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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 06/2012
Ich fange mich


 
 
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palomina
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 197



Beitrag18.06.2012 20:00
Ich fange mich
von palomina
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich fange mich

"Das Bekannte überhaupt ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt."
(G.W.F. Hegel, aus: Phänomenologie des Geistes)



In dieser Nacht schlafe ich kaum. Zerbrechlich scheint sie mir wie dein glasklarer Atem an meiner Wange, Luftbrücke vielleicht zwischen visionären Welten. Immerzu muss ich dich ansehen, solange, bis flaumlichte Pfauenaugen durch meine Haut schimmern, die tiefer sehen, hinter deine Stirn tasten und ausruhen an deiner Brust, die sich gleichmäßig hebt und senkt.
Ich wiege mich wohlig in deinen Armen und lasse kleine Stoßgebete zum Traumflackern deiner Augenlider in das zögernde Licht des Morgens tanzen.
Lange bevor du aufwachst, bevor du irgend etwas wahrnimmst, fühle ich mich schon als  lächelndes Pfauenauge, fächelnder Nachtfalter und klingende Windgespielin deiner Tage.
Ja, den Rest deiner Tage und Nächte möchte ich so verbringen, dir so nahe, dass du ich bist, und ich du bin, und wir uns alles sind.
Endlich wecke ich dich mit einer sanften Berührung und kann ein "ich liebe dich" gerade noch in den Falten meines abgelegten Nachtgewands bergen. da mag es bleiben, bis du es aufspürst und hervorlockst, bis es dich danach verlangt.

Dann sitzen wir bei einem Wort aus Zimtwaffeln und Erdbeermarmelade, hüten die  Wärme in unseren Handflächen und trinken junges Lachen aus alten Tassen: Deine braunen Augen duften nach Kaffee, und ich schmecke nur dich.
Wir verstummen an der Hautgrenze, schweigen uns einmütig aus, und schweigen ohne Hast zu Ende. Du löst dich dann doch von mir mit einem Kuss an der Wohnungstür: ein neues Ritual vielleicht, das den Keim eines Zuhauses birgt?

Den ganzen Tag ungedulde ich dich herbei.
Nicht Ausgeträumtes schlummert noch in meinem Bett, ich hülle es in dichte Daunen und hoffe, so die Farben warm zu halten bis du wiederkommst.
Dein Hemd, achtlos hingeworfen, grüßt mit vertrautem Duft. Ich ziehe es über, ziehe darin ein, gebe meinem Warten hier Raum, einen Warteraum meinem Sehnen.
Ich meine, das Seufzen farbloser Knöpfe zu hören, seufze mit ihnen im Chor und hänge wie sie am seidenen Faden.
Am Abend schleichen kleine rosa Ohren heimlich davon   vor die Tür, schmiegen sich wie lauernde Kätzchen an den Boden, um deine Schritte nur ja nicht zu überhören. Beim leisesten Beben stolpert mein Herz und wirft sich dir an den Hals.
-

Es folgen Tage, angefüllt mit allerlei und unerfüllt bis zum Abend, und Tage, die wir zu Nächten machen, und nächtliche Wanderungen ins Schwemmland, zwischen uns angespült und natürlich gewachsen, eine Insel, von uns erworben, allmählich durchforstet und zu eigen gemacht.
Und so, losgelöst von allem, gehen Wünsche auf in meinem Schoß: harte, hastig hineingepresste, zornig zwingende wie auch seidig schimmernde, hingehauchte, sinnberauschte..., und keimen wieder und wieder an dem Punkt, da alles auseinanderbricht, in sich zusammenfällt.

Der Sommer löst den Frühling ab, versucht ihn in den Schatten zu stellen mit laszivem Müßiggang unter Aprikosenbäumen, mit dem sinnlichen Duft vollreifer Früchte und flimmernder Hitze über aufgeweichtem Asphalt.
-

