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madrilena
Klammeraffe

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Beitrag18.09.2012 11:57

von madrilena
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Hallo firstoffertio - wenn Du auch der erste meiner Leser bist, der den Text "ermüdend" findet, Dein Vorschlag ist gut. Ich werde es ausprobieren. Danke.
LG madrilena


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Bücher im Alkyon Irmgard Keil Verlag/Marbach "Schatten umarmen" Kranichsteiner Literaturverlag.
1. "den Himmel mit Händen fassen" ISBN
10:3934136303
2. "Schatten umarmen ISBN 10:3929265133
3. "...und die Zeit stand still" ISBN 10: 3934136311
4."leben" ISBN 10:3934136656
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madrilena
Klammeraffe

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Beitrag18.09.2012 17:32

von madrilena
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Nochmals  hallo firstoffertio - ich glaube, Du hast mir eine ganz tolle Idee gegeben, ich schreibe eben einige Kapitel um, und sie werden viel lebendiger. Nochmals vielen Dank. Genau solche Vorschläge sind der Grund, warum ich dieses DSF so mag - man bekommt Ideen, auf die man selbst - komischerweise - nicht gekommen ist - es findet einfach  ein Gedankenaustausch statt, der anregt.
LG madrilena


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firstoffertio
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Beitrag18.09.2012 22:13

von firstoffertio
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Hallo Madrilena,

ich freue mich, dass ich eine andere Möglichkeit anregen konnte. Es war so eine Idee, und ob es wirklich verbessert, wirst du sehen. Und was andere dazu meinen auch, wenn du's mal umgeschrieben einstellst. Ich warte da nun auch drauf, denn sooo sicher war ich mir nun nicht, ob das ein guter Vorschlag ist. Mehr Intuition.
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madrilena
Klammeraffe

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Beitrag19.09.2012 15:30

von madrilena
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Hallo firstoffertio - ich mach es ja nicht gern, ein Kapitel nochmals reinzustellen, weil ich die Werkstastt nicht mit Text überladen möchte, aber diesmal nehme ich Deinen Vorschlag an. Bin gespannt, ob der Text jetzt lebendiger rüberkommt. Mir erscheint es so.
LG. madrilena

1
Langsam, wie in Zeitlupe, entgleitet mir der Meißel. Mit einem leisen Aufprall schlägt er auf den Boden. Genervt bücke ich mich, suche im Staub und zwischen kleinen Steinbrocken nach meinem Werkzeug. Nachdem ich es gefunden habe, wende ich mich dem breiten drehbaren Bock zu, auf dem meine letzte, mit einem Tuch bedeckte Arbeit steht. Zärtlich ertaste ich durch den rauen Stoff den Stein, spüre unter meinen Händen die Rundungen und Linien der Frauengestalt, die seit Monaten nicht nur meine Träume und Fantasien gefangen hält, sondern auch all meine freien Stunden. Nirgendwo verbringe ich so viel Zeit wie hier und nirgendwo fühle ich mich so frei und ungebunden wie in diesem Raum im Obergeschoss meiner Wohnung.
Manchmal denke ich amüsiert, wer mich hier sehen könnte! Ich stelle mir das Erstaunen der Menschen vor, die mich nur elegant und nach der letzten Mode gekleidet kennen. Mich – die Reiseleiterin, die Gruppen in viele europäische und afrikanische Länder begleitet. Aber diese Lisa bin ich nur während meiner Arbeit. In meinem Atelier bin ich ungeschminkt, habe die Haare hochgebunden. Trage am liebsten lange, bunte Gewänder aus grobem Leinen und offene Sandalen an den nackten Füßen.
Hier bin ich nur die Lisa, die kaum jemand kennt, diszipliniert beim Arbeiten und chaotisch zugleich: Werkzeuge, Fotos, Skizzen und erste Entwürfe in Ton stapeln sich auf Tischen. An einer der Wände steht mein alter großer Schrank, in dem ich meine allerersten Versuche aufbewahre. Nichts kann ich wegwerfen. Jede zerbrochene Vase, jeden misslungenen Beginn eines neuen in Ton geformten Gedankens hebe ich auf, unfähig die Vorfreude und Aufregung, die in diesen Anfängen stecken, einfach zu entsorgen. Aber auch kleine gelungene Werke aus meiner Anfangszeit haben dort einen Ehrenplatz.
Diffuses Licht dringt durch die bis zum Boden reichenden Fenster, füllt den Raum mit fremdartiger Unwirklichkeit und gibt einer Frauenbüste, einem Kinderkopf, einem Vogel mit weit ausgebreiteten Flügeln durch Licht und Schatten eine scheinbare Lebendigkeit. Der Vogel ist eine meiner Lieblingsfiguren. Sich in die Luft erheben. Davonfliegen. Dem Strahlen der Sonne entgegen. Weit hinaus in einen niemals endenden blauen Sommerhimmel.
Vorsichtig entferne ich das Tuch, drehe den großen, auf Rädern stehenden Sockel von einer Seite zur anderen, um wieder einmal die tief gebeugte Gestalt aus jedem Blickwinkel betrachten zu können. Sanft streich ich über die Figur aus schwarzem Obsidian, dem spröden Lavagestein mit seinem leicht metallischen, gläsernen Glanz. Die Frau hat die Beine angezogen, den Körper lang gestreckt, der leicht angehobene Kopf ruht auf den Armen.
Entschlossen setze ich auf dem ebenmäßigen, schmalen Rücken den Meißel an. Halt! Soll ich wirklich? Vielleicht ist es ja ein Zeichen, dass der Meißel  heruntergefallen ist, als Aufforderung, nichts mehr zu ändern’.
Immer wieder fällt mir das Gespräch ein, das ich vor Tagen mit Caroline führte und das heute der Grund ist, dass ich meine Kniende verletzen will.
Caroline war überraschend im Atelier aufgetaucht. Hatte, erstaunt auf  die im Morgenlicht dunkel schimmernde Figur deutend,  gefragt: „Hast du absichtlich eine Yogaübung geschaffen?", und beinahe ehrfürchtig den schwarzen Stein berührt.
„Nein, warum? Ich habe keine Ahnung vom Yoga“. Verlegen hatte ich mir mit meinen staubigen Händen die Haare aus dem Gesicht gestrichen. Ich war immer so aufgeregt, wenn meine Tochter ihre Meinung zu meinen Arbeiten, zwar zögerlich, aber doch sehr deutlich äußert. Neugierig fragte ich: „Sag schon, was bedeutet diese Übung?“
„Wir nehmen im Yogakurs diese Stellung eines Embryos im Mutterleib ein, um Demut, Urvertrauen und völliges Loslassen zu üben“.
Ich weiß, dass sich Caroline seit langer Zeit mit Yoga beschäftigte, daher hatte ich wissen wollen:
„Und, hast du es geschafft, kannst du loslassen, hast du dieses Urvertrauen?“
„Noch nicht wirklich“. Mehr sagte Caroline nicht. Fragend schaute ich sie an: „Völliges Loslassen! Gibt es das wirklich? Kann man das üben?“ Behutsam hatte sie den Arm um mich gelegt.
„Ich weiß, dass dir das unvorstellbar ist. Bei deiner Lust zu leben wirst du loslassen sofort mit Tod verbinden, stimmt’s?“
Ich hatte mich einen Augenblick der Wärme von Carolines Umarmung hin, bevor ich antwortete: „Möglich. Aber ist es nicht seltsam, dass dann gerade ich eine solche Skulptur geschaffen habe?“
„Warum seltsam? Vielleicht hast du damit unbewusst deine Sehnsucht ausgedrückt. Sehnsucht nach innerer Ruhe, nach Furchtlosigkeit, nach mehr Leichtigkeit und weniger Hinterfragen.“
Als Caroline gegangen war, hatte ich noch lange nachdenklich meine Skulptur betrachtet. Demut? Nein, ich kann keine demütige Haltung in dir sehen. Embryo im Mutterleib – die Vorstellung von völligem Behütetsein und gleichzeitigem unwiderruflichem Loslassen ist zwar schön, aber was ist mit der jahrelangen gegenseitigen Abhängigkeit?’ Wieder erwische ich mich dabei, dass ich mit dieser Knienden wie mit einer lebendigen Frau spreche.
Ich trete einen Schritt zurück, um einen Abstand zwischen mir und der steinernen Frau zu schaffen.
Unsicher überlege ich: ’Wenn mein Unterbewusstsein schon diese Sehnsucht ausgedrückt haben muss, könnte ich doch auch mal versuchen, die Stellung von dir einzunehmen.’
Mit bloßen Händen fege ich Steinreste und Staub ein wenig zur Seite, dann lass ich mich langsam auf dem Boden nieder – zuerst auf die Knie, mache danach den Körper ganz lang, lege den Kopf auf die Arme, spüre den harten Fußboden mit jeder Faser meines Körpers und wundere mich überhaupt nicht darüber, dass ich nicht das empfinden kann, von dem Caroline gesprochen hat.
Mühsam erheb ich mich wieder, greif nach dem Meißel: ‚Ich muss es tun. Du siehst zu unverletzt, zu heil aus. Ich kann doch nicht etwas schaffen, das ich selbst nicht nachvollziehen kann’.
Und mit leichten Schlägen bringe ich dem Rücken dieser Frauengestalt eine tiefe Wunde bei. Vorsichtig, damit der Stein nicht splittert. Während ich die Raspel ansetze, führe ich mein imaginäres Gespräch fort. ‚Solange ich nicht fähig bin, Unabänderliches zu akzeptieren, solange ich selbst wegen meiner Angst so verwundbar bin, solange muss diese Verletzung ein Teil von dir sein’.
Später streich ich wie tröstend über den Frauenkörper. Als Entschuldigung?  Ich weiß es nicht.
Das feuchte Sandpapier bleibt auf dem Tisch liegen. Noch ist die Zeit nicht gekommen, um ungewollte Einkerbungen oder Unebenheiten dieses Eingriffs  zu glätten und zu polieren.
Als ich den Meißel und die Raspel säubere, überlege ich angestrengt: Caroline hat doch noch etwas gesagt?
Aber es fällt mir nicht mehr ein, obgleich ich ahne, dass es etwas sehr Wichtiges gewesen sein muss.


