in dem kleinen Teich wuchs die Brunnenkresse. Gerne wäre sie noch in Ihren Gedanken
verweilt und hätte dabei dem Schneetreiben noch etwas zugeschaut, doch sie musste ins Haus.

Verwandte, Freunde, Nachbarn und Bekannte waren bereits alle schon im Haus eingetroffen. Fred
hatte ihnen die Eichentür geöffnet. Nachdem sie das Landhaus betraten und ihre Mäntel und Schals
ablegt hatten, gingen sie in Wohnraum, der übergangslos an die Bibliothek angrenzte. Das Raunen
und Murmeln, welches sie schon in der Diele vernahmen, wurde leiser, und alle schauten Andrina an.
eine gespenstische Stille herrschte im ganzen Haus, die aber jäh durch den Schlag der Standuhr, die
vor der Wand zwischen den beiden großen Fenstern stand, beendet wurde.
Bong……bong…..bong…..bong…. Andrina zählte leise mit. Vier Uhr.
Tante Frieda, die nicht von ihrer Seite wich, schenkte ihr erneut ein warmes Lächeln.
Mrs. Schachtelhut, ihre Klassenlehrerin kam als Erstes auf sie zu.
„Andri… es tut … mir“, stammelte sie vor sich hin, „ja so leid.“
Die ansonsten distanzierte, rundliche, kleine Frau drückte sie an sich heran und glitt ihr dabei
liebevoll über ihr langes blondes lockiges Haar.
Peter, der auch der beste Freund ihres Vaters war, schaute sie wortlos an. Zum ersten Mal sah sie in
dem sonst so fröhlich blickenden Gesicht tiefe Traurigkeit. Er wirkte müde und hatte dunkle Ränder
um die Augen. Einen Moment verweilten die Blicke ineinander und jeder verstand den Schmerz des
anderen. Seine Frau Silly hielt ihm die Hand und sie kamen gemeinsam auf sie zu. Auch Silly nahm
Andrina wortlos in den Arm. Andrina wäre am liebsten weggelaufen, so viel Nähe konnte sie jetzt nur
schwer ertragen aber sie riss sich zusammen.
Die Stille hob sich langsam auf. Der Duft von frisch aufgegossenem Tee und Rotwein lag jetzt in
diesem Raum. Eigens zu diesem Anlass wurden ein paar Stehtische aufgestellt, auf denen Gebäck und
Kuchen standen. Magda die Köchin und Fred ihr Mann bedienten mit silbernen Tabletts die
Trauergäste. Ab und zu legte Fred ein dickes Scheit in den Kamin. Dort züngelte das Feuer, in roten,
gelben und blauen Farben, über den glühenden Holzbalken. Das Licht war gedämpft.
Vor dem Fenster tanzten die Schneeflocken hin und her. Alle Sitzmöglichkeiten waren belegt. Nur der
Stuhl an dem Schreibtisch ihres Vaters und der Ohrensessel ihrer Mutter nicht. Einige Gäste mussten
stehen, diese gesellten sich aber an die Stehtische. Auf dem Sofa und in den Sesseln unterhielten sich
leise die Gäste, aßen von dem Gebäck und tranken Tee oder Wein. Hin und wieder hörte man
jemanden einen leisen Toast aussprechen, der immer wie folgt lautete:
„Auf John und Marie Founder“.  
Zwischendurch kamen einige Trauergäste zu Andrina, die sich mittlerweile in den Ohrensessel,
in dem ihre Mutter meist saß, hingesetzt hatte, kondolierten ihr und sprachen liebe tröstende
Worte. Die meisten der Anwesenden kannte sie. Sie arbeiteten in dem Konzern der Tante Frieda und
ihrer Mutter gehörten. Ihre Eltern zogen es allerdings vor, ein Antiquariat zu betreiben, sodass Tante
Frieda die Konzerngeschäfte alleine führte, was ihr auch sehr lag und was sie gerne tat. Einige Gäste
verließen schon nach kurzer Zeit die Gedenkfeier, die meist von Peter und Silly oder Tante Frieda
verabschiedet wurden.
Als sie so durch den Raum blickte, fiel ihr eine Gruppe von jüngeren Gästen auf, die sich um eine
Person gebildet hatte. Auch hier erkannte sie die meisten wieder. Es waren Mitschülerinnen und
Mitschüler aus ihrer Schule, die mit ihren Eltern zur Beerdigung gekommen waren. Fast die ganze
Ortschaft war da.
Sie musste nicht lange überlegen, wem diese Aufmerksamkeit galt…Robella Glemmer!
Als Robella sah, dass sie zu ihr rüber blickte, unterbrach sie das Gespräch in der Runde und kam auf
sie zu.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das tut. So ein schreckliches Unglück!“, bekundete auch sie
und beugte sich zu ihr runter. Andrina glaubte ihr, was nicht immer der Fall war. Einen Moment lang
passierte nichts, dann fügte sie hinzu, „dich quält doch sicherlich die Frage, wie es zu diesem
schrecklichen Unfall kam?“, Andrina nickte.
Robella wandte den Blick von Andrina ab, machte dabei eine Drehung, wobei sie fast unscheinbar
den anderen Jugendlichen zuwinkte.
„Schön, dass du wieder zu Hause bist“, sagte Andrina, wobei ihr die Geste von Robella nicht entging.
„Ja“, erwiderte Robella, „allerdings wäre ich gerne noch ein Jahr in Stockholm geblieben“.
„Der Schüleraustausch hat dir offensichtlich gefallen?“
„Es ist schon eine Umstellung, aus einer Großstadt wieder in unsere ländliche Idylle zu kommen“,
meinte Robella etwas ironisch und verzog dabei ihr Gesicht.
Andrina merkte, dass es momentan Wichtigeres für Robella gab.
„Wir sehen uns heute Abend bestimmt noch“, sagte Andrina um sie aus dem Gespräch zu entlassen.
Ein Kurzes: „Ja“, und sie ging auf ihren alten Platz zurück.

Robella, die Adoptivtochter von Tante Frieda, hatte ihr Zimmer direkt neben dem von
ihrem. Andrinas Eltern, und Tante Frieda waren der Meinung, dass es besser für beide wäre, wenn
alle unter einem Dach zusammenwohnten, in der Hoffnung, dass sie mal beste Freundinnen bzw. so
was wie Geschwister werden würden. Das funktionierte allerdings nicht so richtig.
Andrina verbrachte lieber  ihre Freizeit im Gewächshaus und den Gartenbeeten,
wo sie sich um die unterschiedlichsten Pflanzen kümmerte. Abends las sie gerne mal ein gutes
Buch. Häufig konnte man sie auch in der Küche finden, wobei sie der Köchin über die Schulter
blickte. Ihre ganz große Liebe galt aber ihrem schwarzen Hengst, mit dem sie fast tägliche Ausritte
unternahm und dabei von ihrer  Bernersennenhündin begleitet wurde. Ihr Vater wollte einen
Stallmeister einstellen, doch das lehnte  sie ab.
Robella dagegen liebte es über das Internet zu chatten und in Modemagazinen zu blättern,
wobei sie immer ein Telefon oder Handy am Ohr hatte. Robella sah super toll aus. Ihr schulterlanges  
seidiges schwarzes Haar schimmerte wie ein schwarzer Edelstein. Andrina kannte keinen Jungen in
ihrem Umkreis der Robella nicht gerne näher kennen lernen würde. Auch viele Mädchen begehrten
ihre Gesellschaft.  
Tante Frieda hatte allerdings noch ein Apartment in der City, wo sie die Woche über auch wohnte.
Dort wohnte sie näher am Konzern. Sie stand morgens sehr früh auf und verließ meist ihr Büro erst
spät in der Nacht. Es wurde auch schon berichtet, dass sie über Ihren Bilanzen schlafend auf  ihrem
Bürosessel von der Reinemachefrau morgens gefunden wurde.

