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Psycho Tequila


 
 
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Ralf Langer
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 699
Wohnort: Gelsenkirchen


Beitrag09.11.2012 23:16
Psycho Tequila
von Ralf Langer
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Neue Version »

Psycho Tequila
oder
eine Nacht zwischen den Zeilen


Es gibt kein allein sein.
Ich sitze an dieser Hotelbar. Halb im Freien, halb in der Lobby.
Überall Palmen. Karibische Gefilde. Sobald ich die Augen geöffnet habe, steht dieser Typ neben mir.
Trägt lässiges Khaki, schlaksige Figur, mit einem leichten Hang zur Magerkeit,
so das Hemd und Hose an ihm herumflattern wie eine Fahne im Wind.
Wir haben gerade angestoßen und blicken hinaus in die Nacht:
Meeresrauschen, Sternbilder, ansonsten keine Töne. Keine Blicke.
"Wenn Joyce nicht verrückt gewesen wäre",sagt er,"dann hätt` er wie Flann O'Brian geschrieben."
Er schüttet sich seinen Gin Tonic hinunter.
Die Eiswürfel zermalmt er mit den Zähnen. Fürchterliches Geräusch!
"Der hat den Nobelpreis doch nur bekommen,
 weil die im Komitee nicht wußten, ob das der letzte Scheiß war, oder doch etwas anderes..."
Dieser Typ, Bloom, ist Ire, und ich weiß nicht, wie ich an ihn geraten bin. Wollte doch nur ganz in Ruhe meinen Verstand
an der Bar auslöschen. Trinken, bis ich die Wale singen höre.
"Die haben die falsche Entscheidung getroffen", unterbricht er mich. Er nickt.
"Klare Sache", fügt er hinzu und ordert neue Getränke.
Plötzlich steht da Tequila vor mir.
"Was ist mit Salz und Zitrone", frage ich.
"Ihr Deutschen seid ein seltsames Völkchen", sagt er und kichert.
 "Eine Spirituose ist ein geistiges Getränk. Ihr trinkt doch auch keinen Weinbrand mit Zucker und 'nem Stück Kartoffel,oder?"
Also hinunter damit, und direkt zwei Neue hinterher.
"Und was ist mit Finneganns Wake?", frage ich.
"Ah, ein irischer Traum, oder vielmehr ,ein Albtraum, ein Babelsyndrom. Schätze Joyce hatte zuviel Jameson intus.
Du mußt wissen, wenn wir Iren zu viel getrunken haben, und wir trinken immer, dann geraten uns die Worte und die Bilder im Kopf außer Kontrolle."
Bloom lacht, und wieder krachen die Eiswürfel.
"Da schreibt einer ein Buch über's Erwachen, und worum geht's?"
Er schaut mich flüchtig an. Ich sehe, daß er von mir keine Antwort erwartet, also schaue ich nur in die Luft und warte ab.
"Es geht um einen nicht enden wollenden Traum!"
Wieder eine kurze Kunstpause, und dann geht es auch schon weiter.
"Wir Iren sind schon ein seltsames Volk.  Macht die Insellage,
 und die Kartoffeln. 300 Jahre Kartoffeln als  Beilage,
 das hält kein Körper aus, ohne im Kopf ein bisschen weich zu werden.  Ich glaub euer Kafka, der hatte auch nur Kartoffeln gemampft."
Ich nicke.
Das klang für mich alles ganz logisch. Das machte mir aber wiederum ein wenig Angst, also bestelle ich nochmal Tequila.
"Hörst du die Wale, Bloom?", frage ich ihn.
Interessiert ihn gar nicht.
"Und", sagt er, als hätte ich meinen Mund, nur um ihn zu halten,"die Russen, ach die Russen, nimm nur mal Raskolnikow..."
Also nehm ich Raskolnikow. Irgendwo in den tequiladurchweichten Zonen meines Zerebrallappens erwische ich ihn, und ziehe ihn vor mein geistig trüb gewordenes Auge.
Ich sage etwas wie," Der erinnert mich an Castorp."
Raskolnikow in meinem Kopf findet das gar nicht lustig, er schreit mich an.
"Der Castorp", brüllt er in meinem Kopf,"der Castorp, war ein Hanswurst, verstand nichts von der Seele. Ich aber, bin meinen Weg bis zu Ende gegangen. Punktum.
Und Überhaupt, tausendfünfhundert Seiten Einleitung, und als der Krieg beginnt, lässt uns der Dichter, grübelnd zurück. Ich wär losgezogen. Keine Frage..."
"Hast du auch diese Stimmen im Kopf, Bloom?", will ich wissen.
"Anatol", sagt er zu mir, " du mußt ruhiger werden!"
" Ich bin nicht Stiller", entgegne ich beleidigt."Ich hör schon wieder den Wal. Es ist ein Einzelgänger, das hör ich am Gesang! Weiß ist er, und groß, und er wird uns zerschmettern!"
Schon hat uns der Kellner, der auf den Namen Queequeg hört, neue Tequila hingestellt.
"Hören sie mal", nuschelt er in gebrochenem Englisch," die Bar schließt gleich, wenn sie also noch ein Getränk heben möchten, dann..."
"Gib uns die ganze Flasche Tequila, und Zitrone und Salz, für Anatol, du Lump", brüllt Bloom. Dann wirft er die Hände in die Höhe und flüstert, "Introibo ad altare dei."
Der Wal, jetzt höre ich ihn nicht nur, er erscheint leibhaftig.
"Ihr müsst nur die Laufrichtung ändern," blubbert es aus seinem Schlund.
Davon erzähl ich Bloom besser nichts. Also schütte ich einfach Tequila in unsere Gläser, und ignoriere den Wal.
"Pass mal auf," sagt Bloom,"ich hatte da mal einen Bekannten, der hieß Ulrich, war Österreicher. Alles in allem ein Mann ohne Eigenschaften. Der hat mir seinerzeit beigebracht, wie man die Bilder in seinem Kopf los wird, wie alles verschwindet, bis auf das Blinde!"
Ich drehe mich zu ihm herum. Er wirkt plötzlich sehr ernst.
"Mach mir keine Angst, Bloom", sage ich."Um mich herum passiert schon genug!"
Er greift sich also die Flasche Tequila, schüttet nochmal nach, schneidet zwei saftige Stücke Zitrone ab,
nimmt den Salztreuer, schüttet zwei erkleckliche Häuflein davon vor uns auf den Tresen und drückt mir einen Strohhalm in die Hand.
"Und jetzt," frage ich.
"Jetzt ist Psycho-Tequila Zeit!"
Er legt den Kopf weit in den Nacken, hält sich mit der einen Hand das rechte Auge auf, während er mit der Anderen nach der Zitrone greift.
"So muß es sein", ruft er. Dann zerdrückt er die Zironenscheibe über seinem offenen Auge. Der Saft spritzt hinein. Sofort greift er zum Glas, kippt den Tequila hinunter, nimmt laut fluchend, mit tränenden Augen den Strohhalm, steckt ihn in die Nase und saugt das Salz in einem Rutsch durch sie in seine Stirnhöhle.
"Jetzt du", kreischt er.
Der Wal neben mir schüttelt mit dem Kopf, Castorp und Raskalnikow wollen mich aufhalten. Aber ich bin schneller.
Ah, dieser Schmerz. Nichts ist mehr. Die Zitronensäure frisst sich in meine Bilder und das Salz kriecht durch die Nasenhöhle in mein Gehirn , löscht dort alles was es findet.
Brechreiz. Ich übergebe mich zu meinen Füßen.
"Und, was ist", schnauft Bloom zu mir herüber.
"Nichts ist. Ich bin allein."
Dann Schlaf.