Auf den Straßen brütet einer dieser späten Nachmittage zwischen all dem dicht geballten Leben Hirngespinste aus. Du trittst auf und an zur Showeinlage mit einem, der das Land bunt streicht, blinder Passagier vielleicht auf dem Weg zur Venus. Ampeln stehen auf Grün und Orangen blühen am Obststand um die Ecke . Schilt mich Närrin - doch sieh selbst   der Mond rollt durch die Gasse. Still verjubelt von der Masse hat die Sonne ab jetzt frei und das dröge Einerlei. Gauklerin, Akrobatin über dem Abgrund, so tanze ich auf angespannten Nerven Seil, schlage ans Ufer deiner Bettdecke, mit Übermut und Fantasie  raube ich dir  Grenzen, Bedenken, jeden Rückhalt, raubst du mir alles, stülpst mich um und um, füllst mich ganz mit dir, windest mich aus.
Ich fliege und falle dir zu, verliere mich unwiderruflich an dich.
-

Anders ist es seither. Ich suche und finde mich nicht und finde dich nicht. Du hältst mich in Schwebe, gleichgültig, in einem Verließ aus freundlicher Duldung. Traumfängerin bin ich, hänge im Fensterrahmen zwischen drinnen und draußen, hänge fest im Bemühen, Ängste und Ungeister, schreckliche Zerrvisionen abzufangen und, mit Perlen und lichten Federn geschmückt, unseren flüchtigen Schatz zu behüten, Vertrautheit, die noch wie ein Duftschleier über den Köpfen schwebt.

Ich lese Himmel auf dich herab und schreibe den Ozean leer, male dir Rosen auf aschgraue Lider und suche des Nachts, mit Traumsand die Zweifel des Tages zu löschen, versuche, dir Langmut ins Haar zu schöpfen und laufe mich wund zwischen Strand und Hoffnung, bei dir wieder Land zu gewinnen, verschütte viele kleine Lichtblicke auf dem Weg und poliere Marmorwände glatt, Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr um Jahr.
 
Du siehst in die Ferne, auch wenn ich die Fenster verhänge. Meine Stimme hörst du schon nicht mehr, singst neue Lieder, dich von mir los. Ein gebügeltes, gestärktes Hemd sitzt mir sehr korrekt gegenüber, geht zum Essen mit mir aus, sonntags spazieren, gratuliert zum Geburtstag und erledigt als das, wovon du dich entfernt hast, vielleicht, ohne es zu bemerken. Nachts füllt dein gestreifter Pyjama den Raum mit sägendem Schnarchen.
Unter der Tagesdecke halte ich Abend für Abend mein Herz auf wie die Bettlerin ihre Hand, hoffe, dass du einen Blick hineinwirfst und erkennst, wie bedürftig ich bin?
Soll ich mich zu dir legen, frage ich mich dann, zu dir legen mit nichts als meinen sieben Sprachen, meinen verstummten Nachtgebeten und den Gebärden aus entsagten Tagen?
Ich frage schon nicht mehr, lege mich nicht zu dir, bettle nicht länger, kleide mich in Vernunft und ein Flickwerk aus Würde und nähe unbeholfen an einem neuen Gewand.
-

Irgendwo schlägt ein Fensterflügel gegen den Rahmen; der Wind gibt den Takt an,  unmusikalisch, aber  selbstbewusst, er pfeift sich nicht darum.
Der Flügel knarrt genervt. Kein Wunder, jedes Mal setzt er zum Höhenflug an und wird vom Scharnier wieder nicht freigegeben. Welcher Zynismus, den Armen so mit seinem Namen zu narren!
Mich stört sein unregelmäßiges Geklapper. Es wäre ein Leichtes, ihn zu schließen, aber erstens fehlt mir die Kraft zum Aufstehen und zweitens mag ich die absurde Hoffnung dieses zähen windgebeutelten Kämpfers nicht zerstreuen, der sich mit aller Macht um seinen Traum von Freiheit bemüht, selbst wenn er dabei zu Bruch geht.

Wenn wir wenigstens streiten könnten, du und ich, laut und lebhaft, mit Türenknallen. Wenn du mit mir sprechen würdest, meine Fragen beantworten. Du seist eben keine Zwanzig mehr, ist alles, wozu du dich hinreißen lässt.

"Es zieht ein Gewitter auf", sage ich.
Du nickst in deine Zeitung hinein. Ich rede vom Wetter - du hörst nicht zu, wie immer.
"Ich geh noch mit dem Hund raus." Mein Stimme überschlägt sich fast in dem Bemühen extralaut zu sprechen, um dich zu irgendeiner Reaktion zu bewegen.
"Hmm!", grummelst du geistesabwesend. Dann sehe ich mich in den Flur gehen, die Regenjacke überziehen, die Haustür öffnen...
"Mach die Tür zu, es zieht", rufst du mir nach, dann höre ich noch schrilles Klirren von splitterndem Glas und bin weg.

