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tinko Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 155 Wohnort: Hannover
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13.08.2011 13:20 "Totkäppchen" oder das Märchen der Globalisierung von tinko
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Mich läßt das Leiden in Afrika nicht los. Ich bin wütend, sprach- und machtlos, einfach ohnmächtig und muss mir das von der Seele schreiben:
"Viel zu große Ohren,
die die Stimmen der Unvernunft,
ungewollt,
hören müssen.
Viel zu große Augen,
die Alles sehen,
gnadenlos,
obwohl sie lieber blind wären.
Viel zu großer Mund,
der redet,
ungefragt.
Wie ein Wasserschwall,
der stumm schreit,
nach Gerechtigkeit.
Viel zu große Hände,
die Greifen,
kraftlos,
alle Hoffnung fallen lassend.
Und wenn sie nicht gestorben sind,
dann Hungern sie noch heute."
Danke für´s Lesen.
Katja
_________________ Lerne die Regeln,damit du weißt, wie du sie brichst. (Dalai Lama) |
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Gast
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15.08.2011 22:01
von Gast
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Hallo Tinko,
Betroffenheit unmittelbar in Gedichtform auszudrücken, geht öfter schief als gut - meistens ist es sehr schwer, der entsprechenden Situation gerecht zu werden, und dazu kommt, dass der Eindruck noch viel zu frisch ist.
Dir ist dieser schwierige Akt hier recht gut gelungen, finde ich. Nur denke ich, der Text sollte auch ohne Einleitung, nur aus sich heraus wirken können?! Von daher hielte ich es für eine Idee, "Afrika" im Titel etwas deutlicher zu verorten.
Totkäppchen
Ein somalisches Märchen
So, oder was immer dir einfällt. Aber eben auch ohne Anführungsstriche.
Gruß,
Soleatus
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Aranka Bücherwurm
A
Beiträge: 3106 Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
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A 17.08.2011 10:14
von Aranka
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Hallo Katja,
ein schwieriges Thema, dass du da anfasst. Politische oder soziale Missstände aufzuzeigen und dabei nicht in eine „Fingerzeige-Haltung“ zu geraten, ist nicht so einfach. Dies ist dir jedoch gut gelungen. Du bedienst dich des „Märchenrahmens“, in den du den Text, der sachlich, präzise und gnadenlos Fakten benennt und Bilder vor das Leserauge bringt, hineinstellst. Durch den Rahmen erhält der Text eine zusätzliche Brisanz und seine Vielschichtigkeit. Das LI bleibt außerhalb, eine Wertung vorzunehmen, bleibt dem Leser überlassen. Das alles gefällt mir gut.
Formal könnte ich mir eine etwas einheitlichere Gestaltung der einzelnen „Strophen“ gut vorstellen, um noch mehr Prägnanz zu erzielen. Man könnte zum Beispiel die Einwortzeile immer an das Ende der Strophe setzten. Da du im Zeilenstil schreibst, also Zeile und syntaktische Einheit übereinstimmen, könntest du auf Satzzeichen verzichten. Das ist aber Ansichtssache. Da kurze Sinneinheiten entstehen und dadurch fast jedes Wort Gewicht erhält, empfinde ich die Satzzeichen schon mal als Ablenkung. Aber wie gesagt, muss einem auch zusagen. Ich stelle die ersten zwei Strophen mal um:
Viel zu große Ohren
die die Stimmen der Unvernunft
hören müssen
ungewollt
Viel zu große Augen
die alles sehen
obwohl sie lieber blind wären
gnadenlos
Viel zu große Münder
(Würde hier vielleicht bei der Mehrzahl bleiben, um Struktur zu erreichen!)
Beim Titel finde ich die Idee von Soleatus gut.
Vielleicht kannst du mit meinen Überlegungen etwas anfangen. Ein schwieriges Thema gut angepackt. Gruß Aranka
_________________ "Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)
„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke) |
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Angst Scheinheiliger
A Alter: 33 Beiträge: 1571
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A 17.08.2011 13:23 Re: "Totkäppchen" oder das Märchen der Globalisier von Angst
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Hallo tinko
Mit politischen Gedichten kann ich nichts anfangen, deshalb mag ich nicht allzu viel kritisieren.
Grundsätzlich leuchtet mir nicht ganz ein, warum du dich hier auf Rotkäppchen stützt, aber okay, es soll so sein.
Trotzdem würde ich die letzte Strophe überdenken.
tinko hat Folgendes geschrieben: | Und wenn sie nicht gestorben sind,
dann Hungern sie noch heute." |
Dieser Schluss ist natürlich märchen-typisch, aber ist es wirklich geschickt, so zu enden?
Mir ist das zu platt und naheliegend.
"Hungern" sollte übrigens klein geschrieben sein.
Auch an anderen Stellen ist die Grossschreibung nicht korrekt.
_________________ »Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48. |
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tinko Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 155 Wohnort: Hannover
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17.08.2011 20:18
von tinko
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Danke für die Rückmeldungen
@soleatus
Ein schöner Gedanke für den Titel. Ich werde ihn sicher beherzigen, denn er drückt aus, was ich anklage.
