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Nayeli Irkalla
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 41
Beiträge: 1084
Wohnort: Ruhrgebiet
Extrem Süßes!


Beitrag10.10.2012 23:07
Kurz vor dem Abschied
von Nayeli Irkalla
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich zitterte, obwohl die Heizungen im LaPlace leise summten. Mein Tisch stand direkt neben der Glasfront des Cafés. Vermutlich lehnten die Architekten die Verwendung von doppeltem Isolierglas ab. Nur die kleinen, nicht einmal kniehohen Heizkörper an der Fensterfront bewahrten mich vor der Außenkälte.

Die Bänke aus imitierten Marmor über den Heizungen schimmerten. Offensichtlich hatte einer der Mitarbeiter die versteckten Ecken hinter den Pflanzenkübeln poliert. Eine derartige Sorgfalt gefiel mir. Ob der unbekannte Fensterputzer wohl Lust hatte, Dženeta und mir einen Besuch abzustatten? Meine Mitbewohnerin kümmerte sich nie um schmutzige Fenster und ich hatte wegen des Studiums keine Zeit dafür.

Mein Jasmintee schmeckte nicht. Ich hätte es besser wissen müssen. In einem Yuppie-Lokal konnte man tausend Kaffeespezialitäten bestellen, aber der Tee war von der Stange. Die wenigen Blüten im Teesieb reichten nicht aus, um grüne Blätter in Jasmintee zu verwandeln. Meiner Ansicht nach hatte der Hersteller ein chemisches Aromakonzentrat über die Teeblätter gegossen. Es reichte sicherlich, um ungeübte Nasen zu täuschen, aber es kreierte keinen Jasmintee. Das hier war nur ein heißes Getränk mit langsam wirkendem Koffein.

Der ständige Luftzug vom Eingang bohrte sich über meine Nasenspitze direkt durch die Nasenflügel bis in meine Lunge. Vielleicht hätte ich doch heiße Schokolade bestellen sollen. Bei diesem Wetter brauchte man so etwas, schön heiß, mit Schlagsahne und Schokostreuseln. Doch ein Kakao wäre für dieses Treffen nicht das geeignete Getränk. Er stand für Geborgenheit, Kuscheln, Seele und Herz, für das prasselnde Kaminfeuer in der Eigentumswohnung mit dem Geliebten und für den stillen Moment des Händchenhaltens. So etwas würde ich mit Jason nicht mehr erleben.

Außerdem war Kakao mit Schlagsahne eine tödliche Fett- und Kalorienbombe.

Ich griff nach der Zuckerdose auf dem Tisch. Vielleicht gewann der sogenannte Jasmintee durch die Süße an Geschmack. Die Wärme reichte nicht aus, um das Kältezittern aus meinen Fingern zu vertreiben.

Da vorne, das war er. Jason. Mein künftiger Ex-Freund. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr und schaute dann wieder zu ihm. Drei Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt, nicht schlecht. Das bewies Stil, auch wenn ich diesen Gedanken schnell verscheuchte. Zu frühes Ankommen war meine Marotte, zu spätes Erscheinen eine weitverbreitete Rücksichtslosigkeit unter Freunden. Minutengenaue Pünktlichkeit war elegant und stilvoll. Warum gelang ihm diese Eleganz ausgerechnet heute? Ich hatte schon so oft auf Jason gewartet, dass ich mich daran gewöhnt hatte. Diese Gedankenlosigkeit gehörte zu ihm.

Noch hatte er mich nicht erblickt. Er suchte im falschen Teil des Cafés nach mir. Sorgfältig überprüfte er die Ecken, in denen ich mich sonst immer verschanzte. Normalerweise hasste ich es, wenn Leute in meinem Rücken entlanggingen. Doch heute war kein normaler Tag. Heute war... der Tag X.

Was für einen Wahnsinn hatte ich mir für diesen Tag vorgenommen?

Ich kannte seinen Rücken, seine Bewegungen, die im Angesicht fremder Menschen zu steif und aufrecht waren. Jason war stets bereit, distanzlose Passanten mit einem Blick wieder auf Abstand zu bringen. Jetzt hatte er mich gesehen. Jason betrachtete die Welt stets so, als ob sie ein schmutziges Geheimnis verbarg. Ein Geheimnis, das bei der richtigen Betrachtungsweise süß wurde, wie sein Zwinkern zu mir andeutete. Früher hatte ich ihn dafür geliebt.