„Magst du auch mal abbeißen?“,  fragte Benny Andrina und hielt ihr ein Stück Streuselkuchen vor die
Nase.
„Nee“, erwiderte sie und schaute ihn grimmig und angewidert an.
Benny, der Sohn von Peter und Silly, hieß mit vollem Namen Benjamin. Gemeinsam gingen sie seit
dem ersten Schuljahr in eine Klasse. Wenn Benny nicht gerade über einem hochkarätigen
literarischen Bollwerk saß, beschäftigte er sich mit Runen und alten Schriften. Er hatte ständig ein
Buch in der Hand, immer ein Blatt Papier und einen Schreiber griffbereit. Er war mit Abstand der
Klassenbeste.  Benny der nicht immer das Feingefühl für die aktuelle Situation hatte,  deutete mit
dem Stück Kuchen auf die Bibliothek.
„Was geschieht denn jetzt damit?“ fragte er Andrina und biss wieder genussvoll in den Kuchen.
Sie blickte rüber zur Bücherwand und hatte das Gefühl, als wenn ein Ring aus Eisen um ihr Herz lag,
der sich immer enger und enger zusammen zog. Das war das Lebenswerk ihrer Eltern. Ihre Augen
füllten sich mit Tränen und ihr kam die Geschichte in den Kopf, wie ihre Eltern sich damals
kennengelernt haben. Sie musste etwas schmunzeln, denn jeder, der ihre Eltern kannte, wusste, dass
das nur in einem Bücherladen passieren konnte. Und richtig, bei dem Versuch aus der obersten
Ebene des Regals ein Buch herauszuziehen, verlor ihre Mutter das Gleichgewicht und stieß dabei ein
dickes schweres Exemplar auf der gegenüberliegenden Seite des Regals hinunter, was ihren Vater
direkt auf dem Kopf fiel.
„An diesen Tag hat mich zweimal der Blitz getroffen“, scherzte er häufig und schaute seine Frau
dabei liebevoll an.
Auch wenn ihre Mutter auf der hohen Rollleiter stand, die sich an ihrer Bibliothek befand, hörte man
den Satz von ihrem Vater „Schmeiße nicht wieder ein Buch nach mir“.
Und beide brachen in einem schallenden Gelächter aus. Mehr als 1000 Bücher befanden sich
darin. Feinsäuberlich nach den unterschiedlichsten Kategorien sortiert. Nur Kenner konnten es
erkennen, dass es sich um Antiquare und teilweise auch sehr seltene Exemplare handelte. Jeder
andere Betrachter musste den Eindruck gewinnen, dass es sich um wahllos zusammengewürfelte
Bücher handelte. Aber gerade das gab diesem Raum einen persönlichen Charme und somit auch
seinen Namen.
„Ich werde sie alle behalten“, sagte Andrina zu Benny gewandt, „du weiß ja, für dich wird sich nichts
ändern, du kannst dir jederzeit eins ausleihen.“
Benjamin grinste etwas verlegen, wobei ein freudiges Blitzen in seinen Augen hinter seiner Brille zu
erkennen war. Dass Benny meistens saß und aß, konnte man seiner Figur ansehen. Er war etwas
rundlicher  um die Hüfte und sein Gesicht ebenso. Nicht das er dick war, aber etwas weniger an
Pfunde hätten ihm auch nicht geschadet.
Andrina hatte ihren Blick wieder zu der Bücherwand gewandt, etwas misstrauisch beäugt sie die
Gestalt, die mit dem Rücken zu ihr akribisch die Einbände der Bücher studierte und eines herauszog
-Kräutermischungen und ihre Wirkungen-.
Sie versuchte zu erkennen, wer das wohl war.
„Weiß du, wer das da in der Bibliothek ist?“, fragte sie Tante Frieda, die sich mittlerweile wieder zu
ihr gesellt hatte und hinter ihrem Sessel stand.
„Wen meinst du Liebes?“, Andrina deutete mit dem Finger auf die schwarz gekleidete Person.
„Wird wohl ein Geschäftsfreund deiner Eltern sein“, antwortete Tante Frieda.
Auch Benny hat den Blick zu dem Unbekannten gerichtet, der das Buch wieder zurück in das Bord
stellte.
„Den habe ich auch noch nie gesehen, und seine Kleidung ist aus dem gleichen Jahrhundert wie die
Bücher aus den Regalen“, scherzte er.
Dass seine außergewöhnliche Kleidung ihr und den anderen nicht sofort auffiel, lag wohl daran das
unter den Trauergästen auch Leute aus dem orientalischen Ausland zu Gast waren. Diese trugen
teilweise Ihre Landestracht. Herr Siangh hatte sogar seinen Turban auf. Alle drei betrachteten den
Fremden und plötzlich wie auf Kommando hielt dieser inne und drehte sich um. Für einen Moment
hatte Andrina den Eindruck der Raum würde sich drehen und nicht diese Person. Sein Blick blieb an
ihr hängen. Und die Person erschien ihr nicht mehr fremd. So was wie ein Lächeln legte sich über sein
vollbärtiges Gesicht.
„Darf ich mich vorstellen?“, fragte er, als er auf sie zu kam, mit einem kurzen Blick auf Tante Frieda
gewandt.
„Moonlight, Ronald Moonlight. Und du muss Andrina sein“.
Mit dem Blick wieder zu dem Mädchen gewandt, „ich bin …Ähm ich war ein … ich kannte deine
Eltern“. Er verbeugte sich.
„Hallo“, sagte Andrina schüchtern und dachte gleichzeitig bei sich,
„seltsam … den haben sie nie erwähnt“.
Benny murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
„Frieda Miller“, erwiderte die Tante und streckte ihm die Hand entgegen.
Ein Moment zögerte Moonlight, nahm dann ihre Hand und drückte ihr einen fetten Kuss auf den
Handrücken. Verwundert schaute Tante Frieda erst Moonlight und dann Andrina an und merkte,
wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Andrina räusperte sich leise und schaute Moonlight genauer
an. Benny hatte recht. Seine Kleidung schienen altertümlich, nicht dass diese schmutzig war.
Unter seiner schwarzen Jacke, die eher wie ein Umhang wirkte, war in einer Seitentasche eine
Zeitung zu erkennen, dazu trug er eine schwarze Stoffhose, die von einem breiten Gürtel mit
silberner großer Schnalle gehalten wurde. Sie glaubte, einen Zweig und eine Sichel darauf zu
erkennen. Sein weißes Rüschenhemd war oben am Kragen mit einer feinen schwarzen
Lederbandschleife verbunden. Über seinen Schultern hing eine Kette, die am unteren Ende auch ein
silberfarbenes Medaillon enthielt. Ja jetzt konnte sie es ganz deutlich sehen. Auch diese hatte die
Sichel und den Zweig eingeprägt. Seine Hände, die jeweils von einem goldenen Ring geziert wurden,
waren schwielig und hatten wenig mit den eher zart wirkenden Händen der anderen ihr bekannten
Geschäftsleuten ihrer Eltern zu tun. Sie passten eher zu einem Waldarbeiter. Ebenso wie der
gewundene Stab in seiner rechten Hand, der ihm bis Hüfte reichte. Durch den grauen Vollbart und
sein volles schulterlanges Haar war sein Alter nicht wirklich auszumachen. Seine braunen Augen
strahlten Gutmütigkeit und Wärme aus. Nachdem er die Hand von Tante Frieda wieder losgelassen
hatte, und diese sich peinlichst wegschlich, bemerkte er mit dem Blick in die Bibliothek gewandt,
„es ist schon beeindruckend, welche Sammlung an okkulten und spirituellen Büchern deine Eltern
zusammengetragen haben. Es ist jetzt aber nicht der passende Augenblick darüber zu reden“.
Benny nickte mit dem Kopf und schloss sich offensichtlich seiner Meinung an.
„Nicht der passende Augenblick“, halte es durch ihren Kopf.
Und ihre Gedanken hingen bei ihren Eltern. Sie schaute aus dem Fenster und sah, dass es noch
kräftiger zu schneien angefangen hatte und mittlerweile die Dämmerung von der Dunkelheit abgelöst war.
„Wo mögen sie jetzt sein?“, sie hatte den Gedanken noch nicht ganz ausgedacht,
als Moonlight mit seiner warmen Stimme antwortete:
„In einer anderen Welt und die ganze Kraft Ihrer Liebe ist bei dir.“
Benny schaute den großen Mann verdutzt an.
Andrina traute ihren Ohren nicht und richtete ihren Blick wieder auf Ronald Moonlight.
„Wie ist das möglich?“, schoss es ihr durch den Kopf.
Und erneut kam prompt die Antwort.
„Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, zwischen Mond und Sonne, die schon immer existierten“.
Andrina sprang erschrocken auf aber verspürte keine Angst.
„Wie ist das möglich?“, fragte sie jetzt mit fester Stimme und betrachtete dabei Moonlight genauer.
Dieser antwortete nur mit einem gutmütigen und warmherzigen Lächeln.
Andrina war das heute alles zu viel, um noch mal nachzufragen, was auch ihr Gegenüber bemerkte.
„Du bekommst deine Antworten aber jetzt muss ich gehen. Morgen werden wir uns wiedersehen,
bei der Testamentseröffnung deiner Eltern.“ Er zwinkerte ihr zu,
wandte sich ab und ging mit schnellen Schritten durch den Raum Richtung Diele.
Einmal nickte er noch Tante Frieda und Peter kurz zu, die beide fest mit Silly in einer Unterhaltung
eingebunden waren. Schon schloss sich hinter ihm die Tür zur Diele.
„Was soll das? Wie ist der denn drauf?“, fragt Benny etwas irritiert.
„Weiß nicht“, entgegnete Andrina ihm abwesend und nachdenklich.
„Schau mal, er hat was vergessen“ ergänzte Benny und zeigte auf den Stock, der an dem Sessel
angelehnt da stand.
 
