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Vereint


 
 
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag16.11.2011 22:45

von MT
Antworten mit Zitat

lady-in-black hat Folgendes geschrieben:
MT hat Folgendes geschrieben:
Und genau das ist das Dilemma. Wenn ich jetzt (irgendwann) mit einer dritten Version ankomme, kann damit wahrscheinlich keiner mehr etwas anfangen.


 Rolling Eyes


Meine Meinung: Nimm die erste Version und ersetze darin lediglich die unklaren Passagen mit den in der zweiten Version überarbeiteten Formulierungen.
Vergiss die dritte Version, mit der ich irgendwie nichts anfangen kann ...  Embarassed

 lol Lady, Du hast Recht. Eine ganze Nacht (fast) schlaflos im Bett und einen ganzen Tag im ICE - da besinnt man sich auf das, was man wirklich wollte von/mit seinem Text...

In der ersten Version sind die medizinischen Hintergründe unausgegoren, zudem sind einige Formulierungen hölzern bis unsinnig. ZUU pathetisch oder gar kitschig finde ich die Version hingegen nicht.

Ich komme morgen drauf zurück, heute muss ich schlafen. Dann aber wohl besser in einem neuen Thread(?).

Ich danke Dir sehr.

LGMT


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Siegfried Lenz
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Gast







Beitrag16.11.2011 23:10

von Gast
Antworten mit Zitat

Auch auf die Gefahr hin, dir schwerere Schlafstörungen einzubrocken:

Die Magie der ersten Version entspringt meiner bescheidenen Schlauheit nach folgendem Phänomen:

... eine in sich zutiefst grausame, schmerzhafte Realität (Unfall, Tod, beenden zweier Leben, eines davon ein fünfjähriges Kind) wird vom ICH in Licht verwandelt, in Hoffnung. Wir gehen, aber wir gehen zu jemanden, der auf uns wartet.

Das ist ein starker Kontrast, ein Bruch mit der Leseerwartung, ein Umdeuten aller erwartbaren Empfindungen.
Aber: es wirft die Frage auf: wollte er das? Todessehnsucht? Selbstmord? Erweiterter Selbstmord. Mehr noch, ein Unfall in dem andere streben (könnten), herbeiführt aus Liebe zu einer Frau?

Und das willst du nun eben gar nicht darin haben.

Bei dem Versuch, dies zu eliminieren, bekommst du die Erkläreritis und zugleich killt es die Magie. Denn die entspringt ja eben einem unerklärlichen Bruch.

Was dir mom fehlt, eben jener meiner Schlaumeierrei nach, ist das Thema. Nicht der Plot, versteht sich, sondern das Dahinter. Was ist die Essenz, was willst du erzählen hinter den Worten?

(Frag mich jetzt nicht nach einer Lösung, wenn ich die hätte, würde ich den Teufel tun und es dir verraten. Dann schreib ich den selber wink )
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag16.11.2011 23:31

von MT
Antworten mit Zitat

debruma hat Folgendes geschrieben:
Auch auf die Gefahr hin, die schwerere Schlafstörungen einzubrocken:

Die Magie der ersten Version entspringt meiner bescheidenen Schlauheit nach folgendem Phänomen:

... eine in sich zutiefst grausame, schmerzhafte Realität (Unfall, Tod, beenden zweier Leben, eines davon ein fünfjähriges Kind) wird vom ICH in Licht verwandelt, in Hoffnung. Wir gehen, aber wir gehen zu jemanden, der auf uns wartet.

Das ist ein starker Kontrast, ein Bruch mit der Leseerwartung, ein Umdeuten aller erwartbaren Empfindungen.
Aber: es wirft die Frage auf: wollte er das? Todessehnsucht? Selbstmord? Erweiterter Selbstmord. Mehr noch, ein Unfall in dem andere streben (könnten), herbeiführt aus Liebe zu einer Frau?

Und das willst du nun eben gar nicht darin haben.

Bei dem Versuch, dies zu eliminieren, bekommst du die Erkläreritis und zugleich killt es die Magie. Denn die entspringt ja eben einem unerklärlichen Bruch.

Was dir mom fehlt, eben jener meiner Schlaumeierrei nach, ist das Thema. Nicht der Plot, versteht sich, sondern das Dahinter. Was ist die Essenz, was willst du erzählen hinter den Worten?

(Frag mich jetzt nicht nach einer Lösung, wenn ich die hätte, würde ich den Teufel tun und es dir verraten. Dann schreib ich den selber wink )

Die Schlafstörungen sind schon da, debruma, kannst also ruhig reinhauen! lol

Was wollte ich ursprünglich? Nun, ich wollte (auf der Metaebene) eine Momentaufnahme einer Nahtoderfahrung, gepaart mit Hoffnung, selbst wenn das Scheiden aus dem Leben im Einzelfall unsagbar tragisch ist. Auf der Plotebene schwebte mir ein "Gespräch" zwischen Vater und Kind vor. Der Vater, der beruhigt, das Kind, das dadurch behütet ist. Getragen von Liebe und Hoffnung.