„Alles klar, Mica?“, begrüßte er mich und musterte mein Gesicht. Beim Begrüßungskuss hielt er inne. Spürte auch Jason die Wand, die uns seit Wochen auseinander schob?

In diesem Augenblick wurde sein Lächeln unendlich kostbar.

„Die Uni läuft gut“, antwortete ich und schaute an seinen Augen vorbei. Jasons Ohren waren schmal. Keine Spitzen wie bei einem Vulkanier, einfach nur schmale Ohren mit fleischiger Ohrmuschel und einem feinen, fast durchschimmernden Ohrläppchen, das an der linken Seite mit vier Silberkreolen geschmückt war. Die schwarze Tolle über der Stirn hatte an einer Stelle zu viel Gel abbekommen. Wie immer schaute ich, ob ich den hellbraunen Haaransatz an seiner Stirn erkennen konnte, aber anscheinend hatte er am letzten Sonntag wieder nachgefärbt.

„Was willst du trinken?“, fragte ich. Das Schweigen zerrte an meinen Nerven.

„Was hast du denn?“ Jason hielt die Karte fest und öffnete sie nicht. Sein Blick lag auf meinen um das Glas gefalteten Händen. Die Nägel waren abgekaut, fast bis hinunter aufs Fleisch. Ich schämte mich. Seine Neckerei über das Nägelkauen hatte unserer Beziehung den ersten schweren Schlag versetzt. Natürlich war es nicht normal, beim Sex an den Fingernägeln herumzubeißen. Doch er hätte es Dženeta und Marie nicht erzählen dürfen.

„Ich trinke grünen Jasmintee. Aber der ist nicht besonders gut.“

„Ja... Vielleicht nehme ich eine heiße Schokolade.“

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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3761



Beitrag11.10.2012 01:20

von Nordlicht
Antworten mit Zitat

Das liest sich irgendwie ziemlich steif und gestelzt, leblos, wobei die Prota (mir) eher unsympathisch rüberkommt - das mit der nicht putzenden Mitbewohnerin vs Prota, die Studierte, dann das mit dem Pseudojasmintee, der Dummbrote täuschen mag, aber nicht die teekennende Prota, das mit der Kakaokalorienbombe, die rücksichtslosen Freunde ... wirkt ziemlich zickig, die Gute Laughing
Protas müssen ja nicht alle sympathisch sein, aber da mich auch weder die Schreibe noch der Inhalt in den Text zieht, ist sie so ein zusätzliches Handicap wink

Die ersten Absätze wirken ein wenig zusammenhangslos, im Grunde hättest du mit jedem der vier anfangen können, ohne das man die andern vermissen würde. Mehr show, mehr wirkliches Gefühl würde den Text mA nach verbessern - näher ran an die Prota. Zudem das Ausjäten unter nichtssagenden Textstellen: Fensterputzer, Marmorbankputzer, Pseudojasmintee, Vulkanierohrläppchen - das ist zu viel überflüssiges tell, das mich als Leserin nicht weiter interessiert, da es mit der Story anscheinend nichts zu tun hat und mich bloß noch mehr vom kaum wahrnehmbaren Geschehen distanziert.

Sorry, find ich nicht so den Renner.


_________________
If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
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Mr. Curiosity
Exposéadler

Alter: 35
Beiträge: 2545
Wohnort: Köln
Der goldene Käfig


Beitrag11.10.2012 01:31

von Mr. Curiosity
Antworten mit Zitat

Hallo,

möchte dir erstmal nur meinen Leseeindruck nach den ersten paar Sätzen mitteilen und warum ich da ausstieg.
Zitat:

Ich zitterte, obwohl die Heizungen im LaPlace leise summten. Mein Tisch stand direkt neben der Glasfront des Cafés. Vermutlich lehnten die Architekten die Verwendung von doppeltem Isolierglas ab. Nur die kleinen, nicht einmal kniehohen Heizkörper an der Fensterfront bewahrten mich vor der Außenkälte.


Der erste Satz ist schon schief, weil er in der Konstellation so wirkt, als bestünde ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Inhalt des Haupt- und des Nebensatzes. Den kann es aber gar nicht geben, weil hier zwei verschiedene Sinneseindrücke angesprochen werden.
Ihre Überlegungen zur Art des verwendeten Glases interessieren mich an dieser Stelle nicht. Und ja, danach wiederholst du noch einmal das, was du ohnehin schon sagtest.