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Kätzchen
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Beitrag19.09.2012 16:47

von Kätzchen
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Hallo madrilena

Ohne großartig auseinanderzupflücken, finde ich das richtig gut! Es lässt ein wenig mehr Echtheit zum Geschehen zu, gut gelungen und intuitiv guter Vorschlag von fisto smile

Aber hier musst du aufpassen:

Zitat:
Später streich ich wie tröstend


1. "streiche"
2. "später" ist in diesem Zusammenhang sehr gefährlich, man kann es im Präsens nur selten benutzen. Z.B:
--> "Später am Abend finde ich mich in seiner Wohnung wieder."

Selbst das ist finde ich grenzwertig. Denn du musst beachten, später setzt vorraus, dass du die Zukunft kennst, was du aus dieser Perspektive nicht tust smile

LG

Katzi


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madrilena
Klammeraffe

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Beitrag19.09.2012 17:51

von madrilena
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Danke Kätzchen. Du hast Recht mit dem "später". Es ist manchmal sowieso schwerer als gedacht - denn manches findet ja tatsächlich in der Vergangenheit statt und da den richtigen Übeergang zur Gegenwart zu finden, ist grammatikalisch manchmal wirklich schwieig. Und dabei hatte ich gedacht, die Grammatik gut zu beherrschen. Aber die Idee mit dem Präsens ist wirklich klasse - ich habe schon ein paar Kapitel entsprechend bearbeitet.
Lg. madrilena


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firstoffertio
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Beitrag19.09.2012 22:52

von firstoffertio
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Hallo Madrilena,

ich glaube, das kommt so wirklich besser. Natuerlicher, lebendiger, nachvollziehbarer. Man ist beim Lesen eher die Protagonistin.

Was Kätzchen schon erwähnt hat, ist bei so einer Vorgehensweise sicher eine Schwierigkeit. Aber da du viel Schreiberfahrung hast, würdest du das sicher lösen können, die Zeiten je nachdem richtig zu setzen. Die habe ich ja mit Prosa gar nicht. Darum freue ich mich eigentlich, dass meine Idee nützlich sein konnte.
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Mardii
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Beitrag19.09.2012 23:45

von Mardii
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Hallo madrilena,

ich habe den Text ungefähr bis knapp über die Hälfte gelesen und finde es sehr flüssig geschrieben. Später will ich zu Ende lesen, aber ich melde mich mal kurz mit einem Gedanken zum Anfang dazwischen, weil es mir gleich auffiel: Ich finde es merkwürdig, dass Lisa den Meißel in der Hand hält, bevor sie die Plastik, an der sie gerade arbeitet, enthüllt hat. Warum tut sie das? Logisch wärs ja, sie würde, nachdem sie das Atelier betreten hat, zuerst zu dem Bock gehen, weil das ihr Hauptaugenmerk ist: die Plastik an der sie gerade arbeitet. Sie betastet die Plastik durch den Stoff, weil sie die Form, die sie gestern bearbeitet hat, ertasten will oder so. Aber ich frage mich, warum sie den Meißel in die Hand nimmt, wo sie noch gar nicht bereit ist zu arbeiten? Dafür finde ich keine Erklärung.

Bis dahin, erst
Grüße von Mardii


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Ridickully
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madrilena
Klammeraffe

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Beitrag20.09.2012 00:33

von madrilena
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Toll - weil einfach richtig. Und dabei brauche ich bloß einen Abschnitt umzustellen. Also gar kein Umschreiben. Es geht doch nichts über männliche??? Logik. Und ansonsten bin ich schon wieder seit neun Uhr heute Abend am Umschreiben, ich komme gar nicht davon los, werde aber gleich vor Müdigkeit vom Stuhl fallen.
Gute Nacht
madrilena und danke!


