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Szenenanalyse 113-115 Karoline und Kasimir


 
 
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Tini
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Alter: 31
Beiträge: 14
Wohnort: hamm


Beitrag23.07.2012 22:09
Szenenanalyse 113-115 Karoline und Kasimir
von Tini
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi liebe Schreibfreunde,

ich habe zur Übung für den Deutschunterricht die Szenen 113-115 von Horváths Stück Kasimir und Karoline analysiert. Die Grundlage meiner Zeilenangaben und Seitenangaben ist die Auflage von 2009 vom Klett Verlag.


Das Drama „Karoline und Kasimir“, das von Ödon von Horváth verfasst und 1932 am 18 November in Leipzig uraufgeführt wurde, befasst sich mit der Art und Weise, wie Menschen miteinander leben und wie sie sich in wirtschaftlichen Krisen verhalten. Da Horváth schon als Kind durch die Umzüge und durch den Krieg viele verschiedene Eindrücke von unterschiedlichen Bevölkerungen erlebt hat und er, wie er selbst sagte, dass er keine Heimat kenne, ist es verständlich, dass er sich mit dem Volk in seinen Stücken intensiv auseinandersetzt und viele daher auch Volksstücke wie zum Beispiel Kasimir und Karoline sind.
Das Volksstück “Kasimir und Karoline” spielt auf dem Münchner Oktoberfest zur Zeit der Weltwirtschaftskrise. In den Szenen 113 bis 115 geht es um Karolines Liebe und ihre Beziehungen. Den Szenen geht voraus die Verhaftung vom Merkel Franz, das gute Verhältnis zwischen Erna und Kasimir und die Undankbarkeit des Herrn Rauch für die Rettung seines Lebens durch Karoline. Bei Szene 113 versucht Karoline ihre Ehe zwischen ihr und Kasimir zu retten, indem sie seine Worte wiederholt, ihm zustimmt, dass sie ihn verlassen hat, weil er arbeitslos ist und ihm erzählt, dass sich alles so ereignet hat auf dem Münchener Oktoberfest, weil der Kommerzienrat sie nur für sein Vergnügen ausnutzt, wie er es vorausgesagt hat. Kasimir bejaht ihre Worte, doch als sie sagt, dass sie zu ihm gehöre widerspricht er und macht ihr klar, dass ihre Ehe zu Ende sei.  Danach küsst sie ihn überraschenderweise.  Als sie dann merkt, dass Kasimir von ihrem Kuss angewidert, dass seine neue große Liebe Erna ist und dass ihr letzter Versuch Kasimir zurück zu gewinnen, indem sie Erna ins Gewissen redet, da sie ihren Mann hintergeht ist, scheitert, spürt sie, dass ihre Ehe unvermeidlich kaputt ist.                                                                                                                                                                                              In Szene 114 wird Karoline deutlich, dass nicht nur ihr Traum in eine höhere Gesellschaftsschicht aufzusteigen nicht in Erfüllung geht sondern auch dass sie ihr durch hartnäckiges Bestreben ihre Sehnsucht zu erreichen, ihren Ehemann verloren hat.                                                                                                                      In Szene 115 versöhnen sich Karoline und Schürzinger. Schürzinger erkennt Karolines miserable Lage,  wirbt um sie, indem er ihr neue Hoffnung gibt. Er bedankt sich bei ihr für seine Beförderung zum Oberleutnant ,  zietert Coué , behauptet, dass sie einen Partner brauche und drückt somit indirekt aus, dass es mit einer Beziehung mit immer besser gehe. Karoline wiederholt  zunächst zögerlich seine Worte doch nach ihrem Kuss spricht sie sie sicher und bestimmt. Im Anschluss geht es mit einem kurzen Gespräch zwischen Erna und Kasimir und mit einem gemeinsamen Lied weiter.
Anhand des Gesprächsverhalten zwischen Kasimir und Karoline erkenne ich, dass es beiden Figuren sehr schwer fällt, sich zu unterhalten. Kasimir gibt Karoline  meist nur sehr knappe Antworten. Außerdem zeigen sie, dass Kasimir sich schon von Karoline distanziert hat. Denn mit „Jawohl Fräulein“ macht er zum Ausdruck, dass er nicht einmal Karolines Namen kennt. Wahrscheinlich stimmt er ihr am Anfang des Gesprächs nur, als Zeichen dafür, dass er sie verstanden hat, dass sie seine Worte richtig wiedergegeben hat und daher dass sie schnell fortfährt, damit das Gespräch schnell endet und sie ihn Ruhe lässt, zu. Doch Karoline macht es nicht schnell. Sie macht Pausen beim Sprechen, damit ihre Worte wohl überlegt sind, sie bei Kasimir gut ankommen und er ihr somit verzeiht. Erstaunlicherweise entschuldigt sie sich aber nicht für ihr Verhalten, sondern bemitleidet sich. Sie erzählt, wie ihr Traum „Ich habe es mir eingebildet, dass ich mir einen rosigeren Blick in die Zukunft erringen könnte …(S.60 Z.5+6)“geplatzt ist und welch großes Unrecht Rauch ihr angetan hat „Zum Beispiel habe ich dem Herrn Kommerzienrat