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Eredor
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Traumtagebuch
Beitrag10.11.2012 03:46

von Eredor
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Hallo Ralf,

die Geschichte ist flüssig geschrieben und an sich gut erzählt. Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, worauf du hinauswillst. Die beiden reden ein bisschen über Literatur und Kartoffeln, letztendlich scheint mir aber, du wolltest den Psycho-Tequila in den Mittelpunkt setzen und nur deshalb diesen Text verfassen.

Mir fehlt da die Substanz, die nötigen Hintergründe, der Charakter. Toll sind die krachenden Eiswürfel. Ansonsten ist das mir persönlich alles zu schwammig und undeutlich.

Zum Schluss bleibt nur noch eine Frage: Hast du den "Psycho-Tequila" aus einem der unzähligen Videos im Internet gesehen oder tatsächlich selbst ausprobiert? In letzterem Fall würde ich das nämlich auch irgendwie verarbeiten wollen und würde den Sinn des Textes nachvollziehen können  Very Happy Nur scheint der Tonfall deiner Geschichte auf mehr hinauszielen als nur ein... Video.

lg Dennis


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Grendel
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Alter: 60
Beiträge: 243



G
Beitrag10.11.2012 10:07

von Grendel
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Hallo Ralf,

tieferer Sinn? Mir geht er bei dem Stück nicht ab. Eine stilsichere Geschichte, in der Du wunderbar mit Romanfiguren und Titeln spielst. Und das machst Du so geschickt, dass Du den Gedanken "ich will euch zeigen, was ich schon alles gelesen habe" dabei nicht aufkommen lässt. Das Ende hat einen Schuss Absurdität, den ich mitsamt der Walvision einfach als Bild mitnehme. Hab ich gern gelesen.

Gruß
Grendel
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Nina
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Beitrag10.11.2012 12:10

von Nina
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Hallo Ralf,

Kafka war kein Deutscher, - ist das ein Fehler oder Absicht in Deinem Text?
Dein Text liest sich stilsicher. Ein paar Rechtschreibfehler meine ich beim Lesen gesehen zu haben.

Zum Inhaltlichen: Ganz sicher bin ich nicht, - aber ich sage mal, was ich herausgelesen habe: Zwei, die sich unterhalten, von denen möglicherweise nur einer (real) existiert. Ein Gespräch über Literatur, was an der Oberfläche bleibt, aber mit großen Namen jongliert. Es gibt erstmal keine Verbindung der beiden zueinander, aber das ändert sich im Verlauf der Geschichte und geht sogar soweit, dass der eine, den anderen quasi in sein größtes Geheimnis einweiht: Er hört seltsame Dinge.

Insgesamt bleibt die Geschichte hier etwas vage. Ich vermute, dass das Absicht war, denn es passt zum Inhaltlichen. Der Name des Barkeepers kommt etwas spät, finde ich. Ansonsten (und bis auf die paar Rechtschreibfehler) ist mir nichts weiter aufgefallen, was verbessert werden könnte. Ich fand Deine Geschichte interessant zu lesen.

LG
Nina


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Ralf Langer
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Beitrag10.11.2012 15:08

von Ralf Langer
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Hallo zusammen,

nein Nina, Kafka war kein Deutscher.
Ich werde darüber nachdenken ob ich den text an dieser Stelle in
"deutschsprachig" ändere.
Vielleicht wird es aber auch so sein , daß der Sprecher "Bloom" es so sieht, wie der Autor, daß Kafka eben im schriftstellerischen Sinn dem Deutschen
zugerechnet werden sollte.
Vielleicht, ändere ich es auch dahin gehend, daß Bloom es nicht besser weiß.

Trotzdem danke für den Hinweis.

Hallo Eredor,

nein, so etwas habe ich nicht im Internet gesehen, sondern vor ein paar Jahren in der Karibik selbst erlebt. ( Und auch daran teilgenommen)

Hallo Grendel,

herzlichen dank auch dir für deinen Kommentar.
Du gibst das richtige Stichwort: " Absurdität"

Wenn es mir gelungen sein sollte ist dieser Text ein Stück "phantastische Literatur", mit einem Schuss von dem was weithin "Kafkasek" bezeichnet wird.
Mitnichten wollte ich aufzeigen, welche Bücher ich-also der Autor - schon gelesen hat.
Aber wahr ist, das die Figuren und die Hinweise auf die Literatur
( Stiller-Max Frisch; Moby Dick-Melville; Uliysses - Joyce; der Zauberberg -
Thomas Mann; der Mann ohne Eigenschaften - Musil; Kleine Fabel - Kafka;
Schuld und Sühne- Dostojewski)
auch eine Blaupause dessen sind, was mich persönlich "bewegt".

