18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
8/75 Weltuntergang


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
Hank Penfister
Schneckenpost
H


Beiträge: 6



H
Beitrag11.08.2011 16:06
8/75 Weltuntergang
von Hank Penfister
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Über die Lautsprecheranlage wurden zu einer ungewöhnlichen Zeit alle höheren Offiziere ins Büro des Hauptmanns gerufen.
Trotz der üblichen Sachlichkeit schwang Beunruhigung in der Stimme des Hauptmanns mit.
Als sich alle bei ihm eingefunden hatten, bot er ihnen Zigaretten an. Einige hielten es für einen Test und lehnten freundlich ab.
"Meine Herren, ich habe erfahren, dass eine Bote auf dem Weg zu uns ist, um einen kriegsentscheidender Befehl zu übergeben. Auch ich kenne den Inhalt noch nicht. Der Bote müsste in wenigen Minuten eintreffen."
Er stellte das Radio an und sie warteten wortlos. Nur der Hauptmann räusperte sich manchmal, als wolle er zu sprechen ansetzen. Er sagte jedoch nichts, versuchte aber einige Male zu lächeln.
Die Anspannung wurde dadurch allerdings nicht gelockert. Der Hauptmann war als Mann bekannt, der nie lächelte.
Jetzt öffnete sich die Tür, ein Bote trat ein, übergab dem Hauptmann einen Brief, und verließ gleich darauf den Raum.
Der Hauptmann öffnete den Brief und las den Befehl sofort vor:
"Liebe Anwesende, wir sind kurz vor der Niederlage. Von allen Seiten werden wir bedrängt. Wir haben daher beschlossen, Befehl 8/75 WELTUNTERGANG ausführen zu lassen. Seien Sie nicht beunruhigt. Heil!"
Direkt, nachdem er diese Mitteilung vorgelesen hatte, griff der Hauptmann zu seiner Waffe und erschoss sich.
Jetzt, da er tot war und den Weltuntergang vor Augen, griffen doch einige Männer zu den Zigaretten.
"Das ist ja was.", sagte einer, "damit hab ich nun gar nicht gerechnet."
Die Männer lachten.
"Und was jetzt?"
"Arbeiten, natürlich. Bis zum Ende werden wir hier weiterarbeiten. Keine Frage."
"Wie wollen die das überhaupt machen? Die Welt ist doch so groß. Hoffentlich kriegen die das überhaupt hin."
"Keine Sorge. Das werden die sich schon genau überlegt haben. Schluss mit dem Gerede! Zurück an die Schreibtische!"
Sie arbeiteten den ganzen Tag, ohne dass etwas passierte. Als Offizier Leymann dann mit der Straßenbahn nach Hause fuhr,
ärgerte er sich, dass er dieses Gedränge nochmal ertragen musste.
"Warum seid ihr noch nicht tot?", sagte er leise und kicherte.

Zuhause war dann mal wieder nichts gemacht. Kein Essen und so. Als er daraufhin seine Frau verprügeln wollte, hielt er kurz inne. Was war denn der Sinn dieser Strafe?
Erziehung wäre ja ohnehin sinnlos, da sie wahrscheinlich den nächsten Tag nicht mehr erleben würden. Trotzdem. Selbst wenn ein Volk sich entschließt, eine Insel zu verlassen,
muss der letzte im Gefängnis Sitzende noch hingerichtet werden. Mit dem Bild einer schönen Insel vor Augen, prügelte er sie nieder.
In der Nacht wollte er es ihr dann nochmal richtig besorgen.
Am nächsten Tag würde immerhin die Welt nicht mehr sein. Er kam aber nicht mehr dazu. Er war einfach zu müde und schlief ein.
Seiner Frau hatte er natürlich nichts von der drohenden Vernichtung erzählt. Das sollte eine Überraschung werden.