Danach geht es weiter belanglos über das Innendesign. Da war ich bereits ausgestiegen. Der Anfang einer Geschichte ist wie eine Werbefläche. Wenn du auf diese Art anfängst, habe ich den Eindruck, du hättest nichts zu erzählen und dann habe ich keine Lust, weiterzulesen. Tut mir leid.

LG David


_________________


"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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Harald
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant

Alter: 76
Beiträge: 5132
Wohnort: Schlüchtern


Beitrag11.10.2012 09:18
Re: Kurz vor dem Abschied
von Harald
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich finde, du gibst dir alle Mühe, anders zu schreiben als alle anderen, eigenständig, einen eigenen Stil zu kreieren - und schießt dabei über das Ziel hinaus ...

Mir kommt das vor wie ein Maler, der mit dünnem Bleistift eine Skizze anfertigt  und das fragile Gebilde dann mit zu viel Farbe zuklatscht, anstatt mit feinen Pinselstrichen mit wenig Farbe dem Bild Tiefe zu geben.

Logikfehler >>

Nayeli Irkalla hat Folgendes geschrieben:

Der ständige Luftzug vom Eingang bohrte sich über meine Nasenspitze direkt durch die Nasenflügel bis in meine Lunge.


Ein ständiger Luftzug wird als solcher mit der Haut als unangenehm wahrgenommen und  bohrt sich nicht in die Lunge, das kann man bei deutlichen  Minustemperaturen schreiben

Nayeli Irkalla hat Folgendes geschrieben:
Beim Begrüßungskuss hielt er inne. Spürte auch Jason die Wand, die uns seit Wochen auseinander schob?



Dies Beschreibung hakt irgendwie, ergibt kein Bild, eine Wand baut sich auf, schiebt sich zwischen zwei Menschen, schiebt nicht auseinander, da sagt das Kopfkino "nee, is nich!"

Ich würde auch sagen, weniger ist hier mehr, stelle die Farbeimer weg, nimm die Farbpalette und den feinen Pinsel ...

 Wink


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Liebe Grüße vom Dichter, Denker, Taxi- Lenker

Harald

Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste!
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KeTam
Geschlecht:weiblichUngeduld

Alter: 49
Beiträge: 4952

Das goldene Gleis Ei 1
Ei 10 Ei 8
Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag11.10.2012 09:59

von KeTam
Antworten mit Zitat

Hallo Nayeli,

ich kann mich meinen Vorpostern nicht anschließen.
Dein Text ist zwar sehr distanziert, es werden viele Dinge beschrieben. Aber bei mir eintsteht als Leseeindruck dabei eine kalte
(innerlich wie äußerlich) Atmosphäre.
Deine Protagonistin beobachtet so, als ob sie sich selbst von ihren Gefühlen distanziert, um sich zu schützen.
So kommt es zumindest bei mir an.
Auf mich wirkt deine Protagonistin nicht unsympathisch, eher seltsam.
Ich frage mich, was mit ihr los ist und will wissen, wie es weiter geht.

Einzig diese Sätze haben mich kurz raus gerissen.

"Heute war... der Tag X.

Was für einen Wahnsinn hatte ich mir für diesen Tag vorgenommen?"

Das ist für mich ein Bruch in der Stimmung, in der ich deine Protagonistin sehe. Vorher ist da diese kühle Distanz und dann kommen diese beiden Sätze, die für mich so was wie Nervosität oder Aufregung ausdrücken.
Ich hoffe, du weißt, was ich damit meine.

Fazit: Ich würde weiter lesen, gerade wegen der distanzierten Atmosphäre, die dein Text für mich besitzt. Diese macht mich neugierig.

Lg, KeTam.
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Isa
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 153
Wohnort: München


Beitrag11.10.2012 10:30

von Isa
Antworten mit Zitat

Hi!

Ich möchte auch gerne wissen, wie es weitergeht. Gefällt mir.

Das würde ich streichen:
Zitat:
Vermutlich lehnten die Architekten die Verwendung von doppeltem Isolierglas ab. Nur die kleinen, nicht einmal kniehohen Heizkörper an der Fensterfront bewahrten mich vor der Außenkälte.



Zitat:
Ob der unbekannte Fensterputzer wohl Lust hatte, Dženeta und mir einen Besuch abzustatten? Meine Mitbewohnerin kümmerte sich nie um schmutzige Fenster und ich hatte wegen des Studiums keine Zeit dafür.



..  und das Jasmin-Thema würde ich etwas straffen, aber schon gut, denn hier führst du zu den „Eigenarten“ der Protagonistin  hin. Und Eigenarten hat sie jede Menge und das ist ja das Interessante an ihr – im Gegensatz zu Jason, der wahrscheinlich ein „Normalo“ ist....

