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TET
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 53
Beiträge: 570



Beitrag08.04.2012 18:47

von TET
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Gefällt mir ganz gut. Leider mag ich Selbstmörder Geschichten nicht so besonders. Dennoch gute Bewertung.

_________________
Ich muß in meinem Leben schon blödsinnigeres getan haben, weiß aber leider nicht, wann.
Douglas Adams; *300 Soll / 260 Haben noch 40 zu gehen.*
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Nihil
{ }

Moderator
Alter: 34
Beiträge: 6039



Beitrag08.04.2012 21:41

von Nihil
Antworten mit Zitat

Als ich den Text im Posteingang gelesen habe, hat er mir schon sehr gut gefallen. Vor allem diese Stelle hier finde ich fantastisch:
Zitat:
Über seinem Anzug trug er die Haut wie ein schlampig zurechtgezupftes Leichentuch, wie von zahlreichen Vorgängern starr und vergilbt, und von Zeit zu Zeit, wenn das Licht schräg darauf fiel, schien es hindurch bis auf den Grund. Ich erkannte, dass er seine eigene Leinwand ständig mit sich herumtrug, und dass er auf diesem verknäuelten, zerfasernden Stück Stoff immer noch nach dem Film suchte, der in ihm selbst spielte.

(Auch wenn ich Lorraines Anmerkungen dazu unterstütze – „über“ dem Anzug klingt, als hätte seine Epidermis den Anzug überwuchert, dabei geht es um das Gesicht, nehme ich doch stark an.)

Das ist kein Wettbewerbstext und es war mir leider auch beim Lesen schon klar, dass er nicht weit vorne landen würde. So ist das nun mal. Ich mochte ihn aber. :)
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Rosanna
Richter und Henker

Alter: 30
Beiträge: 1055

Pokapro V & Lezepo III Silberne Harfe


Beitrag11.04.2012 17:05

von Rosanna
Antworten mit Zitat

Hallo, ihr Lieben,

Tut mir Leid, dass ich erst jetzt dazu komme, euch zu antworten.

Moinback, Mylady wink.
Zitat:

ich frage mich gerade, ob ich diesen Text noch kommentieren soll, weil er eher den Eindruck macht, als würde er auch noch disqualifiziert werden.


Tja, ich habe gesiegt wink. Keine Disqualifikation, nirgends.
Zitat:

Die verhüllten Liebenden sollten mehr hervorstechen, als eine Leinwand.

Hmm, da kann ich dir nicht ganz zustimmen.
Die Vorgaben besagten ganz eindeutig nur: Zwei Menschen müssen interagieren, dabei lass dich von diesem Bild inspirieren. Dass das Ding "Die Liebenden" heißt, wobei nicht erläutert wird, ob es sich nun um Gefühlstiefe oder eine Triebtat handelt (wobei ich zu letzterem tendiere), ist ja ganz schön, aber ich kann meiner Meinung nach selbst entscheiden, ob ich das miteinflißen lasse. Hier handelt es sich ja nicht um eine Bildinterpretation.
Folgendes sehe ich auf dem Bild: Zwei Menschen in Abendkleid/Ausgehanzug verknäulen ihre Vorderköpfe miteinander, die irgendwie anders aussehen, als man nun erwarten würde wink. Alles andere ist pure Konvention. Ob sie nun Säcke, Schals oder Scheuklappen vor den Augen haben oder ob ihre Gesichter eben einfach so aussehen ( wink ), mag jeder interpretieren, wie er lustig ist. Ich habe mich eben für letzteres entschieden. Und da das Bild von Magritte (wen wunderts) einen recht surrealen Eindruck macht, habe ich kein Problem damit, diese Darstellung in den Rahmen der Vorstellung/ Fantasie einzusetzen.


Hey, Väterchen Frost,


Das es dir sprachlich gefällt, gefällt mir wink. Ich habe auch an diesem vergleichsweise kurzen Text sehr lange gesessen. Wenn du ihn für verrückt hältst, lass dir gesagt sein, dass im Vergleich zu meiner sonstigen Prosa (?) dieses Teil hier gemäßigt daher kommt.

Zur Themenumsetzungskritik siehe Lady in Black.


@Me, myself and I-pod:
Ja, das wundert mich tatsächlich - das niemand die gefühlt 20 "war"s in einem 446 - Wort-Text bekrittelt hat. Hah. Ausgetrickst.


