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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Noorik Kapitel 2: Der Priester


 
 
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Friedbert
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Beitrag22.01.2011 10:24
Noorik Kapitel 2: Der Priester
von Friedbert
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Hier Friedbert (eben noch auf dem roten Teppich, nun in  der Werkstatt)

So, hier mal der erste frischfröhliche Post aus meiner Geschichte. Erstes Kapitel ist ev. eher was für den Redlight und wird nachgereicht, sobald ich da angemeldet bin.

Freue mich über jegliche konstruktiven Kommentare!

Der Priester

     Bilaan hielt die Hand seiner grossen Schwester fest umklammert. Solange er diese Hand nicht losliess, konnte ihm nichts passieren und er fühlte sich vollkommen sicher.
     Noorik kannte den Weg. Sie kannte immer den Weg. Was würde er ohne sie machen? Diese Welt war so gross und alles sah sich ähnlich. Häuser, Wiesen, wieder Häuser. Alle irgendwie gleich. Die eine oder andere Stelle kam ihm sicher bekannt vor,  doch würde er den das richtige Haus alleine finden? Wahrscheinlich, wenn er älter war.
     Momentan wollte er nicht einmal den Versuch unternehmen. Nicht um alles in der Welt. Alleine die Vorstellung, sich zu verirren weckte schreckliche Erinnerungen. Angst.
     Er hatte sich einmal verirrt und fürchtete damals, nun würden ihn die Dämonen holen kommen, oder es würde sonst etwas schlimmes passieren. Zum guten Glück war nichts passiert, aber diese Angst, welche sein Herz wie wild zum schlagen brachte, hatte ihm vollkommen genügt.
     Er schaute zu seiner Schwester auf und war sofort wieder beruhigt. Er wollte nicht mehr daran denken.
     Sie befanden sich, wie jeden Tag um diese Zeit, auf dem Weg nach Hause. Nicht zu ihrem richtigen zu Hause, sondern zu Onkel Nemal und Tante Raanu.
     Ihr richtiges zu Hause gab es seit ein par Wochen nicht mehr. Nicht mehr für sie. Dort wohnte jetzt eine andere, eine fremde Familie. Er hatte sie gesehen, als er mit Noorik einmal dort vorbeigegangen war.
     Nichts persönliches erinnerte mehr daran, dass sie dort aufgewachsen waren, dass sie dort ihr bisheriges Leben verbracht hatten. Der Anblick war vertraut und doch fremd. Sein Lieblingsbaum stand noch da, aber die Windräder, welche er mit Noorik gebastelt hatte, waren fort. Sie hatten bereits Neue gemacht, welche sich vor ihrem neuen zu Zuhause im Wind drehten. Ihr altes Leben war noch nicht lange her und schien trotzdem so weit weg. Als hätte es nie existiert.
     Plötzlich zog Noorik ihn zur Seite und vom Gehweg runter.
     Nicht weit vor ihnen stand auf der Wiese ein Mann und tat nichts. Schaute nur geradeaus. Jedenfalls ging Bilaan davon aus, dass es ein Mann war. Bei diesen merkwürdigen Gestalten war es nicht immer leicht zu sagen.
     Sie glichen sich noch mehr als die Häuser, egal ob Mann oder Frau. Sahen irgendwie komisch aus, eher wie lustige Puppen, als wie Menschen, aber sie trieben keine Spässe und Bilaan hatte noch nie einen oder eine von ihnen lachen gehört. Wie konnte das sein? Sie waren zwar immer freundlich, aber eben, in seinen Augen sonderbar.
     Er musterte den Mann mit einem Gefühl, irgendwo zwischen Neugier und Misstrauen.
     Sein orangnes Gewand bedeckte – im Gegensatz zur allgemein üblichen, ebenfalls orangen Tunika – die Arme und Beine vollständig. Auch sein Gesicht war nicht zu erkennen. Es war verborgen hinter einer weissen Holzmaske mit einem Gesichtsausdruck, für welchen Bilaan kein Wort kannte. Er war nicht fröhlich, aber auch nicht traurig. Irgendwie genau dazwischen. Anstelle von Haaren hatte die Maske ebenfalls orangen Stoff, welcher rundherum vom Rand des Gesichtes ausging und den Rest des Kopfes und den Hals ebenfalls verhüllte. Man sah nicht ein einziges Fleckchen Haut.