LG, Isa
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Nayeli Irkalla
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 41
Beiträge: 1084
Wohnort: Ruhrgebiet
Extrem Süßes!


Beitrag11.10.2012 10:57

von Nayeli Irkalla
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wow, so viel Feedback in so kurzer Zeit! Vielen Dank dafür, ihr habt mir viele gute Ansätze für die Weiterarbeit gegeben...

Ich werde den Text anhand eurer Hinweise zu überarbeiten versuchen und im Laufe des Tages auf die Einzelheiten von dem eingehen, was ihr gesagt habt. Vielen Dank erst mal!
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Antago
Eselsohr
A


Beiträge: 299



A
Beitrag11.10.2012 12:34

von Antago
Antworten mit Zitat

Hallo!

Also, die Logikfehler ... naja, darüber wurde ja schon geschrieben. Ich verstehe auch nicht, einerseits will die Protagonistin keinen Kakao trinken, weil er eine tödliche Kalorienbombe darstellt. Im selben Atemzug greift sie dann zur Zuckerdose ...

Überhaupt sind die ersten Absätze so beliebig, dass die Reihenfolge egal ist, und die Sache mit dem Jasmintee ... ich war echt von den Gedankengängen der Protagonistin genervt. Tee, Tee, Tee. Ich will wissen, worum es eigentlich geht, stattdessen wird andauernd auf diesen blöden Tee eingegangen.

Naja. Ansonsten kommt die Protagonistin recht unterkühlt  und selbstbeherrscht rüber (wenn das so sein soll, ist es sehr gelungen, und das mit den Fingernägeln ist dafür ein toller Einfall), nur passt dazu dann der Satz mit dem "Wahnsinn" und dem "Tag X" nicht dazu.

Insgesamt gesehen ein recht leblos wirkender Text, was aber der Situation gut zupass kommt. Sofern man sich dazu überwindet - und ich musste mich überwinden - nach den ersten vier, fünf Absätzen nicht mit dem Lesen aufzuhören.
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Nayeli Irkalla
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 41
Beiträge: 1084
Wohnort: Ruhrgebiet
Extrem Süßes!


Beitrag11.10.2012 12:41

von Nayeli Irkalla
pdf-Datei Antworten mit Zitat

So, dann mach ich mich mal an die Arbeit.

Nordlicht
Zitat:
Die ersten Absätze wirken ein wenig zusammenhangslos, im Grunde hättest du mit jedem der vier anfangen können, ohne das man die andern vermissen würde.


Wie Recht du hast... Danke für diesen Blick von außen. Ich habe mir das Lokal vorher genau ausgemalt und dann versucht, es aus der Sicht von Mica anhand von Details zu beschreiben. Aber weniger ist bei Beschreibungen ja tatsächlich mehr.

Das werde ich auf jeden Fall kürzen.

Zitat:
Mehr show, mehr wirkliches Gefühl würde den Text mA nach verbessern - näher ran an die Prota.


Über die Umsetzung davon werde ich nachdenken müssen. Das Problem ist, dass die Prota sich tatsächlich sehr von ihren Gefühlen distanziert. Der Grund dafür ist einer der Schlüsselkonflikte für die ganze dranhängende Story, ich kann sie jetzt in der Szene also nicht auf einmal super emotional agieren lassen...

Ihre teils übertriebene Selbstkontrolle wollte ich auch mit den Überlegungen zum Putzen und zu den Kalorien im Kakao deutlich machen, und die Kälte im Raum ist auch ein Indiz für die Kälte in ihrem Innern.

Nur: Ich kann als Autorin noch so tolle Hintergedanken haben - wenn sie beim Leser nicht rüberkommen, habe ich meinen Job falsch gemacht.

Ich werde mir selbst Gedanken zu einer Anpassung der Textstellen machen - über Ideen und Anregungen von euch freue ich mich aber auch sehr, weil ich an der Stelle selbst grad noch nicht weiterkomme.


Zitat:
Zudem das Ausjäten unter nichtssagenden Textstellen: Fensterputzer, Marmorbankputzer, Pseudojasmintee, Vulkanierohrläppchen - das ist zu viel überflüssiges tell, das mich als Leserin nicht weiter interessiert, da es mit der Story anscheinend nichts zu tun hat und mich bloß noch mehr vom kaum wahrnehmbaren Geschehen distanziert.