das Leben gerettet, aber er hat davon nichts wissen wollen (S.60 Z.7-10)“. Meiner Meinung nach ist Karoline heuchlerisch und egoistisch. Sie geht zu Kasimir, tut so, als wenn sie ihn verstehe und liebe, fordert aber von ihm, dass er ihr ohne eine Entschuldigung vergibt. In Wahrheit hat sie vermutlich im Falle einer Arbeitslosigkeit, Angst sich alleine versorgen zu müssen, da Rauch sie ablehnt und sie sich nicht selbst erniedrigen will, um in der Gesellschaft aufzusteigen „Aber ich müsste so tief hinunter, damit ich höher hinauf kann (S.60 Z. 7+8)“  Ohne die Entschuldigung macht Karoline zusätzlich noch deutlich, dass sie sich für etwas Besseres hält. Sie denkt wahrscheinlich, dass Kasimir sich glücklich schätzen soll, dass sie zu ihn noch zurück kommt,  da schließlich er arbeitslos ist und nicht sie. Sie geht sogar so weit, dass sie ihn küsst, obwohl er kurz davor ausdrücklich erklärt, dass ihre Beziehung zu Ende sei. Interessant ist, dass Erna sich nach dem Kuss zum ersten Mal ins Gespräch einmischt und sie davor sowohl von Karoline als auch von Kasimir gar nicht beachtet wurde. Anscheinend will Kasimir nicht, dass Karoline sich in seine neue Beziehung, wie es aus seiner Erwiderung „Das geht dich einen Dreck was an (S.60 Z.25) herausgeht, als Karoline ihn fragt, ob Erna seine Karoline sei. Vermutlich hat Karoline Erna zunächst ignoriert, weil sie nichts mit Menschen zu tun haben will, die sie sich mit Kriminellen wie Merkel Franz abgeben. Deshalb verteidigt sie sich auch so vehement, als Erna behauptet, dass sie kein Feingefühl habe. Durch die an Erna gerichtete Beschimpfung „Zuchthäuslerin (vgl. S.60 Z.31)“ wird klar, dass Kasimir sich persönlich von Karoline angegriffen fühlt. Denn er beleidigt sie, fordert sie auf zu verschwinden und macht dadurch zum letzten Mal deutlich, dass die Ehe zwischen ihm und ihr zu Ende ist.  Obwohl er hin und wieder barsch und kurz angebunden zu Karoline ist, finde ich, dass er sehr beherrscht ist bei ihrem Gespräch ist. Schließlich hat sie ihn zu tiefst verletzt und verlangt von ihm so zu tun, als wenn nichts vorgefallen wäre. Er ist ein Mensch, der zwar versucht aus seiner Situation, das Beste zu machen z.B. versucht er in seiner Arbeitslosigkeit eine neue Partnerschaft aufzubauen, aber er dabei seine Mitmenschen nicht ausnutzt, sondern sie respektvoll behandelt.
Erna hat einen ähnlichen Charakter wie Kasimir. Sie hat jedoch kein großes Selbstbewusstsein und ist naiv. So sagt sie Karoline nicht die wahren Gründe, weshalb sie ihren Mann verlässt. Wahrscheinlich will sie kein schlechtes Gewissen und redet sich deshalb ein, dass ihr Mann im Gefängnis sterben wird. Vielleicht schämt sie sich auch, dass sie so lange einen brutalen und kriminellen Partner hatte. Indem sie sich ins Gespräch einmischt, zeigt sie auch, wie wichtig es ihr ist, dass sich Karoline und Kasimir endgültig trennen. Sie gibt ihm nämlich Kasimir einen weiteren Grund „Ich versteh gar nicht, wie man als Frau so wenig Feingefühl haben kann (S.60 Z.22+23)“, sich von ihr zu trennen. Obwohl sie Kasimirs und Karolines Trennung will, schützt sie Karoline vor weiteren Beleidigungen von Kasimir, indem sie auf ihn beruhigend auf ihn einredet.  Daran erkennt man, dass sie einerseits Beleidigungen gut ignorieren kann, sie aber andererseits keinen neuen Lebensgefährten haben will, der seine Mitmenschen beschimpft.
In Szene 114 wird offensichtlich, wie stark Karolines Wunsch auf ein besseres Leben und somit auf eine höhere gesellschaftliche Schicht ist. Denn in ihrem Trübsal sagt sie, dass sie von ihrer Sehnsucht mit gebrochenen Flügeln zurück gekehrt ist. Die Metapher „mit gebrochenen Flügeln zurückkehren (S.61 Z.2)“ bedeutet, dass sie völlig am Boden zerstört ist. Sie merkt, dass sie ihren Traum nicht erfüllen kann und dass sie ohne Ehemann ihr Leben alleine meistern muss. Anscheinend kann sie das noch nicht alles richtig begreifen und steht sozusagen neben sich „..Leben geht weiter, als wär man nie dabei gewesen (S.61 Z.3)“.
In Szene 115 wird deutlich, dass Schürzinger total verliebt in Karoline ist und dass er sich sehr gut in ihr hineinversetzen kann.  Zunächst erzählt er ihr von seiner Beförderung zum Oberleutnant, da er sehr genau weiß, dass sie erfolgreiche Männer mag. Mich wundert es jedoch, dass er sich dafür bedankt. Ich vermute, dass das zwei Gründe hat:                                                                                                               Erstens will er ihr damit verdeutlichen, dass ihr Fremdgehen gut war, da er ansonsten befördert wäre. Zweitens will er nach ihren vielen Enttäuschungen ihr endlich wieder einmal ein Erfolgserlebnis bescheren.

