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Extradiegetisch Gänsefüßchen
E Alter: 32 Beiträge: 47 Wohnort: Nürnberg
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E 22.06.2011 17:51 Die lange Fahrt von Extradiegetisch
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Die lange Fahrt
(Der Titel ist noch nicht endgültig, bin nicht damit zufrieden.)
Um sich zu beruhigen fuhr er nachts – es funktionierte nur nachts – mit der Straßenbahn. Er fuhr alle Haltestellen bis zur Endstation. Einmal hatte er es tagsüber versucht – ohne Erfolg. Das ständige Klingeln von Handys, die belanglosen Gespräche, das hastige ein – und Aussteigen beunruhigte ihn so sehr, dass er an der Endstation erschöpfter gewesen war, als vorher.
Er war bereits zwei Jahre lang in einem Büro angestellt, das bedeutet, dass Tag für Tag mehrere Hundert fremde Stimmen durch seine Ohren gingen und das erschöpfte ihn in einer merkwürdigen, ungeklärten Weise.
Vierundzwanzig Haltestellen rauschten ohne Besinnen vor seinen geschlossenen Augen vorbei, und als die Endstation erreicht war, war er eingeschlafen. Das Schwanken und Rattern der Straßenbahn wirkte wie ein Großstadtwiegenlied. Jetzt war die Endstation erreicht. Der Fahrer weckte ihn unsanft. Er fand sich in der kühlen Nacht, am Stadtrand wieder. Die Stadt war ausgefranst, Nochnichtland, weitgehend flaches Gelände. Er stand ausgeruht unter dem gelben Licht einer Straßenlaterne und sah zu wie die Bahn ins vor ihm liegende Depot fuhr. Eine Frau einige Meter neben ihm, rührte sich nicht, stand in der gleichen Pose mit geschlossenen Augen und nach oben blickendem Gesicht unter dem Laternenlicht, als sonnte sie sich. Sie rieb sich die Augen, streckte sich und gähnte herzhaft. War sie mit ihm gefahren? War sie einige Sitze vor ihm gesessen und hatte mit geschlossenen Augen an die Scheibe gelehnt flüsternd geatmet? Sie sah zu ihm herüber, lächelte und beide wussten plötzlich, warum der jeweils andere am Rande der Stadt stand. Den einstündigen Fußweg in die Stadt zurück – ein Bestandteil des Rituals – gingen sie schweigend gemeinsam.
Weitere Werke von Extradiegetisch:
_________________ Schundliteratur ist besser. Sie quillt stärker, breiter auch aus stärkeren, reicheren und reineren Instinkten.
Alfred Döblin |
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lady-in-black Bitte nicht füttern
Beiträge: 1474 Wohnort: Killer Förde
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22.06.2011 18:52
von lady-in-black
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Moin,
"Die lange Fahrt" kommt mir eher vor wie "Der Weg ist das Ziel"
und die Idee finde ich ganz interessant.
Aber den ersten Satz halte ich persönlich nicht nur für absolut überflüssig, sondern sogar für störend.
Statt gleich zu Anfang zu verraten schreiben, dass ihn die Nachtfahrten beruhigen, würde ich das langsam in den Text einbringen, den Prota also quasi von Station zu Station "runterfahren" lassen ...
_________________ - Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt. |
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Extradiegetisch Gänsefüßchen
E Alter: 32 Beiträge: 47 Wohnort: Nürnberg
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seitenlinie Reißwolf
Beiträge: 1829
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23.06.2011 17:59
von seitenlinie
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Hallo Extradiegetisch,
als Titel könntest Du „Das Ritual“ wählen.
Mir gefällt Deine Idee.
Das ist eine interessante Geschichte, die teilweise erzählt wird und teilweise in der Fantasie des Lesers entsteht.
Ein verrücktes Ritual, aber es funktioniert und der Protagonist hat einen Weg gefunden, seine Probleme in den Griff zu bekommen.
Und am Ende gibt es sogar noch eine Überraschung: selbst zu einem schrägen Topf findet sich ein passender Deckel.
Von der Umsetzung her hast Du das Potential Deiner Geschichte noch nicht ausgeschöpft.
Wie wäre es, wenn Du sie teilweise szenisch erzählst? Ich kann mir einige interessante Dialoge dazu vorstellen.
Gruß,
Carsten
PS: http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,346929,00.html
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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23.06.2011 18:08 Re: Die lange Fahrt von The Brain
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Halli, hallo,
schau mal ...