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madrilena
Klammeraffe

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Beitrag20.09.2012 23:01

von madrilena
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Hallo Kollegen - Gar nicht so einfach - die Umstellung ins Präsens. Wie immer - Kritik ist sehr erwünscht.
Im voraus danke
Gruß madrilena


11
„Ich werde zu Caroline gehen.“ Ich fasse diesen Entschluss, als ich wieder einmal ziellos durch die Straßen eile, Touristen mit Kameras um den Hals und Straßenkarten in Händen ausweichend. Traurig beobachte ich diskutierende und lachende Menschen, die vor den Gaststätten noch letzte Sonnenwärme genießen. Sie machen einen so unbekümmerten Eindruck. An der Ecke, eine alte Frau. Sie sitzt auf einem Klappstuhl, von dem die Farbe abgeblättert und der wohl irgendwann weiß gewesen ist, und verkauft die Obdachlosenzeitung. Stolz ist sie. Ich will ihr zwei Euro geben, ohne die Zeitung zu nehmen. Die Alte mustert mich mit einem zornigen Blick: „Kein Trinkgeld! Nimm die Zeitung“! Sofort bereue ich meine gedankenlose Geste, nehme aus der spindeldürren Hand die 50 Cent Rückgeld entgegen und gehe weiter. Immer noch ohne Ziel.
Vom Kirschgarten ertönt Musik – eine einschmeichelnde, zärtliche Melodie, die mir Tränen in die Augen treibt.
Der Abreisetag von Caroline rückt näher und näher und noch immer nichts, absolut nichts von ihr. Kein Anruf, kein Brief, keine Mail, keine SMS – nur Schweigen. Erst habe ich mir überlegt, ihr zu schreiben, aber das geht einfach nicht. Was soll ich denn schreiben, was wir nicht schon in unserem letzten Gespräch gesagt haben? Es ist doch so offensichtlich, dass sie keinen Kontakt will. Soll ich tatenlos die Zeit verstreichen lassen, bis meine Tochter, mein KIND endgültig neben der inneren, auch eine äußere Entfernung zwischen uns geschaffen hat. Unzählige Male habe ich ihre Nummer gewählt, vor der letzten Zahl aber aufgelegt. Manchmal lass ich es auch läuten – umsonst. Ob Caro zu Hause ist und – weil sie meine Nummer auf dem Disqueplay erkennt – einfach nicht an den Apparat geht? Ich weiß es nicht.
Doch wenn ich zu ihr gehe, was soll ich ihr sagen? Dass es mir Leid tut? Aber es gibt doch gar nichts, was mir Leid tun muss. Soll ich noch einmal um ihr Verständnis bitten? Unmöglich, wenn sie nicht von sich aus kommt, ist auch nicht mit ihrem Verständnis zu rechnen.
Ich bin inzwischen auf dem Domplatz angekommen, entdecke im Domcafé noch einen freien Seitentisch, bestelle ein Wasser und eine Latte macchiato.
Mutlos stütze ich den Kopf in die Hand. Bin mit meinen Gedanken weit fort.
‚Wo ist Caroline an einem solchen Morgen, an all den vielen Tagen, wenn ich, wie eben, allein an einem kleinen Tisch sitze? Wenn von den Nachbartischen angeregte Gespräche, Lachen und Zweisamkeit in meine eigene Stummheit dringen?’ Es ist mir bisher nie in den Sinn gekommen, meine Tochter mit meinem Alltag zu belasten. Nie zuvor bin ich mit Problemen, die vielleicht von meinem Alleinsein kommen, zu ihr gegangen. Wir leben beide unser eigenes Leben, und Caroline soll frei sein, ungebunden entscheiden können, sich niemals bevormundet fühlen. Warum will sie dann mein Leben so begrenzen?
Wieder flammt Zorn in mir auf – ist es ihr im Grunde nicht völlig gleichgültig, wie es mir geht, es sei denn, an den wenigen Tagen, an denen wir uns treffen? Macht sie sich nur ein einziges Mal Gedanken, wie meine Tage, meine Nächte aussehen, wenn wir uns nicht sehen?’
Schnell seh ich ein, dass diese Frage ungerecht ist! Meiner Mutter war es mit mir doch genauso ergangen und ist das nicht der Lauf der Zeit, ist das nicht die Normalität? Das stimmt zwar, aber hätte ich von meiner Mutter je verlangt, dass sie von ihrem 47. Lebensjahr an allein zu leben habe?
Beinahe spöttisch denke ich: 'Und obendrein werde ich für ein Gefühl, dessen ich mir nicht mal ganz sicher bin, auch noch verurteilt’.
In diesem Augenblick vermisse ich Philipp so sehr, dass ich am liebsten sofort wieder zu ihm gefahren wäre. Ich möchte mit ihm zusammen sein, seine Stimme hören, sein unbeschwertes Lachen, möchte mit ihm über meine und seine Pläne sprechen und Carolines Reaktion vergessen. Ist das schon Liebe? Kann ich diesem Gefühl, dieser Sehnsucht vertrauen?
Ich nehme einen großen Schluck von meiner Latte macchiato: ‚Warum immer diese Zweifel? Warum immer alles hinterfragen? Nur sich nie wirklich hingeben! Immer schön die Kontrolle über alles behalten! Ich hab das so satt!’
Meine Gedanken kehren zu Caroline zurück und mein Entschluss steht fest: ‚Wenn ich bis morgen nichts von ihr höre, gehe ich zu ihr’.
Am nächsten Morgen regnet es in Strömen. Die ersten Blätter fallen von den Bäumen. Passt irgendwie zu dem, was ich vorhabe, stelle ich fest, als ich ins Auto steige und zur Görresstraße fahre.
‚Ob Caroline um diese Zeit überhaupt zu Hause ist’?
Ich parke vorsichtshalber in der Windhorststraße, weil ich nicht riskieren will, dass Caroline mich vielleicht schon vom Fenster aus entdeckt und mir einfach nicht aufmacht.
Je näher ich Carolines Wohnung komme, desto langsamer wird mein Schritt. Ob meine Entscheidung wirklich richtig ist? Ich weiß es nicht. Und doch bin ich entschlossen, das Gespräch zu suchen. Verzweifelt denke ich, ich kann Caroline doch nicht so ziehen lassen, in eine andere Stadt, einen anderen Lebensabschnitt – unversöhnt und voll innerer Vorwürfe.
Zögernd nähere ich mich der Haustür. Halt einen Augenblick inne, bevor ich auf den Klingelknopf neben Carolines und Amelies Namen drücke. Sie wohnen hoch oben in einer Maisonette- Wohnung mit einem traumhaften Blick bis zum Volkspark.
Als der Türöffner summt, drücke ich die Tür auf. Bin froh, dass es keinen Aufzug gibt. Ich möchte jede Stufe einzeln nehmen. Zeit gewinnen? Ja, wahrscheinlich!
Ich werde immer aufgeregter. Wie wird Caroline reagieren, wenn sie überhaupt da ist? Wie wird die Begegnung ausgehen? Ich bleib verschnaufend stehen. Ob ich ihr klarmachen kann, dass ich ihr nichts wegnehmen möchte. Dass ich nur – genau wie sie – das Recht auf eigene Entscheidungen, auf eigene Gefühle habe! Und diese leben möchte.
Carolines Wohnungstür ist nur angelehnt. Wer immer zu Hause ist, muss jemanden erwarten. Ich will nicht einfach eintreten. Daher drücke ich nochmals auf den Klingelknopf und höre gleich darauf Carolines Stimme: „Christian, komm doch rein – ich bin gerade in der Küche“.