Hi, Nathaniel

Zitat:
Die Bilder gefallen mir, der Film auf der Leinwand, die Bäume etc., auch wenn ich die Beschreibung des "Kopfes" auf den Schienen etwas bizarr finde.


Es hat zwei Gründe, dass der "Popper" sich nicht vollständig auf die Schienen gelegt hat.
Zum einen wollte ich, dass offen bleibt, ob er sich tatsächlich umbringen will. Vielleicht untersucht er lediglich das Gleisbett auf sprießendes Unkraut und Baumschösslinge (wo wir gleich bei der Baummetapher sind). Oder aber er ist Zughobbyfotograf/Amateurfilmer und postiert seine (Video)kamera zwischen den Schwellen respektive sucht nach der perfekten Perspektive? Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, das jemandem auffällt, wie merkwürdig sich "Popper" eigentlich verhält. Ich weiß zwar selbst nicht genau, wie ich reagieren würde, sollte ich bei einem Selbstmordversuch ertappt werden (und hoffe auch, dass ich nie in eine derartige Situation geraten werde), aber vermutlich würde ich irgendeine Ausrede stammeln ( "Ich bin Angestellte der Bahn und überprüfe den Zustand der Anlagen.") und mich schnellstens aus dem Staub machen.
Vielleicht ist er allerdings doch der, für den wir ihn halten,  und wird durch den (fehlenden) Rettungsversuch des Erzählers noch einmal in seiner Meinung bestärkt, dass sich kein Schwein für ihn interessiert und ihm niemand helfen wird.

Zum zweiten Grund: Das Bild ist einfach "ästhetischer", wenn sich "Popper" (am besten mit auf dem Rücken verkreuzten Händen) mit dem Kopf auf dem Gleis postiert - das erinnert mich an einen Delinquenten kurz vor seiner Köpfung (zum Beispiel durch eine Guillotine), bei der die Hinzurichtenden ja oft einen Sack über dem Kopf trugen.

Zitat:
Übrigens noch: Der Prota schaut in die Zeitung. Dort steht nichts über einen Suizid, was aber nicht heißen muss, dass es keinen gegeben hat. Im Journalismus vermeidet man dieses Thema wegen der Nachahmer.

Das ist ein guter Tipp - danke!
Ich kenne nur sehr wenige Zug - Selbstmorde, die meisten davon sind medial-aufgebauschte, "prominente" Fälle - Enke, Prik-Dingsda...Ich meine allerdings, mich an einen "Normalo"-Fall erinnern zu können, über den im Radio berichtet wurde. Muss aber schon eine Weile her sein.


Ah, bonjour Lorraine!

Zitat:

Einer der Texte, mit dem ich mich intensiv beschäftigt habe, weil er mich berührt hat und ich den Versuch, wirklich etwas zu schaffen, honorieren wollte.

love
Zitat:

Mir scheint , dass du (eigentlich) sagen wolltest, dass er oberhalb des Anzugskragens die Haut wie ein schlampig zurechtgezupftes Leichentuch trug und dass wie bei zahlreichen ...


Im ersten Fall hast du recht (ich wollte wohl sagen, dass die Haut so schlaff rumwabbelte, dass sie über demAnzugkragen rüberhing wink - im zweiten Fall allerdings nicht. "Wie von zahlreichen Vorgängern" sollte bedeuten, dass es so aussah, als ob er eine "gebrauchte" Haut trug, also versucht hatte, sich selbst ein Leben überzustülpen, dass ihm nicht passt - und dass er vielleicht von Soapopera- oder Hollywoodstreifen-Helden übernommen hat.


@Zeth-Jin

 lol
Ist gar nicht schlimm. Ich fände allerdings interessant, was du an Adjektiven/Füllwörteren (welche meinst du?) streichen würdest. Falls du das bis jetzt nicht beantworten kannst, weil du überhaupt nicht verstehst, worum es geht wink - am Ende meiner Antworten werde ich das noch grob erklären.
Es war übrigens das Verhüllungsthema, was du daran hättest erkennen können, dass zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts vorkommen. Ist aber nicht wild wink.


Moin Malaga,

Zitat:
Warum nur der Kopf auf dem Gleis liegt, fragt sich sicher jeder.


Erklärung siehe Nathaniel wink.

Zitat:
Und warum blank, es regnet doch nicht mehr?