Ertappt. Derartiges Tell habe ich mir als Kolumnistin angewöhnt, wo es eben genau um Satire, leichte Distanz zum Inhalt geht und ich dieses Feeling mit derartigen Formulierungen oder Bildern aufbaue. Anscheinend habe ich unbewusst die innere Distanziertheit der Prota zu ihren eigenen Gefühlen mit genau den gleichen Stilmitteln darstellen wollen - aber hier passen sie tatsächlich nicht unbedingt.

Tja. Muss ich überdenken.

Mr. Curiosity
Zitat:
Ich zitterte, obwohl die Heizungen im LaPlace leise summten

Zitat:
Der erste Satz ist schon schief, weil er in der Konstellation so wirkt, als bestünde ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Inhalt des Haupt- und des Nebensatzes. Den kann es aber gar nicht geben, weil hier zwei verschiedene Sinneseindrücke angesprochen werden.


Wird mir nicht ganz klar... Oder meinst du den Unterschied zwischen dem Sinneseindruck "hören" und "frieren"? Der Kausalzusammenhang für "frieren trotz Heizung" ist ja an und für sich gegeben.

Harald
Zitat:
ich finde, du gibst dir alle Mühe, anders zu schreiben als alle anderen, eigenständig, einen eigenen Stil zu kreieren - und schießt dabei über das Ziel hinaus ...

Mir kommt das vor wie ein Maler, der mit dünnem Bleistift eine Skizze anfertigt und das fragile Gebilde dann mit zu viel Farbe zuklatscht, anstatt mit feinen Pinselstrichen mit wenig Farbe dem Bild Tiefe zu geben.


Ertappt

Ich fürchte, ich habe mir hier gar keine "besondere Mühe" gegeben, sondern bin einfach (wie oben schon beschrieben) wieder in den Schreibstil gerutscht, den ich bei meinen Kolumnen nutze. Denn anscheinend bin ich noch nicht so geübt darin, die Distanziertheit aus Angst vor der manchmal zu großen Intensität der eigenen Gefühle von Mica auch weniger plakativ darzustellen. Ich werde bei der nächsten Überarbeitung, wenn ich das alles ein bisschen habe sacken lassen, bei jedem Satz mir innerlich vorstellen, ich würde einen Aquarellpinsel in der Hand halten. Vielleicht hilft das ja.

Für weitere Ideen oder Tipps dazu bin ich dankbar!

Den Hinweis mit dem Logikfehler greife ich gerne auf und werde das sofort anpassen. Und das Bild mit der Wand... Ich hatte selbst das Gefühl, dass es nicht ganz stimmte, aber man ist bei seinen eigenen Texten ja oft zu nahe dran. Danke auch für diesen Hinweis wink.

KeTam
Zitat:
Dein Text ist zwar sehr distanziert, es werden viele Dinge beschrieben. Aber bei mir eintsteht als Leseeindruck dabei eine kalte
(innerlich wie äußerlich) Atmosphäre.
Deine Protagonistin beobachtet so, als ob sie sich selbst von ihren Gefühlen distanziert, um sich zu schützen.
So kommt es zumindest bei mir an.


Diese kalte Atmosphäre war durchaus das Ziel... Kurz vor einer Trennung ist man nicht unbedingt super glücklich oder in einem heftig emotionalen Zustand. Man versucht eher, sich zu sammeln.

Dennoch werde ich die Einwände der weiter oben stehenden Poster ernst nehmen. Wenn die kühle und distanzierte Atmosphäre zu Lasten der Sympathie für die Prota führt, dann habe ich irgendetwas noch nicht ganz richtig gemacht.

Zitat:
"Heute war... der Tag X.

Was für einen Wahnsinn hatte ich mir für diesen Tag vorgenommen?"

Das ist für mich ein Bruch in der Stimmung, in der ich deine Protagonistin sehe. Vorher ist da diese kühle Distanz und dann kommen diese beiden Sätze, die für mich so was wie Nervosität oder Aufregung ausdrücken.
Ich hoffe, du weißt, was ich damit meine.


Meine Absicht mit der Passage war natürlich, den Leser daran teilhaben zu lassen, wie nervös sie hinter ihrer bemüht kühlen Fassade ist. Das ist auch wichtig für den Langzeit-Plot, weil der tatsächliche Grund für die Trennung hier nicht verraten ist und eines der Schlüsselgeheimnisse für den Plot ist.