Insgesamt entzieht sich der Text einer kausalen Sinnsuche.
Die Dinge die passieren, sei es im Kopf oder tatsächlich geschehen im Rausch.

Die Idee dazu ist wie so vieles "geklaut", oder milder formuliert geliehen,
und eine unterschwellige Reminiszenz an Flann O`Brians " At swim two Birds".

lg
an alle
Ralf
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Berni
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Beitrag11.11.2012 23:22

von Berni
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Hallo Ralf,

mir gefällt der Text außerordentlich. Das mag daran liegen, dass er in gewisser Hinsicht dem ähnelt, was ich ab und an als Kurzprosa verfasse. Kafkaesk ist hier vielleicht sogar das richtige Stichwort.
Und so suche ich auch nicht wirklich nach einem Sinn, da sich ja alles im Geist abspielt (wie du ja selbst sagst), der schon nicht mehr ganz klar ist, wobei sich der Zustand im Laufe des Textes ja nicht verbessert.  Wink

Kafka war kein Deutscher, aber erwähnt wurde er doch als "euer Kafka"? Ich hatte das durchaus auf "deutschsprachig" bezogen. Daher ist das in meinen Augen kein Lapsus. Kann man aber gewiss anders sehen.

Ein paar Satzzeichen könnten korrigiert werden. So, jetzt hatte ich auch etwas zu kritisieren. Ansonsten habe ich nämlich nichts zu mäkeln.  Wink

LG
Bernd


p.s. Den Psycho-Tequila gibt es bei euch aber nicht auf der Karte, oder?
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Ralf Langer
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Beitrag11.11.2012 23:56

von Ralf Langer
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Hallo Bernd,
danke für den Hinweis mit Kafka.
Tatsächlich läßt meine Formulierung die Antwort auf seinen Personalausweis offen.

Ich denke, das kann ich so stehen lassen.
Ja , der Text macht für denjenigen der empirisch herangeht und Kausalketten sucht keinen Sinn.
Er soll es auch nicht.

Wenig Dinge die in einer Bar am Tresen passieren machen"Sinn" Very Happy

und nochmal ja, bei mir im Laden gibt es diese Getränk nicht.
Aber, es ist eine Tatsache - wahrscheinlich die einzige im Text -
es gab da eine Bar in der Karibik, an der ich das "Vergnügen " hatte mit
einem Iren diesen "Psycho Tequila" zu trinken....
Lg
Ralf
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Nina
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Beitrag12.11.2012 00:00

von Nina
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hi ralf,

aber eine frage habe ich da doch: im schriftstellerischen sinn, - damit meinst du, dass er den deutschen zugeordnet werden sollte, weil er auf deutsch schrieb? oder wie ist das gemeint? die variante, dass bloom es nicht besser weiß, halte ich für eine gute idee.
ich würde mich freuen, wenn du zum rest meines postings (meiner einschätzung) auch noch etwas sagen würdest. danke.

lg
nina



----

@bernie: darf ich fragen, was du an dieser geschichte kafkaesk findest? ich finde nämlich, dass sie keineswegs kafkaesk ist.


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Berni
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Beitrag12.11.2012 00:21

von Berni
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Lb. Nina,

kafkaesk ist ja ein Begriff, den man sehr weit oder sehr eng fassen kann. Das Ganze geht dann so weit, dass wohl Max Brod irgendwo gesagt hat, Franz Kafkas Literatur sei alles Andere mehr als kafkaesk.

Ich mag jetzt hier keine Diskussion anstoßen, da das Thema ja nicht zum Text gehört, sondern ein Nebenschauplatz ist. Das "Kafkaeske" spüre ich hier auf einer Ebene, die tiefer liegt als das oberflächliche Gespräch der beiden Trinkkumpanen. Da ist z.B. der Wal und sein Gesang. Ich spüre hier beim Lesen des Textes etwas ins Absurde Gehende, das man ja z.B. bei Rauschzuständen kennt. Die Beiden sind doch weitab von der Realität.

Ich schrieb ja

Zitat:
Kafkaesk ist hier vielleicht sogar das richtige Stichwort


weil mir das beim Lesen sofort in den Sinn kam und Ralf hat es dann in seiner Antwort selbst erwähnt. Das mag nun richtig oder falsch sein. Jeder geht schließlich an den Text anders heran und jeder spürt und fühlt etwas anderes.

LG
Bernd
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Beitrag12.11.2012 00:41

von Nina
Antworten mit Zitat

hallo berni,

ich hoffe mal, das ralf das verzeiht. mich hat es interessiert, weil ich es hier nicht so empfinde und ich wissen wollte, was du darunter verstehst, wenn du "kafkaesk" schreibst und weil mich der oberflächliche und inflationäre gebrauch des wortes "kafkaesk" stört, vor allen dingen, wenn es m.e. einfach nicht passt.
ich danke dir für deine ausführung und bitte ralf um verzeihung, sollte er sich gestört gefühlt haben.

lg
nina


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Ralf Langer
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Beitrag12.11.2012 14:29
Kafkaesk und mehr
von Ralf Langer
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Hallo Nina,

Off Topic : Was ist „kafkaesk“?
Was macht eine Situation „kafkaesk“?

Das Eindringen des Unheimlichen in den alltäglichen Lebensrhythmus der Menschen,
und der gleichzeitige Versuch, besser die Anstrengung, dies Unheimliche, Absonderliche den statischen Bedingungen einer normalen, vielleicht „bürgerlichen“ Existenz unterzuordnen.

Als Beispiel sei hier „Die Verwandlung“ erwähnt.

Ein Mensch verwandelt sich in einen Käfer, und versucht sein Leben aufrecht zu erhalten.