Weil blank etwas bedeutet (ich hab mich nochmal bei Wikipedia abgesichert) wie "hell", was auf einen westlichen Glatzkopf oft zutrifft, weil man seine Kopfhaut sieht, oder auch umgangssprachlich "nackt", was noch besser passt.

Zitat:
Der Vergleich Haut -Tuch gefällt mir einerseits, aber ist wohl auch nicht ganz sauber ausgearbeitet.


Hier würde mich interessieren, was du verbessern würdest. Oder reicht es, Lorraines Anmerkungen umzusetzen?

Zitat:
Der Satz "Was bringt es auch..." ist auf den ersten Blick gut und plakativ, aber logisch? Bringt man sich um, um allein zu sein?

Tja, wenn man diese Frage beantworten könnte - manche bringen sich um, weil sie allein sind, andere, weil sie es nie sind. Ich war noch nie in der Lage.
Aber - deswegen wähle ich auch die Perspektive eines Zuschauers und zwar nicht eines objektiven oder gar allwissenden - sondern die eines (ich weiß nicht, inwieweit das rauskommt) einerseits verträumten, romantisch angehauchten, andererseits mit der konkreten Situation völlig überforderten, in seiner Gesamtheit recht unreifen Mädchens.
 Ein eher bodenständiger, älterer Mensch würde vielleicht souveräner reagieren, den Kerl von den Gleisen ziehen, ihm gut zureden oder Polizei/Bahn informieren. Schließlich geht ja nicht nur von und für "Popper" eine Gefahr aus, sondern auch für den Lokführer oder im Zweifelsfall die Zuginsassen. Auf die Idee kommt die Ich-Erzählerin überhaupt nicht. Sie ist plötzlich - vermutlich auf einem ihrer Träumerausflüge an die Nahtstellen von Natur und Technik-  in einer Situation gelandet, die eigentlich wie für sie gemacht scheint - ein geheimnisvoller Fremder, drohende Gefahr, Verzweiflung, passendes Wetter (Niederschlag) und die stille, unbarmherzige Natur. Sollte sie sich eine ähnliche Situation einmal erträumt haben, hätte sie in ihrer Fantasie vermutlich anders gehandelt - ein philosophisches Gespräch mit "Popper" geführt und ihn heldenhaft in letzter Sekunde dazu überredet, vom Gleis zu gehen(indem sie sich am besten vor ihn mitten aufs Gleis gestellt hätte, während im Hintergrund schon das Rumpeln der Regionalbahn zu erahnen gewesen wäre). Je nach Tageszeit und -ort hätte sie sich vielleicht anschließend vorgestellt, die Suzie-Szene etwas ausführlicher und weniger jugendfrei fortzuführen etc. In der Wirklichkeit bringt sie keinen Ton raus, ist auch mit "Popper", der sich als weniger heiß herausstellt als geplant, unzufrieden und flieht sich schließlich vor lauter Unsicherheit in Weltuntergangsmetaphern.

Ich will jetzt allerdings nicht so tun, als sei der Text eine Parodie. Im Gegenteil. Ich glaube, in vielen (nicht nur) jungen Künstlern/Schriftstellern/ anderen steckt eine ähnliche Figur.


Hallo Rufina,


Zitat:
Die sich bewegenden Bäume habe ich immer noch nicht verstanden. Dafür gibt es aber auch einige Bilder, die mich wirklich umhauen. Die Vogelflügel finde ich beispielsweise sehr schön.



Die Vogelflügel mag ich auch noch - vor allem, weil es tatsächlich stimmt. Man kann nicht viel auf der "Leinwand" erkennen, aber ein dunkelgrauer oder blauer Himmel spiegeln sich ebenso wie Vogelschwärme.
Die Bäume erkläre ich weiter unten.

Zitat:
Mit dem Songtext zu Hurts-Wonderful Life wird das Verständnis natürlich erheblich erleichtert.

Deswegen habe ich mich nach langem Ringen auch noch dazu entscheiden, das Lied mit aufzunehmen, auch wenn ich es normalerweise hasse, wenn Autoren Zitate oder Verweise anderer Werke miteinbringen. Das hat immer etwas von "Der kann das eh besser beschreiben als ich.". In diesem konkreten Fall hat aber die Wortbegrenzung verhindert, dass ich erklärendes einfügen konnte, und zugunsten dessen eine meiner Metaphern rauszuwerfen, kam nicht in Frage Twisted Evil.


Hi, Halc(yonzocalo)

Erklärung kommt noch. Ansonsten danke für die Federn wink.