Mit Lorraines und lupus´ Kommentaren musste ich erkennen, dass ich noch eine ganz andere Deutung zugelassen hatte, die mir gar nicht im Sinn gewesen war. Ich versuchte also, den Text anzupassen, auf meine Ausgangsüberlegungen zu glätten. Und stellte dabei immer mehr fest, dass mir in der Tat - wie Du es völlig richtig sagst - die Magie abhanden kam. Gerade die Fehldeutungsmöglichkeiten waren/sind es, die den Text offenbar interessant gemacht haben.

Ich denke, ich werde auf Los zurückgehen, freilich mit einer aus meiner Sicht geschliffenen (Ursprungs-)Version. Das Dilemma ist nur (ich sagte es bereits), dass man unmöglich unbefangen eine neue Version lesen kann, ohne dass die vorangegangene(n) mittickert/n.

Schwierig das. Aber tausend Dank für Deine Hinweise. Sie treffen den Nagel auf den Kopf!

LGMT


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Siegfried Lenz
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Biggi
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 52
Beiträge: 782
Wohnort: BY



Beitrag17.11.2011 15:06

von Biggi
Antworten mit Zitat

Hallo MT,

zu Deiner Anmerkung:
Zitat:
selbst wenn das Scheiden aus dem Leben im Einzelfall unsagbar tragisch ist.

Das kommt - nach dem, was ich hier in Deiner Geschichte gelesen habe - auf die Sichtweise an: Bin ich derjenige, der geht, oder der, der bleibt.
Das war gerade das Schöne: Das Scheiden aus dem Leben ist für ihn (und vermutlich, wenn die Theorie so stimmt) auch für seine Tochter nicht tragisch. Diese Ruhe, dieses Gefühl der Geborgenheit, das hat die erste Version rübergebracht.
Auch, weil es das Rätsel gab und der Leser nicht durch eine Videosequenz über den Unfallhergang, die genaue Anzahl der Verletzten und Halbtoten bzw. die alleinige Schuld des Unfallgegners informiert werden muss. Daran hast Du auch nichts geändert.

Manchmal arbeitet ein Text damit, den Leser - bis zu einer gewissen Grenze und wenn möglich nur bis zum Ende der Geschichte - im Ungewissen zu halten, was denn nun eigentlich los war. Da kann jedes einzelne Wort entscheidend sein, und Deine Aufgabe besteht darin, es richtig platzieren, damit es wirkt.
Das heißt nicht, dass Du mit Fakten um Dich werfen musst. Ein Leser, der sich darauf einlässt, folgt Dir auch so auf Deinem Weg. Wenn er eindeutig genug ist, ihn so zu verstehen, wie Du es beabsichtigt hast.

Das Sterben eines Menschen ist (in der Mehrzahl der Fälle, Ausnahmen gibt es IMMER!) für die unsagbar tragisch, die nicht mitgehen bzw. das Gefühl haben, verlassen zu werden. Auf diese Diskrepanz wolltest Du hinaus, indem Du den Tod der Mutter dem der beiden gegenübergestellt hast, oder?
 
Angenommen, der "Trick" mit dem Licht und der Geborgenheit funktioniert, hat wenigstens der Sterbende selbst nicht dieses Gefühl, darf sich in sich zurückziehen und kann sich auf diese Art von denen lösen, die ggf. schon einmal - (aus ihrer Sicht berechtigt) - trauernd und klagend an seinem Bett sitzen. Man stelle sich die Qualen vor, wenn er sich schon nicht mehr artikulieren und die Leute aus dem Zimmer schicken kann! Man weiß, dass ein Mensch noch lange im Koma hört.

Jetzt das Aber: Was mir nicht ganz einleuchten mag in der "medizinischen" Version: Wie kommt er in dieser friedlichen Lage, bei all seiner Zuversicht, dass alles wird, darauf, über seine damalige Angst um seine Frau nachzudenken?

Da versteckt sich in meinen Augen jetzt der Bruch. Die Darstellung dieser inneren Unruhe bringt eine Dynamik in den Text, eine Hektik und Dramatik, die da nicht hingehört bei all der sonstigen Stille. Er würde sich meiner Ansicht nach kürzer fassen, sich auf ein Wiedersehen einstellen und dies auch seiner Tochter vermitteln. Eher wie in der ersten Version. Alles gut, Friede, bald (Wiedersehens-)Freude...

LG und hoffentlich wieder Schlaf in der Nacht!
Biggi
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag17.11.2011 15:08
Vereint (überarbeitet & vertont)
von MT
Antworten mit Zitat

Moin zusammen,

nachdem nun mehrere Versionen im Ausgangsthread kursieren, dachte ich, es sei sinnvoll, die letzte Fassung (vertont) gesondert einzustellen.

Wer mag... Würde mich sehr freuen.


Vereint


Ich bin bei Dir, meine Tochter, hab keine Angst. Ich halte Deinen Kopf in meinen Händen und küsse Deine Stirn.
 
