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Schreibaufgabe Prosawerkstatt: Gefühls-Roulette

 
 
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Aristide
Schneckenpost
A


Beiträge: 12
Wohnort: frankfurt am main


A
Beitrag08.06.2012 19:48
Schreibaufgabe Prosawerkstatt: Gefühls-Roulette
von Aristide
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo liebe Leute,

da man in der Prosa-Werkstatt immer ausgebremst wird, wenn es einen drängt die Schreibfrequenz zu erhöhen, bin ich eben hier beim DsFo Dauerbrenner gelandet. Ich poste hiermit also das, was ich heute eigentlich in der Prosawerkstatt, Sprache & Stil, Aufgabe: Gefühls-Roulette, unterbringen wollte. Motto: eine Situation und drei unterschiedliche emotionale Reaktionen darauf.

Hier mein Text:

Auf der Dokumenta in Kassel steht eine Skulptur in Form eines ca. 50 cm hohen runden Plastikbehälters. Auf dem Sockel klebt ein Etikett mit dem Namen des Künstlers, dem Entstehungsdatum und dem Titel "Planet Erde. Kippen Sie ruhig Ihren Müll hinein"

Reaktionen von
a) Putzfrau (zur Kollegin):
Selten so eine Sauerei erlebt wie gerade eben. Wir sind hier ja so einiges gewohnt, ne? Da war gestern so Ausstellungsbesucher, der läuft wichtig auf mich zu, wie ich gerade den Lappen um den Schrubber lege, und da sagt der doch: 'Ach Verzeihung, können Sie mir sagen, wer der Schöpfer dieser lebendigen Skulptur ist, für die Sie gerade posieren?'
Weißte was, dem hab ich mit meinem fiesesten Lächeln Bescheid gegeben: 'Und welcher Klempner hat Ihnen das Hirn seitenverkehrt eingesetzt?' - Wie seitenverkehrt der geglotzt hat, hätteste sehen müssen! Ach ja, was hier so passiert. Vorhin das mit der Kotze, das muss ich der erzählen: Also ich treffe die Kollegin Aigül, so ne Muslima, beim Eimer-Auskippen da draußen, frage die Stille - um sie mal´n bisschen aus sich raus zu locken - : 'Hat dir das  Schweingeschnetzelte vorhin in der Kantine auch nicht geschmeckt?' Da wird die erst rot, dann grün im Gesicht, fängt an zu wimmern: 'War das doch kein Rindfleisch' und dann geht ein Ruck durch se durch und da kippt sie mir ihr halbverdautes Innenleben mit Kawumm mir vor die Füße - voll mittenrein in meinen Putzeimer! Das war der Aigül so peinlich, dass sie sich den Kotzeimer gegriffen hat, sich tausendmal entschuldigt hat und sich mit dem Teil irgendwohin zum Saubermachen verdünnisiert hat. Ist ja soweit ne ganz Gute, die Aigül, hat sich gut verhalten, wenn ich so bedenke, aber jetzt stand ich ohne meinen Putzeimer da, wo ich den doch gerade hier jetzt so dringend brauche, denn hier soll ich doch den Besuchermüll beseitigen! Aber hui - Glück muss der Mensch haben: Da steht ja noch so´n Teil wie für mich hingestellt! Na dann woll´n wir mal, ich lass schon mal Wasser rein.

b) Ausstellungsbesucher:
Was mache ich hier? Was soll ich hier? Die Sonne scheint ja eh nur für die anderen, ich stehe im Schatten. Wozu überhaupt noch weitermachen? Die scharfe Mieze am Eingang hat mir beim Kartenlösen nicht mal einen Blick geschenkt, und alle die Lächler und  Strahlemänner hier auf der Dokumenta wollen sich nur über mich lustig machen. Wenn sie mich überhaupt bemerken. Ich bin wie ein Sammelbecken für negative Energien, ein Spucknapf für alles Elend,  das in mich rein befördert wird - ja, genauso fühl ich mich, genau wie dieser Eine-Welt-Eimer da, der fordert auch noch direkt dazu auf, den Müll in ihn abzuladen, aber das mach ich jedenfalls nicht, lieber nehm ich die scharfe Mieze vom Eingang als Geisel und lasse sie erst wieder frei, wenn mir die Dauerlächler zusichern, dass sie mir mindestens eine Stunde ihrer Zeit an Interesse und Zuwendung opfern, diese oberflächlichen Flachwichser ... (usw.).