Am nächsten Tag zog er seine Uniform an und gab ihr noch einen kleinen Abschiedsklaps.
"Bis heute Abend!", rief sie ihm hinterher, "und viel Erfolg auf der Arbeit."
Er drehte sich noch einmal um. So wollte er sie in Erinnerung behalten.
"Geh ins Haus, und mach mir was zu Essen für heute Abend."
Es war der größte Liebesbeweis, zu dem ein Mensch fähig war. Er wollte, dass sie sich an ihrem letzten Tag nicht langweilte.

Als er im Büro ankam gab es Schwierigkeiten. Der Hauptmann war nicht ersetzt worden und Offizier Hermann war nicht zum Dienst erschienen.
"Dieser elende Hund!", schrie Leymann als er davon erfuhr.
In so einer Situation kam ein Fernbleiben vom Dienst Fahnenflucht gleich.
Hermann musste sterben.
Nicht erst im Laufe des Tages mit dem Rest der Welt in einer gigantischen Explosion, sondern gleich.
Leymann wurde geschickt, um den Auftrag mit einigen SS-Männern auszuführen. Er beschloss, die Männer zwar mitzunehmen, aber vor der Tür stehen zu lassen und Hermann selbst zu töten.
Er hatte schon immer etwas gegen ihn gehabt. Er wusste, dass Hermann nicht pflichtbewusst war. Aber, dass er so weit gehen würde, hätte Leymann niemals geglaubt.
Ausgerechnet jetzt, wo sein Volk ihn so dringend brauchte, erschien Hermann nicht zum Dienst.
Wütend ließ er sich zu dessen Wohnung fahren. Die Fahrt dauerte ungefähr zwanzig Minuten, die Leymann damit verbrachte, sich auszumalen, wie es wohl sein würde, Hermann zu töten.
Es würde sicher einigen Spaß machen. Vor Freude klatschte er plötzlich in die Hände. Sein Fahrer sah ihn irritiert durch den Rückspiegel an. Leymann schämte sich.
"Schauen Sie auf die Straße, Mensch. Wollen sie uns alle umbringen, verdammt?"

Sie erreichten das Haus, in dem Hermann lebte.
"Welcher Stock?"
"Sechster Stock, Herr Leutnant."
Großartig, dachte Leymann. So eine Anstrengung auch noch vorm Töten. Ich muss wohl vor seiner Tür eine Pause einlegen.
Jemanden zu töten, während man außer Atem ist, macht keinen Spaß.
Sie stiegen aus.
"Sie warten hier unten!"
Leymann schritt mit wehendem Mantel ins Haus. Als ihn seine Untergebenen nicht mehr sehen konnten, begann er zu rennen. Voller Vorfreude und erschöpft erreichte er den sechsten Stock. An Hermanns Tür lauschte er.
Er schien zuhause zu sein und seinen letzten Tag genießen zu wollen. Leymann hörte das Radio laufen und mehrere Frauen kichern. Hermanns Stimme durchdrang die Tür.
"Feiert Fräuleins! Es gibt kein Morgen!"
Dann lachte Hermann laut und fing zu husten an. Raucherhusten.
Der lässt es sich gut gehen, dachte Leymann. Und dann plaudert er auch noch Militärgeheimnisse aus.
Eigentlich sollte er erhängt werden. Erschießen ist zu gut für dieses Tier. Ich darf nicht zu viel Zeit verschwenden, aber ich muss den richtigen Augenblick abwarten.
Am besten, wenn sie gerade lachen.
Er musste nicht lange warten. Beim nächsten gehusteten Lachen Hermanns, in das die Mädchen einstimmten, trat Leymann die Tür ein.
Die Frauen, viele nicht bekleidet, schrien und versuchten sich zu bedecken. Hermann griff nach seiner Luger.
Leymann hatte jedoch seine Waffe bereits auf ihn gerichtet.
"Liegen lassen, Hermann! Die Kleider auch, meine Damen!" Er lachte.
Hermann zog seine Hand zurück.
Im Radio lief klassische Musik.
Wie passend, dachte Leymann.
"Kollege...", setzte Hermann an.
"Geben Sie Ruhe!", schrie Leymann. "Sie sind eine Schande für die Wehrmacht, das deutsche Volk und die arische Rasse!"
Eine der Frauen fing an zu weinen. Leymann kümmerte das nicht.
Die Musik im Radio verstummte. Es herrschte eine wunderbare Stille, die Leymann auskostete.
"Sie werden jetzt sterben, Hermann! Und zwar vor mir! Mit Ihnen gemeinsam sterben wäre unerträglich für mich. Ich ..."
Eine Stimme aus dem Radio unterbrach ihn in seiner Rede: "Liebe Volksleute! Wir haben uns entschlossen, die Welt vollständig zu vernichten.
Wir sehen keinen anderen Weg. Alle sind gegen uns! Nichts klappt so, wie wir uns das vorstellen. Tut uns leid. Auf Wiedersehen!"
Sofort hörte Leymann Explosionen von draußen. Die Mädchen waren sprachlos und fingen an zu weinen.
Hermann saß im Sessel und grinste vor sich hin. Er glaubte, dass Leymann es nicht mehr schaffen würde.
Er irrte sich sehr. Leymann hob schnell die Waffe und feuerte das gesamte verdammte Magazin auf Hermann ab.
Die Mädchen schrien. Hermann starb. Leymann lachte und löste sich mit diesem Lachen auf dem Gesicht, in der gewaltigsten Explosion auf, die die Welt je erlebt hat.