Andrina drehte sich um, griff den Stock und lief zur Terrassentür, um den Fremden zurück zu
rufen. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien und am Himmel leuchtete die Sichel des
Mondes. Sein silbernes Licht erhellte die schneebedeckte Landschaft. Suchend schaute sie auf das
Rondell vor dem Haus, ohne ihn zu erblicken.
„Wo ist er nur?“, murmelte sie leise vor sich hin.
Kein Auto stand mehr auf dem Parkplatz. Keine Menschenseele war mehr zu sehen. Nur ein großer
Vogel flatterte über die Kräuterschnecke, die mittig auf dem Rondell stand, er ließ sich nieder und
verschwand plötzlich im Schnee. Sie schaute noch einmal genauer hin und erkannte nun frische
Fußspuren, die auch dort endeten.
„Was hältst du dort in der Hand?“, hörte sie Tante Frieda fragen und riss sie aus ihren Gedanken.
„Das ist der Stock von Ronald Moonlight“, antwortete sie, „den hat er hier vergessen.“
Auch Peter, der mittlerweile neben ihr an der Tür stand und einen Arm um sie gelegt hatte, schaute
in die Nacht und sie kannte seine Frage.
Andrina antwortete: „In einer anderen Welt, Peter.“
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Chostin
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Beitrag28.11.2012 11:45

von Chostin
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Hallo Myrine,
danke für deine Antwort.

Myrine hat Folgendes geschrieben:

Mir stellt sich allerdings die Frage, wie alt Andrina ist? Bei "Kind" am Anfang dachte ich an ein vielleicht zehnjähriges Mädchen, bis mir dann auffiel, dass das nicht sein kann. Vielleicht solltest du das Wort am Anfang ersetzen, um keinen falschen ersten Eindruck entstehen zu lassen (z. B. durch Schatz, Liebling oder etwas in der Art).

Das war mir auch schon Aufgefallen. Habe die Kosenamen geändert und in einem Satz das Alter hinzugefügt.

Myrine hat Folgendes geschrieben:

Die Sache mit den Gedanken und der wörtlichen Rede wurde schon angesprochen und ich würde mich anschließen. Ich persönlich setzte Gedanken gerne in kursiv, dann sind sie von gesprochenen Worten klar abgesetzt.

In meinem Original in Word ist es auch kursiv geschrieben, allerdings wenn ich es hier einkopiere wird es anders umgesetzt. Habe bei der neuen Version entsprechenden Stellen jetzt mit der Forensoftware bearbeitet. Gibt es dazu eine einfachere Lösung?

Myrine hat Folgendes geschrieben:

Die Ankunft am Haus fand ich sehr schön beschrieben; ich hatte einen guten Eindruck von der Szenerie und der Stimmung. Die Beschreibung des Raumes im Haus (eine Diele? wirklich? klingt mehr nach Wohnzimmer/Salon) zieht sich dagegen.

Auch die Szene habe ich etwas umgeschrieben, ich hoffe sie ist so verständlicher.

@JT Danke für die Hilfe. Langsam lerne ich. Very Happy

Liebe Grüße
Peter
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Murmel
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Beitrag28.11.2012 19:21
Re: Überarbeitete Version
von Murmel
Antworten mit Zitat

Weil du so lieb auf die etwas ausufernden Kritiken reagiert hast, eine von Murmel.

Chostin hat Folgendes geschrieben:
Kapitel 1
„Komm Schatz steig ein“, sagte Tante Frieda zu ihr 
nahm Andrina bei der Hand und öffnete gleichzeitig die Autotür. (Absatz weg) „Das Schlimmste ist geschafft“.
(Füge etwas ein wie einen Gedanken, falls du personaler Erzähler schreibst, oder ein Gefühl wie Gehorsam) Andrina setzte sich auf den hinteren Sitzen des Wagens.
„Rutsch durch Liebes“, lächelte Tante Frieda sie an und nahm neben ihr Platz.
„Nach Hause, Fred“, rief sie dem Chauffeur zu.
Andrina merkte, wie sich das Fahrzeug setzte sich in Bewegung , und Andrina schaute zurück durch die
Heckscheibe. Dicke Tränen rollten über ihre Wangen.
Wie durch einen Schleier sah sie das Blumenmeer vor der offenen Gruft.
„Mami, Papi ich vermisse euch so“.
Die Fahrt dauerte nicht lange, doch Andrina ihr kam es wie eine Ewigkeit vor.
„Warum? Warum? Warum?“, hallte es ihr durch den Kopf und sie versuchte mit ihren 16 Jahren das Unbegreifliche zu begreifen.
Als sie von der Straße abbogen und über die weiß-geschotterte Zufahrt durch das große Eisentor
fuhren, wusste sie, dass sie jetzt besonders stark sein müsse. Warum? Der Wagen kam direkt vor der massiven
Eichentür zum Stehen.  Als Fred der Chauffeur Tante Frieda die Tür öffnete und Andrina auf der anderen Seite
ausstieg, rauschte ein kalter Windzug durch das Auto.
Erst jetzt bemerkte sie, dass es angefangen hatte zu schneien. Dicke weiße Flocken legten sich über das Anwesen. Langsam aber stetig, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen, auch die
Kräuterschnecke, die in der Mitte auf dem Grün der Zufahrt des Rondells stand, war fast schon vom Schnee bedeckt. Ihre Mutter und sie hatten viel Zeit an der Kräuterschnecke dort verbracht.
Ja, es gab kein Kraut, wdas sie nicht kannte, da wuchsen Lavendel, Thymian, Rosmarin, Petersilie und
ganz unten in dem kleinen Teich wuchs die Brunnenkresse. Gerne wäre sie noch in Iihren Gedanken verweilt und hätte dabei dem Schneetreiben noch etwas zugeschaut, doch sie musste ins Haus.


Kennst du dich mit Perspektive aus? In welcher schreibst du? Im Moment ist das noch etwas verwaschen. Lese dir dein Geschriebenes laut vor, oder lasse es dir vorlesen. Als Puppenspieler wirst du besser in die Sprachmelodie deines Geschriebenen eingreifen können.

Ich glaube, wenn du das Handwerk beherrscht, wirst du tolle Geschichten schreiben können. Dranbleiben, sage ich.


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Chostin
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Alter: 67
Beiträge: 8



Beitrag06.12.2012 15:13

von Chostin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

„Komm Schatz steig ein“, sagte Tante Frieda nahm Andrina bei der Hand und öffnete gleichzeitig
die Autotür, „das Schlimmste ist geschafft“.
Andrina setzte sich auf den hinteren Sitz des Wagens.
„Rutsch durch Liebes“, lächelte Tante Frieda sie an und nahm neben ihr Platz.
„Nach Hause, Fred“, rief sie dem Chauffeur zu.
Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung, Andrina schaute durch die
Heckscheibe zurück. Tränen verschleierten ihren Blick auf das Blumenmeer vor der Gruft.
„Mami, Papi ich vermisse euch so“.
Die Fahrt dauerte nicht lange, doch Andrina kam es wie eine Ewigkeit vor.
„Warum? Warum? Warum?“, hallte es ihr durch den Kopf und sie versuchte mit ihren 16 Jahren,
das Unbegreifliche zu begreifen.
Als das Fahrzeug von der Straße abbog und über die weiß-geschotterte Zufahrt durch das große Eisentor
fuhr, wusste Andrina, dass sie jetzt noch einmal besonders stark sein müsse, um die schmerzlichen
Beileidsbekundungen entgegenzunehmen. Der Wagen kam direkt vor der massiven
Eichentür zum Stehen. Als Fred Tante Frieda die Tür öffnete und Andrina auf der anderen Seite
ausstieg, rauschte ein kalter kräftiger Windzug durch das Auto.
Erst jetzt bemerkte sie, dass es angefangen hatte zu schneien. Dicke weiße Flocken legten sich über
das Anwesen. Langsam aber stetig, überdeckte ein weißes Tuch aus Schnee die Flächen, auch die
Kräuterschnecke, die in der Mitte auf dem Grün der Zufahrt des Rondells stand, war fast schon
vom Schnee bedeckt Ihre Mutter und sie hatten viel Zeit an der Kräuterschnecke verbracht.
Ja, es gab kein Kraut, was sie nicht kannte, da wuchsen Lavendel, Thymian, Rosmarin, Petersilie und
ganz unten in dem kleinen Teich wuchs die Brunnenkresse. Gerne wäre sie noch in Ihren Gedanken
verweilt und hätte dabei dem Schneetreiben noch etwas zugeschaut, doch sie musste ins Haus.