Wer ist Christian? Traurig wird mir bewusst, wie wenig Caroline mich an ihrem Leben teilnehmen lässt. Trotz der Enttäuschung darüber, stärkt mich dieses Wissen aber auch, dem, was nun kommen mag, ruhig entgegen zu treten. Vorsichtig öffne ich die Tür ganz und geh auf die Küche zu. Caroline steht mit dem Rücken zu mir am Herd und brät kleine Pfannkuchen.
„Warum bist du denn so schüchtern, ich habe doch absichtlich die Tür…“ in diesem Augenblick entdeckt sie mich. „Ach, du bist es“. Ich habe mich auf einen kühlen Empfang vorbereitet, aber nicht auf diesen ablehnend-gleichgültigen Ton in der Begrüßung.
Caroline hat sich wieder ihren Pfannkuchen zugewendet, als sei ich Luft für sie.
„Caroline, wir müssen sprechen! Dieses Schweigen kann ich kaum aushalten. Dein Umzug nach Berlin rückt immer näher. Willst du wirklich so weggehen?“ Ich hasse den bettelnden Ton in meiner Stimme.
Caroline nimmt den letzten Pfannkuchen aus der Pfanne, stellt die Herdplatte ab und bleibt noch einen Augenblick abgewandt stehen. Dann dreht sie sich um, sagt leise: „Ich kann es einfach nicht fassen, dass du Papa so verrätst. Immer hast du behauptet, er und ich wären dein Leben, offensichtlich war das gelogen, denn du ersetzt ihn.“
„Stimmt, ihr wart der Inhalt meines Lebens, von meinem Beruf mal abgesehen.“ Ich schaue Caroline ernst an, als ich fortfahre: „Aber es stimmt einfach nicht, dass ich meinen Mann verrate. Ich möchte nur nicht den Rest meines Lebens mit Erinnerungen zubringen“.
Während ich spreche, ermahne ich mich gleichzeitig: ‚Ruhig, lass dich nicht wieder aus der Fassung bringen’, deshalb schweig ich einen Augenblick, atme tief durch und füge hinzu: „8 Jahre sind seit seinem Tod vergangen, und für dich war ich immer da. Das heißt doch nicht, dass ich meine eigenen Wünsche, meine Vorstellung von Lebendigkeit verleugnen muss! Ich selbst hätte nie geglaubt, dass ich mein Alleinsein einmal aufgeben würde. Aber mittlerweile ist dieses Alleinsein zur Einsamkeit geworden. Und in diese Einsamkeit fiel der Augenblick, dass ich Philipp kennen lernte. Bin ich dir dafür eine Erklärung schuldig? Nein! Und dennoch wollte ich unbedingt mit dir sprechen, weil mir das Vertrauen zwischen uns am wichtigsten ist.“
Caroline lacht bitter auf: „Du kennst doch den Satz 'hättest du geschwiegen, Desdemona'! Noch vor ein paar Tagen hast du mich getröstet, als du meinen Schmerz um Papas Tod gespürt hast. Und dann teilst du mir so nebenbei mit, dass da ein anderer seinen Platz einnehmen soll.“
„Verdammt noch mal – begreif es doch endlich. Niemand soll seinen Platz einnehmen! Ich nehme mir nur das Recht auf ein eigenes Leben, genau wie du, ob dir das nun passt oder nicht. Du schaffst dir doch auch eine eigene Gegenwart und Zukunft, gehst ohne zu zögern nach Berlin, was völlig richtig ist. Aber warum gestehst du mir das nicht auch zu?“
„Was soll das – du sprichst dauernd von „noch leben“. Das tust du doch, du hast zum Beispiel deine Kunst. Sieh doch endlich einmal ein, dass es auch eine Zeit gibt, wo du zufrieden sein solltest mit dem, was und wie du gelebt hast.“
„Sag mal, flippst du nun vollständig aus?“ Ich erschrecke – ‚ich will doch ruhig bleiben'. Aber ich kann die aufflammende Wut nicht mehr kontrollieren. „Du meinst also mit anderen Worten: du hast dein Leben gelebt, wie kannst du da noch Ansprüche stellen. Wer bist du, dass du das bestimmen kannst? Ich bin 55 Jahre alt und denke nicht daran, nur noch auf das Ende und auf den Tod zu warten und im höchsten Fall noch Kaffeekränzchen zu veranstalten oder Seniorenreisen mitzumachen. Du sprichst von verletztem Vertrauen! Noch nie hast du mir gegenüber einen Christian erwähnt! Wo ist da Ehrlichkeit, wobei ich damit nicht sagen will, dass du mir jeden deiner Bekannten vorstellen sollst. Er scheint aber in deinem Leben eine nicht unwichtige Rolle zu spielen“.
„Na und, wenn es etwas Ernstes wäre, hätte ich ihn dir schon vorgestellt. Aber du lenkst vom Thema ab.“
Plötzlich sinkt Caroline auf einen der Küchenstühle, birgt ihr Gesicht in ihren Händen und fängt an zu schluchzen. „Mama, kannst du das nicht verstehen? Überall in deiner Wohnung, in unserem Leben sind noch die Spuren von Papa.“
Warum bin ich nur so auffahrend geworden? Warum habe ich mich nicht besser in der Gewalt? Ich beuge mich zu Caroline, möchte sie umarmen, merke, als sie sich versteift und ausweicht, da sie das offensichtlich nicht will, so sage ich nur sehr leise und eindringlich: „Das stimmt, Caroline. Aber es sind tote Spuren. Es sind Erinnerungen aus der Vergangenheit, deshalb kann ich aber doch die Gegenwart nicht einfach verleugnen, von der Zukunft ganz zu schweigen. Was sie uns bringen wird, wissen wir nicht, aber wir leben hier und heute.“
„Und… muss in einer Gegenwart unbedingt etwas Neues beginnen, wenn schon alles gelebt ist“, Carolines Stimme ist wieder hart geworden.
„Alles gelebt? Das habe ich erst in dem Moment, wo ich sterbe. Bis dahin aber atme ich, fühle ich, sehne ich mich, lach und weine, mache Pläne und habe Ziele.“
„Das kann dir keiner verwehren, aber ich muss nicht damit einverstanden sein.“
„Stimmt, das kann ich nicht verlangen, obgleich Toleranz im Leben nicht ganz unwichtig ist. Und wie stellst du dir unser weiteres Verhältnis vor?“
Caroline zuckt nur mit den Achseln.
In diesem Augenblick schellt es. Da ich die Tür hinter mir zugezogen habe, kann dieser Christian oder wer auch immer nicht so einfach in die Wohnung. Caroline steht auf. Wird sie mich bitten, zu gehen. Was für eine unwürdige Situation.
„Caroline…“, aber sie geht zur Tür, um zu öffnen. Noch nie habe ich mich so überflüssig gefühlt. Entschlossen wende ich mich zum Gehen. Im Flur begegnet mir ein junger Mann, gut aussehend, höflich grüßend. ‚Ob Caroline ihn mir vorstellen wird?’
Caroline zögert einen Augenblick, dann bemerkt sie eher wie nebenbei: „Christian, das ist meine Mutter – Mutter, das ist Christian, ein Freund.“ Ich überlege kurz: ‚Hat sie absichtlich die Etikette verletzt, indem sie Christian zuerst mich vorstellte’? Entscheide, dass dies völlig unwichtig ist.
Christians Verlegenheit ist physisch spürbar, als er auf mich zutritt. Wahrscheinlich hat Caroline mit ihm gesprochen, und er fragt sich jetzt, wie er reagieren soll.’
Ich strecke zuerst die Hand aus: „Nett, Sie kennen zu lernen.“ Ich drehe mich wieder zu Caroline um: „Bitte lass vor deinem Umzug noch etwas von dir hören“, und möchte mich im gleichen Augenblick ohrfeigen, weil die Worte wieder wie Bettelei klingen. Plötzlich überschwemmt mich ein solch körperlicher Schmerz, eine auf mich einstürzende Verzweiflung, dass ich mich schnell zur Tür wende, weil ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten kann. Caroline hält mich nicht auf.


