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Lovecraft Wortedrechsler
Alter: 33 Beiträge: 68 Wohnort: Zürich
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06.12.2007 22:20 Parabel: Der verheißungsvolle Morgen von Lovecraft
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Der verheißungsvolle Morgen
Rudolf K. erhob sich eines Morgens aus unruhigen Träumen von seinem Lager und fand das ganze Zimmer von verheißungsvollem Sonnenschein durchflutet. Gebückt trat er ans Fenster, seine Wanduhr beim Durchqueren des Raumes ins Auge fassend¬ –es war neun Uhr– und blickte hinaus auf einen strahlend blauen Himmel, an dem kein Wölkchen den Mut besaß sich zu vermaterialisieren, kurz die Grenze zwischen Vorstellung und Wirklichkeit zu überschreiten, um die graue Monotonie der Realität mit ihrem Erscheinen aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Und das war auch gut so, denn Rudolf K. wollte an diesem Morgen einmal ins Grüne fahren, um sich zu entspannen und durch einen längeren Aufenthalt inmitten der Natur dem Labyrinth aus Gedanken und Problemen, die seinen Geist in rastloser Unruhe gefangen hielten, zu entfliehen. Bei diesem Vorhaben wäre ihm eine Wolke und sei es noch die Kleinste gewesen sehr ungelegen gekommen. Aber nach einem so unerfreulichen Durchkreuzen seiner Pläne sah es ja wirklich nicht aus.
Trotzdem unterzog Rudolf K. den Himmelsteppich, der sich bis ins Unendliche auszudehnen schien, noch einmal einer näheren Untersuchung, da sich in ihm unbestimmbare Zweifel regten, die er weder erklären, noch von sich weisen konnte.
Alles erstrahlte im tiefsten blau. Ein Sommertag, so schön und jung wie die Knospe einer noch nicht erblühten Rose, schien seinen Lauf zu nehmen.
Doch was war das?!
Da in weiter Ferne, wo sich die Schatten des Waldes mit der klaren Helligkeit des Himmelssaumes vereinigten waren bei näherer Betrachtung Schemen weißlichen Dunstes zu erkennen, gewissermaßen Vorboten einer grauen, alles umspannenden Wolkendecke.
Tief in seinem Innern hörte Rudolf K. schon das Donnern des bevorstehenden Unwetters, vernahm schon das Prasseln des Regens, der ohne Zweifel bald vom jetzt noch spöttisch strahlenden Himmel hinabstürzen werde. Der Tag, der so vielversprechend begonnen hatte, war verloren, Rudolf K.’s Traum von einem Ausflug ins Grüne gestorben.
Weitere Werke von Lovecraft:
_________________ "That is not dead which can eternal lie / And with strange aeons even death may die." - H. P. Lovecraft |
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Eireena Eselsohr
Beiträge: 360
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07.12.2007 10:54
von Eireena
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Hallo,
Deine Parabel gefällt mir. Das Bild ist anschaulich und die Aussage kommt klar rüber.
Was mich ein wenig stocken ließ, ist die Beschreibung des Himmels:
Zitat: |
es war neun Uhr– und blickte hinaus auf einen strahlend blauen Himmel, an dem kein Wölkchen den Mut besaß sich zu vermaterialisieren, kurz die Grenze zwischen Vorstellung und Wirklichkeit zu überschreiten, um die graue Monotonie der Realität mit ihrem Erscheinen aus dem Gleichgewicht zu bringen.
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"strahlend blauer Himmel" ist scheußlich.
Dann verstehe ich inhaltlich nicht, warum eine sich bildende Wolke die Grenze zwischen Vorstellung und Wirklichkeit überschreitet.
Wenn sie sich bildet ist sie enbso Realität und gehört dann auch zu der grauen Monotonie der Realität?
Das ganze kommt mir etwas zu wuchtig daher, ohne dass es besonders nachvollziehbar ist.
Vielleicht bin ich auch nur noch nicht wach genug. Kannst es ja vielleicht kurz erklären
LG
Eireena
_________________ Wer A sagt, beherrscht noch lange nicht das ganze Alphabet. © Andreas Marti |
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7760 Wohnort: Oderint, dum probent.
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07.12.2007 11:39
von Brynhilda
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Hallo Lovecraft!
Erst einmal: Mir hat diese Parabel sehr gefallen.
Sicher habe auch ich den einen oder anderen Kritikpunkt.
Der eine betrifft erst mal ganz klar die Kommas.
Zitat: | Aber nach einem so unerfreulichen Durchkreuzen seiner Pläne sah es ja wirklich nicht aus. |
Dieser Satz beginnt stilistisch ziemlich groß und verebbt im Banalen.
"Ein Durchkreuzen seiner Pläne war icht zu befürchten" oder etwas derartiges würde besser in diesen Satz passen.
Zitat: | Alles erstrahlte im tiefsten blau. |
Hier ist das Blau ein Substantiv und muß groß geschrieben werden.
Aber abgesehen davon finde ich, daß dir hier ein wirklich schöner, aussagekräftiger, spannender Text gelungen ist. Mit so wenig Worten ist es dir gelungen, deine Figur des Rudolf K. umfassend zu schildern. "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen", und bei Rudolf K. erkennt man eine Menge.
Sicher wird er niemals einen Tag im Grünen verbringen, denn die Perfektion, nach der er strebt, gibt es nicht in dieser welt. Und auch an den sonnigsten aller Tage hängt Dunst über dem Horizont.
Rudolf K. wird niemals der Enge seines eigenen Gedankenlabyrinthes entfliehen. Genau aus diesem Grund.
Die Lektüre war, wie immer, mir ein Vergnügen!
Mit vielen Grüßen,
Brynhilda!
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Lovecraft Wortedrechsler
Alter: 33 Beiträge: 68 Wohnort: Zürich
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07.12.2007 11:41
von Lovecraft
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Ich will erst mal sehen, was andre Leser dazu zu sagen haben. Dann will ich dir gerne mit Erläuterungen behilflich sein.
_________________ "That is not dead which can eternal lie / And with strange aeons even death may die." - H. P. Lovecraft |
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Lovecraft Wortedrechsler
Alter: 33 Beiträge: 68 Wohnort: Zürich
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07.12.2007 11:51
von Lovecraft
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Du hast die Grundaussage der Parabel einwandfrei erfasst. Danke für die Rezension!
P.S Hast du schon meine andre Parabel gelesen?
_________________ "That is not dead which can eternal lie / And with strange aeons even death may die." - H. P. Lovecraft |
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7760 Wohnort: Oderint, dum probent.
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07.12.2007 12:00
von Brynhilda
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Lovecraft hat Folgendes geschrieben: | Du hast die Grundaussage der Parabel einwandfrei erfasst. Danke für die Rezension!
P.S Hast du schon meine andre Parabel gelesen? |
Gelesen habe ich sie schon, aber noch nicht kommentiert.
(Das ist ja offentlichlich.)
Aber das werde ich noch nachholen. Versprochen!
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