Verwandte, Freunde, Nachbarn und Bekannte waren bereits alle schon im Haus eingetroffen.
Der Chauffeur hatte ihnen nun auch die Eichentür geöffnet. Nachdem sie das Landhaus betraten und ihre Mäntel und
Schals ablegt hatten, gingen sie in den Wohnraum, der übergangslos an die Bibliothek angrenzte. Das Raunen
und Murmeln, welches sie schon in der Diele vernahmen, wurde leiser, und Andrina hatte das Gefühl, das alle
Anwesenden sie ansahen.
Eine gespenstische Stille herrschte im ganzen Haus, die aber jäh durch den Schlag der Standuhr, die
vor der Wand zwischen den beiden großen Fenstern stand, beendet wurde.
Bong……bong…..bong…..bong…. Andrina zählte leise mit. Vier Uhr.
Tante Frieda, wich nicht von ihrer Seite und schenkte ihr erneut ein warmes Lächeln.
Mrs. Schachtelhut, die Klassenlehrerin von Andrina kam als Erstes auf sie zu.
„Andri… es tut … mir“, stammelte sie vor sich hin, „ja so leid.“ Die ansonsten distanzierte, rundliche, kleine Frau
drückte sie an sich heran und glitt ihr dabei  liebevoll über ihr langes blondes lockiges Haar.
Peter, der auch der beste Freund von Andrinas Vaters war, schaute sie wortlos an. Zum ersten Mal sah sie bei ihm in
dem sonst so fröhlich blickenden Gesicht tiefe Traurigkeit. Er wirkte müde und hatte dunkle Ränder
um die Augen. Einen Moment verweilten ihre Blicke ineinander und jeder verstand den Schmerz des
anderen. Peters Frau Silly hielt ihm die Hand und sie gingen gemeinsam auf Andrina zu. Auch Silly nahm
Andrina wortlos in den Arm. Andrina wäre am liebsten weggelaufen, so viel Nähe konnte sie jetzt nur
schwer ertragen aber sie riss sich zusammen.
Die Stille hob sich langsam auf. Der Duft von frisch aufgegossenem Tee und Rotwein lag jetzt in
diesem Raum. Eigens zu diesem Anlass waren ein paar Stehtische aufgestellt, auf denen Gebäck und
Kuchen standen. Magda die Köchin und Fred ihr Mann, der mittlerweile die Chauffeuruniform gegen seine
Butler-Garderobe getauscht hatte, bedienten mit silbernen Tabletts die  Trauergäste. Ab und zu legte Fred ein dickes
Scheit in den Kamin. Dort züngelte das Feuer, in roten, gelben und blauen Farben, über den glühenden Holzbalken.
Das Licht war gedämpft.
Vor dem Fenster tanzten die Schneeflocken hin und her. Fast alle Sitzplätze waren belegt. Nur der Stuhl an dem
Schreibtisch von Andrinas  Vater und der Ohrensessel Andrinas Mutter nicht. Einige Gäste mussten stehen, diese
gesellten sich aber an die Stehtische. Auf dem Sofa und in den Sesseln unterhielten sich leise die Gäste, aßen von dem
Gebäck und tranken Tee oder Wein. Hin und wieder hörte man jemanden einen leisen Toast aussprechen, der immer
wie folgt lautete:

„Auf John und Marie Founder“.  

Zwischendurch kamen einige Trauergäste zu Andrina, die sich mittlerweile in den Ohrensessel,
hingesetzt hatte, kondolierten ihr und sprachen liebe tröstende  Worte. Die meisten der Anwesenden kannte Andrina, es
waren Nachbarn, Bekannte oder Mitarbeiter des Konzerns der Tante Frieda und ihrer Mutter gehörte.  John und Marie zogen es
allerdings vor, ein Antiquariat zu betreiben, sodass Tante Frieda die Konzerngeschäfte alleine führte, was ihr auch sehr
lag und was sie gerne tat. Einige Gäste verließen schon nach kurzer Zeit die Gedenkfeier, die meist von Peter und Silly
oder Tante Frieda verabschiedet wurden. Andrina blickte so durch den Raum und es fiel ihr eine Gruppe von jüngeren
Gästen auf, die sich um eine Person gebildet hatte. Auch hier erkannte sie die meisten wieder. Es waren
Mitschülerinnen und Mitschüler von Andrina, die mit ihren Eltern zur Beerdigung gekommen waren. Fast die ganze
Ortschaft war da.
Diese Aufmerksamkeit galt …Robella Glemmer! Was Andrina nicht verwunderte.
Als Robella sah, dass Andrina zu ihr rüber blickte, unterbrach sie das Gespräch in der Runde und kam auf
den Ohrensessel zu.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das tut. So ein schreckliches Unglück!“, bekundete auch sie.
Andrina glaubte ihr, was nicht immer der Fall war. Einen Moment lang
passierte nichts, dann fügte sie hinzu, „dich quält doch sicherlich die Frage, wie es zu diesem
schrecklichen Unfall kam?“ Andrina nickte.
Robella wandte den Blick von Andrina ab, machte dabei eine Drehung, wobei sie fast unscheinbar
den anderen Jugendlichen zuwinkte.
„Schön, dass du wieder zu Hause bist“, sagte Andrina, wobei ihr die Geste von Robella nicht entging.
„Ja“, erwiderte Robella, „allerdings wäre ich gerne noch ein Semester in Stockholm geblieben.“
„Der Schüleraustausch hat dir offensichtlich gefallen?“
„Es ist schon eine Umstellung, aus einer Großstadt wieder in unsere ländliche Idylle zu kommen“, meinte Robella etwas
ironisch und verzog dabei ihr Gesicht.
Andrina bemerkte, dass es momentan Wichtigeres für Robella gab, und Robellas Aufmerksamkeit nicht ganz bei dem
Gespräch war.
„Wir sehen uns heute Abend bestimmt noch“, sagte Andrina um sie aus dem Gespräch zu entlassen.
Ein Kurzes: „Ja“, und Robella ging auf ihren alten Platz zurück.

Robella, war die Adoptivtochter von Tante Frieda und wohnte auch auf dem Anwesen sie hatte ihr Zimmer direkt neben
dem von Andrina.
Andrinas Eltern, und Tante Frieda waren der Meinung, dass es besser für beide wäre, wenn
alle unter einem Dach zusammenwohnten, in der Hoffnung, dass sie mal beste Freundinnen bzw. so
was wie Geschwister werden würden. Das funktionierte allerdings nicht so richtig.
Andrina verbrachte lieber ihre Freizeit im Gewächshaus und den Gartenbeeten,
wo sie sich um die unterschiedlichsten Pflanzen kümmerte. Abends las sie gerne mal in einem guten
Buch. Häufig konnte man sie auch in der Küche finden, wobei sie der Köchin über die Schulter
blickte. Ihre ganz große Liebe galt aber ihrem schwarzen Hengst, mit dem sie fast tägliche Ausritte
unternahm und dabei von ihrer Bernersennenhündin begleitet wurde. Ihr Vater wollte einen
Stallmeister einstellen, doch das wurde von ihr abgelehnt.
Robella dagegen liebte es über das Internet zu chatten und in Modemagazinen zu blättern,
wobei sie immer ein Telefon oder Handy am Ohr hatte. Robella sah supertoll aus. Ihr schulterlanges
seidiges schwarzes Haar schimmerte wie ein Edelstein. Es gab kaum einen Jungen in
ihrem Umkreis der Robella nicht gerne näher kennenlernen wollte .Auch viele Mädchen begehrten
ihre Gesellschaft.
Tante Frieda hatte allerdings auch ein Apartment in der City, in dem sie die Woche über auch meist wohnte.
Dort war sie näher am Konzern. Sie stand morgens sehr früh auf und verließ meist ihr Büro erst
spät in der Nacht. Es wurde auch schon berichtet, dass sie über Ihren Bilanzen schlafend auf ihrem
Bürosessel von der Reinemachefrau morgens gefunden wurde.

„Magst du auch mal abbeißen?“, fragte Benny Andrina und hielt ihr ein Stück Streuselkuchen vor die
Nase.
„Nee“, erwiderte sie und schaute ihn grimmig und angewidert an.
Benny, der Sohn von Peter und Silly, hieß mit vollem Namen Benjamin. Andrina und er besuchten in der Schule die
gleiche Klasse. Wenn Benny nicht gerade über einem hochkarätigen  literarischen Bollwerk saß, beschäftigte er sich mit Runen und alten Schriften.
Er hatte ständig ein  Buch in der Hand, immer ein Blatt Papier und einen Schreiber
griffbereit. Er war mit Abstand der Klassenbeste.
Benny, der nicht immer das Feingefühl für die aktuelle Situation hatte, deutete mit  dem Stück Kuchen auf die
Bibliothek.
„Was geschieht denn jetzt damit?“, fragte er Andrina und biss wieder genussvoll in den Kuchen.
Sie blickte rüber zur Bücherwand und hatte das Gefühl, als wenn ein Ring aus Eisen um ihr Herz lag,
der sich immer enger und enger zusammenzog. Das war das Lebenswerk von John und Marie. Andrinas Augen
füllten sich mit Tränen und ihr kam die Geschichte in den Kopf, wie die Eltern sich damals
kennengelernt hatten. So paradox es war, sie fing gleichzeitig an zu schmunzeln, denn jeder, der John und Marie
kannte, wusste, dass  das nur in einem Bücherladen passieren konnte. Und richtig, bei dem Versuch aus der obersten
Ebene des Regals ein Buch herauszuziehen, verlor Marie das Gleichgewicht und stieß dabei ein
dickes schweres Exemplar auf der gegenüberliegenden Seite des Regals hinunter, was John
direkt auf dem Kopf fiel. „An diesen Tag hat mich zweimal der Blitz getroffen“, scherzte er häufig und schaute seine Frau  dabei liebevoll an.
Auch wenn Marie auf der hohen Rollleiter stand, die sich an ihrer Bibliothek befand, hörte man
den Satz von John „Schmeiße nicht wieder ein Buch nach mir“.
Und beide brachen in einem schallenden Gelächter aus. Mehr als 1000 Bücher befanden sich
darin. Feinsäuberlich nach den unterschiedlichsten Kategorien sortiert. Nur Kenner konnten es
erkennen, dass es sich um Antiquare und teilweise auch sehr seltene Exemplare handelte. Jeder
andere Betrachter musste den Eindruck gewinnen, dass es sich um wahllos zusammengewürfelte
Bücher handelte. Aber gerade das gab diesem Raum einen persönlichen Charme und somit auch
seinen Namen.