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Beitrag20.09.2012 23:22

von firstoffertio
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Hallo Madrilena,

mir kommt es so weiterhin richtiger vor.

Hier weiss ich nicht:

"In diesem Augenblick vermisse ich Philipp so sehr, dass ich am liebsten sofort wieder zu ihm gefahren wäre."
sollte es nicht eher heißen; "dass ich am liebsten wieder zu ihm fahren würde "

Dann ist mir noch aufgefallen, dass sie zu ihrer Tochter von "ihrem Mann" spricht. Das finde ich doch irgendwie eigenartig. Würde sie nicht eher, wie die Tochter "(Dein) Papa" sagen, oder wenn nicht, dann den Namen erwähnen?

Und ob jemand anders deine Versuche mit dem Praesens nun hier unten in dem langen Faden finden wird, weiss ich nicht.
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Kätzchen
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Beitrag21.09.2012 11:18

von Kätzchen
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Das Präsens entfaltet seine Wirkung. Tolles Kapitel madrilena, Kompliment!

Aber fisto hat recht: "fahren würde" ist hier die richtige Variante smile

ich würde auch überlegen einen Moderator zu fragen, ob er entweder diesen Thread umbauen kann, oder deinen ganz alten löscht oder. Dann kannst du einen neuen mit dem schönen Präsens aufmachen, ohne das zwei alte noch herumfliegen und Leute irritieren.

LG

Mietz


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Beitrag21.09.2012 19:40

von madrilena
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Hallo Mieze, ich habe sofort, als ich den zweiten thread aufmachte, an einen Moderator geschrieben, aber nie eine Antwort bekommen. Selbstverständlich wollte ich den ersten thread gelöscht haben. Mal sehen, ob sie jetzt reagieren, aber ich kann doch die ganzen schon reingestellten 7 Kapitel nicht nochmals bringen. Wie langweilig.
Aber natürlich ab dem 9. könnte ich die neue und hoffentlich letzte Version reinstellen.
Jedenfalls war das von Dir Firstoffertis mit dem Präsens ein sehr guter Ratschlag und dafür danke ich Dir sehr - habe fast 125 Seiten schon umgeschrieben, denn das bedeutet es - ein Umschreiben, das ist nicht einfach eine Verbesserung. Und das mit dem "würde" mach ich auch.
Dass Lisa gegenüber ihrer Tochter auch mal "meinen Mann" sagt, finde ich richtig, weil es letzten Endes für Lisa vor allem um ihn in diesem Zusammenhang geht.
Nochmals danke Euch Beiden
LG madrilena


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1. "den Himmel mit Händen fassen" ISBN
10:3934136303
2. "Schatten umarmen ISBN 10:3929265133
3. "...und die Zeit stand still" ISBN 10: 3934136311
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Teutoni62
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Beitrag22.09.2012 22:33

von Teutoni62
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Hallo madrilena,

nachdem Du mit Deinen konstruktiven Kommentaren auf Dich aufmerksam gemacht hast, bin ich auf die Suche nach einem Werk von Dir gegangen und hier fündig geworden. Ich will ehrlich sein, Deine feinfühlige Art zu schreiben berührt mich, aber diese monumentale Wortflut überfordert mich, zumal der 21. Dezember immer näher rückt (grins).

Außerdem bin ich ja mehr der „Mayaexperte“ und dem Abenteuer / Thriller-Bereich verhaftet. Aber vielleicht könnte dies auch ein Spannung schaffender Vorteil für Dich sein. Also ich versuch mich mal an Deinem ersten Kapitel und schalte mal ein paar Gänge Adventure zurück und tauche in die Welt der Kunst ein.

Allgemein interessiert mich der erste Satz – zieht er mich als Leser in Deinen Text hinein.
(Ja.) Das Gedicht ist ein atmosphärisch dichter Einstieg.

Dann Dein 1. wirklicher Satz und der wirkt langsam und schwerfällig, wie viele Deiner Formulierungen (sorry) – warum?
Mein Motto: „In der Kürze liegt die Würze - im besonderen treffenden Wort liegt der Lesefluss“, gilt sicher für Deine Werke nur bedingt, aber vielleicht inspirieren Dich meine Verbesserungen. (In Klammern)

Langsam, wie in Zeitlupe, entglitt mir der Meißel. (In Zeitlupe entglitt mir der Meißel.)

Mit einem leisen Aufprall schlug er auf den Boden. (Klirrend knallte er auf den Boden.)

Genervt bückte ich mich, suchte im Staub und zwischen kleinen Steinbrocken nach meinem Werkzeug. Nachdem ich es gefunden hatte, wandte ich mich dem breiten drehbaren Bock zu, auf dem meine letzte, mit einem Tuch bedeckte Arbeit stand.

(Genervt hob ich ihn auf und wandte mich der verhüllten Statue zu. „Es war wie verhext, wo war ihr leises raunen – warum sprach sie heute nicht zu mir?) („Dia-/Monologe/Gedanken beleben den Text)

Zärtlich ertastete ich durch den rauen Stoff den Stein, spürte unter meinen Händen die Rundungen und Linien der Frauengestalt, die seit Monaten nicht nur meine Träume und Fantasien gefangen hielt, sondern auch all meine freien Stunden. Nirgendwo verbrachte ich so viel Zeit wie hier und nirgendwo fühlte ich mich so frei und ungebunden wie in diesem Raum im Obergeschoss meiner Wohnung.

(Zärtlich strich ich über den Leinenstoff und spürte die Rundungen der Frauengestalt, die mich seit Monaten gefangen hielt. Jede Nacht sah ich, wie sie rotglühend der Lavaglut (Obsidian – Vulkanglas) entstieg und zu kaltem Schwarz erstarrte –  mit der Finsternis verschmolz. Und am Tag versuchte ich meinen Traum mit dem Meißel zu bannen. Tag für Tag verrann - verann mein Leben)

Liebe madrilena, es ist spät und ich möchte an dieser Stelle abbrechen. Ich denke aber, dass mein Feedback – meine Improvisationen eine gute Richtung für eine „spannendere“ Textform vorgeben könnten. Aber wie gesagt, ich bin mehr der Adventure/Thriller-Onkel.

Liebe Grüße und nochmals Dank für Deine Kritik, Frank


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madrilena
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Beitrag22.09.2012 22:58

von madrilena
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Hallo Teutoni62
 zuerst mal danke für Dein feedback. Ich sehe schon, dass Du ganz anders an einen solchen Stoff herangehst als ich - weil Du die Geschichte vielleicht eher als Krimi oder spannende Lektüre bringen würdest. Leider hast Du noch die Fassung im Praeteritum gewählt, ich habe auf Präsens umgestellt.
Es geht mir wie Dir - der erste Satz, die erste Seite muss mich in ein Buch hineinziehen, sonst kaufe ich es nicht. Dennoch möchte ich gerade diesen Romanversuch (bei meinen schon veröffentlichten Büchern ist das anders) erst einmal leise angehen. Dein Vorschlag mit dem Obsidian finde ich sehr gut, werde ich auch übernehmen - den mit dem Meißel nicht - klirrend kann er nicht in Staub fallen. Das mit dem genervt - ja, das kann ich ändern.
Ich weiß, was Du mir sagen willst - aber vielleicht gehen wir wirklich grundverschieden an Themen ran und das ist auch gut so, sonst wäre Schreiben langweilig. Dennoch würde ich mich sehr freuen, wenn ich mehr Kritik von Dir bekommen könnte - weil sie in vielem wirklich den Nerv trifft und positiv zu verwenden ist.
Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag.
madrilena


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Teutoni62
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Beitrag22.09.2012 23:32

von Teutoni62
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Hallo madrilena,

gern geschehen. Mir ist schon klar das Deine sensible Schreibart konträr zu meiner Schreibe steht. Aber ich kann es ja trotzdem auszugsweise versuchen Dir zu helfen, und wenn es nur mit meinem Hobby-Fachwissen über Mineralien ist. Ich bin zwar kein Bildhauer, dafür besitze ich in meiner Mineraliensammlung Obsidian. Kann man Obsidianglas überhaupt durch Meißeln bearbeiten? Dieses schwarze Vulkanglas müsste doch eigentlich beim Meißeln zersplittern und dann nicht den Boden mit Staub und Steinbrocken bedecken, sondern ihn eher in eine schwarze Splitterlandschaft verwandeln?