Stephen King hätte daraus eine seine bemerkenswerten Horrorgeschichten geschrieben,
Thomas Mann hätte eine solche Idee entweder nie gehabt, oder sofort wieder verworfen.

Kafka baut aus dem Unmöglichen ein noch unmöglichere Welt, die doch nur eine Haaresbreite vom Alltäglichen entfernt liegt und gerade deshalb glaubhaft bleibt.
( Alles natürlich nur meine Meinung)

„Psycho Tequila“ startet und endet im Normalen.
Eine Bar, anscheinend eine Urlaubssituation. Es wird viel getrunken.
Eine Barbekanntschaft hat sich ergeben.
Es wird „dummes Zeug“ geredet. Ein Mensch erbricht sich,
und schläft ein.

Im Laufe des Gespräches verselbstständigen sich die Inhalte , sie werden lebendig, erhalten Gestalt und Mitspracherecht.
Die Situation wird unübersichtlich, verliert den Bezug zum Empirischen.
Wir wissen nicht mehr was tatsächlich passiert, was Einbildung ist:
Fiktion und Realität verweben sich in der fiktiven Geschichte. Fiktive Romanfiguren bekommen eine Stimme und werden für eine kurze Zeit „real“.


Off Topic : Kafka kein Deutscher

Wie schon erwähnt, hoffe ich, daß ich es so stehen lassen kann.
Gemeint ist deutschsprachig, deutsch im sinne des primären Rezipientenkreises.

Appendix1.

Nina, du schreibst:
„Ein Gespräch über Literatur, was an der Oberfläche bleibt, aber mit großen Namen jongliert. Es  gibt erstmal keine Verbindung der beiden zueinander, aber das ändert sich im Verlauf der Geschichte und geht sogar soweit, dass der eine, den anderen quasi in sein größtes Geheimnis einweiht..“

Ich, als Autor, habe die genannten Personen mit „bedacht“ in diese Geschichte eingefügt.
Im Kern sind die damit imlpizierten Romane jene Werke, die nicht nur im Kopf des Ich-Erzählers ständig präsent sind, es sind gleichzeitig auch Eckpfeiler meiner persönlichen Welt.

Bei meinem Begrüßungstext im Forum „Roter Teppich“, postete ich:

„Ansonsten, weiß und möchte ich nicht viel sagen.
 Wer bin ich? Was will ich werden?

Diese Fragen versuche ich mit Lyrik und mit Prosa zu beantworten.“

So gesehen, soll dies Stück hier im DSFo durchaus auch für den Leser eine Tür zu
meiner Welt sein. (Wenn auch nur eine Kleine).


Appendix 2
Erfahrungswerte

Aufgrund einiger Erfahrungen mit Foren, zum einen hinsichtlich meiner eigenen Lesezeit, die ich durchschnittlich Werken Dritter widme, zum anderen aufgrund meiner Wahrnehmung, daß von mir veröffentlichte Texte die länger als zwei Normseiten sind, weniger häufig gelesen und kommentiert werden, bemühe ich mich meine Prosatexte im Bereich dieser „Größenordnung“
zu verfassen.

Dadurch können einige Texte den manchmal durchaus berechtigten Eindruck von zu großer Kürze erwecken.

Ich werde, da ich für dieses Forum nicht sprechen kann, auch einige meiner längeren Texte posten.

Ich weiß, der Autor sollte seine „EITELKEIT“ hinter die „Bedeutsamkeit und Geschlossenheit" seiner Texte stellen.Trotzdem freut es natürlich mich als Menschen sehr, wenn meine Texte
höhere Aufmerksamkeit erzielen, weil sie eine „angemessene“ Länge besitzen.

Vielleicht ein Irrtum?
Wenn ja, gelobe ich Besserung.

Dir einen herzlichen Gruß
Ralf

P.S:

Ich weiß nicht genau wie die Moderation auf dieses Posting von mir reagiert.
Letztlich ist nicht alles von mir genannte direkt bezugnehmend auf die Kurzgeschichte.

Vielleicht hätte ich dir,Nina, einiges  hiervon per PN schicken sollen?
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Stimmgabel
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Beiträge: 4370
Wohnort: vor allem da
Bronzener Sturmschaden Der goldene Spiegel - Lyrik (2)



Beitrag12.11.2012 22:46

von Stimmgabel
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-


Hallo Ralf Langer,

habe nun sorgsam Deine kleine Fragmentgeschichte gelesen. / Der Schreibstil ist hierin flüssig, sicher auch ob der ineinanderlaufenden Dialoge – also schreibformal passt es mMn.
Die von Dir gewählte Absatzformatierung entzieht sich meiner Leselogik insofern (ich würd mal sagen Quark mit Löchern Wink ), da es damit keinerlei begründete und kontextale Hervorhebungen gibt – und wenn genau so gewollt, dann widerspräche es doch dem flüssigen Laufstil.

Nun ja ???

Zum Inhalt:

Hier würde ich mich größtenteils den Kritikpunkten und aufgekommenen Fragen der dbzgl’en, feinsinnigen Vorkommentatoren sehr anschließen.

Beispiele:


Eredor hat Folgendes geschrieben:

die Geschichte ist flüssig geschrieben und an sich gut erzählt. Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, worauf du hinauswillst. Die beiden reden ein bisschen über Literatur und Kartoffeln, letztendlich scheint mir aber, du wolltest den Psycho-Tequila in den Mittelpunkt setzen und nur deshalb diesen Text verfassen.

Mir fehlt da die Substanz, die nötigen Hintergründe, der Charakter. Toll sind die krachenden Eiswürfel. Ansonsten ist das mir persönlich alles zu schwammig und undeutlich.


Nina hat Folgendes geschrieben:

... weil ich es hier nicht so empfinde und ich wissen wollte, was du darunter verstehst, wenn du "kafkaesk" schreibst und weil mich der oberflächliche und inflationäre gebrauch des wortes "kafkaesk" stört, vor allen dingen, wenn es m.e. einfach nicht passt.