Weitere Werke von Hank Penfister:


_________________
Grauenhaft!

Soll das ein Scherz sein, oder eine ernsthafte Arbeitsprobe?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
LucyFox
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 34
Beiträge: 50
Wohnort: Zwischen den Seiten


Beitrag11.08.2011 23:23

von LucyFox
Antworten mit Zitat

Die Geschichte ist wirklich gut gelungen  Daumen hoch Sowohl was die Idee, als auch die Umsetzung angeht. Ich war bis zuletzt gespannt, ob nun wirklich etwas passiert ^^


Allerdings ist alles sehr holprig geschrieben. Die Sätze sind oft abgehackt, wodurch man den Text nicht wirklich flüssig lesen kann.

Was mir auch zu denken gibt: Warum ist die Nachricht nicht verschlüsselt? Normalerweise werden so wichtige Botschaften nicht so gut leserlich überbracht. Und eine Operation zum Weltuntergang würde sicher auch nicht WELTUNTERGANG heißen  wink
Viel zu riskant ^^

Und weswegen reagiert niemand darauf, dass sich der Hauptmann einfach mal erschießt? Ebenso wie niemand nach der Nachricht greift, um sie zu überprüfen (oder um seine Neugierde zu stillen). (Würde ich zumindest tun ^^)

Zitat:

"Feiert Fräuleins! Es gibt kein Morgen!"

Das ist eine gängige Aussage, wenn es ums Feiern geht  Wink
Niemand würde daraus auf einen wirklichen Weltuntergang schließen.
Hier von ausgeplauderten Militärgeheimnissen zu sprechen ist es etwas fehl am Platze. wink

So zumindest meine Meinung
Liebe Grüße
Foxy


_________________
Wer nicht kämpft hat schon
verloren. Wer nicht aufgibt, geht
den Weg menschlicher Würde!
-Alucard
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Hank Penfister
Schneckenpost
H


Beiträge: 6



H
Beitrag11.08.2011 23:40

von Hank Penfister
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@lucyfox:
Vielen Dank für deine Kritik. Freut mich, dass dir die Geschichte zumindest grundsätzlich gefallen hat.
Zu deinen Kritikpunkten:

Die Geschichte soll grotesk wirken. Daher heißt die Operation, die den Weltuntergang auslöst auch tatsächlich WELTUNTERGANG. Andrerseits gibt es doch keine bessere Verschlüsselung als die Wahrheit. Wer würde bei Operation WELTUNTERGANG schon glauben, dass tatsächlich die Welt vernichtet werden soll?