Was ist geschehen, fragst Du mich, und ich antworte, ich kann es nicht sagen. Sekundenbruchteile nur, ein Wimpernschlag, und es war geschehen.
Wann wir da sind, möchtest Du wissen, doch auch darauf kenne ich keine Antwort. Bis vor wenigen Minuten dachte ich, es sei nicht mehr weit. Nun aber bin ich nicht mehr sicher. Doch sei unbesorgt, mein Kind. Sie werden auf Dich warten im Stuhlkreis, Du wirst ihn nicht verpassen, ich bringe Dich.

Weißt Du, woran ich denken muss? An Deine Geburt. Ganz deutlich habe ich die Bilder vor Augen. Deine Mama und ich fuhren durch die Nacht, eine laue Sommernacht. Wir hatten Angst, und doch haben wir geweint vor Glück. Die Sterne leuchteten auf uns herab, der Mond schwamm auf dem See, an dem wir vorüber zogen. Wir redeten gegen die Wehen an, auf der Fahrt ins Krankenhaus, und überlegten uns Namen, Jungen- und Mädchennamen. Eine Mia war darunter, auch ein Fin, und als ich Alena aussprach, sahen wir uns wortlos an. Es war das erste Mal, dass wir uns nichts sehnlicher wünschten, als ein Mädchen zu bekommen. Ich öffnete das Fenster einen Spalt und ließ die Luft zu uns hereinwehen, warme, feuchte Erde, den Duft von Weizenfeldern, und wir wussten, es ist für immer.

Wie sehr die Augen Deiner Mama damals leuchteten trotz der Dunkelheit. Bis heute trage ich diesen Blick tief in mir. Ein sorgsam verwahrter Schatz. Er begleitet uns auch heute, mein Kind, jetzt, in dieser Stunde.
Ja, schmieg Dich an meine Brust, ruh Dich ein wenig aus. Der Lärm um uns herum soll dich nicht erreichen. Wir drehen den Ton ab und sehen dem Treiben zu. Menschen laufen umher, an ihren Mündern erkennt man die Schreie, in ihren Augen blitzt  Entsetzen auf. Doch wir, kleine Alena, wir sind geschützt, sei unbesorgt. Ich halte Dich.

Wie schön es ist, Dich zu erleben, wenn Du die Welt mit großen Augen ergründest, wenn Du sie mir mit Deinen Worten erklärst. Ich bekomme nicht genug davon, gebe mich Deinen kleinen Weisheiten hin. Tobe mit Dir über die Blumenwiesen und schlage ein Rad, wie Du es mir beigebracht hast. Wenn ich auf dem Rücken lande, lachst Du Dein Kinderlachen und lässt Dich neben mir ins Gras fallen. Dann sehen wir in den blauen Himmel, beobachten den Weg der Wolken und manchmal einen Vogel, der über uns singt. Es sind so wunderschöne Stunden mit Dir. Du bist mein ein und alles. Ein Teil von mir; ein Teil von uns.
Weißt Du, mein Kind, manchmal hält das Leben unbegreifliche Ereignisse bereit. Von einem habe ich Dir bisher nicht erzählt, doch ich denke, jetzt ist es an der Zeit.

Damals im Krankenhaus wurden wir schnell in den Kreissaal geführt. Alle kümmerten sich um Deine Mama, ich durfte die ganze Zeit bei ihr sein. Der Raum sah nicht aus wie ein Krankenhauszimmer. Mehr wie ein Kinderzimmer mit gelben Wänden und roten Stoffvorhängen. Ich setzte mich mit aufs Bett, wir hielten einander die Hand. Wieder und wieder sahen wir uns an, unterbrochen nur von Wehenkrämpfen. Wir wussten, schon bald würden die Strapazen ein Ende haben. Doch dann ließen die Wehen nach. Ein Arzt kam. Er sagte, so etwas komme schon mal vor, und wir verließen uns darauf.

Noch heute höre ich die Uhr an der Wand, sehe, wie sich ihre Zeiger weiter und weiter drehen, während Deine Mama in einen beruhigenden Schlaf gefallen ist.

Ich hielt ihre Hand, küsste ihre Stirn. Ganz behutsam, ich mochte sie nicht wecken. Sie sah so friedlich aus, die vorangegangenen Stunden waren anstrengend für sie gewesen. Wir fühlten uns behütet.

Es ist nicht ganz leicht für mich, meine Kleine, Dir von diesen Dingen zu erzählen. Es schmerzt noch immer sehr, weißt Du? Ich habe Deine Mutter mehr geliebt als mein eigenes Leben. Aber meines wollten sie nicht auf der Station.
Schlaf weiter, kleine Maus, ich bin an Deiner Seite. Wie Papierdrachen schweben wir in der Luft, gehalten nur von einem feingewebten Band. Was unter uns auf der Straße geschieht, möchtest Du wissen? Ich will es Dir sagen. Man hat die Straße gesperrt, der Sattelschlepper liegt noch immer quer auf der Fahrbahn. Polizei und Feuerwehr sind gekommen, ihre Blaulichter pflügen durch den Novembernebel. Funken fliegen, ich nehme an, die Männer versuchen, die Türen unseres Wagens aufzuschneiden. Genau kann ich es nicht sehen.