Wenn es jedoch als Bruch rüber kommt, habe ich es vermutlich literarisch auch noch nicht gut genug eingearbeitet. Ich werde mir die Stelle für die Überarbeitung ebenfalls noch einmal besonders markieren. Danke auch hier für den Blick von außen.

Zitat:
Auf mich wirkt deine Protagonistin nicht unsympathisch, eher seltsam.


Das ist sie wohl auch... Aber ein bisschen Sympathie sollte sie ja doch in der Eröffnungsequenz der Geschichte bei allen Lesern wecken. Ich werde schauen, wie ich das hinbekomme.

Isa
Zitat:
Das würde ich streichen:
Zitat:
Vermutlich lehnten die Architekten die Verwendung von doppeltem Isolierglas ab. Nur die kleinen, nicht einmal kniehohen Heizkörper an der Fensterfront bewahrten mich vor der Außenkälte.

Zitat:
Ob der unbekannte Fensterputzer wohl Lust hatte, Dženeta und mir einen Besuch abzustatten? Meine Mitbewohnerin kümmerte sich nie um schmutzige Fenster und ich hatte wegen des Studiums keine Zeit dafür.


.. und das Jasmin-Thema würde ich etwas straffen, aber schon gut, denn hier führst du zu den „Eigenarten“ der Protagonistin hin. Und Eigenarten hat sie jede Menge und das ist ja das Interessante an ihr


Ich glaube, ich werde die ganze Eröffnungsbeschreibung auf den Jasmintee zusammenstreichen. Jasmintee vs. Kakao. Jasmintee trinkt sie später im Buch auch noch oft mit ihrer Mitbewohnerin, Kakao symbolisiert etwas, was sie nicht haben kann... Und wenn die Eröffnungssequenz dann eine einzige Beschreibung eines konkreten "Etwas" beinhaltet, nämlich des Jasmintees, dann wirkt sie nicht mehr so "zerfasert" und zwei "Unsympathiepunkte" (Putzfimmel, Mitbewohnerin ist unordentlich) fallen schon mal weg.

Antago
Zitat:
Ich verstehe auch nicht, einerseits will die Protagonistin keinen Kakao trinken, weil er eine tödliche Kalorienbombe darstellt. Im selben Atemzug greift sie dann zur Zuckerdose ...


Stimmt. Ich hatte überlegt, dass sie sich nach irgendwas Süßem zur Beruhigung sehnt, sich aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen dafür macht... Aber das ist vielleicht zu viel Hin und Her für eine Stelle so früh im Text. Später im Manuskript wird ihr gestörtes Verhältnis zum Essen an anderen Stellen noch früh genug deutlich.

Zitat:
Überhaupt sind die ersten Absätze so beliebig, dass die Reihenfolge egal ist, und die Sache mit dem Jasmintee ... ich war echt von den Gedankengängen der Protagonistin genervt. Tee, Tee, Tee. Ich will wissen, worum es eigentlich geht, stattdessen wird andauernd auf diesen blöden Tee eingegangen.


Ich werde die Absätze so zusammenstreichen, dass am Anfang nur noch der Tee steht. Der sagt dann auch, worum es geht: Sie sehnt sich nach etwas Echtem. Etwas, was die Kälte aus ihrem Innern vertreibt. Doch sie kann sich diese Gedanken nur indirekt erlauben, indem sie sie auf den Tee projiziert. Und nachdem dann diese Vorüberlegungen anhand des Tees gezeigt wurden, kann ich direkt in die Szene springen. Der ganze Rest zur Umgebung ist dann wohl (vorerst) überflüssig.

Zitat:
Naja. Ansonsten kommt die Protagonistin recht unterkühlt und selbstbeherrscht rüber (wenn das so sein soll, ist es sehr gelungen, und das mit den Fingernägeln ist dafür ein toller Einfall), nur passt dazu dann der Satz mit dem "Wahnsinn" und dem "Tag X" nicht dazu.


Ja, diesen Bruch muss ich unbedingt rausbringen. Er passt nicht. Ich weiß nur noch nicht, wie ich stattdessen deutlich machen soll, dass sie eben durchaus emotional involviert ist und ihre Gleichgültigkeit nur eine Fassade ist, die sie lange kultiviert hat. Denn das ist nachher auch das zentrale Thema des dranhängenden Manuskriptes. In der Eröffnungssequenz soll die Figur ja erst mal vorgestellt und charakterisiert werden.

***

Danke noch mal insgesamt für euer Feedback - und für weitere Ideen und Tipps bin ich ebenfalls dankbar.
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