Du lässt mich ins Nachtgewitter hinausgehen mit einem Hund, den wir noch nie hatten. Regen rinnt warm über meine Wangen. Praktisch, denke ich, so spare ich meine Tränen für die wirklich schlechten Zeiten. Ja, ich bin sehr praktisch geworden, nützlich und brauchbar.
Wirst du bemerken, dass ich weg bin, und wann? Wenn ein Knopf an deinem Hemd fehlt, der Anzug aus der Reinigung geholt werden muss?
Ein bisschen Geld habe ich bei mir, meine Kreditkarte, den Pass, weil ich heute Morgen als Zeugin bei Gericht war. Ich trage noch die teure Kette, die du mir letzte Weihnachten geschenkt hast: mein Hundehalsband, meine Fessel, mein Galgenstrick!?
Ich lache mit dem verzweifelten Humor einer Verurteilten vor der Hinrichtung, aber für mich gibt es lebenslänglich.

Wegen guter Führung habe ich mich soeben vorzeitig entlassen.
Nachtfalter, Windgespielin, Gauklerin, Traumfängerin?
Nicht mehr! Ich fange mich.

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lady-in-black
Bitte nicht füttern


Beiträge: 1474
Wohnort: Killer Förde
Der goldene Käfig Extrem Süßes!


Beitrag19.06.2012 12:28

von lady-in-black
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Moin,  Cool

von mir nur ein Wort:

gelungen.  Daumen hoch


_________________
- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt.
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TomNeuter
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 68
Beiträge: 37
Wohnort: Berlin


Beitrag19.06.2012 18:31

von TomNeuter
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Neee, das is nix!

"Dann sitzen wir bei einem Wort aus Zimtwaffeln und Erdbeermarmelade"
...und Müllermilch?

"Du trittst auf und an zur Showeinlage mit einem, der das Land bunt streicht..." Hornbach?

"Ich trage noch die teure Kette..." ... hat sicher nicht jeder.

Auch wenn das jetzt hart klingt, aber ich finde das einfach nur kitschig!
Und die Protagnistin wirkt auf mich mit ihrem Weltschmerz und der gespielten Resignation eher unglaubwürdig.

Da bin ich dann beim Weiterlesen fast froh, dass es auch einen verdriesslichen und sympathischen Zeitgenossen gibt wie:

"Du nickst in deine Zeitung hinein. Ich rede vom Wetter - du hörst nicht zu, wie immer." - Könnte ich sein ...
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adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag19.06.2012 22:10

von adelbo
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Die sich immer wiederholende Geschichte wunderbar umgesetzt.
Die große Liebe, die einseitig langsam abkühlt. Der/ die Andere/ die sich festklammert, nicht wahrhaben will, was geschieht.

Einfacher Inhalt aber sehr schön mit Worten, die mir gefallen, in Szene gesetzt. Sehr einfühlsam, tiefgründig. Bin gespannt, wer den Text geschrieben hat.

adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag20.06.2012 00:03

von Nihil
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Das Aufkeimen und Verenden einer Beziehung wird hier in zahlreichen Lyrismen beschrieben, die teilweise gelungen, jedoch manchmal auch schief oder kitschig und in ihrer Anzahl einfach zu viel sind (für meinen Geschmack). Als Gedicht, mit den schönsten und gelungensten ausgewählten Passagen, könnte ich mir das gut vorstellen, als moderne Ballade etwa. Für Prosa ist mir das Szenische und monologisierend Emotionale etwas zu aufgebläht. Ich mag lyrische Prosa, aber hier kommt mir die Handlung zu kurz. Du suchst nach vielen sprachlichen Möglichkeiten, um Stimmungen flächig auszubreiten, doch darüber merkt man kaum, wie die Beziehung schlechter WIRD. Sie IST es am Ende einfach. Dabei wäre es doch spannender gewesen zu zeigen, WIE diese Beziehung zerbricht und dafür hättest du auf einige lyrische Sätze gar nicht verzichten brauchen.