Wir sind in Sicherheit, mein Kind. Siehst Du das Licht über uns? Es kommt wie ein guter Freund, es schließt uns in seine Arme. Wenn wir Hunger haben, essen wir, und wenn wir durstig sind, werden wir trinken. Doch erst einmal sollten wir uns ausruhen. Ich nehme an, uns steht eine lange Reise bevor.

Weißt Du, damals, im Krankenhaus, da gab ich Deiner Mama ein Versprechen. Ich versprach, auf uns drei aufzupassen, und ich werde mein Wort halten, kleine Alena, hab keine Angst. Du kannst beruhigt die Augen schließen.

Damals rissen Krämpfe Deine Mama aus dem Schlaf, der Wehenschreiber schlug wieder aus. Eine Hebamme kam ins Zimmer, sie sah uns an und lächelte, und dann ging alles ganz schnell.

Weißt Du, was es bedeutet, sein eigenes Kind zum ersten Mal im Arm zu halten? Nein, Du kannst es nicht wissen, ich will es Dir sagen: Es fühlt sich an, als würde man selbst noch einmal geboren. Als begänne das eigene Leben ein zweites Mal. Alle Sorgen sind aufgelöst, man ist dem Alltag entrückt, ist eingetaucht in ein Meer vollkommener Glückseeligkeit. Diese Freude, diese unbändige Zuversicht, sie durchströmen Dich und geben Dir eine Leichtigkeit, von der Du nicht wusstest, dass Du sie empfinden kannst. Tanzen möchtest Du in diesem Augenblick, Lachen und Weinen zugleich und Du hältst dieses kleine Geschöpf in Deinen Armen und kannst es nicht fassen, wie gut es das Leben mit Dir meint.

Doch wie zart dieser Augenblick war, wie zerbrechlich. Deine Mama wurde schwächer, ihre Stimme leiser. Die Hebamme kam. Mit wissendem, mit entschuldigendem Blick nahm sie Dich in ihren Arm.
„Ihre Frau hat zu viel Blut verloren“, sagte sie, und schon betraten Ärzte das Zimmer. Kurze Untersuchungen, abstimmendes Kopfnicken, der Boden glitt mir unter den Füßen weg.
Deine Mama zog kaum spürbar an meinem Arm, ich beugte mich hinab.
„Gib Acht auf uns, hörst Du?“
„Ja“, antwortete ich.
„Versprich es“, sagte sie.
Und ich versprach es.
Wir küssten uns. Wir streichelten einander die Wangen. Und Deine Mama lächelte.
Die Ärzte nahmen das Bett und schoben es über endlose Gänge, fuhren mit dem Fahrstuhl viele Stockwerke und verschwanden hinter einer Tür mit Milchglasscheiben; Zutritt verboten, stand darauf.
Ich wartete im kalten Neonflur. Ich ging auf und ab, das Quietschen meiner Sohlen auf dem Linoleumboden hallte. Ich setzte mich, wartete weiter, stand erneut auf, um mich gleich wieder auf den kahlen Stuhl fallen zu lassen. Ohne Unterlass starrte ich auf die Tür, beobachtete ihre Klinke, in der brennenden Hoffnung, sie möge endlich heruntergedrückt. Doch es blieb reglos, dieses stumme Stück Metall, es hielt mir einen Spiegel vor, in dem ich all meine Machtlosigkeit erblickte; und all meine Angst.
Die Stunden verrannen, meine Erschöpfung riss mich in einen unruhigen Schlaf. Irgendwann weckte mich ein Arzt, Schweißperlen rannen von seiner Stirn, er sagte kein Wort. Ich sprang auf, er legte mir eine Hand auf die Schulter. Das Zittern in seinen Augen habe ich nie vergessen.

Du hast Recht, mein Kind, es wird immer heller um uns herum. Halt Dich an mir fest, ich will versuchen, emporzukommen. Dorthin, wo das Licht noch wärmer scheint. Der Tunnel ist nicht finster, siehst Du? Brauchst keine Angst zu haben, ich bin bei Dir. Der gleißende Schein durchströmt uns wie die Wellen eines Ozeans. Siehst Du die Blumen um uns herum? Es sind viele Blumen, bunte, ich kenne ihre Namen nicht. Ich habe sie noch nie gesehen, aber sie sind wunderschön. Komm, wir pflücken uns welche, wir binden einen Strauß, einen riesigen, leuchtenden Strauß.
Die Männer unten auf der Straße können uns nichts mehr anhaben. Sie sind weit weg, die Blaulichter verschwimmen im Nebel der Zeit, Geräusche verhallen im Nichts.

