im stein baden

[jim-knopf]

im stein baden

über timbuktu
dehnt sich die sonne zu streifen
die irgendwo am stadtrand nach unten knicken
das ist da wo mein herz ist wo
sie den boden berühren

in den schlechten nigerianischen filmen
besteht das fbi aus schwarzen männern mit schnauzer
der busfahrer zeigt zum vierten mal den ersten teil
eines vierteilers und der sahel zieht
seine staubkruste am fenster vorbei

in der ferne die zelte des islamisten
ich habe den koran nicht gelesen aber sie werden
schon ihre gründe haben für krieg
und zerstörung ein flimmernder himmel
und ein barfüßiger prophet mit marihuana in der unterhose   

und ich bin nicht in timbuktu gewesen und nicht
in den randgebieten der sahara
wo die reitervölker ihre trockenen gehirne in palmöl tunken
oder nicht ich muss kein gedicht über timbuktu machen
und nicht über sich dehnende sonnen und einen aidskranken
busfahrer aus burkina faso

über deutsches brot
und tage ohne sand
ich habe einen mann gesehen der
hat sich in der u-bahn nachts um halb zwei einen
runter geholt das schreibe ich
weil ich kein gedicht machen muss über schimmlige reitervölker
über den zerfall von staaten und kulturen
und über einen regentropfen

ich schreibe darüber im stein baden zu gehen

[toltec-head]

für jim

ALS leni riefenstahl 1956 auf der wohnzimmercouch in ihrer wohnung in pöckling am starnberger see das foto im stern eines mit weißer asche bestäubten nuba-ringkämpfers sah, dachte sie, da will ich hin. so wie leute ein gedicht von rilke lesen und denken, das will ich auch. als sie wieder zuhause in pöckling sich ihre fotos anschaute, war sie wie immer von sich und ihrem werk begeistert. ihre fotos sind von 1962. was ihr nicht auffiel, war, dass die ringkämpfer in der zwischenzeit bereits schimmel angesetzt hatten.

ALS die taliban im märz 2001 die buddha-statuen in bahmiyan sprengten, rief kurz vorher eine kuratorin des metropolitan museum mullah mohammed omar auf seinem handy an und bot ihm 20.000.000 dollar. dieser ging gerade in kabul spazieren, in der einen hand ein maschinengewehr mit lapis-lazuli versatzstücken, in der anderen einen jungen freund. beide waren geschminkt und ihre haare und bärte glänzten vor kostbarem öl. omar drückte den anruf sofort weg und spuckte in den sand der straßen von kabul. die sprengung war für ihn keine frage von kunst oder geld, sondern seiner religion.

http://3.bp.blogspot.com/_usfcTevxPF8/TVGl3bAG0fI/AAAAAAAAIpk/M_0oQf6Ldio/s1600/Image+793.jpg

http://atechnologyjobisnoexcuse.com/2007/10/taliban-portrait-sittings/

[jim-knopf]

hallo toltec

vielen dank für den kommentar. freu mich.
texte sind ja immer dazu da, im leser assoziationen zu wecken



gruß
roman

[toltec-head]

Kommentar? Sei nicht so formstreng. Gedicht! Meinetwegen kommentierendes Gedicht. Den Fließtext hatte ich erst später gewählt, ursprünglich sah´s anders aus.

Dachte "Leni in Afrika" könnte Dir gefallen. "Eva Braun in der Sahel-Zone" wäre noch ein besserer Titel, wollte mir aber kein Text dazu einfallen.

Ach ja, dass Dein Gedicht mir unabhängig von seiner inspirierenden Wirkung super gut gefällt, muss ich wohl nicht extra betonen...

LG Toltec