Extradiegetisch hat Folgendes geschrieben: | Die lange Fahrt
(Der Titel ist noch nicht endgültig, bin nicht damit zufrieden.)
Um sich zu beruhigen fuhr er nachts – es funktionierte nur nachts – mit der Straßenbahn. Er fuhr alle Haltestellen bis zur Endstation. Einmal hatte er es tagsüber versucht – ohne Erfolg. Das ständige Klingeln von Handys, die belanglosen Gespräche, das hastige ein – und Aussteigen beunruhigte ihn so sehr, dass er an der Endstation erschöpfter gewesen war, als vorher.
Er war bereits zwei Jahre lang in einem Büro angestellt, das bedeutet, dass Tag für Tag mehrere Hundert fremde Stimmen durch seine Ohren gingen und das erschöpfte ihn in einer merkwürdigen, ungeklärten Weise.
Vierundzwanzig Haltestellen rauschten ohne Besinnen vor seinen geschlossenen Augen vorbei, und als die Endstation erreicht war, war er eingeschlafen. Das Schwanken und Rattern der Straßenbahn wirkte wie ein Großstadtwiegenlied. Jetzt war die Endstation erreicht. Der Fahrer weckte ihn unsanft. Er fand sich in der kühlen Nacht, am Stadtrand wieder. Die Stadt war ausgefranst, Nochnichtland, weitgehend flaches Gelände. Er stand ausgeruht unter dem gelben Licht einer Straßenlaterne und sah zu wie die Bahn ins vor ihm liegende Depot fuhr. Eine Frau einige Meter neben ihm, rührte sich nicht, stand in der gleichen Pose mit geschlossenen Augen und nach oben blickendem Gesicht unter dem Laternenlicht, als sonnte sie sich. Sie rieb sich die Augen, streckte sich und gähnte herzhaft. War sie mit ihm gefahren? War sie einige Sitze vor ihm gesessen und hatte mit geschlossenen Augen an die Scheibe gelehnt flüsternd geatmet? Sie sah zu ihm herüber, lächelte und beide wussten plötzlich, warum der jeweils andere am Rande der Stadt stand. Den einstündigen Fußweg in die Stadt zurück – ein Bestandteil des Rituals – gingen sie schweigend gemeinsam. |
Sprachlich wäre da noch einiges zu verbessern. Die Idee ist nicht schlecht, ist mir aber noch zu sehr Bericht.
Liebe Grüße
Brain
_________________ Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz
(Laotse)
***********
Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.
***********
Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.
(Hermann Hesse) |
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Extradiegetisch Gänsefüßchen
E Alter: 32 Beiträge: 47 Wohnort: Nürnberg
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The Brain Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1966 Wohnort: Over the rainbow
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23.06.2011 18:40
von The Brain
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Hi,
habe mich wohl in der Farbe vergriffen - erschöpft auch 2x in zwei dicht aufeinanderfolgenden Sätzen. Du hast also richtig vermutet, es ging um die Wiederholungen.
Ein Bericht - ja , deine Definition ist richtig. Genau das ist der Punkt. Hier ähnelt vieles einer nüchternen Beschreibung. Lies es dir noch mal genau durch. Man(ich) fühlt sie nicht wirklich, die Nöte deines Prota.
Liebe Grüße
Brain
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Extradiegetisch Gänsefüßchen
E Alter: 32 Beiträge: 47 Wohnort: Nürnberg
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E 05.07.2011 19:30
von Extradiegetisch
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The Brain hat Folgendes geschrieben: |
Hier ähnelt vieles einer nüchternen Beschreibung. Lies es dir noch mal genau durch.
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Sorry für meine späte Antwort.
Um sich zu beruhigen fuhr er nachts – es funktionierte nur nachts – mit der Straßenbahn. Er fuhr alle Haltestellen bis zur Endstation. Einmal hatte er es tagsüber versucht – ohne Erfolg. Das ständige Klingeln von Handys, die belanglosen Gespräche, das hastige ein – und Aussteigen beunruhigte ihn so sehr, dass er an der Endstation erschöpfter gewesen war, als vorher.
Er war bereits zwei Jahre lang in einem Büro angestellt, das bedeutet, dass Tag für Tag mehrere Hundert fremde Stimmen durch seine Ohren gingen und das erschöpfte ihn in einer merkwürdigen, ungeklärten Weise.