Hey Krümelmonster,

Kein Problem. Kommt noch wink.


@Steinchen
Jo, ich weiß. Wird aber entschlüsselt. Ganz unten. Und zum Teil auch schon bei meinen anderen Antworten.

Löle, adelbo,

Zitat:

Dein Gedicht über Menschen die an Schienen wohnen, habe ich noch leicht in Erinnerung.


Entweder du kennst meine Gedichte jetzt besser als ich oder du meinst jemand anderen. Redest du vielleicht von "Das große Blubb" (man, klingt der Titel in dem Zusammenhang lächerlich Evil or Very Mad)?
Erklärung jjaaaaanz weit unten (ich schreibe zuviel...)



ja, ney, was meinst du, wie ich mich über diesen verdammten Fehler geärgert habe... leider war die Nachricht schon aus dem Postausgang verschwunden, als ich ihn entdeckt hatte...grummel.



@debruma
love Danke, Danke!



Hallo, hobbes
(bei dem mir erst jetzt der Hintergrund seines Nicknames klar wird Embarassed ),

Gratulation, du hast mich tatsächlich erkannt Twisted Evil. Und danke für deine vielen Federn. Ich hoffe, wenn ich mit dem Beantworten durch bin und die Erklärung verfasst habe, wird auch der Rest deines Kopfes "Ja!" brüllen...oder zumindest "Aha".

Moin Maestro,

Ist kein Ding. Ich habe damit gerechnet, dass solche Antworten kommen, gerade als mir klar wurde, wie viele an diesem Wettbewerb teilgenommen haben und wie kurz im Vergleich dazu die Bewertungszeit war. Die Erklärung folgt ganz unten und vielleicht kann ich dich ja doch noch gewinnen wink.


Löchen, Piratin,

Zitat:
In dieser Geschichte spielt Regen eine Rolle in den Beschreibungen, die ich nicht nachvollziehen kann.

Grins. Kennst du das nicht aus vielen Hollywood- und noch wesentlich mehr Bollywoodfilmen? Auf Beerdigungen, bei Trennungsszenen oder wenn sich die Hauptprotagonistin den großen Zeh bricht, fängt es wie auf Kommando an, wie aus Eimern zu gießen. Der Himmel weint. Twisted Evil
Außerdem kann das Gleisbett ohne den Regen nicht zur Leinwand werden. Womit sich psychiologisch-filmphilosophisch gesehen die Frage ergibt, ob die Leinwand und die darauf spielenden Filme unsere Wahrnehmung und "Denke" prägen oder lediglich unsere schon vorhandenen Denkmuster wiederspiegeln. Das führe ich jetzt aber nicht weiter aus, sonst sitze ich morgen noch hier wink.

Zitat:

Erst werde ich von der Erzählung in die Fortbewegung des Zuges geholt, aber unmittelbar geht es in der stehenden der Außenansicht weiter.

Da diesen Punkt einige angemerkt haben, habe ich selbst darüber nachgedacht, ob er logisch problematisch ist und warum ich das eigentlich so gemacht habe, wie ich es gemacht habe. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Bewegung des Erzählers der einer Kamerafahrt zu Beginn eines Films nicht unähnlich ist. Ich stelle mir das so vor: Erst aus der Supertotalen die graue Landschaft, durch die sich winzig eine Lok schiebt. Die Kamera nähert sich, nähert sich, geht durch das Fenster, fixiert kurz ein Mädchen, das aus dem Fenster starrt, folgt derem Blick, fixiert das Nachbargleis. Dann erneut Schwenk auf das Mädchen, immer näher, bis zum "Eindringen" in dessen Kopf - also entweder Erinnerung oder Tagtraum. Beschriebene Szene folgt.
Vielleicht hilft dir zum Verständnis auch meine Antwort auf Lorraine.


Zitat:
Die Motivation des Beobachters und des Selbstmörders bleiben mir verschlossen.

Und das soll auch genau so sein wink. Ich mag nämlich keine Geschichten, in denen Selbstmörder erzählen, was sie so dolldoll traurig macht. 90 Prozent dieser Geschichten sind Mist, weil sie von Leuten geschrieben werden, die überhaupt keine Ahnung haben (können), wie sich das anfühlt als Baldtoter auf dem Dach eines Hochhauses oder eben auf dem Gleis. Und auch Geschichten von Augenzeigen sind selten authentisch, weil mit dem Verstand nicht zu greifen ist, wie man sich in solchen Extremsituationen verhalten wird.