Hab Geduld, kleine Maus, wir haben es fast geschafft. Gleich werden wir angekommen sein am Ziel unserer Träume. Ich habe mein Versprechen nicht gebrochen. Schau, dort vorn. Kannst Du es sehen? Ja, Du kannst es sehen.
Wir stehen noch einmal in dem Flur, sehen noch einmal auf die Tür mit der gemeinen Aufschrift. Aber jetzt ist sie nicht mehr gemein. Schau, wie die Buchstaben davon wehen. Wie Staub ziehen sie mit dem Wind. Wende den Blick nicht ab, mein Kind, denn gleich wird es soweit sein.

Gleich wird sich die Klinke noch einmal senken.


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Siegfried Lenz
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MT
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Beitrag17.11.2011 15:38

von MT
Antworten mit Zitat

MP3-Datei lässt sich nicht anhängen. Kann sich nur um Stunden handeln... rotwerd

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Siegfried Lenz
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Traumtänzerin
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Beitrag17.11.2011 16:09

von Traumtänzerin
Antworten mit Zitat

Ist wahrscheinlich zu groß, teil sie auf.
(Kleiner Tipp am Rande.)

LG,
Traumtänzerin

PS: Find's gut, dass du die endgültige Version reinstellst. Ist übersichtlicher. Wollte vorher schon im "Ausgangsthread" was zum Text sagen, aber so ist's praktischer.

PPS: Äußere mich frühestens am Wochenende ausführlicher zum Text.


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hobbes
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Beitrag23.11.2011 12:18

von hobbes
Antworten mit Zitat

Ich habe nur ab der letzten Version gelesen und die Kommentare danach haben mich
a) neugierig darauf gemacht, die anderen Version zu lesen
b) davon abgehalten, zu antworten, weil ich vermutete, dass das schon gesagt wurde

Dann habe ich aber das hier gelesen
Zitat:
Das Dilemma ist nur (ich sagte es bereits), dass man unmöglich unbefangen eine neue Version lesen kann, ohne dass die vorangegangene(n) mittickert/n.

und beschlossen, doch zu antworten. Wie gesagt, ich kenne bis jetzt nur die letzte Version.

Die berührt mich, aber sie trifft mich nicht. Irgendwie fehlt mir der Lebenswille. Klar, es ist ein Dialog von Vater und Kind und der Vater will ruhig bleiben, um das Kind nicht zu beunruhigen. Aber er driftet so leicht und widerstandslos in diese andere Welt, dass bei mir der Eindruck aufkommt, er hätte nur darauf gewartet, auf diesen Moment, um endlich loszulassen, all die Anstrengung und der Schmerz, seit seine Frau gestorben ist.
Und auch die Tochter scheint keinen Lebenswillen zu haben. Oder sie realisiert gar nicht, was passiert. Das würde ich nun eher unwahrscheinlich finden, sicher ist doch auch überall Blut und Schmerz. Oder bleibt sie so passiv, um es dem Vater leichter zu machen? Das erscheint mir fast noch am wahrscheinlichsten. Oder ist die Tochter gar schon tot? Und die Fragen, die sie stellt, bildet sich der Vater ein?
Oder es ist nur das Kind, das stirbt? Und der Vater erzählt die Geschichte vom Tod der Mutter, um sein „Gib auf uns Acht“-Versprechen einzulösen? Quasi die Tochter bis zur letzten Tür zu begleiten?

So, das waren meine Eindrücke zur letzten Version. Je mehr ich darüber nachdenke, deste mehr Fragen fallen mir ein.
Ich lese jetzt mal von vorne Smile


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hobbes
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Beitrag23.11.2011 12:41

von hobbes
Antworten mit Zitat

Ich nochmal Smile

Habe jetzt auch die anderen Versionen gelesen. Und stelle fest: in der zweiten Version ist der Lebenswille drin, der mir in der dritten gefehlt hat. Stelle außerdem fest: er gefällt mir nicht und passt so gar nicht in diesen ruhigen Ton vom Rest.
Hm.

Hat der Vater denn tatsächlich schon erkannt, dass es zu Ende geht? Also anhand harter, medizinischer Fakten.
Oder ist er selbst in diesem "alles wird leichter in dieser anderen Welt, ich fühle es schon" drin, so dass er gar nicht kämpfen will?
Gegen zweiteres fühle ich so ein inneres Widerstreben, ein "Aber er hat doch ein Kind, wenigstens für das Kind müsste er doch kämpfen."
Mein Gefühl. Weiß leider auch nicht, was du dagegen tun könntest, falls du das überhaupt wollen würdest.


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MT
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Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag23.11.2011 21:06

von MT
Antworten mit Zitat

hobbes hat Folgendes geschrieben:
Ich nochmal Smile

Habe jetzt auch die anderen Versionen gelesen. Und stelle fest: in der zweiten Version ist der Lebenswille drin, der mir in der dritten gefehlt hat. Stelle außerdem fest: er gefällt mir nicht und passt so gar nicht in diesen ruhigen Ton vom Rest.
Hm.