/ Auch ist es mir auffällig, dass Du scheinbar den Kontra-Kritikern freiwillig kaum ein Gehör schenken willst, und den Pros hüpfend das Küsschen rübernippst, und plauderst. / Lässt schon mal aufhorchen ... Wink

Frage: Ist hier gar ein Text-Selbstverliebter Text am argumentieren, der darauf tatsächlich hofft, was der Autor selbst sureal-absurd über sein Kunstwerk annimmt, in der Hoffnung, dass wenigstens DAS vom Leser abgenommen wird ... ??? Wink
/ Und da bin ich schon beim Kernpunkt bzgl dieses Textes. / Denn, dass es sich hier tatsächlich um einen Text handelt, ist gewiss wink , aber absurd???

MMn ein derart offensichtlicher, fast schon langweilig und laufschleifend erzählender Inhalt
/ über einen selbst-vereinsamten Menschen,
der auch noch (Schnitzlers) Anatol heißen muss ( ... der Sonnenaufgang? / zugleich derjenige, der selbstreflektierende Frauenprobleme hat? )

/ Prot also vereinsamt (mit wenigstens paar audio-visuellen patho Zügen ...), der sich an der Hotelbar sukzessive einen antrinkt, und sich währenddessen einen Gegenüber Namens Bloom anfantasiert, mit dem er dual sprechend in ein Quasi-Gespräch kommt. Über was wird gesprochen? – klar, über Literaten (als verstünden die hier einzig oberflächlich agierenden Figuren nur einen Millimeter davon etwas ..: -) ), ohne funktionnal in den Text einzugreifen,
wohlmehr nur scheinbar wichtige Namen (sonst wärs vllt im Text zu/nur fade ...???)
/ dann, ... nachdem der Alkohol zuviel geworden ist, kotzt dieser Prot-Typ und schläft ein. / Das wars, ok, ein Anatol-fantasierter Wal und die Kartroffeln sinds auch noch, ... / für mich echt zu wenig,
mMn eine schlecht aufbereitete Handlung ohne Fokus – und weitest entfernt einer passierenden Absurdität..

(... und, um wieviel besser könnte man hier einen echten ’esken’ Wal herausarbeiten - könnte man ... / ihn in die Handlung aktiv einbinden, z.B. zum Bloom werden lassen, oder, oder ...)

---------------------------------------------------------

Ralf Langer,
dann möchte ich gerne noch auf diese Deine Aussage kommen (die mich doch sehr erstaunt wink
Zitat:
Psycho Tequila“ startet und endet im Normalen.“


Gerade das real Absurde dieses „Psycho-Tequila (Saufens)“ wird von Dir als umrandende ’Normalität’ eingestuft – und das Dazwischen Kopfkino soll Absurdität aufzeigen??? / Wie verdreht doch die Welt sein kann, in der Rezeption, oder?
/ Was für Dich absurd ist, ist für mich eine psychologische Normalität und ebenso vice-versa.
Dann - Deine Behauptung, dass der Kontext von diesem Psycho-Tequila Ereignis (in der direkten Bildebene bleibend) ummantelt sei – meinst Du hier wohl rein formal, also ohne inhaltlichen Bezug - also der Anfang (Titel) und die endende Tequila-Sequenz – ???
 
/ Denn, tatsächlich wird doch der gesamte Text, inhaltlich kausal umnetzt, einzig von:

“Es gibt kein allein sein.“
und
"Nichts ist. Ich bin allein."

umschlossen – was auch den gesamten Textinhalt offen bedeutet, mMn.

---------------------------------------------------------------------------------------------------------

Nun mal zu Deinen Antwortkommentaren:

Zitat
Ralf Langer hat Folgendes geschrieben:

Du gibst das richtige Stichwort: " Absurdität"  <-- hier frage ich mich echt, was an diesem Text absurd ist, sein könnte ??? Hier gehts um passierendes Kopfkino eines Patho-Delir-Vereinsamten, also purste Wirklichkeit in seiner kausalen Selbst. Hierzu:

Wollte doch nur ganz in Ruhe meinen Verstand an der Bar auslöschen. Trinken, bis ich die Wale singen höre.

Wenn es mir gelungen sein sollte ist dieser Text ein Stück "phantastische Literatur", mit einem Schuss von dem was weithin "Kafkasek" bezeichnet wird. <-- hier kann ich Nina 1:1 zustimmen, dass dieser Text aber rein garnix mit Kafka’esker Metaphorik zu tun hat – im besten Falle dann, wenn der Wal eine reale Gestalt, kontext-handelnd angenommen hätte – hat er aber nicht ..., leider ..., oder etwas mit der Kartoffel passierte ...

Als Beispiel sei hier „Die Verwandlung“ erwähnt.
Ein Mensch verwandelt sich in einen Käfer, und versucht sein Leben aufrecht zu erhalten. <-- allein die Käferverwandlung in einhergehenden Bezug zu Deinem Text zu stellen (zu sehen), sagt  mir doch, dass Du irgendwie einerseits die ’Verwandlung’ sehr anders verstanden haben musst, oder?
Andererseits,  Du den Wertebegriff, mMn, des Absurden, Surrealen, oder auch der Phantastischen Literatur in Seinerselbst seltsam bedeutest, oder? / Denn - wird das augenscheinlich Unwirkliche nicht ein aktiv handelndes und bestimmendes Funktional des Textes – und eben augenscheinlich (da ja letztlich einzg meta-phorisch real) – dann ist da auch nix Absurdes, geschweige Kafka’eskes ... iss halt so, kann ich auch nichts dafür ...  Wink, oder soll hier der fantasierte Wal das kontextal Absurde sein??


Ja , der Text macht für denjenigen der empirisch herangeht und Kausalketten sucht keinen Sinn. Er soll es auch nicht. Insgesamt entzieht sich der Text einer kausalen Sinnsuche.  <-- also kein Sinn?
Die Dinge die passieren, sei es im Kopf oder tatsächlich geschehen im Rausch. <-- also doch ein kausaler Sinn?