     Bilaan wusste, was das alles bedeutete. Mittlerweile erinnerte er sich gut an den Namen. Dieser Mann war ein Priester. Bilaan wusste zwar nicht, was genau ein Priester war, aber zumindest, dass man diese Männer so nannte. Und die Frauen hiessen Priesterinnen.
     Noorik hatte ihm einst erklärt, das hätte etwas mit Mataar zu tun. Bilaan kannte Mataar. Er hatte sie schon oft gesehen. Mataar, das ist die grosse Frau aus Stein, die Essen macht. Aber Mataar sei viel mehr als das, hatte Noorik mal gesagt, und ihm diese Beschreibung nicht durchgehen lassen.  Was genau sie alles war, das hatte er nicht so richtig verstanden. Es war ihm auch nicht so wichtig, solange sie Essen machte.
     Noorik wusste ganz viele Sachen, aber sie war auch schon acht Jahre alt und er erst fünf.
     Sie ging direkt auf den Priester zu. Was hatte sie vor? Bilaan liess sich folgsam über die Wiese ziehen. Seine Schwester stellte sich direkt vor den Priester und fragte ohne Hallo zu sagen: “Bist du mein Papa?”
     “Wie meinst du das?”, fragte er hörbar überrascht zurück.
Obwohl sie durch die Maske etwas dumpf klang erkannte Bilaan sogleich an der fremden Stimme, dass dem nicht so war, und Noorik scheinbar auch. Sie senkte enttäuscht den Kopf.
     Der Priester schien auf eine Antwort zu warten, wirkte aber nicht ungeduldig.
     “Wie meinst du das,” wollte nun auch Bilaan wissen, als sie nach einer Weile noch immer nichts sagte. Man soll den Erwachsenen immer Antwort geben, wenn sie etwas fragen und Priestern muss man sowieso gehorchen. Der Mann hatte ihr schliesslich nichts böses getan. Er konnte doch auch nichts dafür, dass er nicht ihr Vater war.
     “Mamma und Papa sind Priester geworden”, sagte sie schliesslich, ohne ihm ins Gesicht ¬¬¬– oder in die Maske – zu sehen. “Wir leben jetzt bei unserem Onkel und unserer Tante. Es ist schön da, aber ich vermisse sie meine Eltern. Ich will sie suchen.”
     Der Mann erstarrte für einen Moment und schien nachzudenken. Er ging in die Knie, um mit ihr auf gleicher Augenhöhe zu sein und legte ihr sanft eine behandschuhte Hand auf die Schulter. Nicht einmal seine Augen waren zu erkennen.
     “Hmmm, wie soll ich dir das erklären. Ich bin es nicht, aber auch wenn ich es wäre, würde ich es dir nicht sagen dürfen. Deshalb tragen wir ja auch eine Maske. Ich kann dir nicht einmal dabei helfen, sie zu finden.
     Wer Priester wird, muss mit seinem bisherigen Leben abschliessen. Verstehst du das? So leid es mir tut, du hast jetzt keine Mamma und keinen Papa mehr. Sie müssen andere Dinge tun. Sehr wichtige Dinge.
     Aber du musst nicht traurig sein. Alle Priester sind irgendwie Eltern, da wir uns um Mataars Kinder, um euch alle kümmern. Deine Eltern haben etwas sehr gutes getan, als sie Priester wurden. Du darfst stolz auf sie sein.”
     Bilaan schaute seine Schwester an, doch vermochte ihren Gesichtsausdruck nicht zu deuten. Ihre Augen bewegten sich, als suchten etwas. Vielleicht wollte sie noch mehr Fragen stellen, wusste aber nicht, welche.
     Sie presste ein “Danke” heraus und drehte sich um, beinahe überrascht, dass sie ja noch jemanden an der Hand hielt, und marschierte mit ihm im Schlepptau davon. Bei dem Versuch, zum Priester zurück zu schauen, wäre er beinahe gestolpert.
     Auf dem weiteren Heimweg sprach Noorik kein Wort.