Durch diesen schnellen Umschwung wirkt auch die Pointe am Ende so aufgesetzt. Endlich frei von dieser Beziehung. Man kann sich in einer Beziehung gefangen fühlen, klar, soweit kein Problem. Die Sache ist nur, dass mir das Zitat zu kurz kommt. Am Anfang war schließlich noch alles in Ordnung zwischen den beiden, zumindest gibt es keinen Grund, anderes zu denken (weil ER nichts macht, das zu kritisieren wäre). Das Zitat drückt für mich eine Gewohnheit aus, die man nicht erkennt, aus der man nicht ausbrechen kann. Hier verschiebt sich das Glück aber erst am Ende und man weiß weder so richtig, wann, noch warum. Das ist schade, denn die Umsetzung finde ich deshalb nicht so richtig gut.

Und zum Sprachlichen:
Zitat:
Den ganzen Tag ungedulde ich dich herbei.
[...]
Irgendwo schlägt ein Fensterflügel gegen den Rahmen; der Wind gibt den Takt an, unmusikalisch, aber selbstbewusst, er pfeift sich nicht darum.
Der Flügel knarrt genervt. Kein Wunder, jedes Mal setzt er zum Höhenflug an und wird vom Scharnier wieder nicht freigegeben. Welcher Zynismus, den Armen so mit seinem Namen zu narren!
[...]
Regen rinnt warm über meine Wangen. Praktisch, denke ich, so spare ich meine Tränen für die wirklich schlechten Zeiten. Ja, ich bin sehr praktisch geworden, nützlich und brauchbar.

Das sind etwa Passagen, die den Text in meinen Augen schlechter werden lassen. Das erste Beispiel ist mir schon zu konstruiert, die anderen zwei beiden klingen so nach gespielter tiefer Empfindsamkeit, wenn sogar schon mit einem Fensterflügel mitgefühlt wird. Nicht mein Ding.

Zitat:
Dann sitzen wir bei einem Wort aus Zimtwaffeln und Erdbeermarmelade, hüten die Wärme in unseren Handflächen und trinken junges Lachen aus alten Tassen

Das hier wiederum fand ich hingegen schön.

Insgesamt wird dein Text wohl höchstens im Mittelfeld (meiner Bewertungen) landen, weil er mir zu sehr auf der Stelle tritt und das eigentlich Wichtige nicht anspricht. Die vielen lyrischen Sätze können, da sie oft auch an sich nicht so gelungen sind, die Geschichte nicht allein tragen, der Umschwung am Ende ist nicht motiviert (da keine Begründungen geliefert werden) und dadurch wirkt es flach.
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4292

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag20.06.2012 14:39

von hobbes
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Ui. Schwelgen in einer Bilderpracht. So schön. Am Anfang. Dann immer trauriger. Wehmütiger.

Das Bekannte ich dann die Beziehung, die diesen Namen nicht mehr verdient? In der Beziehung gefangen. Oder in Bildern vom anderen, die nicht mehr passen. Aber bei dem Anfang - ja, da fällt es schwer, loszulassen.

Meine Lieblingsstelle:
Zitat:
Du siehst in die Ferne, auch wenn ich die Fenster verhänge.


Der Text ist auch ein gutes Beispiel für Wiederholungen (von Inhalten in dem Fall) die nicht langweilig werden. Wundert mich grad. Müsste es nicht zuviel sein, frage ich mich. Nö, ist es nicht.

Also, ich schwelge noch ein bisschen weiter. Gefällt mir.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag20.06.2012 19:04

von BlueNote
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Das ist ja fürchterlich! Genre Kitschroman war doch gar nicht gefragt.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag20.06.2012 22:05

von Jenni
Antworten mit Zitat

Von der sprachlichen Umsetzung her ist das hier für mich der gelungenste Text im Wettbewerb. Als ich anfing zu lesen, dachte ich, wie fürchterlich überladen und kitschig, schade um die wunderschönen Metaphern, die sich zwischen all den vielen verstecken. Doch als ich nach der Hälfte verstanden hatte, worauf das abzielen soll, muss ich nun sagen: Hut ab, sehr schön gemacht! Gefällt mir fantastisch, wie mit dem Verblassen der Liebe auch langsam die kitschig verträumte Euphorie aus der Sprache davonschleicht.
Ich fand es schade, dass am Ende nochmal so betont wird, dass die Beziehung ein Käfig ist, mit der Kette als Halsband. Denn die Gefangenschaft der Figur in ihrer eigenen verliebten, blauäugigen Illusion und das Erwachen daraus hätte mir schon ausgereicht. Aber ja, es war schließlich Mehrschichtigkeit gefragt.
Dieser Text mischt für mich ganz ganz weit oben mit.
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Beobachter
Klammeraffe