Hat der Vater denn tatsächlich schon erkannt, dass es zu Ende geht? Also anhand harter, medizinischer Fakten.
Oder ist er selbst in diesem "alles wird leichter in dieser anderen Welt, ich fühle es schon" drin, so dass er gar nicht kämpfen will?
Gegen zweiteres fühle ich so ein inneres Widerstreben, ein "Aber er hat doch ein Kind, wenigstens für das Kind müsste er doch kämpfen."
Mein Gefühl. Weiß leider auch nicht, was du dagegen tun könntest, falls du das überhaupt wollen würdest.

Nimm doch noch Mal die dritte... Very Happy

Ich danke Dir für´s Kommentieren. Die erste Version - gekleidet in die dritte - ist "meine"...  Embarassed

LGMT


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Siegfried Lenz
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MT
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Beitrag23.11.2011 21:08

von MT
Antworten mit Zitat

Ein dickes Dankeschön an Boro. Er hat es vermocht, die Audiodatei anzuhängen!

TT, wenn Du also magst... Alle anderen natürlich auch. Embarassed

LGMT


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Siegfried Lenz
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Bananenfischin
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Beitrag23.11.2011 23:50

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Lieber MT,

ich finde diese Version gelungen.

In der ersten Fassung kam nicht ganz klar heraus, ob der Vater überhaupt - kurz gesagt - Lebenslust gespürt hat nach dem Tod der Frau. Jetzt hast du einen Anschnitt drin, der dies jedoch gut zeigt.
Schön finde ich auch, wie sanft und selbstverständlich die Entwicklung stattfindet von der vagen Erwartung einer Rettung zu Anfang bis hin zum gar nicht mehr gerettet werden Wollen, zur Akzeptanz und Zuversicht angesichts des nahenden Todes und der Freude über das baldige Wiedersehen mit der Mama.
Und aus jeder Zeile, von der Beruhigung des Kindes am Beginn (Stuhlkreis) über die Beschreibung des ersten Haltens bis hin zu seiner Beruhigung im Tunnel spricht die Liebe des Vaters.

Für mich müsste und sollte hier nichts mehr groß geändert werden. smile

Nur ein paar rationale und furchtbar dröge Kleinigkeiten möchte ich trotzdem schnell ansprechen:

Gleichzeitig mit der schon erwähnten Entwicklung findet eine vertikale Bewegung statt. Zuerst sind sie noch im Auto, dann darüber, dann noch weiter oben.
An folgender Stelle sind sie noch im Auto (so habe ich es wenigstens verstanden), also noch in ihren Körpern:
Zitat:
Ja, schmieg Dich an meine Brust, ruh Dich ein wenig aus. Der Lärm um uns herum soll dich nicht erreichen.

Und nun überlege ich, ob das Anschmiegen so möglich wäre. Denn die Kleine müsste normalerweise ja im Kindersitz auf dem Rücksitz gesichert gewesen sein. Und wenn nun auch der Innenraum durch den Unfall zusammengeschoben ist bzw. die beiden schwer verletzt sind, wird er sie auch kaum zu sich rüberheben können.

Und noch zwei übersehene Tippfehler:
Zitat:
Kreissaal
Kreißsaal
Zitat:
Glückseeligkeit

Glückseligkeit

Dein Vortrag, die Betonung etc., gefällt mir übrigens auch sehr gut.

Liebe Grüße
Bananenfischin


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BlueNote
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Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag24.11.2011 00:13

von BlueNote
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Hallo MT,

das ist eine Geschichte, die sehr traurig macht. Noch mehr als der Tod der Mutter beunruhigt mich dabei die Todessehnsucht des Vaters. Das ist ein Aspekt, der mir nicht wirklich gefällt - aber dennoch finde ich den Text bzw. die Vertonung gelungen.

Warum die Mutter starb, kann ich mir nicht recht vorstellen. In wiki steht, dass in der "Vergangenheit" manche Mütter an Blutverlust starben, oder es in Entwicklungsländern heute noch tun.

BN
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Leanna
Wortedrechsler
L


Beiträge: 66



L
Beitrag24.11.2011 00:26

von Leanna
Antworten mit Zitat

Hallo,
ich beobachte "Vereint" jetzt schon länger und muss sagen, dass es sich prächtig entwickelt hat Wink
Wenn ich mir die aktuelle Version durchlese, werde ich melancholisch- wirklich sehr rührend, aber auch traurig.
Gerade die Todessehnsucht des Papas finde ich passend, das gibt den ganzen diese "besondere Würze" smile
Und das Ende...das Ende hat mir am Besten gefallen!
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Gast







Beitrag24.11.2011 00:36

von Gast
Antworten mit Zitat

an sich ist das jetzt: geschrieben ist geschrieben.

Es wird Widerspruch geben, das gehört zum Text. Er läuft auf Grat, das ist Stärke, nicht Schwäche.

Dein Lesen ... dieses Mama (hier Betonung auf der ersten Silbe, ein ganz anderer Klang) hat mich etwas ... aber gut. Ich bin mir nicht sicher, bricht mit dem, was ich so vor Ohr hatte.