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Aknaib
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Beitrag22.01.2011 12:04

von Aknaib
Antworten mit Zitat

Hallo  Friedbert,

du schreibst im check:
Zitat:
Weiss nicht, ob ich hier im Forum zu früh oder zu spät bin, doch für mich scheint es der richtige Zeitpunkt zu sein.
Glück gehabt … du kommst gerade richtig. Laughing

Herzlich willkommen im Forum.
Da du selbst fühlst, jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, dann mal „ran an den Speck“ bzw. an die Textarbeit. Wink


Die bisher erkennbare Idee deines Werkes gefällt mir richtig gut.
Der Texteinstieg hat mich in deine Story gezogen. Jedoch schreibst du bereits in den ersten Zeilen Sachverhalte, die das Gleiche benennen.
Dein "Spiel" mit den Namen der doppelten Buchstaben gefällt mir ebenfalls. Im Moment kann ich die Namen noch überschauen.
Der bisherige Text hat nichts mit Redlight zu tun?  

Doch dir steht allerhand Textarbeit bevor, oh weh schon 400 Seiten …
Ich beziehe mich auf die ersten groben Sachen, bevor die Feinarbeit beginnen könnte.
Dein Text wimmelt von Füllwörtern (fast 10% aller Wörter sind FW.)
Diese stehen im unten angefügten Text in Klammern.
Dazu gibt es u. a. diese nützliche Internet Adresse, um FW zu prüfen: https://www.schreiblabor.com/textlabor/statistic/
Es müssen nicht alle FW weg, in der wörtlichen Rede sind sie oftmals nötig. Prüfe jedes FW, ob du es brauchst, ob es deinem Text eine wichtige Aussage gibt, ihn lebendiger macht.  


Dann fallen die vielen „war“ auf, die als Hilfsverben benutzt werden.
Ich habe sie über die „word“ Suchfunktion der Einfachheit halber durch 11111 ersetzt, damit  die Fülle erkennbar ist . Versuche „war“  durch lebendige Verben zu ersetzen.
Natürlich auch hier; nicht alle "war" müssen weg. Jedoch wo sie nicht im Rahmen der zeitlichen Rückblenden gebraucht werden, sollten sie ersetzt werden.
Im gesamten Text fallen Wiederholungen zum gleichen Sachverhalt auf.

Hier ein Beispiel :
Zitat:
Nichts persönliches erinnerte mehr daran, dass sie dort aufgewachsen 11111en, dass sie dort ihr bisheriges Leben verbracht hatten. Der Anblick 11111 vertraut und (doch) fremd. Sein Lieblingsbaum- benenne den Baum- stand noch da, (aber) die Windräder, welche er mit Noorik gebastelt hatte, 11111en fort. Sie hatten (bereits) Neue gemacht, welche sich vor ihrem neuen zu Zuhause im Wind drehten. Ihr altes Leben 11111 noch nicht lange her und schien (trotzdem) (so) weit weg. Als (hätte) es (nie) existiert.
Wer ist mit "sie" gemeint? Die Zuordnung ist nicht eindeutig.
Sind es die neuen Bewohner, die ihre Windräder aufgestellt haben oder meinst du die Geschwister haben neue gebastelt?
Aus deinem jetzigen Text geht für mich hervor, dass die Geschwister kein zuhause besitzen, sie umherreisen auf der Suche den Eltern.
Auch wenn es nicht so gedacht ist, mir gefiele die Idee, Windräder als eine Art symbolische Macht, im Text zu verwenden.

So würde meine Variante aussehen. Sie soll keinesfalls perfekt sein. Sie ist als Anregung gedacht.:
Nichts persönliches erinnerte daran, dass sie dort aufgewachsen waren.
Die knorrige Buche, sein Lieblingsbaum, stand noch da. Die bunten Windräder, welche er mit Noorik gebastelt hatte, lagen zerbrochen im Müll. Im Garten der jetzigen Bewohner knarrten schwarze Räder im Wind.
Ihr altes Leben gab es nicht mehr.