„Ich werde sie alle behalten“, sagte Andrina zu Benny gewandt, „du weiß ja, für dich wird sich nichts
ändern, du kannst dir jederzeit eins ausleihen.“
Benjamin grinste etwas verlegen, wobei ein freudiges Blitzen in seinen Augen hinter seiner Brille zu
erkennen war. Dass Benny meistens saß und aß, konnte man seiner Figur ansehen. Er war etwas
rundlicher um die Hüfte und sein Gesicht ebenso. Nicht das er dick war, aber etwas weniger an
Pfunde hätten ihm auch nicht geschadet.
Andrina hatte ihren Blick wieder zu der Bücherwand gewandt, etwas misstrauisch beäugt sie die
Gestalt, die mit dem Rücken zu ihr akribisch die Einbände der Bücher studierte und eines herauszog.
                                       -Kräutermischungen und ihre Wirkungen-

Sie versuchte zu erkennen, wer das wohl war.
„Weiß du, wer das da in der Bibliothek ist?“, fragte Andrina ihre Tante, die sich mittlerweile wieder zu
ihr gesellt hatte und hinter ihrem Sessel stand.
„Wen meinst du?“, Andrina deutete mit dem Finger auf die schwarz gekleidete Person.
„Wird wohl ein Geschäftsfreund deiner Eltern sein“.
Auch Benny hat den Blick zu dem Unbekannten gerichtet, der das Buch wieder zurück in das Bord
stellte.
„Den habe ich auch noch nie gesehen, und seine Kleidung ist aus dem gleichen Jahrhundert wie die
Bücher aus den Regalen“, scherzte er.
Dass seine außergewöhnliche Kleidung nicht sofort auffiel, lag wohl daran das
unter den Trauergästen auch Leute aus dem orientalischen Ausland zu Gast waren. Diese trugen
teilweise Ihre Landestracht. Herr Siangh hatte sogar seinen Turban auf. Alle drei betrachteten den
Fremden und plötzlich, wie auf Kommando hielt dieser inne und drehte sich um. Für einen Moment
hatte Andrina den Eindruck der Raum würde sich drehen und nicht diese Person. Sein Blick blieb an
dem Mädchen hängen. Andrina kannte ihn nicht aber sie hatte das Gefühl ihn zu kennen.
Ein Lächeln legte sich über das vollbärtige Gesicht des Gastes.
„Darf ich mich vorstellen?“, hörte man ihn fragen und kam auf sie zu.
„Moonlight, Ronald Moonlight.“ Er verbeugte sich.
„Frieda Miller“, erwiderte die Tante und streckte ihm die Hand entgegen.
Ein Moment zögerte Moonlight, nahm dann ihre Hand und drückte ihr einen fetten Kuss auf den
Handrücken. Verwundert schaute Tante Frieda erst Moonlight und dann Andrina an und merkte,
wie ihr die Röte in die Wangen stieg.
Mit dem Blick wieder zu dem Mädchen gewandt,
„Du musst Andrina sein, ich bin …Ähm ich war ein … ich kannte deine Eltern“.
„Hallo“, sagte Andrina schüchtern und dachte anschließend, „seltsam, … den haben sie nie erwähnt.“
Benny murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
Andrina räusperte sich leise und schaute Moonlight genauer
an. Benny hatte recht, seine Kleidung schien altertümlich.
Unter seiner schwarzen Jacke, die eher wie ein Umhang wirkte, war in einer Seitentasche eine
Zeitung zu erkennen, dazu trug er eine schwarze Stoffhose, die von einem breiten Gürtel mit
silberner großer Schnalle gehalten wurde. Sie glaubte, einen Zweig und eine Sichel darauf zu
erkennen. Sein weißes Rüschenhemd war oben am Kragen mit einer feinen schwarzen
Lederbandschleife verbunden. Über seinen Schultern hing eine Kette, die am unteren Ende auch ein
silberfarbenes Medaillon enthielt. Ja jetzt konnte man es ganz deutlich sehen. Auch diese hatte die
Sichel und den Zweig eingeprägt. Seine Hände, die jeweils von einem goldenen Ring geziert wurden,
waren schwielig und hatten wenig mit den eher zart wirkenden Händen der anderen
Geschäftsleute zu tun. Sie passten eher zu einem Waldarbeiter. Ebenso wie der
gewundene Stab in seiner rechten Hand, der ihm bis Hüfte reichte. Durch den grauen Vollbart und
sein volles schulterlanges Haar war sein Alter nicht wirklich auszumachen. Seine braunen Augen
strahlten Gutmütigkeit und Wärme aus. Nachdem er die Hand von Tante Frieda wieder losgelassen
hatte, und diese sich peinlichst wegschlich, sagte er bewundernd, mit dem Blick in die Bibliothek gewandt,
 „es ist schon beeindruckend, welche Sammlung an okkulten und spirituellen  Büchern deine Eltern zusammengetragen haben.
Es ist jetzt aber nicht der passende Augenblick darüber zu reden“.
Benny nickte mit dem Kopf und schloss sich offensichtlich seiner Meinung an.
„Nicht der passende Augenblick“, halte es durch Andrinas Kopf,
die wieder in Gedanken bei ihren Eltern war und dabei aus dem Fenster schaute. Es schneite noch kräftiger und
 mittlerweile war die Dämmerung von der Dunkelheit abgelöst worden.
„Wo mögen sie jetzt sein?“, noch ehe Andrina diesen Gedanken ganz ausgedacht hatte antwortete Moonlight mit seiner warmen Stimme,
„In einer anderen Welt und die ganze Kraft Ihrer Liebe ist bei dir.“
Benny schaute den großen Mann verdutzt an.
Andrina traute ihren Ohren nicht und richtete ihren Blick wieder auf Ronald Moonlight.
„Wie ist das möglich?“, schoss es ihr durch den Kopf.
Und erneut kam prompt die Antwort.
„Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, zwischen Mond und Sonne, die schon immer existierten“.
Andrina sprang erschrocken auf aber verspürte keine Angst.
„Wie ist das möglich?“, fragte Andrina jetzt mit fester Stimme und betrachtete dabei Moonlight genauer.
Dieser antwortete nur mit einem gutmütigen und warmherzigen Lächeln.
Andrina war das heute alles zu viel, um noch mal nachzufragen, was auch ihr Gegenüber bemerkte.
„Du bekommst deine Antworten aber jetzt muss ich gehen. Morgen werden wir uns wiedersehen,
bei der Testamentseröffnung deiner Eltern.“ Er zwinkerte ihr zu,
wandte sich von den beiden ab und ging durch den Raum Richtung Ausgang.
Einmal nickte er noch Tante Frieda und Peter kurz zu, die beide fest mit Silly in einer Unterhaltung
eingebunden waren. Schon schloss sich hinter ihm die Tür.
„Was soll das? Wie ist der denn drauf?“, fragt Benny etwas irritiert.
„Weiß nicht“, entgegnete Andrina ihm abwesend und nachdenklich.
„Schau mal, er hat was vergessen“ ergänzte Benny und zeigte auf den Stock, der an dem Sessel
angelehnt da stand. Andrina drehte sich um, griff den Stock und lief zur Terrassentür, um den Fremden
zurückzurufen. Mittlerweile hatte es aufgehört zu schneien und der Himmel schien eine Pause zu machen und das Fahle
Leuchten der Sichel des  Mondes erhellte wage die schneebedeckte Landschaft. Suchend schaute Andrina auf das
Rondell vor dem Haus, ohne den seltsamen Gast zu erblicken.
„Wo ist er nur?“, murmelte sie leise vor sich hin.
Kein Auto stand mehr auf dem Parkplatz. Keine Menschenseele war mehr zu sehen. Nur ein großer
Vogel flatterte über die Kräuterschnecke, die mittig auf dem Rondell stand, er ließ sich nieder und
verschwand plötzlich im Schnee. Andrina schaute noch einmal genauer hin und sah die frischen
Fußspuren, die auch dort endeten.
„Was hältst du dort in der Hand?“, frage Tante Frieda und riss Andrina aus ihren Gedanken.
„Das ist der Stock von Ronald Moonlight den hat er hier vergessen.“
Auch Peter stand nun neben ihnen und hatte seinen Arm um Andrinas Schulter gelegt und schaute gedankenverloren in die Nacht.
Andrina kannte seine Frage und antwortete: „In einer anderen Welt, Peter.“

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Beitrag06.12.2012 15:22

von Chostin
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Murmel hat Folgendes geschrieben:
Weil du so lieb auf die etwas ausufernden Kritiken reagiert hast, eine von Murmel.