@Mardii
love Deine Interpretation, auch wenn sie teilweise ...abweicht, ist toll. Sie macht mir Lust, genauso eine Geschichte zu schreiben. Darf ich?


So, die erste Seite ist geschafft. Pause *ächz*.

Liebe Grüße,
Rose


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adelbo
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Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag11.04.2012 17:29

von adelbo
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Zitat:
Entweder du kennst meine Gedichte jetzt besser als ich oder du meinst jemand anderen


Zitat:
Der fette Kettenraucher mit Lungenkrebs starrt aus seinem Haus an der Bahnstrecke auf den Mond und kotzt ab. Hey, das kann man nicht alles raus lesen, aber adelbo war erstaunlich nah dran


 Smile


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„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
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Rosanna
Richter und Henker

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Beiträge: 1055

Pokapro V & Lezepo III Silberne Harfe


Beitrag11.04.2012 17:53

von Rosanna
Antworten mit Zitat

Moin Nuff,

Zitat:
Schöne poetische Sprache, Highlights im PoKaPro Einerlei, aber nichtsdestotrotz bleibt mir die Botschaft verschlossen.


Keiner versteht mich. Seufz. Wer tröstet mich? Twisted Evil.
Keine Sorge, Erklärung folgt unten.



@Paloma
Bei dem Lied handelt es sich um "Wonderful Life" von Hurts. Eigentlich recht schön, aber nachdem es wochenlang rauf- und runtergedudelt wurde, kann ich es mittlerweile nicht mehr hören. Das passt ganz gut, weil es den inflationären Gebrauch jedweder Art von Film/Musik/Thema usw. deutlich macht.


@Herbert

Zitat:
Mich irritieren die zwei Perspektiven: Im fahrenden Zug, die Aussenwelt wie ein Film wahrnehmend; oder als Person hinter einem vermeintlichen Selbstmörder am Rand des Gleises.

Das erkläre ich bei meiner Antwort auf Piratin wink.

@fancy
Zitat:

Ich mag es aber nicht so gerne, wenn die ganze Zeit nur in Bildern gesprochen wird. Aber das ist wahrscheinlich Gesmacksache.

Wird es das wirklich?
Grün: Erzählung
Rot: reine Metapher
blau: durchaus metaphorisch, aber in realer Welt so vorhanden/in beschriebener Situation vorhanden

Wenn du nur schnell genug fährst,  wird der nasse Beton auf dem Nachbargleis zum Spiegel. Dann streichen Vogelflügel über die Schwellen, manchmal so viele, dass sie schwarz davon werden oder ein angegrautes Blau – auch wenn man, ehrlich gesagt, bei dieser Geschwindigkeit keine einzelnen Schwellen mehr erkennt, nur ein schmales, flirrendes Rechteck aus dreckigem Beige. Ein bisschen wie eine Leinwand, nur dass der Film, darauf echt ist und die Leinwand selbst gespielt.
Meistens zeigt dieser Film
kahle Bäume. Sie stehen da (oder nicht) und drohen mit dem Tag, an dem die Gleise trocken und sie immer noch da sind.

Neulich hockte ein neuer, blanker Kopf auf den Schwellen. Von ihm wusste ich genau, dass er da war, weil ich minutenlang hinter ihm stand und ihn beobachtete. Dass er mich an die Bäume erinnerte, die sich in den Wald zurückgezogen hatten (er hatte sie erschreckt, vielleicht, und außerdem war es der erste trockene Tag seit Wochen), sagte ich nicht. Im Grunde sagte ich gar nichts. Ab und an trat ich auf einen Zweig oder kickte einen Stein zu seinen Geschwistern ins Gleisbett, damit der Kopf wusste, dass ich noch da war. Aber selbst das war unnötig, denn von Zeit zu Zeit drehte er sich mit trotzigem Blick nach mir um.
Über seinem Anzug trug er die Haut wie ein schlampig zurechtgezupftes Leichentuch, wie von zahlreichen Vorgängern starr und vergilbt, und von Zeit zu Zeit, wenn das Licht schräg darauf fiel, schien es hindurch bis auf den Grund. Ich erkannte, dass er seine eigene Leinwand ständig mit sich herumtrug, und dass er auf diesem verknäuelten, zerfasernden Stück Stoff immer noch nach dem Film suchte, der in ihm selbst spielte. Vielleicht hatte er ihn aber auch endlich gefunden. Vielleicht näherte sich gerade ein Wildwestfilm seinem Abspann. Der Bösewicht kniet, die Kapuze der zu Tode Verurteilten schon über dem Kopf, vor seinem Richter.
Vielleicht wurde gerade jemand gehängt.