@Aranka
Ja, mit dem veränderten Schreibstil fühlt es sich für mich noch eindringlicher und intensiver an.
Danke für Deinen Vorschlag und Deine, gut erfasste und interpretierte, Aussage meines Gedichtes.
@Scheinheilige
Auch Dir, dankeschön für Deine Einschätzung.
Ich möchte, dass die letzten Zeilen polemisch und auch klar anklagend klingen.
Das Märchenthema soll die Unwirklichkeit dieser realen Tragödie in Afrika auffassen. Ich habe ´Rotkäppchen´ nicht inhaltlich (abstrakt politisch) gewählt, sondern einzig aus dem Grund der Märchenassoziation und der möglichen Wortschöpfung "Totkäppchen".
Wo hakt es noch bei der Grossschreibung?
Herzlichst Katja
_________________ Lerne die Regeln,damit du weißt, wie du sie brichst. (Dalai Lama) |
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Angst Scheinheiliger
A Alter: 33 Beiträge: 1571
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A 17.08.2011 22:55
von Angst
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Also, "Alles" und "Greifen" werden normalerweise auch nicht gross geschrieben.
Wie gesagt, ich will nicht zu sehr rummäkeln, da ich gerade diesen polemischen, direkten Ton in Gedichten nicht angebracht finde.
Auch würde ich unter keinen Umständen aus bloss formalen Gründen auf ein literarisches Werk anspielen.
Aber das ist jetzt wirklich nur meine persönliche Meinung.
Ich hoffe, meine Wortmeldung war nicht ganz nutzlos :)
_________________ »Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48. |
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Klaus Eselsohr
K Alter: 73 Beiträge: 247 Wohnort: Irgendwo im Nirgendwo
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K 18.08.2011 11:55 Re: "Totkäppchen" oder das Märchen der Globalisier von Klaus
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tinko hat Folgendes geschrieben: | Mich läßt das Leiden in Afrika nicht los. Ich bin wütend, sprach- und machtlos, einfach ohnmächtig und muss mir das von der Seele schreiben:
"Viel zu große Ohren,
(die) die Stimmen der Unvernunft,
ungewollt,
hören müssen.
Viel zu große Augen,
die A(a)lles sehen,
gnadenlos,
obwohl sie lieber blind wären.
Viel zu großer Mund,
der redet,
ungefragt.
Wie ein Wasserschwall,
der stumm schreit,
nach Gerechtigkeit.
Viel zu große Hände,
die G(g)reifen,
kraftlos,
alle Hoffnung fallen lassen(d).
Und wenn sie nicht gestorben sind,
dann H(h)ungern sie noch heute."
Danke für´s Lesen.
Katja |
Hallo Katja,
ohnmächtige Wut macht sprachlos und machtlos. Du bist aber nicht sprachlos, das hast du mit deinem Text gezeigt. Ein zwar noch recht zahmer Text, schreit dieses Thema doch geradezu nach mehr Inhalt. Du hast dich sehr zurückgehalten. Dichtern und Denkern obliegt es auszusprechen, was andere nicht zu sagen wagen (und auch mal den Zeigefinger zu benutzen;)): die Wahrheit, und manchmal auch die schonungslose Wahrheit. Denn manche denken diese nicht einmal oder verdrängen sie in die hinterste Ecke, weil unbequem, satt, die direkte Konfrontation fehlt oder die Schmerzgrenze noch immer nicht erreicht ist. Es ist das geschickte Taktieren von Politik und Wirtschaft, das genaue Abwägen, man könnte auch sagen, dieses künstlich erzeugte Ungleichgewicht, welches noch immer dafür sorgt, dass der überwiegende Teil der Weltbevölkerung sich dem „Prinzip Hoffnung“ freiwillig hingibt, anstatt endlich zu begreifen, dass er seit ewigen Zeiten schlicht und einfach betrogen und belogen wird. Irgendwann reicht die Pflasterkleberei jedoch nicht mehr. Es liegt an uns, dies zu ändern. Lass dir also diese vermeintliche Hilflosigkeit nicht länger einreden. Möglichkeiten gibt es genug. Und sei es nur dein kleines Gedicht, das hier im Forum immerhin schon 187-mal angeklickt wurde.
Gruß von
Klaus
_________________ „Mir ist die gefährliche Freiheit lieber als eine ruhige Knechtschaft.“
(Jean-Jacques Rousseau) |
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tinko Leseratte
Alter: 57 Beiträge: 155 Wohnort: Hannover
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20.08.2011 14:55
von tinko
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@Scheinheilige
Ich finde Gedankenäußerungen nie nutzlos und danke Dir für Deine Stellungnahme
@Klaus
Dir danke ich sehr für die Ermutigung...Lyrik muß auch anklagen dürfen , ja, ich möchte (werde ) auch mutiger im Schreiben werden..
Hat geholfen, der "Gedankenschubser"!
...die unendlichen Weiten der Grammatik (insbesondere der "GROß - und kleinSchreibung" )
Danke für´s drüberlesen und korrigieren.
_________________ Lerne die Regeln,damit du weißt, wie du sie brichst. (Dalai Lama) |
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