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Rübenach Exposéadler
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Beiträge: 2837
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Aranka Bücherwurm
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Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 24.09.2012 15:33
von Aranka
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Hallo Rübenach,
habe gerade dein Gedicht gelesen und die kleine Szene die du zeigst und die Gedanken des LI haben mich gleich erreicht.
Zitat: | Wir lagen im Gras
Über uns der blaue Himmel
Wiesenblumen ringsherum, |
Mir fiel gleich im Titel schon die Vergangenheit auf, die mir so etwas wie: „es ist vorbei“ signalisierte. Und ich war gespannt, welche Tonlage mich nun im Text erwartet. Aber es gab ein WIR. So steige ich in die Zeilen ein.
Und da wird mir zu erst ein fast romantisches Bild gezeichnet:blauer Himmel / Wiesenblumen ringsherum. Der Ton ist jedoch recht sachlich, der Ort wird lediglich benannt und skizziert.
Zitat: | und sie
zeigte mir
ihre Angst,
ihre Träume und
ihre Tränen.
Wir lagen im Gras.
Sie zeigte mir
ihre Wunden und
ihre Hoffnung.
Sie zeigte
sich. |
Nun sehe ich das LD mit den Augen des LI. Und ich erfahre, das dieses LD sich öffnet, seine tiefsten Gefühle zeigt. Der Text teilt dies zwar überwiegend auf einer abstrakt begrifflichen Ebene mit, lediglich die Tränen kann ich sehen und sie könnten für Freude und Traurigkeit stehen, auf jeden Fall für tiefe bewegte Gefühle. Angst/Träume/Wunden/Hoffnung bleibt erst einmal ein wenig farb- und bildlos. Hier spricht der Text meinen Kopf an und der füllt die Begriffe.
Bemerkenswert ist das Verb: „zeigen“. Es steht ja auch im Gegensatz zu den Worten des LI. Ich als Leser sehe den Himmel, die Wiese, die zwei Menschen, die Tränen und in diesen Tränen nun zeigen sich vielleicht die Angst und auch die Hoffnung.
Interessant am Aufbau ist auch die Wiederholung des Titels genau in der Textmitte. Hier finden wir dann wieder dieses WIR, während in allen anderen Zeilen einmal das LD gesehen wird und am Schluss das LI. Immer beide getrennt. Der Ton ist auch im Mittelteil eher betrachtend, fast nüchtern feststellend. Die Textfigur zeigt einen Bauch, das mag ja Zufall sein, weiß ich nicht, aber auch die Zeilenbrüche sind so gewählt, das der Zeilenbeginn immer sie/ihre/sich und nur in der Mitte WIR ist. Das finde ich schon bezeichnend. Denn mir scheint trotz der Zeile „wir lagen im Gras“ ein Isolietheit da zu sein. Der Textbauch fällt dann am Ende auch wieder zusammen in ein „SICH“. Könnte für „jeder für sich“ da stehen.
Zitat: | Doch meine Antwort
selbst im Schweigen
nur Worte. |
Hier beginnt der Schlussakkord dann auch mit einem „doch“. Es ist aber nicht jenes „dennoch“, wohin sich ein Gedicht so gerne, selbst bei dunkler Weltsicht hin aufschwingt, hier ist es umgekehrt.
Trotz Himmel und Blumenwiese, hier ist es ein „jedoch“, was eher herunterfällt aus diesem Himmel.
Das „nur“ zeigt, wie gering das LI selbst hier seine Antwort einschätzt. Diese letzten Zeilen nehmen eine für mich eindeutige Wertung vor und machen auch die Vergangenheitsform nachvollziehbar. Es ist nicht nur Vergangenheit, weil es ein Rückblick ist, bei mir klingt auch zum Schluss ein „VORBEI“ an. Sonst könnte ja die letzte Zeile auch lauten. Wir liegen im Gras.
Du stößt hier mit ganz wenigen Worten viele Gedanken an und sie sind nicht realitätsfern. Könntest aus meiner Sicht sogar auf das „DOCH“ verzichten. Die Aussage wäre dennoch klar. Fände es vielleicht sogar besser. Würde den Leser nicht gleich mit der Nase drauf stubsen. „meine Antwort/ selbst im Schweigen / nur Worte“. Ließe dem Leser wenigstens bis zur letzten Zeile noch eine Schwebe im Gedankengang.
Ich habe nur mal aus „Spiellust“ den Schluss ein wenig geändert und die beiden wertenden Wörtchen „doch“ und „nur“ mal weggelassen. Dann erhielte der Text ein wenig mehr Offenheit.
Meine Antwort/ selbst im Schweigen / Worte
Man könnte ihn dann in zwei Richtungen deuten. Es bliebe dann dem Leser überlassen, ob er den Titel stark in seine Deutung als Vergangenheit mitliest, oder ob es deutet: sich verstehen im Schweigen, als eine Antwort auf die Offenheit des LD. Dann wäre der Leser vielleicht sogar geneigt, die letzte Zeile für sich zu ergänzen: Wir liegen im Gras.
Ich finde es ist ein Text, der durch seinen konzentrierte Aufbau besticht, der im Textaufbau eine Menge Gedanken öffnet. Mir wird er im Schluss zu eindeutig.