Danke für deine lieben Worte. Ich freue mich über jede konstruktive Kritik und hoffe dass ich daran etwas wachse.
Habe das Kapitel jetzt noch mal überarbeitet, würde mich freuen, wenn ihr mich weiterhin im Auge behalten würdet.Very Happy

Ganz liebe Grüße
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Beitrag06.12.2012 19:38
Kapitel 2
von Chostin
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Und so geht die Geschichte weiter.
Kapitel 2

Chostin Bravely vernahm ein leises Fiepen.
„Einen Moment noch, Jack“, sagte er mit dem Blick zu dem Assertor gewandt,
„ich weiß du willst raus.“
Der Junge ging zum Schrank, holte dort einen blauen Winterumhang heraus, den er sich umlegte,
dann ergriff er eine Mütze und setzte sich diese auf den Kopf, wobei er darauf achtete, seine
silberweiße Haarsträhne darunter zu verbergen. Häufig wurde er in der Schule deshalb gehänselt
und auch auf der Straße schaute man ihn manchmal fragend an. Einmal hatte er sich diese sogar
ganz abgeschnitten, doch eher Chostin sich versah war sie wieder nachgewachsen und stach in
seinem ansonsten schwarzen schulterlangen Haar hervor.
Er schaute aus dem Fenster, die Morgendämmerung hatte begonnen, doch dicke graue Wolken
verdeckten den Himmel und tauchten die Umgebung in ein trübes Licht. Fast ebenerdig legte sich die
Schneedecke über das Land. Die Sträucher und Hecken im Garten waren nur noch als
weiße Hügel zu erkennen. Es blies ein eisiger Wind.
„Dann lass uns mal gehen, Jack.“
Der Assertor, ein mächtiger Hund, sprang von seiner Decke auf, schüttelte sich kräftig und lief
schwanzwedelnd zur Tür. Chostin griff noch schnell in den Kamin und nahm ein kleines glühendes
Holzscheit heraus und steckte es in seine Hosentasche.
„Das wird wohl reichen.“
Auch er ging zur Tür, die sich von alleine öffnete, und betrat die Diele. Ein Lichtschein erhellte
den unteren Teil des Raumes. Leise Musik erklang und der Geruch von gebratenen Eiern und
Speck stieg Chostin in die Nase, er verspürte ein leichtes Gefühl von Hunger.
Laut polternd rannte Jack die Treppe runter und blieb vor der Haustüre sitzen.
„Kannst du auch Flipp mitnehmen?“, klang es aus der Küche, noch bevor er  antworten konnte,
fügte seine Mutter kurz hinzu, „sie hat sich auf der großen Truhe niedergelassen.“

Flipp hatte die Gestalt einer stattlichen Libelle und war der Assertor von Chostins Mutter.
Chostin pustete sie einmal an, die Libelle flog in die Lüfte, wobei ihre Flügel in allen
Regenbogenfarben schimmerten.
„Guten Morgen, Mum“, sagte Chostin zu seiner Mutter Christal gewandt die jetzt auch in der Diele stand. Die
schlank gewachsene attraktive Frau mittleren Alters trug noch ihren Morgenmantel, was darauf
hindeutete, dass sein Vater heute früher im Magistrat arbeiten musste und sie ihm das Frühstück
bereitet hatte.
„Morgen Chostin, möchtest du Toast oder Cornflakes gleich zum Frühstück?“
„Eier und Toastbrot“, erwiderte der Junge, nachdem er mit einer Handbewegung die Öllampe in der Diele
entzündete und auf der untersten Treppenstufe Platz genommen hatte.
Er schnallte die Schneescheiben unter seine Schuhe, stand auf und überprüfte ob diese fest und richtig sitzen.
Eine Handbreit schwebte er damit über den Boden. Seine Mutter blickte kurz aus der Küchentür.
„Die passen dir aber gut, hatte -Harriets-Warenhaus- gestern im Sonderangebot“, hörte er sie
wieder aus der Küche sagen.
Chostin ging zur Haustür, die sich öffnete, um mit den ungeduldig wartenden Assertoren zu verschwinden.
Als sie unter dem Vordach standen, pfiff ihnen ein eisiger Wind entgegen. Woraufhin sich die Libelle sofort
entmaterialisierte. Der Weg zum  Vehikel-Schuppen war schon geräumt und der Schneeschieber hatte nun begonnen,
den Weg zum Eingangstor auch vom Schnee zu befreien. Chostins Vater hatte ihn am frühen Morgen mit einem
Zauber in Bewegung gesetzt.
„Dad hat den Kabinenbesen genommen“, bemerkte er, als sein Blick in den Schuppen fiel.
Allzu gerne  hätte der Junge auch ein Fluggerät benutzt und wäre mit diesem in die Lüfte gestiegen, aber er durfte
noch  nicht alleine fliegen, da er noch keinen Flugschein besaß. Chostin und Jack überholten den Schneeschieber
über die  tief eingeschneite Wiese. Wohlwollend stellte er fest, dass die neuen Schneescheiben unter den
Schuhen nicht im Schnee versanken, ja, nicht einmal diesen berührten und der Abstand zwischen
dem Schnee und den Schuhen nach wie vor eine Handbreit betrug, obwohl Fußabdrücke
zu sehen waren. Die Straßenlaternen brannten noch, doch das flackernde Licht war nur schemenhaft im
Schneegestöber zu erkennen.
Wie fast jeden Morgen gingen sie links den Gehweg hinunter und
passierte dabei das Nachbarhaus, was direkt an das Grundstück seiner Eltern angrenzte. Hier wohnte schon
lange keiner mehr. Der Garten verwildert im Laufe der Jahre und die Ziegel auf dem Dach waren von
Wind und Wetter arg in Mitleidenschaft gezogen, was man jetzt durch den vielen Schnee allerdings
nicht sehen konnte. Auch die Eltern wussten nicht wem das Grundstück gehörte, Chostin mochte
es. Daneben wohnte Familie Flynth, die ein Geschäft in Red-Castle-Town betrieb. Sie verkauften
             -Gebrauchte magische Transportmittel und andere Gebrauchtwaren-.
„Guten Morgen Mr. Flynth“, rief Chostin der riesenhaften und kräftigen Gestalt zu,
die auch damit beschäftigt war, wie die anderen Nachbarn, den Schnee von den Gehsteigen zu
räumen. Mit kraftvollen mächtigen Schüben drückte sie den Schnee zur Seite, und hielt inne, als
sie seine Stimme hörte.
„Morgen Chostin“, erwiderte Mr. Flynth ihm und verwandelte sich in seine normale Gestalt.
Es erschien ein eher schmächtiger Mann mit aristokratischem Aussehen. Nur an der grauen Taube,
die dick aufgeplustert, den Kopf ins Gefieder steckend, auf dem Gartentor seines Hauses saß, hatte
Chostin erkannt, dass es Leopold Flynth der Gestaltwandler war und nicht Mrs. Flynth, denn
ihr Assertor war ein rot getigerter Kater mit Stummelschwanz.
„Schrecklich kalt heut“, sagt der Gestaltwandler knapp,  rieb sich dabei die bläulich rot angelaufenen Hände
um diese durch Reibung zu wärmen, was ihm  nicht so ganz gelang, weil er den riesigen Schneeschieber festhielt.
Eiskristalle hatten sich unter  seiner Nase auf dem Oberlippenbart gebildet.
„An so einen Wintertag kann ich mich nicht erinnern“, fügte er hinzu und schaute dabei besorgt zum
Himmel.
Chostin nickte nur und wünschte noch einen, „Schönen Tag“,  zog seinen Umhang enger zusammen und freute sich,
dass das Holzscheit ihn schön wärmte.
Schnell verschwand Mr. Flynth ins warme Haus, nachdem er den Schneeschieber an die Hauswand
abgestellt hatte. Als Chostin mit den Assertoren das Ende der Straße erreicht hatte bogen sie noch mal nach links in
einen Feldweg ab, der zu beiden Seiten vereinzelt von Bäumen gesäumt war. Chostin schaute über die
verschneiten Felder in die Ferne. Bei gutem Wetter konnte man die Umrisse von Red-Castle-Town
sehen, dort wo auch Chostons Vater arbeitete. Heute konnte man sich noch so sehr anstrengen doch es war
nichts aus zu machen, das Schneetreiben verhinderte die Sicht. Auch das Haus von Moonlight war in der Ferne
nur schemenhaft zu erkennen, obwohl es nicht allzu weit entfernt stand. Als sie
den Feldweg weiter runter gingen der am Haus von Moonlight endete, dachte Chostin bei sich,
„Seltsam, es steigt kein Rauch aus seinem Schornstein auf, er wird doch wohl bei diesem Wetter nicht
im Wald sein!?“
Jack verschwand in den tief verschneiten Feldern, wobei auch er sich entmaterialisierte.
Moonlight, einer von drei Magistraten der „Vereinigung magischer Wesen“ im Regierungszirkel
hatte hohes Ansehen. Chostin war stolz darauf mit ihm befreundet zu sein, galt der Druide doch bei
den meisten Anderen als Eigenbrötler, was der Junge so gar nicht bestätigen konnte. Oft gingen sie
zusammen in den Wald und Chostin half diesem bei den Waldarbeiten. Moonlight zeigte ihm geheime
Orte, an denen sich die scheuen und wilden Waldbewohner aufhielten. Auch durfte Chostin dem Druiden
ab und zu zuschauen, wenn er aus magischen Kräutern und Wurzeln Tinkturen, Tränke und
Elixiere zubereitete. Oft hatte der Junge sich in Vollmondnächten heimlich aus dem Haus geschlichen, um bei
den geheimnisvollen Prozeduren dabei sein zu können. So hatte er auch Mittlerweilen ein
beträchtliches Wissen über die Druidenkunst, obwohl er ein Zauberer war.
Am liebsten aber erzählte ihm Moonlight Geschichten von der Welt der Bedasen
(Bewohner der anderen Seite). Chostin konnte sich nicht vorstellen das es Wesen gab die keine magischen Fähigkeiten
besaßen und trotzdem Gegenstände in Bewegung setzen konnten.
Der Junge spitze seinen Mund und presste einen schrillen kurzen Pfiff hervor. Aus dem Nichts tauchte Jack vor ihm auf
und nahm schemenhaft Konturen an, sodass er wieder real zu sehen war.
Über dem Kopf von Jack erschien auch Flipp.

