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Reimer Leseratte
R Alter: 33 Beiträge: 136
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Molly Mahagonny Gänsefüßchen
Beiträge: 42 Wohnort: im Großstadtschatten
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12.06.2012 23:48
von Molly Mahagonny
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Ein Sonett, das in der Metrik etwas eigenwillig, aber insgesamt durchaus nicht ohne Reiz ist.
Es geht um Heimweh, oder?
LG,
Molly
_________________ We have lingered in the chambers of the sea
By sea-girls wreathed with seaweed red and brown
Till human voices wake us, and we drown.
(aus: T.S. Eliot, The Love Song of J. Alfred Prufrock) |
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Reimer Leseratte
R Alter: 33 Beiträge: 136
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jim-knopf Dichter und Trinker
Alter: 35 Beiträge: 3974 Wohnort: München
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16.06.2012 19:51
von jim-knopf
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na dann mal los
ganz unabhängig davon dass ein sonett nicht zwingend ein einheitliches metrum braucht, sollte man sich damit schon mal beschäftigt haben.
nach der reinen metriklehre sollte ein sonett also so aufgebaut sein:
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
x X x X x X x X x X (x)
ein alternierender rythmus, in dem sich hebung und senkung abwechseln. man kann dieses schema natürlich brechen, aber man muss wissen, wie man es macht. und warum man es macht. und wenn man es macht, dann muss man sehr aufpassen, dass das ganze nicht dilletantisch wirkt.
dein sonett ist zwar metrisch gesehen tatsächlich nicht ganz ohne reiz, man merkt aber schon, dass du mit der metrik noch nicht so im reimen bist. wenn man die zeilen des ersten quartett mal anschaut, kommt ein ziemliches durcheinander an hebungen und senkungen zu tage. weit ab vom oben gezeigten muster. ich habe die hebungen mal fett markiert
Als gegen Abend die letzte Wolke wich,
zeigte die Natur ihre Geschicke.
denn die betagte Sonne zeigte sich
für einige letzte Augenblicke.
im ersten vers hast du zwar einen auftakt und fünf hebungen, was (nach der reinen lehre) schon mal richtig ist. allerdings stehen zwei senkungen nebeneinander: -bend die
im zweiten vers eröffnest du mit einer hebung und hast dann an anderer stelle plötzlich zwei hebungen nebeneinander. das führt dazu, dass der zweite vers im anschluss an der ersten sehr holpert. weil du alles umschmeißt, was du vorher gemacht hast. das kann man natürlich auch machen. man muss aber wissen, warum man das tut.
der dritte vers erfüllt das klassische metrikschema des sonnets, im vierten vers hast du im zweiten wort aber wieder zwei senkungen nebeneinander. im schema, das ich oben benutzt habe, sieht dein erstes quartett so aus (wobei ich die "fehler" im metrum wieder fett gemacht habe):
x X x X x x X x X x X
X x X x X X x x X x
x X x X x X x X x X
x X x x X x X x X x
das ganze ließe sich auch auf die anderen teile des sonnets ausdehnen. auch da ist das metrum mehr ein zusammengewürfelter haufen an hebungen und senkungen. wenn du magst und wenn es dir was bringt, kann ich dir auch die anderen teile so aufschlüsseln, wie ich es oben gemacht habe. hoffe, dass ich dir dabei erstmal helfen konnte.
gruß
roman
_________________ Ich habe heute leider keine Signatur für dich. |
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Molly Mahagonny Gänsefüßchen
Beiträge: 42 Wohnort: im Großstadtschatten
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28.06.2012 01:18
von Molly Mahagonny
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Also, wo erkennt Molly in dem Gedicht Heimweh?
Da: Zitat: | Ein kleines Haus stand für alles Schöne |
Das "Haus", so denke ich mir, steht für "Zuhause".
Das sprechende Textsubjekt (manche sagen: das lyrische Ich) richtet seine ganze Aufmerksamkeit auf dieses Haus, setzt sich in Beziehung dazu. Die Umgebung wird in Relation zu dem Haus gesehen und bewertet: Der letzte Sonnenstrahl fällt darauf, es hebt sich ab vom Wald usw.
Mir gefällt eben die zweite Strophe besonders gut, sie wirkt durch die Einflechtung der flapsigen Wendung "die Schau stehlen" besonders authentisch und direkt, etwas naiv (was ein Pluspunkt ist!), frisch und ungekünstelt wahrhaftig. Ist mir persönlich lieber als manch' hochgekünsteltes Rosenknospengesäusel.
LG,
Molly
_________________ We have lingered in the chambers of the sea
By sea-girls wreathed with seaweed red and brown
Till human voices wake us, and we drown.
(aus: T.S. Eliot, The Love Song of J. Alfred Prufrock) |
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