Liebe Grüße, Frank


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madrilena
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Beitrag23.09.2012 00:59

von madrilena
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Hallo Frank, auch ich bin keine Bildhauerin, habe mich aber mit einem Bildhauer ausführlichst unterhalten und der kennt sich mit Steinen aus. Außerdem habe ich mir ein sehr dickes, sehr ausführliches Buch über Steine, Bildhauerei etc. gekauft und gelesen.
Ich wäre für Deine Kritik wirklich sehr dankbar, gerade weil Du so völlig anders als ich schreibst.
Ich stell Dir jetzt noch einmal das erste Kapitel rein - ich glaube, so habe ich Deine Kritik gut umgesetzt:



1
Langsam, wie in Zeitlupe, entgleitet mir der Meißel. Mit einem leisen Aufprall schlägt er auf den Boden. Genervt heb ich ihn auf und wende mich der verhüllten Statue auf dem breiten drehbaren Bock zu. Zärtlich streiche ich über den rauen Stoff und spüre die Rundungen der Frauengestalt, die mich seit Monaten in meinem Atelier gefangen hält. Hier, im Obergeschoss meiner Wohnung, verbringe ich die meiste Zeit und nur hier fühle ich mich frei und ungebunden.
Niemand kennt mich so – außer Caroline. Ich stelle mir das Erstaunen derjenigen vor, für die ich die elegant gekleidete Reiseleiterin bin, die Gruppen in viele europäische und afrikanische Länder begleitet.
Hier oben bin ich eine andere - ungeschminkt, die Haare hoch gebunden, in bunte lange Gewänder aus grobem Leinen gehüllt und an den nackten Füßen offene Sandalen. Bin diszipliniert beim Arbeiten und chaotisch zugleich: Werkzeuge, Fotos, Skizzen und erste Entwürfe in Ton stapeln sich auf Tischen. An einer der Wände steht mein alter großer Schrank, in dem ich meine allerersten Versuche aufbewahre. Alles hebe ich auf, nichts kann ich wegwerfen. auch keinen misslungenen Beginn eines neuen in Ton geformten Gedankens. Ich bin unfähig die Vorfreude und Aufregung, die in diesen Anfängen stecken, einfach zu entsorgen.

Diffuses Licht dringt durch die bis zum Boden reichenden Fenster, füllt den Raum mit fremdartiger Unwirklichkeit und gibt einer Frauenbüste, einem Kinderkopf, einem Vogel mit weit ausgebreiteten Flügeln durch Licht und Schatten eine scheinbare Lebendigkeit. Der Vogel ist eine meiner Lieblingsfiguren. Sich in die Luft erheben. Davonfliegen. Dem Strahlen der Sonne entgegen. Weit hinaus in einen niemals endenden blauen Sommerhimmel.
Vorsichtig entferne ich das Tuch, drehe den großen, auf Rädern stehenden Sockel von einer Seite zur anderen, um die tief gebeugte Gestalt aus glänzendem Obsidian betrachten zu können.  Jede Nacht sehe ich, wie sie rot glühend der Lavaglut entsteigt und zu kaltem gläsernen Schwarz erstarrt, das mit der Finsternis verschmilzt. Am Tag versuche ich meinen Traum mit dem Meißel zu bannen.
Die Frau hat die Beine angezogen, den Körper lang gestreckt, der leicht angehobene Kopf ruht auf den Armen.
Entschlossen setze ich auf dem ebenmäßigen, schmalen Rücken den Meißel an. Halt! Soll ich wirklich? Vielleicht ist der heruntergefallene Meißel eine Aufforderung, nichts mehr zu ändern.
Warum denn auch? Aber dann fällt mir das Gespräch mit Caroline ein, der Grund, warum ich meine Kniende verletzen will.
Meine Tochter war gestern überraschend im Atelier aufgetaucht. Hatte, erstaunt auf  die im Morgenlicht dunkel schimmernde Figur deutend,  gefragt: „Hast du absichtlich eine Yogaübung geschaffen?"
„Nein, warum? Ich habe keine Ahnung vom Yoga“. Verlegen hatte ich mir mit meinen staubigen Händen die Haare aus dem Gesicht gestrichen. Immer bin ich so aufgeregt, wenn Caro ihre Meinung zu meinen Arbeiten, zwar zögerlich, doch sehr deutlich äußert. Neugierig fragte ich: „Und - was bedeutet diese Übung?“
„Im Yoga ist dies die Stellung eines Embryos im Mutterleib. Mit ihr üben wir Demut, Urvertrauen und völliges Loslassen.“
 „Und, hast du es geschafft, kannst du loslassen, hast du dieses Urvertrauen?“
„Noch nicht wirklich“. Mehr sagte Caroline nicht. Fragend schaute ich sie an: „Völliges Loslassen! Gibt es das wirklich? Kann man das üben?“
Behutsam hatte sie den Arm um mich gelegt.: „Ich weiß, dass dir das unvorstellbar ist. Bei deiner Lust zu leben wirst du loslassen sofort mit Tod verbinden, stimmt’s?“
Ich hatte mich einen Augenblick der Wärme von Carolines Umarmung hingegeben, bevor ich antwortete: „Möglich. Aber wieso schaffe dann ausgerechnet ich eine solche Skulptur. Ist doch seltsam, oder?“
„Find ich nicht. Vielleicht willst du damit unbewusst deine Sehnsucht nach innerer Ruhe, nach Furchtlosigkeit, mehr Leichtigkeit und weniger Hinterfragen ausdrücken.“
Richtig auf ihre Argumente eingehen konnte ich nicht, denn wie immer hatte sie es eilig und war weg, bevor ich antworten konnte.
Heute Morgen betrachte ich nachdenklich meine Skulptur.  Demut? Nein, ich kann keine demütige Haltung in dir sehen. Embryo im Mutterleib – die Vorstellung von völligem Behütetsein und gleichzeitigem unwiderruflichem Loslassen ist zwar schön, aber was ist mit der jahrelangen gegenseitigen Abhängigkeit?’ Wieder erwische ich mich dabei, dass ich mit dieser Knienden wie mit einer lebendigen Frau spreche. Heute ist auch das anders, denn wo ist ihr leises Raunen, warum spricht sie nicht wie immer zu mir?
Unsicher überlege ich: ’Mein Unterbewusstsein soll also diese Sehnsucht, von der Caroline sprach, schon ausgedrückt haben. Dann versuch ich doch mal, die Stellung von dir einzunehmen.’
Mit bloßen Händen fege ich schwarze Steinsplitter und Staub ein wenig zur Seite, dann lass ich mich langsam auf dem Boden nieder – zuerst auf die Knie, mache danach den Körper ganz lang, lege den Kopf auf die Arme, spüre den harten Fußboden mit jeder Faser meines Körpers und empfinde alles nur als höchst unbequem. Da war absolut nichts von all dem, was Caroline hinter meiner Arbeit vermutet.
Mühsam erheb ich mich, greif wieder nach dem Meißel: ‚Ich muss es tun. Du siehst zu unverletzt, zu heil aus. Ich schaffe nicht etwas, das ich nicht nachvollziehen kann’.
Und mit leichten Schlägen bringe ich dem Rücken dieser Frauengestalt eine tiefe Wunde bei. Vorsichtig, damit der Stein nicht splittert. Während ich die Raspel ansetze, führe ich mein imaginäres Gespräch fort. ‚Du musst das einfach verstehen, ich kann Unabänderliches noch nicht akzeptieren, ich bin einfach zu verwundbar in meiner Angst davor, dass unbarmherzig Tag für Tag verrinnt – verrinnt wie mein Leben.’
Wie tröstend  streichle ich noch einmal über den Frauenkörper. Als Entschuldigung?  Ich weiß es nicht.
Das feuchte Sandpapier bleibt auf dem Tisch liegen. Noch ist die Zeit nicht gekommen, um ungewollte Einkerbungen oder Unebenheiten dieses Eingriffs  zu glätten und zu polieren.
Als ich den Meißel und die Raspel säubere, überlege ich angestrengt: Caroline hat doch noch etwas gesagt?
Aber es fällt mir nicht mehr ein, obgleich ich ahne, dass es etwas sehr Wichtiges gewesen sein muss.