Aber das ist einfach eine ganz persönliche Ansicht. Ich habe dein Gedicht mit Interesse gelesen und mich gerne auf deine Gedanken eingelassen.
Liebe Grüße. Aranka
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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25.09.2012 00:06
von Schmierfink
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Hey Rübbenach,
ich finde schon auch, da liegt was hinter dem Text, man kann sich nicht abwenden. Finde aber, er könnte noch packender werden, glaube durch Kürzung. Dem sehr knappen romantisierenden Einstieg, steht ein im Bezug, langer Mittelteil gegenüber. Wünschte mir für diesen Teil, eine ähnliche Knappheit, wie auch am Schluss. Die gehäufte Kombi von Angst, Tränen, Hoffnung, Träume ist mir persönlich zu Klischeebeladen und over the top, kann man das nicht anders sagen, greifender und brachialer?
Vielleicht sogar nicht mehr, als:
sie zeigte mir sich
oder jetzt denk ich mal mir irgendein Zeug aus, kannst und darfst du auch fürchterlich finden:
sie zeigte mir
sich
und ihren Anfang
von Verschleiß,
hinter dem Gesicht eines Mädchens
die dunklen Stellen im Licht.
Keine Ahnung, aber halt so in der Richtung, denke der Text wäre weit eindrucksvoller hättest du Umschreibungen, statt eben nur Worten. Möglichst sachliche Umschreibungen in nüchternem Ton, denke ich, wären wohl am wirkmächtigsten.
Aranka Vorschlag für den Schluss empfinde ich übrigens als gelungen.
An sich shcöner Text, nur die Mitte, mag meine alleinige Meinung sein, würde ich so nicht lassen.
lg
Schmierfink
_________________ "Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles seine Bemerkungen."
Heinrich Heine
"Ich gebe Zeichen von mir, Signale . . . Ich schreie aus Angst, ich singe im Dschungel der Unsagbarkeiten"
Max Frisch
"Die Leute gehen ins Feuer, wenn's von einer brennenden Punschbowle kommt!"
Georg Büchner |
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Nina Dichterin
Beiträge: 4948 Wohnort: Berlin
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26.09.2012 12:27 Re: Wir lagen im Gras von Nina
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Lieber Rübenach,
da komme ich ja gar nicht umhin zu singen, wenn ich den Titel lese. "Wir lagen träumend im Gras, die Köpfe voll verrückter Ideen" ... Ist sicher eine Anspielung, oder? Gefällt mir sehr! Gute Idee!
Schöner Titel, schöner Auftakt und auch die erste Strophe wirkt so leicht und freudig und führt den Titel weiter bzw. baut das "aufgemachte setting" weiter aus. "Eigentlich" sieht ja alles gut aus. Blauer Himmel, zwei, die im Gras liegen. rundherum Blumen. Es könnte so einfach sein, ist es aber nicht ... (um auch hier mal mit einem Song zu antworten ...)
Was mir optisch / visuell auch gefällt ist, dass Du hier das Setting so gesetzt hast, als wäre es der Himmel über den Beiden. Vielleicht klingt das jetzt seltsam, aber ich lese hier nicht nur von Zweien, die unter dem (sonnigen) Himmel, auf einer Wiese liegen, sondern ich sehe es auch visuell so umgesetzt. Schön!
Dann gehts in medias res und auch das hast Du m.E. visuell sehr schön umgesetzt. Hier sind zwei, die sich nahe sind, die sich annähern (wollen) und das ist auch im Text sichtbar.
"Sie", also das Lyrische Du, macht sich auf den Weg zum Lyrischen Ich. Öffnet sich, zeigt sich. Mit dem, was sie ist und ausmacht.
"Er", also das Lyrische Ich möchte vielleicht dasselbe tun, ... doch er kann es nicht. Es geht nicht. Zwar kann er etwas geben, und zwar Worte, ... aber eben nur Worte. Nicht mehr. Und auch im Schweigen nicht mehr, obwohl doch gerade im Schweigen sich Gefühle zeigen (können). Es geht nicht. Da kommen zwei sich nicht so nahe, wie sie es vielleicht wollen.
Sehr schönes, trauriges Gedicht. Das Lyrische Ich ist Betrachter und bleibt es (hier). Ich würde am Gedichts nichts ändern. Sprache, Bilder und Form gefallen mir sehr, sehr.
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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lilli.vostry Wortschmiedin
Beiträge: 1219 Wohnort: Dresden
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26.09.2012 20:58 aw:wirlagenimgras von lilli.vostry
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Hallo Rübenach,
ich mag auch gern Poesie in einfacher klarer Sprache, sofern da eine ganz eigene persönliche Stimmung sich einstellt.
Das sehe ich aber in diesem Gedicht leider nicht, nur eine Häufung sehr direkter sehr plakativer Begriffe.
Da wirkt es fast unfreiwillig komisch, wenn das LDU ihm ihre "Wunden und Hoffnung" zeigt... Dass da nicht unbedingt romantische Gefühle aufkommen, selbst wenn es anders gemeint ist, ist leicht nachzuvollziehen.
Hat mir weniger gefallen.
Lilli
_________________ Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver |
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Rübenach Exposéadler
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Beiträge: 2837
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