Ein ernsthaftes Problem gibt es aber:

Zitat:
Deine Mama wurde schwächer, ihre Stimme leiser. Die Hebamme kam. Mit wissendem, mit entschuldigendem Blick nahm sie Dich in ihren Arm.


Ok, pass auf.

Prinzipiell ist es selten geworden - einfach weil der OP nah ist und die Methoden weit voran geschritten - dass eine Frau nach der Geburt verblutet. Aber es kommt vor. Und zwar dann, wenn die Blutung nicht zu stoppen ist. Was auch sein kann - dass die Narkose (ist eine OP) Folgen hat.

Auch der Hergang mit dem Wehenschreiber hat damit weniger was zu tun - aber das war eben so. Daran stört sich nichts.

Nach der Geburt verlassen die Hebammen erst den Raum, wenn klar ist, dass die Plazenta ordentlich abgegangen, die Frau ok ist. Wenn da auch nur irgendein Anzeichen ist, dann geht das sehr schnell - dann rennen alle.

Du musst dir da so vorstellen: Kind raus, auf Arm (wenn Kind ok). Nachgeburt Kontrolle - Hektik. Richtig hektik.
Zugang liegt schon, ab in den OP.

Papa steht da mit Kind auf dem Arm.

d.
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Belzustra
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 37
Beiträge: 344
Wohnort: Belgien


Beitrag24.11.2011 00:41

von Belzustra
Antworten mit Zitat

Lieber MT,

habe mir gerade deine Audioversion angehört.
Du hast wirklich eine sehr angenehme und ruhige Stimme.
Hat mir gut gefallen.  Daumen hoch

LG
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Gast







Beitrag24.11.2011 08:35

von Gast
Antworten mit Zitat

Guten Morgen Markus,

mir gefällt die Geschichte jetzt richtig gut und ich finde die Überarbeitung ist dir sehr gelungen. Die Audio dazu macht für mich die Sache perfekt.

Sehr, sehr gerne gehört/gelesen.

und jetzt nicht verschlimmbessern ; )  

Liebe Grüße
Monika
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag24.11.2011 09:36

von MT
Antworten mit Zitat

Moin, Bananenfischin,

Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Lieber MT,

ich finde diese Version gelungen.

 Laughing Dankeschön. Das freut.

Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Für mich müsste und sollte hier nichts mehr groß geändert werden.

Das wird es auch nicht. Der Text, seine Überarbeitungen haben Kraft gekostet. Auch ich meine, dass die Endversion recht gut gelungen ist.

Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Gleichzeitig mit der schon erwähnten Entwicklung findet eine vertikale Bewegung statt. Zuerst sind sie noch im Auto, dann darüber, dann noch weiter oben.
An folgender Stelle sind sie noch im Auto (so habe ich es wenigstens verstanden), also noch in ihren Körpern:

MT hat Folgendes geschrieben:
Ja, schmieg Dich an meine Brust, ruh Dich ein wenig aus. Der Lärm um uns herum soll dich nicht erreichen.

Und nun überlege ich, ob das Anschmiegen so möglich wäre. Denn die Kleine müsste normalerweise ja im Kindersitz auf dem Rücksitz gesichert gewesen sein. Und wenn nun auch der Innenraum durch den Unfall zusammengeschoben ist bzw. die beiden schwer verletzt sind, wird er sie auch kaum zu sich rüberheben können.

Entschuldige, aber dieses Sicht ist mir zu "technisch". Ich glaube nicht, dass die beiden physisch noch nebeneinander im Auto sitzen, das ergäbe keinen Sinn. Die Tochter befand sich hinten im Kindersitz, der Vater fuhr.
Es sind die Gedanken des Vaters, es sind seine Gefühle, es ist seine Seele, die - freilich auf einer Art "Weg nach oben" - bereits aus dem Körper entwichen ist. Wo genau sie sich befindet, ist m. E. sekundär. Vielleicht noch im Wagen, vielleicht aber auch schon knapp darüber. Entscheidend für mich war/ist: Die Unumkehrbarkeit der Situation hat er erkannt und er weiß, dass er jetzt für seine Tochter "da" sein muss, sie trösten, beruhigen muss. Seine Seele streichelt ihre...

Tippfehler sind korrigiert, merci.

Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Dein Vortrag, die Betonung etc., gefällt mir übrigens auch sehr gut.

 Laughing Vielen Dank.

Und danke für die wertvolle Textarbeit. Schön, wenn Dir der Text nun insgesamt überwiegend gefallen hat.

LGMT


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Beitrag24.11.2011 09:46

von MT
Antworten mit Zitat

Hi, BN,

BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Hallo MT,

das ist eine Geschichte, die sehr traurig macht. Noch mehr als der Tod der Mutter beunruhigt mich dabei die Todessehnsucht des Vaters. Das ist ein Aspekt, der mir nicht wirklich gefällt - aber dennoch finde ich den Text bzw. die Vertonung gelungen.

Warum die Mutter starb, kann ich mir nicht recht vorstellen. In wiki steht, dass in der "Vergangenheit" manche Mütter an Blutverlust starben, oder es in Entwicklungsländern heute noch tun.