Beiträge: 617



Beitrag21.06.2012 14:36

von Beobachter
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Ich gebe zu, es fiel mir schwer, diesen Text konzentriert zu Ende zu lesen. Dabei ist die Wortwahl sehr gut, die Formulierungen überlegt, die Bilder getroffen - und doch erreicht mich nichts davon. Es erscheint mir wie eine Endlosschleife. Erst die glückliche Zeit, dann die unglückliche, doch es ist so vorhersehbar, und ich spüre weder Mitgefühl noch irgendetwas anderes.

_________________
Stil ist die Fähigkeit, komplizierte Dinge einfach zu sagen - nicht umgekehrt.
- Jean Cocteau
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Schreibmaschine
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 529



Beitrag21.06.2012 14:38

von Schreibmaschine
Antworten mit Zitat

Es fiel mir sehr schwer, das Gedicht ganz zu lesen. Ich ertappte mich mehrfach dabei, dass meine Gedanken abglitten.

Natürlich kann man in einem Gedicht auch eine Geschichte erzählen, jedoch hat mich dieses Gedicht absolut nicht angesprochen. Tut mir leid.
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag21.06.2012 16:48
aw:ichfangemich
von lilli.vostry
Antworten mit Zitat

Eine berauschend schöne Geschichte über die Liebe, wenn alle Grenzen fallen, zwischen Hingabe und Selbstaufgabe, Zärtlichkeit und völligen Ausliefern an den anderen bis zum Erkalten und Weggehen im Spiegel der Jahreszeiten in einfallsreicher Sprache beschrieben. Manchmal etwas zu schwelgerisch die Gefühlsbeteuerungen, dem ein anklagender Ton, das Selbstvergewissern und schmerzhafte Aufwachen folgt, das dennoch alles vergebens war!? Etwas verwirrend der Wechsel von der Du-Anrede zum Wir.... und folgenden Dialogen, die wohl das Nebeneinander her der beiden noch mehr betonen sollen. Unerwartet schnell kommt dann das sich selbst Einfangen am Schluss.
Ich gebe fünf Federn dafür.
Lilli


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DoroThea
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 57
Beiträge: 90
Wohnort: Dresden


Beitrag21.06.2012 17:59

von DoroThea
Antworten mit Zitat

Viele schöne Wendungen, Wörter, Satzgruppen, aus der Lyrik kommend. Am Anfang etwas überfrachtet, erscheint mir die Wortfindung zu offensichtlich. Erst im letzten Drittel die "wirkliche" Geschichte. Entromantisierung auch im Satzbau, Abbebben der Gefühle eben dadurch fassbarer. Ein stiller Text, der sich gut liest.

_________________
DoroThea
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hexsaa
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 56
Beiträge: 1826
Wohnort: im Schneckenhaus
Ei 6 Extrem Süßes!


Beitrag22.06.2012 11:13

von hexsaa
Antworten mit Zitat

Sehr schöner Text! Der Bezug zur Themenvorgabe ist gegeben. Die Geschichte ist bildhaft und poetisch erzählt, es ist ein Text der seine Wirkung nach und nach entfaltet, den man mehrmals lesen muss. In der ersten Hälfte fühlte ich mich erschlagen von den wortgewaltigen Sätzen, weniger wäre da vielleicht mehr gewesen.

_________________
Ich lebe in meiner eigenen Welt.
Das ist okay, man kennt mich dort.
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Piratin
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 58
Beiträge: 2186
Wohnort: Mallorca
Ei 2


Beitrag22.06.2012 17:16

von Piratin
Antworten mit Zitat

Lieber Teilnehmer / Liebe Teilnehmerin,

hier bleibt mir nicht viel zu sagen, außer dass es der Text ist, der mich am meisten beeindruckt hat. Hier ist eine eigene Sprache, die sich nicht unterordnet, sondern die das Tempo vorgibt. Wunderschöne und berührende Bilder.
Sehr gerne gelesen,
Liebe Grüße
Piratin