Anscheinend gefällt Karoline Schürzingers Beförderung, die dadurch Schürzinger anziehend macht und in ihr ihre Sehnsucht neu entfacht. Sie entschuldigt sich nämlich bei ihm „Ich habe dich vor den Kopf gestoßen und das soll man nicht, weil man alles zurückgezahlt bekommt (S.61 Z.15)“ Trotz ihrer Entschuldigung erkennt man jedoch, dass sie kein Mitgefühl hat und nur an sich selbst denkt. Sie ist der Meinung, dass man seine Mitmenschen nicht verletzen darf, weil man sich früher oder später selbst damit schadet und nicht weil es den anderen wehtut. Interessant ist, dass Schürzinger ihre Entschuldigung falsch versteht. Vielleicht ist er eingebildet oder er hofft, dass sie einfühlsam und nicht so scharf Wohlstand ist, sodass er ihr indirekt anbietet, mit ihm in eine Partnerschaft einzugehen „Du brauchst einen Menschen, Karoline (S.61 Z.16)“. Mit ihrer Antwort „Es ist immer der gleiche Dreck (S.61 Z.17) sieht der Zuschauer oder der Leser, dass sie aus dem Oktoberfest gelernt hat. Sie denkt, dass Schürzinger so tut als ob er demütig wäre und er für sie nur das Beste wollte, doch in Wahrheit er wie Speer und Rauch sie nur für sein Vergnügen ausnutzen will.  Schürzinger erkennt, dass er mit der Partnerschaftsanfrage auf keine Sympathien von Karoline stößt. Deshalb versucht er ihre Sehnsucht noch mehr zu entfachen, indem er behauptet, dass es im Leben immer besser gehe (vgl. S. 61 Z. 18). Sie glaubt, dass diese Worte wieder nur dazu führen sollen, sie mit ihm ins Bett zu kriegen. Deshalb fragt sie nach, vom wem diese Weisheit sei. Als sie von Schürzinger erfährt, dass diese Worte von Coué stammen, hält sie ihn vielleicht gebildet, zumindest vertraut sie ihm jetzt, da sie sich von ihm küssen lässt.
Meiner Meinung nach ist die Funktion der Szenen innerhalb des Stückes, dass sie dem Leser oder dem Zuschauer zeigen sollen, dass einerseits Beziehungen in Krisen sehr häufig zerbrechen aber sie andererseits dann besonders wichtig sind, weil sonst Menschen mit der Situation alleine überfordert sind und daran kaputt gehen. Ich bin der Meinung, dass die Szenen Horváth besonders gut gelungen sind. Zum Beispiel erkennt man sehr schön, dass Karoline nach ihrer Trennung an ihrer Sehnsucht zu Grunde geht. Außerdem macht Horváth mit den Szenen gut deutlich, dass die Erwartungen der Menschen an ihrem Partner sich nach einer Trennung ändern und dass es sehr wichtig ist, dass sie diese in schwierigen Zeiten erfüllen.

Ich bedanke mich schon mal im Voraus für eure Kommentare und eure Hilfe.

Viele Grüße
Konstantin von Renesse

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