BN

Macht die Geschichte tatsächlich traurig? Oder besser: Kann man sie nur als traurige Geschichte lesen? Ich meine: nein. Denn ich finde, trotz aller Tragik im Leben hält sie doch eine Hoffnung für das bereit, was danach kommt (kommen könnte...). Wir werden (vielleicht) die wiedersehen, die vor uns gegangen sind. Wir werden - wenn der Prozess erst einmal unumkehrbar geworden ist - keinen Schmerz empfinden.

Wunschdenken, wirst Du jetzt vielleicht sagen, und ich könnte nicht einmal wiedersprechen. Aber Hoffnung ist Wunsch...

Zu Recht weist Du darauf hin, dass der Muttertod selten vorkommt bei einer Geburt. Dennoch treten immer wieder Fälle auf, bei denen Nachblutungen entstehen, die in die Katastrophe führen. Mir ist ein Fall persönlich bekannt.
Ich habe diesen Aspekt hingegen bewusst offen, detaillos gelassen. Er hätte die Geschichte gestört. Mir hat gereicht, dass dort undefinierte Blutungen auftraten, von denen man weiß, dass sie zum Tod führen können (wenngleich selten).

Toll, dass Du Dich um meinen Text gekümmert hast. Ich danke Dir vielmals!

LGMT


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Beitrag24.11.2011 09:52

von MT
Antworten mit Zitat

Servus debruma,

debruma hat Folgendes geschrieben:
an sich ist das jetzt: geschrieben ist geschrieben.

Es wird Widerspruch geben, das gehört zum Text. Er läuft auf Grat, das ist Stärke, nicht Schwäche.

Dein Lesen ... dieses Mama (hier Betonung auf der ersten Silbe, ein ganz anderer Klang) hat mich etwas ... aber gut. Ich bin mir nicht sicher, bricht mit dem, was ich so vor Ohr hatte.

Ein ernsthaftes Problem gibt es aber:

Zitat:
Deine Mama wurde schwächer, ihre Stimme leiser. Die Hebamme kam. Mit wissendem, mit entschuldigendem Blick nahm sie Dich in ihren Arm.


Ok, pass auf.

Prinzipiell ist es selten geworden - einfach weil der OP nah ist und die Methoden weit voran geschritten - dass eine Frau nach der Geburt verblutet. Aber es kommt vor. Und zwar dann, wenn die Blutung nicht zu stoppen ist. Was auch sein kann - dass die Narkose (ist eine OP) Folgen hat.

Auch der Hergang mit dem Wehenschreiber hat damit weniger was zu tun - aber das war eben so. Daran stört sich nichts.

Nach der Geburt verlassen die Hebammen erst den Raum, wenn klar ist, dass die Plazenta ordentlich abgegangen, die Frau ok ist. Wenn da auch nur irgendein Anzeichen ist, dann geht das sehr schnell - dann rennen alle.

Du musst dir da so vorstellen: Kind raus, auf Arm (wenn Kind ok). Nachgeburt Kontrolle - Hektik. Richtig hektik.
Zugang liegt schon, ab in den OP.

Papa steht da mit Kind auf dem Arm.

d.

Der Text läuft auf Grat - richtig. Wie die erste Version. Er soll Widerspruch provozieren.

Die medizinischen Details waren schwierig einzufangen. Ich habe die "Schilderungen" aus einem mir bekannten Fall genommen und versucht - ohne Nachfrage zu Details - "meine" (logische) Version zu stricken. Mag sein, dass das nicht alles bis ins Knopfloch korrekt ist. Doch kommt es darauf für den Text und seine Aussage(n) wirklich an? Ich meine: nein. Daher würde ich die Passage wohl so lassen wollen.

Danke für Dein Dranbleiben, Lesen und Kommentieren.

LGMT


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Beitrag24.11.2011 09:53

von MT
Antworten mit Zitat

Belzustra hat Folgendes geschrieben:
Lieber MT,

habe mir gerade deine Audioversion angehört.
Du hast wirklich eine sehr angenehme und ruhige Stimme.
Hat mir gut gefallen.  Daumen hoch

LG

 Laughing  Laughing Dankeschön! Freut mich riesig!!

LGMT


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Beitrag24.11.2011 09:55

von MT
Antworten mit Zitat

Paloma hat Folgendes geschrieben:
Guten Morgen Markus,

mir gefällt die Geschichte jetzt richtig gut und ich finde die Überarbeitung ist dir sehr gelungen. Die Audio dazu macht für mich die Sache perfekt.

Sehr, sehr gerne gehört/gelesen.

und jetzt nicht verschlimmbessern ; )  

Liebe Grüße
Monika

Hi, Monika,

auch Dir ein dickes Dankeschön für Deine Kondition. Jetzt hast Du ... Versionen gelesen und bist nicht müde geworden, die auch diese letzte anzutun. Das freut mich wirklich riesig. Vielen, vielen Dank!

LGMT

P.S. Geändert wird - jedenfalls im Grundsatz - nix mehr! wink


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