Aber, es ist eine Tatsache - wahrscheinlich die einzige im Text -  es gab da eine Bar in der Karibik, an der ich das "Vergnügen " hatte mit  einem Iren diesen "Psycho Tequila" zu trinken.... <-- genau das ist auch ein Problem des Textes, mMn, der ja Deiner Meinung nach absurde Züge haben soll. Ich meine, dass der Text es noch nicht einmal schafft, solch ein absurdes Realum zu erfinden. Er braucht unentwegt, wie von Dirselbst  trefflich besagt - reale ’Blaupausen’ ... anderer  ... von anderem ...

/ .... deswegen ist der Text für mich inhaltlich auch eine echte Langeweile Erzählung mit einzig Plattidtüden verlegt - handelnd um/von einzig einer 1Mann-Sauferei mit entsprechenden langweiligen Delir-Trip-Fantasien, die in keiner Weise in das Textgeschehen eingreifen – eben nur erwähnt da stehen ... / zumindest sehe ich es so für mich.


Resümee mMn):
Ein durchgängig sammelsurender Text von alleinstehenden Allgemeinplätzen, die nicht interagieren (... aber scheinbar intellektualisieren sollen???), plus das allgemeinplätzige Thema des Alleinseins - dessen Hit die Absurdität sein soll??
Nehme mal diesen Kommentar von Dir:
Zitat:
Die Situation wird unübersichtlich, verliert den Bezug zum Empirischen.
Wir wissen nicht mehr was tatsächlich passiert, was Einbildung ist:
Fiktion und Realität verweben sich in der fiktiven Geschichte. Fiktive Romanfiguren bekommen eine Stimme und werden für eine kurze Zeit „real“.
  

Ich frage mich echt, wo diese Stellen zu finden sind? / Was da doch einzig ist, ist, dass ein Anatol herumdelirt. Realer gehts doch nicht, oder?



Ralf Langer,
mal so meine  Betrachtung – und ja, für mich ein langweiliger Inhalt ohne jeglichen Aussage-Plot, den ich, überspitzt gesagt, fast an/in jeder abgelutschten Saufkneipe antreffe – also in sich nix weiter, als eine konsistente Blaupause von Nebenan. Mir echt zu wenig wink

sage ein fröhliches Tschüss, Stimmgabel

-


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Ralf Langer
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Beitrag13.11.2012 16:54

von Ralf Langer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Stimmgabel,

ich bin überwältigt von deiner Kritik, und sehe mich gezwungen,
nach längerer Überlegung, zugeben zu müssen,
einen schwerwiegenden Fehler begangen zu haben.
Anstatt mich mit meiner längeren Antwort – in der ich übrigens
glaubte nicht nur den wohlwollenden Kommentatoren geantwortet zu haben –
ausschließlich auf die Inhalte des Textes zu beziehen, habe ich darüber
gesprochen was ich in meinem Text sehe;
habe erklärt, „philosophiert“, zitiert etc,pp.

Ich habe gelehrmeistert ohne es zwingend zu wollen.
Der Unmut ist berechtigt...



Hierdurch entsteht der Eindruck, dass da einer sei, der alles weiß,
der zu seinen Texten gleich die Lösung präsentiert, dass da einer
ist der verkopft erklärt, was , wenn überhaupt, dem Leser von alleine
 deutlich werden muß.

Nun, ich habe es getan. Und der Fehler ist nun in der Welt.

Nichtsdestotrotz, darf ich mit meinen Vorstellungen darüber,
was ich absurd empfinde, welche Dinge für mich „kafkaesk“
sind weiterleben. So ist es halt, das du meine Vorstellungen für
seltsam empfindest – oder, weil du es freundlich
verklausuliert hast, für falsch.


Die Formatierung ist tatsächlich beschissen.
Bei mir am PC ist sie in Ordnung.

„Anatol“ ist eine Figur aus Max Frisch`s „Stiller“ :Anatol Stiller eben.

Das werde ich glätten.

Ich freue mich auf weitere Zusammentreffen mit dir in diesem Forum

Ralf

Appendix.

„Anatol“ ist eine Figur aus Max Frisch`s „Stiller“ :Anatol Stiller eben.
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Aranka
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A
Beitrag14.11.2012 11:58

von Aranka
Antworten mit Zitat

Hallo Ralph,

ist ja schon vieles gesagt und bestimmt alles Wichtige, daher nichts Tiefgründiges mehr von mir, nur einen kurzen Eindruck.

Beim Schluss fühlte ich mich auch ein wenig von Kafka angelächelt, aber da hatte mich deine Geschichte schon längst erobert. Und dieser Gegensatz, auch in der Schreibe bemerkbar, gibt dann der gesamten Geschichte plötzlich eine andere Dimension. Mir gefällt so was einfach, warum soll ich da nach Begründungen suchen.

Diese Szene an der Bar, du wirfst sie in so klaren unauffälligen Sätzen dahin, dass sie wie ein Film abläuft. Mir gefällt dein Stil, er passt und überzeugt. Und immer habe ich bei aller Leichtigkeit, die du mit deiner Schreibe vermittelst, das Bewusstsein, dass ein Dahinter erzählt wird, was du dann mit dem Schluss ja auch klar anzeigst. und nun hat der Leser den Schlüssel in der Hand und es liegt an ihm, ihn umzudrehen, oder nicht.

Gern gelesen und (ich hoffe du kannst es als Kompliment sehen) ich habe mich unterhalten gefühlt.

Gruß Aranka


_________________
"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

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Berni
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Beitrag14.11.2012 15:13

von Berni
Antworten mit Zitat

Lb. Aranka,

Zitat:
Diese Szene an der Bar, du wirfst sie in so klaren unauffälligen Sätzen dahin, dass sie wie ein Film abläuft. Mir gefällt dein Stil, er passt und überzeugt. Und immer habe ich bei aller Leichtigkeit, die du mit deiner Schreibe vermittelst, das Bewusstsein, dass ein Dahinter erzählt wird, was du dann mit dem Schluss ja auch klar anzeigst. und nun hat der Leser den Schlüssel in der Hand und es liegt an ihm, ihn umzudrehen, oder nicht.


dem schließe ich mich 100%ig an.