Vierundzwanzig Haltestellen rauschten ohne Besinnen vor seinen geschlossenen Augen vorbei, und als die Endstation erreicht war, war er eingeschlafen. Das Schwanken und Rattern der Straßenbahn wirkte wie ein Großstadtwiegenlied. Jetzt war die Endstation erreicht. Der Fahrer weckte ihn unsanft. Er fand sich in der kühlen Nacht, am Stadtrand wieder. Die Stadt war ausgefranst, Nochnichtland, weitgehend flaches Gelände. Er stand ausgeruht unter dem gelben Licht einer Straßenlaterne und sah zu wie die Bahn ins vor ihm liegende Depot fuhr. Eine Frau einige Meter neben ihm, rührte sich nicht, stand in der gleichen Pose mit geschlossenen Augen und nach oben blickendem Gesicht unter dem Laternenlicht, als sonnte sie sich. Sie rieb sich die Augen, streckte sich und gähnte herzhaft. War sie mit ihm gefahren? War sie einige Sitze vor ihm gesessen und hatte mit geschlossenen Augen an die Scheibe gelehnt flüsternd geatmet? Sie sah zu ihm herüber, lächelte und beide wussten plötzlich, warum der jeweils andere am Rande der Stadt stand. Den einstündigen Fußweg in die Stadt zurück – ein Bestandteil des Rituals – gingen sie schweigend gemeinsam.
Also die markierten Stellen sollen zeigen, dass es sich hier nicht um einen Bericht handeln kann. Berichte enthalten keine Vergleiche, Neologismen, Personifikationen, Metaphern, keine Einschübe und erst recht keine Fragen. Ein Bericht soll ja alle Fragen beantworten, soll lückenlos Auskunft geben, berichten eben.
_________________ Schundliteratur ist besser. Sie quillt stärker, breiter auch aus stärkeren, reicheren und reineren Instinkten.
Alfred Döblin |
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6380 Wohnort: USA
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08.07.2011 16:56 Re: Die lange Fahrt von Murmel
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Extradiegetisch hat Folgendes geschrieben: | Die lange Fahrt
Um sich zu beruhigen fuhr er nachts – es funktionierte nur nachts – mit der Straßenbahn. Er fuhr alle Haltestellen bis zur Endstation. Einmal hatte er es tagsüber versucht – ohne Erfolg. Das ständige Klingeln von Handys, die belanglosen Gespräche, das hastige ein – und Aussteigen beunruhigte ihn so sehr, dass er an der Endstation erschöpfter gewesen war, als vorher.
Er war bereits zwei Jahre lang in einem Büro angestellt, das bedeutet, dass Tag für Tag mehrere Hundert fremde Stimmen durch seine Ohren gingen und das erschöpfte ihn in einer merkwürdigen, ungeklärten Weise.
Bis dahin telling, oder auch Expository genannt.
Vierundzwanzig Haltestellen rauschten ohne Besinnen vor seinen geschlossenen Augen vorbei, und als die Endstation erreicht war, war er eingeschlafen. Das Schwanken und Rattern der Straßenbahn wirkte wie ein Großstadtwiegenlied. Jetzt war die Endstation erreicht. Der Fahrer weckte ihn unsanft. Er fand sich in der kühlen Nacht, am Stadtrand wieder. Die Stadt war ausgefranst, Nochnichtland, weitgehend flaches Gelände. Er stand ausgeruht unter dem gelben Licht einer Straßenlaterne und sah zu wie die Bahn ins vor ihm liegende Depot fuhr. Eine Frau einige Meter neben ihm, rührte sich nicht, stand in der gleichen Pose mit geschlossenen Augen und nach oben blickendem Gesicht unter dem Laternenlicht, als sonnte sie sich. Sie rieb sich die Augen, streckte sich und gähnte herzhaft. War sie mit ihm gefahren? War sie einige Sitze vor ihm gesessen und hatte mit geschlossenen Augen an die Scheibe gelehnt flüsternd geatmet? Sie sah zu ihm herüber, lächelte und beide wussten plötzlich, warum der jeweils andere am Rande der Stadt stand. Den einstündigen Fußweg in die Stadt zurück – ein Bestandteil des Rituals – gingen sie schweigend gemeinsam. |
Die blaue Teile sorgen für das Berichtsempfinden, das nur zur Erklärung.
Allerdings brauchst du etwas Infodump am Anfang, da das Stück nur sehr kurz ist. Trotzdem wäre es schön, den Kontrast Tageserleben und Nacht miterfahren zu können. Nur so zur Anregung.
Danke für's Lesen lassen. Die Idee hat mir ganz gut gefallen, ich finde nur, es braucht noch etwas Feintuning.
Murmel.
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