Assertoren waren Schutzwesen mal sichtbar mal unsichtbar, die mit ihrer Person, über ein magisches
Band, von Geburt an in Verbindung standen. Die ständigen Begleiter und treuen Freunde warnten
vor Gefahren. Chostin hatte Glück, dass sein Assertor ein Hund war, es hätte auch ein Frosch
oder ein Schwein sein können. Ein Adler wie der von Moonlight hätte ihm auch gefallen.
Warum alle unterschiedliche Begleiter hatten und man sich diese nicht aussuchen konnte, wusste
keiner. Sie waren einfach da.

Moonlights Haus glich eher einer Hütte. Obwohl sie von innen sehr geräumig wirkte, sah sie von
außen klein und ärmlich aus und war eines Magistrats nicht würdig. Moonlight hätte auch in einem
der drei prachtvollen Schlösser einziehen können, sowie auch die anderen zwei Magistraten es getan hatten.
Doch der Druide liebte den Wald und verbrachte nur die nötigste Zeit im Regententurm, der in
Red-Castle-Town stand.
An der Hütte angekommen, rief Chostin laut: „Mr. Moonlight“, obwohl er wusste, dass er keine Antwort
zu erwarten hatte.
„Vielleicht ist der Kamin ja nicht ganz erloschen“, Chostin dachte dabei an sein glühendes Holzscheit in
der Tasche, das nicht mehr all zu viel Wärme abgab. Zaghaft drückte er die vereiste Eisenklinke  herunter.
Die Tür war verschlossen. Moonlight hatte aber der Tür Passierzugang für ihn erteilt und hätte sicher nichts dagegen,
wenn er sich ein, glühendes Scheit aus dem Kamin nähme, war sich Chostin sicher. Er griff in seine
linke Brusttasche, holte  den Zauberstab heraus und zeichnete damit seine Initialen,
während er ihn auf das Schloss richtete.
„Öffnen!“
Feiner Rauch bildete sich auf der Tür und die Buchstaben C. B. erschienen deutlich.
Leise knirschte es im Schloss. Erneut drückte der junge Zauberer die Klinke runter und die Tür öffnete sich.
Fast hätte er vergessen seine Schneescheiben abzuschnallen, was er aber sofort tat und diese vor
dem Haus ablegte. Moonlight war ein ordnungsliebender Druide, der stets seine
Arbeitsstiefel vor dem Haus auszog. Chostin betrat den Raum, der gleichzeitig gute Stube, Küche und
auch Arbeitszimmer beinhaltete. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich eine geschlossene
Tür, die zur Schlafkammer führte. In der Mitte des Raums stand ein grober Tisch, der nur mit zwei
unterschiedlichen Holzstühlen bestuhlt war, obwohl gut Acht Platz gehabt hätten.
Auf dem Tisch stand noch das Frühstück.
„Das ist aber komisch Moonlight muss es eilig gehabt haben.“
Chostin packte das Laib Brot was auf einem Tuch lag, wickelte es  darin ein und verschloss den Schmalztopf
mit dem Holzdeckel.
„Selbst seinen Tee hatte er nicht ausgetrunken“, stellte der Junge fest, als er die noch fast ganz gefüllte Tasse sah.
Auf der rechten Seite befand sich der Kamin, auf dem eine Uhr stand.
Einmal hatte er Moonlight gefragt mit welchem Zauber er diese Betriebe.
„Keinen“, hatte dieser geantwortet, „dazu braucht man einen Schlüssel.“
Chostin hatte das nicht verstanden.
„Zu was braucht man einen Schlüssel, wenn man einen Zauberstab hat?“, bohrte er nach aber
Moonlight antwortete nicht.
Im Kamin brannte es nicht mehr, nur Asche und verkohltest Holz lagen in seinem Inneren.
„Mist!“, dachte Chostin und verzog sein Gesicht, „wäre schön gewesen, wenn noch ein Stück geglimmt hätte.“
Vor dem Kamin stand ein großes verschlissenes Sofa und nur mit gutem Willen konnte man
erkennen, dass es mal rot-grün kariert war. Chostin liebte dieses Sofa. Gemeinsam
hatten Chostin und Moonlight darauf gesessen und dem Treiben der Flammen im Kaminfeuer zugesehen, als sie
warteten, dass die Elixiere und Zaubertränke auf dem auf der gegenüberliegenden Wand stehenden
Gussherd aufkochten. Über dem Herd hingen, an einem Eisengestell, Kupferkessel, Pfannen und
anderer Hausrat, den man zum Kochen oder Braten brauchte, ebenso hingen dort gebunden
getrocknete Kräuter. Rechts davon stand ein Wasserzuber, aus der eine Wasserpumpe ragte. Ein Stück
davon entfernt stand ein kleiner Holztisch vor der Wand der Moonlight als Schreibtisch diente.
„Ich werde ihm eine Nachricht hinterlassen “, sagte Chostin zu Jack gewandt, der sich vor der
Eingangstür niedergelassen hatte.
Chostin lief auf den Schreibtisch zu, um dort nach einem Stück Pergament und einem Federkiel
Ausschau zu halten. Ungewollt fiel sein Blick auf etwas das wie ein Buch ohne Einband aussah, darauf
stand in fetten schwarzen Buchstaben geschrieben:

WORLD NEWS DAILY
SONDERAUSGABE


Ungewöhnlich weiß und dünn war das Pergament.
Von diesem Nachrichtenblatt hatte Chostin auch noch nie gehört.
„Das muss wohl ein neues Nachrichtenpergament sein.“
Er kannte nur die die dicken  Pergamentrollen, die sein Vater abends nach Feierabend las.