LG
Berni
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crim
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Beitrag14.11.2012 19:47

von crim
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Hi Ralf,

das Abgleiten ins Halbreale eines guten Alkoholrauschs für mich wunderbar festgehalten. Weit mehr als Name-Dropping - literarische Klassiker teils reduziert und pointiert. Das Sprunghafte, Abgehackte, zwischen den Literaten und Figuren durchhetzen, Zusammenhänge werden aufgelöst, fein. Spätestens ab dem Moment, da der Kellner Queequeg heißt, treten die Figuren aus dem Kopf des Erzählers in die Realität, Moby Dick-lastig - hat einen Grund, meine ich - die Einsamkeit des Ahab, die findet sich im Ich-Erzähler. Bin nicht firm bei Castorp, Raskolnikow, aber wenn ich jetzt noch den Stiller ins Bild hole, als das des Flüchtigen vor dem eignen Ich, dann kann ich nur vermuten, dass auch C. und R. Sinnbilder für Selbstauflösung, Einsamkeit, etc. sein könnten und dann ist das in sich richtig fein stimmig.

LG Crim
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Ralf Langer
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 699
Wohnort: Gelsenkirchen


Beitrag14.11.2012 20:50

von Ralf Langer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Aranka,

"Gern gelesen und (ich hoffe du kannst es als Kompliment sehen) ich habe mich unterhalten gefühlt."

Danke!

Hallo crim,

ich weiß im Moment nicht so recht, wie ich es sagen soll.
Habe ja mächtig eins auf den "Detz" bekommen wegen" fishing vor Compliments".

Hab ja auch schon einiges - "erklärt" - was nur der Leser
auffinden oder spüren sollte.

Um so mehr freut mich dein "Statement"

Hi Bernd,


 Wink
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Ruth
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 43
Beiträge: 831
Wohnort: Monnem


Beitrag15.11.2012 19:12

von Ruth
Antworten mit Zitat

Hallo Ralf,

ich wollte eigentlich erst gar nicht kommentieren, aber jetzt habe ich den Text schon dreimal gelesen und tue es deshalb doch. Den Iren fand ich witzig, bin jetzt aber nach dem dritten Lesen zu dem Schluss gekommen, dass er nur im Kopf des Erzählers existiert und dieser Erzähler ihn loswerden will.
Warum diese Deutung?
Sobald ich die Augen geöffnet habe, steht dieser Typ neben mir.
Vorher schreibst du im Präsens. Über dieses "Sobald ..." bin ich gestolpert. Würde man, wenn hier keine Bedeutung versteckt wäre, es nicht einfach halten und sagen:
Ich öffne die Augen und dieser Typ steht neben mir?
Das "sobald" hört sich für mich an wie "und da ist er schon wieder". Und der verschwindet nur mit Psycho Tequila (den kannte ich übrigens noch nicht, und finde ihn ein symphatisches Gegengewicht, zum literaturwissenschaftlichen Bildungsteil des Textes).

Tja, so habe ich es verstanden. Wenn du es so nicht gemeint hast: Gefällt mir trotzdem smile

LG,
Ruth
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Ralf Langer
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 699
Wohnort: Gelsenkirchen


Beitrag18.11.2012 15:48

von Ralf Langer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Psycho Tequila
oder
eine Nacht zwischen den Zeilen