Zitat:
Und weswegen reagiert niemand darauf, dass sich der Hauptmann einfach mal erschießt? Ebenso wie niemand nach der Nachricht greift, um sie zu überprüfen (oder um seine Neugierde zu stillen). (Würde ich zumindest tun ^^)


Jeder vernünftigte Mensch würde, wie du, nach der Nachricht greifen. Es dient auch wieder der Groteske und soll die Gleichgültigkeit der Figuren auf bizarre Weise zeigen.


Zitat:
Niemand würde daraus auf einen wirklichen Weltuntergang schließen.
Hier von ausgeplauderten Militärgeheimnissen zu sprechen ist es etwas fehl am Platze.


Diesen Satz habe ich ihn  sagen lassen, da es ja tatsächlich ein gängiger Ausspruch ist, der aber, angesichts der Situation, einen neue Bedeutung bekommt. Keines der Mädchen würde daraus das Ende der Welt schließen. Leymann ist eben paranoid.

Liebe Grüße
Hank


_________________
Grauenhaft!

Soll das ein Scherz sein, oder eine ernsthafte Arbeitsprobe?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gast







Beitrag12.08.2011 11:25

von Gast
Antworten mit Zitat

Moin Hank,

Pro: Potential ist da
Kontra: das bedarf einiger Mühe

Im Detail: Die Sprache ist in ihren guten Momenten schnell, schlicht und zurückgenommen. Das stellt die Geschichte in den Vordergrund und lässt sich 'gut weglesen'. Einiges an Kleinkram, aber da liegt nicht mein Problem.
Mein Problem sind Sätze, die einfach nur geschlampert wirken, als wäre die Geschichte in einem Rutsch geschrieben, kurz überlesen und dann eingestellt.

Müssen es Nazis sein? Wieso? Und wenn schon, dann reicht es nicht einmal Heil und SS zu sagen. Eine stimmige Verortung in die Zeit, Lokalkolorit, Ausdrucksweise! der Funktionäre.

Leymann ist nicht grotesk, er ist ein lieblos gezeichnetes Abziehbild... Komm schon, das kannst du besser. Der Haken ist nicht, dass du auf ein Klischee zurückgreifst, sondern dass du nichts daraus machst. Die Motivation Hermann umzubringen, bleibt reine Behauptung.

Der Weltuntergang ist eine Explosion. Och, nee. Warum so vorhersehbar?

Grundsätzlich kannst du aus der Geschichte viel machen, aber dafür braucht es Akribie, Detailgenauigkeit und eine wesentlich höhere Ideendichte. Kurz Arbeit.

mit Gruß
debruma
Nach oben
Hank Penfister
Schneckenpost
H


Beiträge: 6



H
Beitrag12.08.2011 14:05

von Hank Penfister
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@debruma:
Danke für deinen Kommentar. Du hast in vielen Punkten recht. Ich werde deinen Ratschlägen nachkommen.
Liebe Grüße
Hank


_________________
Grauenhaft!

Soll das ein Scherz sein, oder eine ernsthafte Arbeitsprobe?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Ideenfindung, Recherche
Das Leben nach einem Weltuntergang
von Chili
Chili Ideenfindung, Recherche 28 26.01.2016 15:53 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Ausschreibung beendet
[ohneohren] - Kein Weltuntergang 12.0...
von Maria
Maria Ausschreibung beendet 2 04.07.2013 18:59 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Weihnachtsmarkt oder endlich doch der...
von Iane
Iane Werkstatt 17 31.12.2012 00:44 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Werkstatt
WELTUNTERGANG
von Tom Busenliner
Tom Busenliner Werkstatt 3 05.08.2011 01:51 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Werkstatt
Weltuntergang
von Schmierfink
Schmierfink Werkstatt 4 20.07.2010 20:24 Letzten Beitrag anzeigen

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlung

von _narrative

von Minerva

von Mogmeier

von LightVersionXX

von silke-k-weiler

von fabian

von Ralphie

von nebenfluss

von Literättin

von Fao

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!