Ich habe viel gestrichen, wie Du siehst und auch Ausdrücke und Sätze von Dir eingefügt. Also nochmals danke. Und Dir jetzt erst mal viel Erfolg mit Deinem Klappentext.
LG. madrilena


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Teutoni62
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Beitrag23.09.2012 09:13

von Teutoni62
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Hallo madrilena,

hier meine 1. kurze Sonntags-Vormittag-Kritik:
Langsam, wie in Zeitlupe, entgleitet mir der Meißel.- OK
Mit einem leisen Aufprall schlägt er auf den Boden. Leiser Aufprall? – würde ich ändern.
Genervt heb ich ihn auf und wende mich der verhüllten Statue auf dem (breiten=Adjektiv!)
drehbaren Bock zu.

 Zärtlich streiche ich über den rauen (Stoff=nichtssagend-Hülle?) und spüre die Rundungen der Frauengestalt, die mich seit Monaten hier (im Obergeschoss meiner Wohnung) gefangen hält – doch hier bin ich frei, hier bin ich glücklich.)
(Hier, im Obergeschoss meiner Wohnung, verbringe ich die (meiste Zeit=Wiederholung) und nur hier fühle ich mich frei und ungebunden. = ersatzlos streichen?)
Niemand kennt mich so – außer Caroline. Ich stelle mir das Erstaunen derjenigen vor, für die ich die (elegant gekleidete)=elegante Reiseleiterin bin, die (Gruppen)=Touristen in (viele europäische und afrikanische)= fremde Länder begleitet.
Hier oben bin ich eine andere - ungeschminkt, die Haare hoch gebunden, in bunte (lange) Gewänder aus (grobem) Leinen gehüllt und an den nackten Füßen (offene) Sandalen. Bin diszipliniert beim Arbeiten und chaotisch zugleich: Werkzeuge, Fotos, Skizzen und (erste) Entwürfe in Ton stapeln sich auf Tischen. An einer der Wände steht mein alter (großer) (Eichen)-Schrank, in dem ich meine allerersten Versuche aufbewahre. Alles hebe ich auf, nichts kann ich wegwerfen. auch keinen misslungenen Beginn eines neuen in Ton geformten Gedankens. Ich bin unfähig die Vorfreude und Aufregung, die in diesen Anfängen stecken, einfach zu entsorgen.

Madrilena – dieser Absatz zeigt mir am besten in welchem Schreib-Dilemma Du steckst. Meine Diagnose mittelschwere Adjektivitis.Nichts gegen Adjektive, aber Du setzt sie vor Substantive, die eigentlich das Adjektiv erklären.
Beispiel1: lange Gewänder = Gewänder sind lang!
Beispiel 2:grobem Leinen = klingt gut, aber unötig!
Beispiel 3:offene Sandalen=Sandalen sind in der Regel offen!

Hier möchte ich erst einmal enden und Dir Zeit zur Überarbeitung geben.
Liebe Grüße, Frank


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madrilena
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Beitrag24.09.2012 08:43

von madrilena
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Guten Morgen Frank
Tipps beherzigt, außer der rot glühenden Lavaglut - die stieß gestern in der Schreibwerkstatt auf Ablehnung und nicht nur da, sondern auch bei mir. Habe den Satz - da mir das Bild gefällt - umgeändert in: Nachts im Traum sehe ich sie der roten Lavaglut entsteigen und zu kaltem gläsernen Schwarz erstarren, das mit der Finsternis verschmilzt. Ich glaube, so ist es gut.
Werde meine Adjektivitis behandeln! Schade, dass Du nicht mein Lektor sein kannst (oder vielleicht doch?) - auch wenn man selbstverständlich nicht alles befolgt, erstaunt es mich doch, wie zwei Stilrichtungen aufeinander treffen und sich gegenseitig verbessern können (siehe Dein Klappentext und natürlich meinen Text, den ich gern von Dir beeinflussen lasse.)
Ich wünsche allen einen guten Wochenanfang und viel Kreativität.
madrilena


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Beitrag24.09.2012 16:18

von Teutoni62
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Gern geschehen madrilena,

unter schwerster Adjektivitis habe auch ich am Anfang gelitten. Nur das Dein leicht lyrischer, beschreibender Schreibstil, dafür prädestinierter ist. In meinem Abenteuer-Genre müssen dem Leser starke Substantive und Verben in die Augen knallen und nicht laue, weichgespülte, rosarote, körperwarme Adjektivketten.
Bewusst habe ich hier einmal so eine Adjektivkette eingebaut, vielleicht etwas überspitzt, aber doch erhellend. Irgendwo habe ich einmal gelesen, Adjektive sollte man so sparsam wie Gewürze einsetzen, und ich denke da liegt viel Wahrheit drin.
Gerne schaue ich hin und wieder(21.12.2012!) in Deine Texte, um zu mindestens  einige Deiner Adjektivmonster aufzuspüren, wobei ich mich bei einigen Deiner Adjektivhäufungen, z.B.: Langsam, wie in Zeitlupe … , auch gern eines Besseren belehren lasse.