c) Ein anderer Ausstellungsbesucher:
Es ist eine bodenlose Schweinerei ohnegleichen! Diese ganze unsägliche Ausstellung ist eine Zumutung! Und dann erst dieser Eimer! Stellt wer so ein Putzfrauenglück auf die grüne Wiese und behauptet, das sei Kunst! Verantwortungslose Verschwendung unserer Steuergelder ist das! Sogenannte Künstler sollten mal einen  Putzeimer in die Hand nehmen und im Schweiße ihres Angesichts schaffen und machen, bis sie ihren intellektuellen Schweiß und Scheiß rausgeschwitzt haben. Früher hätte man mit denen kurzen Prozess gemacht und ... (usw.).


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Rufina
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 693



Beitrag09.06.2012 11:20

von Rufina
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Hallo Aristide,

ich sehe eine Situation, drei verschiedene Blickwinkel und eine sehr interessante Umsetzung. Wenn es hier um Erzählsprache gegangen wäre, fände ich das richtig gut gelungen. Was ich aber leider nicht so recht sehe, ist das Gefühlsroulette. Bei allen drei Personen schwingt Wut mit, bei der zweiten auch eine Spur Deprimiertheit, aber ich kann da keine drei komplett verschiedene Stimmungslagen/Emotionen rauslesen, leider.

Viele Grüße
Rufina


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Aristide
Schneckenpost
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Beiträge: 12
Wohnort: frankfurt am main


A
Beitrag09.06.2012 17:58

von Aristide
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Rufina,

nu ja, ich muss mich nicht verteidigen. Aber wenn du so bestimmt sagst, dass du aus den drei Texten keine drei verschiedenen Gefühlslagen herauslesen kannst, muss ich schon widersprechen: Aber klar doch!

Die bodenständige Putzfrau habe ich mitnichten wütend, eher impulsiv, pragmatisch und redselig angelegt. Der schwer depressive Dokumenta-Besucher kann seine Sauwut gegen alle, die glücklicher sind als er selbst (praktisch die ganze lebendige Welt), nur schlecht verbergen. Und der schäumende Konservative ist wiederum von einer ganz anderen Wut getrieben: der Wut aus Irritation gegen alles, was nicht hundertprozentig aufgeht in Alltagsverstand, Alltagslogik, Alltagsästhetik.  Er ist der Spießer, der Ressentiments gegen alles hegt, was er selbst nicht versteht. Aber seine Wut ist dann doch von einer ganz anderen Qualität als die Wut des Zukurzgekommenen, Depressiven (und wohl auch sexuell Gehemmten).

Zitat:
Wenn es hier um Erzählsprache gegangen wäre, fände ich das richtig gut gelungen.
Was, Rufina, meintest du mit "Erzählsprache"? Der Gegensatz wäre dann gesprochene Sprache. Aber ist nicht besonders die Putzfrau deutlich mündlich unterwegs? Ich wollte alle drei Temperamente so zu Wort kommen lassen, als ob sie ihren Kommentar zum Kunstwerk quasi in ein hingehaltenes Mikrofon sprechen. Hätte ich mich für Erzählsprache, also verschriftlichte Sprache, entschieden, wären daraus drei Tagebucheinträge geworden. Und die waären dann bestimmt viel abgeklärter und weniger zugespitzt ausgefallen.


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Rufina
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Beiträge: 693



Beitrag09.06.2012 18:06

von Rufina
Antworten mit Zitat

Hallo Aristide,

mit "Erzählsprache" meinte ich, für jeden deiner Personentypen, eine eigene Sprache zu finden. Das ist dir sehr gut gelungen, wie ich finde. Nur habe ich die Aufgabenstellung so verstanden, dass nach drei verschiedenen Gefühlslagen gefragt war, nicht nach drei verschiedenen Charakteren bei ähnlicher Gefühlslage, aber vielleicht kann man das auch anders auslegen.

Viele Grüße
Rufina


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