_________________
Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen.
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Mr. Curiosity
Exposéadler

Alter: 35
Beiträge: 2545
Wohnort: Köln
Der goldene Käfig


Beitrag23.06.2012 17:52

von Mr. Curiosity
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,

bei diesem Wettbewerb habe ich mir einen anderen Bewertungsmaßstab zurechtgelegt, als bei den bisherigen. Hier ist speziell E-Literatur gefordert, dementsprechend anspruchsvoll und tiefgängig sollten die Texte sein, dementsprechend schwierig sind sie zu schreiben. Die inhaltlichen und stilistischen Anforderungen sind höher. Daran angepasst befedere ich.
Dies geschieht nach folgendem Schema:

1. Inhalt: Setzt der Text das Thema um oder mogelt er sich drumherum? Erfüllt der Text die Ansprüche, die er an sich selber stellt, bzw. ist er in sich schlüssig? Ist der Inhalt der Vorgabe "E-Literatur" entsprechend, d.h. bleibt er an der Oberfläche oder präsentiert er sich vielschichtig?
Für den Inhalt vergebe ich maximal 4 Federn.

2. Stil: Passt der Stil zum Inhalt? Zeigt der Text sprachliche Finessen? Gibt es stilistische Mängel oder kommt der Text pseudo-literarisch aufgeblasen daher?
Für den Stil vergebe ich maximal 4 Federn.

______

Inhaltlich vergebe ich zwei Federn. Das Thema ist umgesetzt, die Originalität vermisse ich. Die hast du eher auf stilistischer Ebene einzubringen versucht. Du willst dennoch irgendwo eine Geschichte aufbauen. Die aber ist bei näherem Hinsehen äußerst banal.

Stilistisch vergebe ich eine Feder. Da sind gute Bilder drin, aber insgesamt ist das auch wahnsinnig überladen mit Kitsch. Wie schon erwähnt ist die Story banal. Das versuchst du hier durch überbordende Metaphorik zu vertuschen, die den Text aber in meinen Augen nur zu einem pseudo-literarischen Blender machen. Insofern sehe ich zwar Ambitionen, E-Literatur zu schreiben, aber honorieren kann ich sie nicht wirklich.

Mit der obligatorischen einen Feder ergibt das zusammen vier Federn.

Weitere Anmerkungen mache ich auf Wunsch nach dem Wettbewerb.

LG David smile


_________________


"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."

(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris")
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anuphti
Geschlecht:weiblichTrostkeks

Alter: 58
Beiträge: 4320
Wohnort: Isarstrand
DSFo-Sponsor Pokapro 2015


Beitrag23.06.2012 21:13

von anuphti
Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht, ob dies hier E-Literatur ist, aber es ist definitiv mein Favorit.

Geschrieben von einer Lyrikerin reinsten Wassers, soviele wunderbare Metaphern kennen nur Poeten.

Sehr sehr gerne gelesen.

9 Federn

LG
Nuff


_________________
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You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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Malaga
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 826



Beitrag23.06.2012 22:31

von Malaga
Antworten mit Zitat

Deine Sprache erobert mich nicht, sagt vielmehr, streng Dich an, wenn Du mich erobern willst. Dazu hab ich eigentlich keine Lust, aber ich les trotzdem mal weiter.
Oft scheint es reine Rhetorik ohne Bedeutung oder Inhalt zu sein. Was meint "junges Lachen aus alten Tassen"?
Ich fange an diagonal zu lesen, denn ich glaube, ich versäume nichts ... muss nur noch das Thema  Gefangenschaft "identifizieren"...
Sorry, nicht meins.
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Hitchhiker
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 34
Beiträge: 227
Wohnort: Münster


Beitrag24.06.2012 22:20

von Hitchhiker
Antworten mit Zitat

Liebe/r Freund/in der gehobenen Literatur,

da ich selbst noch absolute Schreibanfängerin bin und zudem die Texte leider unter einem gewissen Zeitdruck lesen und kommentieren musste, kann es passiert sein, dass ich deinen Text miss- oder im schlimmsten Fall gar nicht verstanden habe und aufgrund dessen zu wenig Federn gelassen habe.
Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel, ich habe nach bestem Wissen und Gewissen bewertet und jeden Text aufmerksam gelesen.
So, genug gelabert, jetzt geht’s ans Eingemachte. smile



Sprache:

Sprachlich ist der Text natürlich allererste Sahne, wunderschöne, ungewöhnliche Bilder und Metaphern, die mich an manchen Stellen wirklich zum Träumen gebracht haben. Das möchte ich auf jeden Fall würdigen!