Ich wünsch Dir ebenfalls eine schöne Woche und sende Dir liebe Grüße Frank


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Beitrag26.09.2012 20:10

von madrilena
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Hallo an alle Kritiker. Ich wäre sehr froh, wenn ich Kritik bekäme - sie ist so wichtig für mich und hat mir in den letzten Tagen schon manchen neuen Weg gezeigt. Siehe das Präsens oder die Ichform - es ist ein ganz anderer Text geworden. Und jetzt habe ich auch wieder Lust zu schreiben.
Herzlicht madrilena


12
Ich bin so verstört durch die Begegnung mit Caroline, dass ich keinen Menschen sehen und mit niemandem sprechen möchte. Wie sollen wir je wieder den Weg zueinander finden. Sie ist doch mein Kind! Meine Tochter! Immer sind wir uns so nah gewesen, vor allem nach dem gemeinsam durchlebten Leid und der Zeit danach.
Meine Welt erscheint mir plötzlich fremd und kalt. Mainz ebenso wie meine Wohnung. Manchmal glaube ich, keine Luft zum Atmen mehr zu haben, ersticken zu müssen.
Nur in meinem Atelier kann ich wenigstens zeitweise den trüben Gedanken entfliehen. Nehme gierig den Geruch nach Stein, Staub und Jahrhunderten auf. Blicke auf das Durcheinander von Entwürfen, Skizzen und halbfertigen Arbeiten aus Ton zum neuen Projekt, das mich vor der Auseinandersetzung mit Caroline so völlig gefangen genommen hat.
Sehnsüchtig erinnere ich mich meiner Unbeschwertheit damals, als ich kurz entschlossen eine Tagesfahrt zum Schloss Sayn unternommen hatte. Ein Zeitungsartikel hat mich auf diesen Ort aufmerksam gemacht. Nicht das im alten Glanz wieder auferstandene Schloss am Fuß des Burgbergs in der Nähe von Koblenz hat mich interessiert.
Verzaubert war ich vom Schlosspark mit seinen hohen alten Bäumen, den Bächen und Teichen und dem Garten der Schmetterlinge. Zwischen Bananen, Hibiskus und vielen anderen tropischen Pflanzen, umflattert von unzähligen Schmetterlingen, fühlte ich mich in eine andere Welt versetzt. Gebannt hatte ich der Beschreibung des Gärtners gelauscht, der mir den großen Atlas-Spinner aus China zeigte, der bewegungslos auf Orangenscheiben verharrte, weil der Saft und Duft der vergärenden Frucht ihn betrunken machte. Ich war mit meinen Blicken dem majestätischen Flug des blauen brasilianischen Morpho gefolgt, dessen Freiheitsdrang am Dach des Glashauses endete.
Und hier geschah es - hier in diesem tropischen Stückchen Urwald hatte ich die Idee zu meinem nächsten Thema gefunden. Es geschah, als ich die verpuppten Larven der Schmetterlinge entdeckte und voller Bewunderung beobachtete, wie aus einem der aufgehängten Kokons ein Schmetterling schlüpfte. Gebannt verfolgte ich dieses langsame Werden. Innehalten. Den Versuch, wieder zurück zu kriechen in die Sicherheit der Hülle. Dieses Zaudern und doch nicht mehr aufzuhaltende Entstehen eines völlig neuen Daseins. Schwebend und befreit von irgendwelchen Fesseln.
In diesem Augenblick entschied ich, ‚das wird meine neue Arbeit’. Eine Skulptur aus drei Teilen, zuerst der verschlossene Kokon – geheimnisvoll und rätselhaft - dann das Wagnis, den Schutz und die Wärme hinter sich zu lassen und zuletzt die unbegrenzte Freiheit des Davonfliegens. All dies wollte ich in dieser Schmetterlingstrilogie ausdrücken.
Heute Morgen, die Sonne war gerade aufgegangen, habe ich in meinem kleinen Lager den weißen Macael, einen Marmor aus der Nähe von Almeria wieder entdeckt. Jenen Stein, der schon seit mehr als 700 Jahren die Alhambra von Granada ziert.
Ich brauche ziemlich viel Kraft, um ihn auf meinen Arbeitsplatz zu hieven. Und dann ist mir, als wolle er, dessen Reinheit in diesem frühen Licht besonders intensiv strahlt, wie mit einer geheimen Kraft all meine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Ich spüre plötzlich den intensiven Wunsch, mit ihm zu sprechen, ihm zuzuflüstern: ‚Hallo, kannst du mich hören? Ich habe dich ausgesucht, um aus dir heraus etwas Wunderbares zu gestalten – bist du damit einverstanden?’ Gleichzeitig empfinde ich wieder diese Magie, die von dem Stein auszugehen scheint, obgleich er doch bisher für mich noch nichts anderes verkörpert als einen Traum. Nein, nicht nur Traum – er ist vor allem ein Zeichen für Unvergänglichkeit.
Vor Tagen las ich in einem Buch über Mythen eine kleine indonesische Geschichte, die mich sehr berührte: Obgleich ich auch nach wie vor erstaunt darüber bin, dass mir, gerade mir der ewig Zweifelnden, der alles Hinterfragenden diese begegnete. Oder ist es gerade deshalb?
Sie spielt am Anfang aller Zeit, der Himmel war noch ganz nah über der Erde, und Gott ließ für das erste Menschenpaar seine Gaben an einer Schnur hinunter. Einmal schickte er ihnen einen Stein, aber erstaunt und verletzt wiesen die Menschen ihn zurück. Ein wenig später ließ Gott an der Schnur eine Banane hinunter, die sofort freudig entgegengenommen wurde. Da hörten sie über sich die Stimme des Schöpfers: „Ihr habt die Banane angenommen, also wird euer Leben so vergänglich sein wie das einer Frucht. Wenn ihr aber den Stein gewählt hättet, so wäre euer Leben wie das des Steins, unveränderlich und unsterblich.“

Unsterblich! Während ich mich dieser kleinen Parabel erinnere, überfällt mich eine tiefe Trostlosigkeit. Immer wieder taucht sie auf, diese latent stets vorhandene Angst vor dem Nichts, vor dem Tod. Ich habe das Gefühl, als umhülle sie mich wie mit einem großen grauen Tuch. Ist deshalb Philipp so wichtig für mich? Will ich mich durch und mit ihm noch einmal und immer wieder aufs Neue lebendig fühlen?’
Ich hebe den Kopf, ein Sonnenstrahl, der durch die weit geöffneten Fenster scheint, blendet mich. Und da sehe ich den Macael wieder in jenem unwirklichen, eher überirdischen Licht aufleuchten, ein Licht, das das Gegenwärtige verdrängt. Jede Pore und jede Kante, jede Schnittstelle und Unregelmäßigkeit strahlt in einem Glanz, wie ich ihn noch nie in meinem Leben wahrgenommen habe. Ich erhebe mich, zitternd und unsicher, streich mit bebenden Händen über seine Oberfläche, lege meine Finger in seine Vertiefungen, und es scheint, als wolle der Stein sein Geheimnis enthüllen. Plötzlich fühle ich eine ganz neue Kraft in mir und ich ahne, dass ich eines Tages diese Trostlosigkeit überwinden werde. Sie kann doch nicht all die Jahre, die mir vielleicht noch bleiben, wie ein Damoklesschwert über allem, was ich fühle, denke und unternehme hängen. Ich will das nicht! Ich fühle mich so lebendig, ich sehne mich so sehr danach, aufzubrechen!
Wohin?
Ich weiß es nicht. Vielleicht in eine neue Gedankenwelt, in fremde Kontinente, in noch nie gelebte Erfahrungen….
Und Caroline?
Und Philipp?


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Beitrag26.09.2012 23:09

von firstoffertio
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Hallo Madrilena, mir gefällt der Teil, den du zuletzt eingestellt hast.
Ich bin nicht geeignet zur Arbeit an Sätzen und Einzelheiten.

Wollte aber sagen, mir gefällt, dass Steine in deinem Roman anscheinend eine große Rolle spielen. Wenn sich das durchzieht, wäre es ein vielleicht dann mal ein Geschenk für meinen Bruder, der Steinmetz ist.

Ich wusste bisher auch nicht, dass geschlüpfte Schmetterlinge versuchen, wieder in die Hülle zurückzureichen, Das ist interessant. (Chrysalis heissen die Hüllen, nicht? Oder nur die, die noch besetzt sind? Das Wort finde ich so schön.)
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