Und trotzdem immer wieder dieses fast schüchterne Aufblicken, als sei er sich der Rolle, die er spielte, nicht ganz sicher. Ich wünschte mir plötzlich, ihn von den Gleisen zu ziehen, wie in diesem bescheuerten Lied von Suzie and her fucking bridge across the Severn - ich wünschte mir ein verführerisches Abendkleid, dieselben verlorenen Augen, Sehnsucht in seinen. Was man so träumt in einem jungen, hollywoodtoten Kopf.

Ich ging.

Am Tag danach hat es wieder geregnet und am Tag darauf und bis zum heutigen Tag. Ich hab einige Regionalzeitungen durchgeblättert, aber nichts von einem Selbstmörder auf den Schienen gelesen. Was bringt es auch, sich umzubringen, wenn man nicht mal beim Sterben alleine ist?


Jetzt warten wieder die Bäume auf den Gleisen. Wenn der Zug kommt, bleiben sie stehen.

Sie stehen noch, wenn er fort ist.



Hallo Kara,

Danke!


Moin Canyamel,

Hmm, einerseits habe ich erreicht, was ich wollte, nämlich dass die handelnden Figuren größtenteils Staffagen sind und man sich nicht mit ihnen identifizieren kann. Andererseits ist es schade, dass es zu verkünstelt rüberkommt, auch wenn das wiederum Teil der Aussage sein sollte...ächz. Naja, vielleicht hilft dir die kommende Erklärung etwas weiter.


Moin, Mondblume,

Ich versuche mich später an einer Erklärung aller Metaphern. Dass dir Text sprachlich gefällt, freut mich schonmal sehr wink

_

Hallo Anne,
Hmhm, den Hauptstrang hast du schon mal gut entschlüsselt...obwohl ich offenhalten will, ob sich die Erzählerin lediglich Gedanken über das Thema macht oder sich tatsächlich erinnert.

Zitat:
Aber dann beginnst du damit, dass ein neuer, blanker Kopf auf den Gleisen „hockt“.

Oh. Das Verb ist tatsächlich unglücklich gewählt. "lag" würde allerdings auch nicht passen. Da überlege ich mir noch was.

Erklärung ganz unten.


@Bianka

Kein Problem,
Das mit den Absätzen wundert mich, ich hatte gehofft, eben dadurch würde der Lesefluss erleichtert...


Hal-Lupus:


Wow. Das freut mich. Wirklich. Was würdest du persönlich noch verbessern/was ist noch zu bemängeln?


The Brain:
Zitat:

Das Bild der von Geschwindigkeit verzerrten Gleise, kann ich nur mit Mühe nachvollziehen. Es ist nicht grundlegend falsch, aber schief. Insbesondere die Vogelflügel lassen mich stutzen. Die Leinwand, ja die brauchst du als "Überleitung", aber passt es hier?


Ich habe es schon bei Rufina angemerkt: Das stimmt wirklich. Probier es mal aus. Natürlich hast du keinen astreinen Spiegel, indem du jedes Blatt oder jeden Schnabel erkennen kannst, aber es sind auch nicht nur Schatten (das erkennt man, wenn nach einem kurzen Regenschauer der Himmel wieder blau wird und sich die Schwellen tatsächlich leicht verfäben)

Zitat:
Insgesamt sind "Leinwand" und "Film" stark überrepräsentiert - das nutzt sich ab.

Das werde ich mir überlegen müssen - da der Film eine meiner Hauptmetaphern ist. Vielleicht wird dich meine noch folgende Erklärung umstimmen.

Zitat:

Über seinem Anzug trug er die Haut wie ein schlampig zurechtgezupftes Leichentuch, ...
Über? Das vertsehe ich nicht ... ansonsten eine sehr schöne Beschreibung!


Eh, ja, das hatte schon Lorraine angemerkt. Eine falsche Präposition kann eine Menge Unheil anrichten...vielleicht gefällt dir die verbesserte Version besser.


Zitat:
Insgesamt empfinde ich die Geschichte als nicht "rund".
Im ersten Absatz sitzt Prota im Zug - im nächsten läuft er im Kiesbett der Gleise ... (z.B.)