Inhalt:
Reißt man dem Text allerdings das schillernde Sprachgewand von den Schultern, bleibt nach meinem Geschmack zu wenig Substanz übrig. Obwohl mich die sprachliche Gestaltung sehr begeistert hat, gehört für mich zu einer tollen Geschichte auch ein toller Inhalt und der ist mir hier etwas zu gewöhnlich ausgefallen (falls ich jetzt nicht etwas Gravierendes übersehen habe.)

Thema:

Gleich dem Inhalt ist auch das Thema und die Umsetzung nach meinem Geschmack zu uninspiriert. Sie ist gefangen in einer Beziehung, die für sie so wundervoll begonnen hat und sie schon beinahe vor Liebe besessen war. Er verliert im Laufe der Zeit das Interesse, wendet sich von ihr ab, bis sie ausbricht aus dieser Gefangenschaft und ihr Leben hinter sich lässt.

Fazit:
Klasse Hülle, für mich zu schwacher Kern (aber vielleicht habe ich auch einiges übersehen).
6 Federn


_________________
Das hier ist 'ne verdammt harte Galaxis. Wenn man hier überleben will, muss man immer wissen, wo sein Handtuch ist!
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Karin
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 46
Beiträge: 193



Beitrag24.06.2012 22:20

von Karin
Antworten mit Zitat

Mein Mitgefühl mit der Prota hält sich in Grenzen, weil mir die Frau mit ihrer komischen Art ganz schön auf die Nerven geht. Von daher war es für mich schwer, den Text zu mögen.

Andererseits sind das wirklich schön geschriebene Sätze, wie ein Traum fast. Hm. Der sprachliche Umschwung von der träumerischen Schönfärberei in die Realtität fand ich sehr gelungen. Er zeigt zumindest, dass der Autor nicht vollkommen einen an der Waffel hat. Hach, ich bin zwiegespalten...

LG Ka
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firstoffertio
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5854
Wohnort: Irland
Das bronzene Stundenglas Der goldene Spiegel - Lyrik (1)
Podcast-Sonderpreis Silberner Sturmschaden


Beitrag24.06.2012 23:22

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Der Schreibstil ist lyrisch. Damit ist bei dem Thema, dieser alten Geschichte, die Gefahr gross, nahe an Kitsch zu geraten. Hast du aber ganz gut vermieden.

Am besten gefällt mir die Stelle mit dem Hund.
"Du lässt mich ins Nachtgewitter hinausgehen mit einem Hund, den wir noch nie hatten."
Das ist köstlich.

Es liegt wirklich an deinem Thema, dass ich nicht allzuviel mit deinem Text anfangen kann.
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KeTam
Geschlecht:weiblichUngeduld

Alter: 49
Beiträge: 4952

Das goldene Gleis Ei 1
Ei 10 Ei 8
Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag25.06.2012 15:09

von KeTam
Antworten mit Zitat

Die Bildsprache dieses Textes ist sehr eigen und auch sehr treffend und schön.
Ich finde das Thema gut umgesetzt.
Was mir auch gefällt, ist wie aus Bildern wie z.B."bei einem Wort aus Zimtwaffeln und Erdbeermarmelade", die das erste Verliebtsein zeigen, alltägliche Bilder wie" nachts füllt dein Pyjama den Raum mit sägendem Schnarchen" werden.

Lg,KeTam.
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gold
Geschlecht:weiblichPapiertiger


Beiträge: 4936
Wohnort: unter Wasser
DSFo-Sponsor


Beitrag25.06.2012 21:27

von gold
Antworten mit Zitat

das hört sich ganz nach Wasserwaage an!!! Wink

Der erste Teil ist wieder einmal sehr malerisch; dann aber gibt es einen Stilbruch, die Ernüchterung, wahrscheinlich so von dir gewollt. Ich frage mich aber, ob du den weiteren Verlauf nicht auch malerisch gestlten hättest können, dann aber in düsterne Farben?

Grüße


_________________
es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern

Make Tofu Not War (Goshka Macuga)

Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso)
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