KONZERN-ERBIN UND IHR MANN BEI FLUGZEUGABSTURZ UMS LEBEN GEKOMMEN

„Was schreiben die denn hier? Flugzeugabsturz? Haben die denn keinen Ausgleichszauber angewandt?“
Man hatte schon davon gehört, dass manch einer von seinem Flugvehikel fiel, aber dass jemand dabei sein
Leben verlor, war nicht bekannt. Chostin zögerte einen Moment und nahm dann das Schriftstück in
die Hand und die Neugierde stieg.
„Nur gut das mich Moonlight nicht sieht“, sagt er verlegen zu Jack.
Dieser hob aber nur kurz seinen Kopf, wobei er seine Schlappohren etwas aufrichtete, dann aber tief
schnaufend den Kopf wieder auf den Boden legte. Chostin zog den Schemel vor, der unter dem
Schreibtisch stand, setzte sich darauf und las den ganzen Artikel, ungläubig schüttelte er seinen Kopf.
Nun blätterte der Junge die Zeitung durch und war erstaunt, wie natürlich und bunt sich die Holzstiche darin
darboten. Fast lebendig sahen die Bilder aus. Er betrachtete sie genau und überlegte, ob er einen der
Abgebildeten kannte. Nein, nicht nur die Personen waren ihm fremd, noch nie hatte er Leute
gesehen, die solch eine Kleidung trugen und schon gar nicht Mädchen und Frauen in Hosen.
Andrina Founder stand unter einem Bild das Chostin sich genauer ansah, darauf war ein  attraktives hübsches
Mädchen  in seinem Alter abgebildet. Schnell faltete der Junge die Zeitung wieder zusammen, weil ein richtig
schlechtes  Gewissen in ihm aufkam. Während er das Pergament zurück legte fiel ein
Briefumschlag heraus, der direkt vor seinen Füßen auf dem Steinboden landete

An
Mr. Ronald W. Moonlight
P.O. Box 532,
Ipstone
SC6W 8SY

stand mittig in feiner Handschrift darauf. Links oben in der Ecke befand sich der Aufdruck:

Claus Bean
Notar Testamentsvollstrecker

Oben rechts in der Ecke klebte eine Marke, die mit einem dicken Siegel gestempelt war.
Den leeren Umschlag legte er auf dem Tisch ab.
„Das könnte eine Briefmarke sein“, Chostin vielen sofort Moonlights Geschichten über
die Bedasen ein, in denen sie ihre Briefe über Boten verteilen ließen.
„So ein Quatsch, das gibt es doch nur im Märchen.“
Er konnte sich keinen Reim auf seine Entdeckung machen und war deshalb verunsichert. Nun aber
griff er sich ein Stück Pergament auf dem er mit dem Federkeil eine Nachricht schrieb:

Hallo, wollte Sie heute Morgen besuchen und mein Glühscheit auszutauschen,
er zögerte einen Moment und fügte dann aber hinzu:
habe zufällig Ihr neues Nachrichtenblatt entdeckt C.B.

 Chostin zitterte mittlerweile vor Kälte, er griff in seine Tasche und holte das ausgeglühte Scheit hervor
 und warf dieses dann zu der anderen Asche in den Kamin. Zügig verließen die drei den Raum.
Mit dem Zauberstab verriegelte Chostin das Schloss, schnallte sich die Schneescheiben unter seine Schuhe
und machte sich frierend mit knurrendem Magen auf den Heimweg.

Endlich zu Hause angekommen saß Chostin in der warmen Küche. Vor ihm auf dem Tisch stand
ein Teller mit gebratenem Ei und Speck. Daneben Toast und Butter und eine Schale mit
Hagebuttensirup. Aus einer Tasse dampfte heißer Tee. Er genehmigte sich einen vorsichtigen Schluck,
sodass wieder Wärme in seine Glieder zurückkehrte.
Laut schmatzend hatte Jack sich über sein Futter hergemacht, das Chostins Mutter ihm in einem Napf
hingestellt hatte. Flipp flog in den Wintergarten und machte dort Jagd auf kleine Insekten und
Blattläuse. Leise summte Chostins Mutter die Melodie mit, die aus dem einzigen großen trichterförmigen Blatt der
Hopperlilie kam und dirigierte mit ihrem Zauberstab den Besen.
„Habe bei Moonlight heute Morgen vorbei geschaut“, begann Chostin das Gespräch,
„du glaubst nicht was ich da gesehen habe!?“
Seine Mutter, die gerade, die Hopperlilie goss, die auf der Fensterbank stand, schaute fragend zu ihm rüber.
„Ein zusammengefaltetes Nachrichtenblatt, aus dünnem weißem Pergament, in der was von einem Flugzeugabsturz berichtet wurde … und
ich habe Holzschnitte von Bedasen gesehen.“
Sie unterbrach ihre Arbeit und setzte sich auch auf einen Stuhl.
„Das stammt bestimmt aus Moonlights Bedasen–Sammlung“, sagte sie, während sie
dabei auf die dicke rundliche Teekanne auf dem Tisch tippte, die daraufhin schwebte und einen Teil
ihres Inhalts in die Tasse füllte, die vor ihr stand.
„Nee!“, erwiderte Chostin mit vollem Mund und bemüht sich diesen leer zu bekommen.
„Darauf stand das Datum der letzten Woche.“
Sie blickte ihren Sohn erstaunt an,
„Da muss du dich verlesen haben.“
„Bestimmt nicht!“, erwiderte Chostin beleidigt und hatte das Gefühl, dass seine Mutter ihn wieder nicht
 ernst nahm und wusste, was jetzt kam.
„Chostin, du weißt, dass ich Moonlight sehr gerne mag, aber er und seine Bedasen Geschichten …“
„Ist schon gut … ja ja ich weiß,“ unterbrach Chostin seine Mutter. Wut stieg in ihm auf und er hatte
 deshalb nicht gemerkt das Flipp sich im Raum befand.
Auch hatte Jack, der sonst immer der Küche verwiesen wurde, sich an Chostins Seite gesellte und
beobachtete aufgeregt und aufmerksam die Umgebung.
Chostin konnte sich das Verhalten der Assertoren nicht ganz erklären und kannte es auch nicht in dieser
Form. Nur einmal, damals als er das noch dünne Eis des Sees betrat, hatte Jack sich ähnlich verhalten
und den kleinen Jungen vor dem drohenden Einbruch ins Eis gewarnt und ihn wieder an das Ufer gedrängt.
„Gefahr!“, schoss es Chostin durch den Kopf.
Und just in diesem Moment zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Stille, der so heftig war, dass aus
dem Küchenbuffet Teller und Tassen herausfielen und auf dem Boden zerbrachen. Alle sprangen auf
und liefen zum Fenster. Fast wäre Chostin über Jack gestolpert, der kein Stück von seiner Seite wich.
Über den Nebelsümpfen sahen sie eine gewaltige Feuerkugel, die die Form eines Wolfskopfs annahm,
bevor sie in den Wolken verschwand. Dicke schwarze Rauchschwaden stiegen von der Stelle auf.
„Was ist passiert?“, rief seine Mutter entsetzt. Sie packte Chostin an den Schultern und drückte ihn ganz
fest an sich heran.
Es gab nur ein Gebäude in den Sümpfen, -Kyrock das unerreichbare Gefängnis- doch ehe nach einer
etwas sagen konnte, ertönte aus dem Trichter der Hopperlilie eine männliche laute Stimme:

„Achtung, Achtung! Wir unterbrechen unser Programm für eine Sondermeldung. Wie so eben
bekannt wurde, ereignete sich in -Kyrock das unerreichbare Gefängnis- eine Explosion.
Dabei ist Scrillbird, die Flucht gelungen.
Zahlen von möglichen Opfern und Schäden liegen uns noch nicht vor.
Über die aktuellen Ereignisse halten wir sie auf dem Laufenden.“
Chostin schaute seine Mutter an, „Hoffentlich ist Dad nichts passiert.“
Chostins Vater, der zweiter Untermagistrat arbeitete im „Magistrat für Sicherheit“.
Er hatte auch die Verantwortung für das Gefängnis, welches er einmal täglich kontrollierte.
Und wieder ertönte es aus dem Trichterblatt der Hopperlilie:
„Wie soeben aus dem Magistrat gemeldet wurde, habe man die Lage unter Kontrolle. Allerdings
wurde auf Anweisung, des zweiten Untermagistrats Emmerson Bravely das betroffene Gebiet aus
Sicherheitsgründen weiträumig abgesperrt. Über weitere Ereignisse werden wir sie auf dem
Laufenden halten.“

„Da bin ich aber beruhigt“, sagte Chostins Mutter erst mal erleichtert, „Dad geht es gut.“
Auch Chostin fühlte sich erleichtert.
Es klopfte an die Tür. Als Chostin sie öffnete, stand Leopold Flynth davor.
„Darf ich eintreten?“
Ohne auf eine Genehmigung zu warten, trat er durch die Tür und begab sich direkt in die Küche.
„Wie konnte das Geschehen, Leo?“, fragte Chostins Mutter ohne den Besuch zu begrüßen.
Mr. Flynth zuckte nur mit seinen Schultern.
„Ich werde Chostin heute zur Schule bringen“, erwiderte er und schaute auf den Jungen.
Chostin verstand die ganze Hektik nicht.
„Warum will Mr. Flynth mich zur Schule bringen?“
Das war noch nie vorgekommen. „Wegen dem … ähm … vielen Schneefall!?“, versuchte Chostins Mutter zu erklären
wobei sie Mr. Flynth Hilfe suchend ansah.
„Ja, ja … wegen … dem … vielen Schneefall“,
übernahm Mr. Flynth die Antwort und fügte selbstsicher wirkend hinzu, „Ich muss sowieso gleich ins Geschäft und die
 Schule ist ja ganz in der Nähe.“
Chostin wusste, dass es nicht der Wahrheit entsprach. Aber ehe er etwas erwidern konnte, legte
die Mutter dem Jungen seinen Umhang um. Mr. Flynth hatte schon den Schulbeutel und die
Schneescheiben ergriffen und verschwand damit in Richtung Kabinenbesen, der unmittelbar vor der
Eingangstür schwebte. Noch ehe sich Jack komplett entmaterialisieren konnte, flogen sie los.

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