Warum das so ist, erkläre ich bei Nathaniel wink.


Hallo, gold,

Zitat:
Das Bild des nassen Betons, der zum Spiegel wird, gefällt mir sehr, obwohl ich nicht weiß, ob der nasse Beton tatsächlich spiegelt.

Oh yes, baby love
Zitat:

der auf den Schienen hockende blanke Kopf stellt ebenso ein eindrucksvolles, starkes Bild dar - vielleicht ist es ein Skinhead oder ein Manager der Musikbranche-


Darüber wäre zu spekulieren wink. Da ihm die Haut allerdings schon etwas baumelt, ist er vielleicht etwas zu alt, zumindest für einen Skinhead.


Moin, M&M
Gern wink. Wenn ich mich durch alle Rezis durchgequält habe, kommt eine Erklärung wink.


@StefSteff2005
Kann ich mit leben, auch wenn mir die Art deiner Rezension nicht gefällt...

Moin Amaryllis
 
Zitat:
Und die Motivation der/des Prota sich dort herumzutreiben ist mir auch nicht ganz klar.


Gute Frage, die ich leider dank der Kürze des Texts nicht beantworten konnte. Ich habe mir vorgestellt, dass die Erzählerin in einer ländlichen Umgebung wohnt, in der man schnell in der Natur ist, durch die aber auch eine Bahnstrecke führt. Ich glaube, sie ist einfach auf Entdeckungsreise, macht einen Spaziergang o-ä.

Hallo Amarenakirsche,
 Schreibst du von jemanden, der sich vor einen Zug werfen will, es aber nicht tut, weil die Protagonistin zusieht?

Bis auf das Werfen haut das schon hin. Im Mittelpunkt steht aber nicht der Selbstmörder, sondern die Erzählerin wink. Ich erläutere das unten noch genauer.

@Hitchhiker,

Danke schön!


@dieuschi:
Scho' okay.


@schneestern
Macht nix. Erklärung folgt unten.

@Seitenline

Zitat:
Für mich bleibt die Logik auf der Strecke. Ein blanker Kopf ist kein Körper, den man vom Gleis ziehen könnte, welche Rolle sollte er (selbst) noch spielen …?


Also, diesen Kritikpunkt finde ich jetzt etwas konstruiert, es sei denn, du hast tatsächlich geglaubt, nur der Kopf (ohne) Körper hockte da...aber wie sollte der sich dann umdrehen können?

Ich werde noch eine ausführliche Erklärung liefern, vielleicht wird es dann deutlicher.


Ät TET,

Ich auch nicht wink. Deswegen habe ich erstens ein Stück weit offen gelassen, ob er sich tatsächlich umbringen will, zweitens nicht aus seiner Perspektive geschrieben und drittens...gibts eigentlich nicht wink.


@Nihil,
Toll, dass du ihn gemocht hast love.
Zitat:
über“ dem Anzug klingt, als hätte seine Epidermis den Anzug überwuchert, dabei geht es um das Gesicht, nehme ich doch stark an

Kann ich jetzt nicht einfach ja sagen? Das ergibt doch auch ein tolles Bild Twisted Evil. Hast scho recht. Ich habe es in meiner Antwort an Lorraine gleich verbessert.


Erklärung folgt morgen oder so.


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Rosanna
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Beitrag11.04.2012 17:57

von Rosanna
Antworten mit Zitat

adelbo hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Entweder du kennst meine Gedichte jetzt besser als ich oder du meinst jemand anderen


Zitat:
Der fette Kettenraucher mit Lungenkrebs starrt aus seinem Haus an der Bahnstrecke auf den Mond und kotzt ab. Hey, das kann man nicht alles raus lesen, aber adelbo war erstaunlich nah dran


 Smile


 Embarassed

Blubbblubb


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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag14.04.2012 20:28

von Mardii
Antworten mit Zitat

Rosanna hat Folgendes geschrieben:
love Deine Interpretation, auch wenn sie teilweise ...abweicht, ist toll. Sie macht mir Lust, genauso eine Geschichte zu schreiben. Darf ich?


Doch, bitte schreib es. Es darf auch ein bisschen abweichen. smile Nur lesen möchte ichs dann gerne mal. Cool Irgendwann ...


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`bin ein herzen´s gutes stück blech was halt gerne ein edelmetall wäre´
Ridickully
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