Es gibt kein allein sein.
Ich sitze an dieser Hotelbar. Halb im Freien, halb in der Lobby.
Überall Palmen. Karibische Gefilde. Sobald ich die Augen geöffnet habe, steht dieser Typ neben mir.
Trägt lässiges Khaki, schlaksige Figur, mit einem leichten Hang zur Magerkeit,
so das Hemd und Hose an ihm herumflattern wie eine Fahne im Wind.
Wir haben gerade angestoßen und blicken hinaus in die Nacht:
Meeresrauschen, Sternbilder, ansonsten keine Töne. Keine Blicke.
"Wenn Joyce nicht verrückt gewesen wäre",sagt er,"dann hätt` er wie Flann O'Brian geschrieben."
Er schüttet sich seinen Gin Tonic hinunter.
Die Eiswürfel zermalmt er mit den Zähnen. Fürchterliches Geräusch!
"Der hat den Nobelpreis doch nur bekommen,
weil die im Komitee nicht wußten, ob das der letzte Scheiß war, oder doch etwas anderes..."
Dieser Typ, Bloom, ist Ire, und ich weiß nicht, wie ich an ihn geraten bin. Wollte doch nur ganz in Ruhe meinen Verstand
an der Bar auslöschen. Trinken, bis ich die Wale singen höre.
"Die haben die falsche Entscheidung getroffen", unterbricht er mich. Er nickt.
"Klare Sache", fügt er hinzu und ordert neue Getränke.
Plötzlich steht da Tequila vor mir.
"Was ist mit Salz und Zitrone", frage ich.
"Ihr Deutschen seid ein seltsames Völkchen", sagt er und kichert.
"Eine Spirituose ist ein geistiges Getränk. Ihr trinkt doch auch keinen Weinbrand mit Zucker und 'nem Stück Kartoffel,oder?"
Also hinunter damit, und direkt zwei Neue hinterher.
"Und was ist mit Finneganns Wake?", frage ich.
"Ah, ein irischer Traum, oder vielmehr ,ein Albtraum, ein Babelsyndrom. Schätze Joyce hatte zuviel Jameson intus.
Du mußt wissen, wenn wir Iren zu viel getrunken haben, und wir trinken immer,
dann geraten uns die Worte und die Bilder im Kopf außer Kontrolle."
Bloom lacht, und wieder krachen die Eiswürfel.
"Da schreibt einer ein Buch über's Erwachen, und worum geht's?"
Er schaut mich flüchtig an. Ich sehe, daß er von mir keine Antwort erwartet, also schaue ich nur in die Luft und warte ab.
"Es geht um einen nicht enden wollenden Traum!"
Wieder eine kurze Kunstpause, und dann geht es auch schon weiter.
"Wir Iren sind schon ein seltsames Volk. Macht die Insellage,
und die Kartoffeln. 300 Jahre Kartoffeln als Beilage,
das hält kein Körper aus, ohne im Kopf ein bisschen weich zu werden. Ich glaub euer Kafka, der hatte auch nur Kartoffeln gemampft."
Ich nicke.
Das klang für mich alles ganz logisch. Das machte mir aber wiederum ein wenig Angst, also bestelle ich nochmal Tequila.
"Hörst du die Wale, Bloom?", frage ich ihn.
Interessiert ihn gar nicht.
"Und", sagt er, als hätte ich meinen Mund, nur um ihn zu halten,"die Russen, ach die Russen, nimm nur mal Raskolnikow..."
Also nehm ich Raskolnikow. Irgendwo in den tequiladurchweichten Zonen meines Zerebrallappens erwische ich ihn,
und ziehe ihn vor mein geistig trüb gewordenes Auge.
Ich sage etwas wie," Der erinnert mich an Castorp."
Raskolnikow in meinem Kopf findet das gar nicht lustig, er schreit mich an.
"Der Castorp", brüllt er in meinem Kopf,"der Castorp, war ein Hanswurst, verstand nichts von der Seele.
Ich aber, bin meinen Weg bis zu Ende gegangen. Punktum.Und Überhaupt, tausendfünfhundert Seiten Einleitung,
und als der Krieg beginnt, lässt uns der Dichter, grübelnd zurück. Ich wär losgezogen. Keine Frage..."
"Hast du auch diese Stimmen im Kopf, Bloom?", will ich wissen.
"Anatol", sagt er zu mir, " du mußt ruhiger werden!"
" Ich bin nicht Stiller", entgegne ich beleidigt."Ich hör schon wieder den Wal. Es ist ein Einzelgänger, das hör ich am Gesang!
Weiß ist er, und groß, und er wird uns zerschmettern!"
Schon hat uns der Kellner, der auf den Namen Queequeg hört, neue Tequila hingestellt.
"Hören sie mal", nuschelt er in gebrochenem Englisch," die Bar schließt gleich, wenn sie also noch ein Getränk heben möchten, dann..."
"Gib uns die ganze Flasche Tequila, und Zitrone und Salz, für Anatol, du Lump", brüllt Bloom. Dann wirft er die Hände in die Höhe
und flüstert, "Introibo ad altare dei."
Der Wal, jetzt höre ich ihn nicht nur, er erscheint leibhaftig.
"Ihr müsst nur die Laufrichtung ändern," blubbert es aus seinem Schlund.
Davon erzähl ich Bloom besser nichts. Also schütte ich einfach Tequila in unsere Gläser, und ignoriere den Wal.
"Pass mal auf," sagt Bloom,"ich hatte da mal einen Bekannten, der hieß Ulrich, war Österreicher. Alles in allem ein Mann ohne Eigenschaften.
Der hat mir seinerzeit beigebracht, wie man die Bilder in seinem Kopf los wird, wie alles verschwindet, bis auf das Blinde!"
Ich drehe mich zu ihm herum. Er wirkt plötzlich sehr ernst.
"Mach mir keine Angst, Bloom", sage ich."Um mich herum passiert schon genug!"
Er greift sich also die Flasche Tequila, schüttet nochmal nach, schneidet zwei saftige Stücke Zitrone ab,
nimmt den Salztreuer, schüttet zwei erkleckliche Häuflein davon vor uns auf den Tresen und drückt mir einen Strohhalm in die Hand.
"Und jetzt," frage ich.
"Jetzt ist Psycho-Tequila Zeit!"
Er legt den Kopf weit in den Nacken, hält sich mit der einen Hand das rechte Auge auf, während er mit der Anderen nach der Zitrone greift.
"So muß es sein", ruft er. Dann zerdrückt er die Zironenscheibe über seinem offenen Auge. Der Saft spritzt hinein. Sofort greift er zum Glas, kippt den Tequila hinunter,
nimmt laut fluchend, mit tränenden Augen den Strohhalm, steckt ihn in die Nase und saugt das Salz in einem Rutsch durch sie in seine Stirnhöhle.
"Jetzt du", kreischt er.
Der Wal neben mir schüttelt mit dem Kopf, Castorp und Raskalnikow wollen mich aufhalten. Aber ich bin schneller.
Ah, dieser Schmerz. Nichts ist mehr. Die Zitronensäure frisst sich in meine Bilder und das Salz kriecht durch die Nasenhöhle in mein Gehirn,
löscht dort alles was es findet.
Brechreiz. Ich übergebe mich zu meinen Füßen.
"Und, was ist", schnauft Bloom zu mir herüber.
"Nichts ist. Ich bin allein."
Dann Schlaf.
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Ralf Langer
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 699
Wohnort: Gelsenkirchen


Beitrag18.11.2012 15:50

von Ralf Langer
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Hallo,
ich hab versucht den Text neu zu formatieren.

Aber irgendwie will es nicht recht gelingen.
Woran liegt das.
Als Word Dokument auf meinem PC, sieht er einwandfrei aus

grübelnde Grüße
Ralf
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Stimmgabel
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Beiträge: 4370
Wohnort: vor allem da
Bronzener Sturmschaden Der goldene Spiegel - Lyrik (2)



Beitrag18.11.2012 17:42

von Stimmgabel
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-

_________________
Gabel im Mund / nicht so hastig...
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Ralf Langer
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 57
Beiträge: 699
Wohnort: Gelsenkirchen


Beitrag20.11.2012 11:37

von Ralf Langer
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Hallo Ruth,

Ja, das sobald ist ein verstecktes immer wieder.

Vielleicht gibt es ja einen Zusammenhang zwischen zwischen den genannten
Romanfiguren und dem Erzähler.

Danke für deinen Besuch.

Ralf
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