Verzage nicht, es lohnt die Mühe der Überarbeitung.
Ich bin jedenfalls gespannt, wohin das führt.
Und bitte stelle nicht soviel Text aufeinmal ein bzw. warte ab, was noch an Kritiken kommt und dann erst einmal diesen Text überarbeiten,  dann wirst du selbst erkennen, was du an deinem weiteren Text im Vorfeld bereinigen kannst.


Herzliche Grüße
Bianka

Zitat:
Der Priester
 
Bilaan hielt die Hand seiner grossen Schwester fest umklammert. Solange er diese Hand nicht losliess, konnte ihm nichts passieren und er fühlte sich (vollkommen) (sicher).
Noorik kannte den Weg. Sie kannte (immer) den Weg. Was würde er ohne sie machen? Diese Welt 11111 (so) gross und alles sah sich ähnlich. Häuser, Wiesen, (wieder) Häuser. Alle (irgendwie) gleich. Die eine oder andere Stelle kam ihm (sicher) bekannt vor, (doch) würde er den das richtige Haus alleine finden? (Wahrscheinlich), wenn er älter 11111.
Momentan wollte er nicht (einmal) den Versuch unternehmen. Nicht um alles in der Welt. Alleine die Vorstellung, sich zu verirren weckte schreckliche Erinnerungen. Angst.
Er hatte sich (einmal) verirrt und fürchtete (damals), (nun) würden ihn die Dämonen holen kommen, oder es würde (sonst) (etwas) schlimmes passieren. Zum guten Glück 11111 nichts passiert, (aber) diese Angst, welche sein Herz wie wild zum schlagen brachte, hatte ihm (vollkommen) genügt.
Er schaute zu seiner Schwester auf und 11111 sofort (wieder) beruhigt. Er wollte nicht mehr daran denken.
Sie befanden sich, wie jeden Tag um diese Zeit, auf dem Weg nach Hause. Nicht zu ihrem richtigen zu Hause, sondern zu Onkel Nemal und Tante Raanu.
Ihr richtiges zu Hause gab es seit ein par Wochen nicht mehr. Nicht mehr für sie. Dort wohnte jetzt eine andere, eine fremde Familie. Er hatte sie gesehen, als er mit Noorik (einmal) dort vorbeigegangen 11111.
Nichts persönliches erinnerte mehr daran, dass sie dort aufgewachsen 11111, dass sie dort ihr bisheriges Leben verbracht hatten. Der Anblick 11111 vertraut und (doch) fremd. Sein Lieblingsbaum stand noch da, (aber) die Windräder, welche er mit Noorik gebastelt hatte, 11111 fort. Sie hatten (bereits) Neue gemacht, welche sich vor ihrem neuen zu Zuhause im Wind drehten. Ihr altes Leben 11111 noch nicht lange her und schien (trotzdem) (so) weit weg. Als (hätte) es (nie) existiert.
(Plötzlich) zog Noorik ihn zur Seite und vom Gehweg runter.
Nicht weit vor ihnen stand auf der Wiese ein Mann und tat nichts. Schaute (nur) geradeaus. (Jedenfalls) ging Bilaan davon aus, dass es ein Mann 11111. Bei diesen merkwürdigen Gestalten 11111 es nicht (immer) leicht zu sagen.
Sie glichen sich noch mehr als die Häuser, egal ob Mann oder Frau. Sahen (irgendwie) komisch aus, eher wie lustige Puppen, als wie Menschen, (aber) sie trieben keine Spässe und Bilaan hatte noch (nie) einen oder eine von ihnen lachen gehört. Wie konnte das sein? Sie 11111 zwar (immer) freundlich, (aber) (eben), in seinen Augen sonderbar.
Er musterte den Mann mit einem Gefühl, (irgendwo) zwischen Neugier und Misstrauen.
Sein orangnes Gewand bedeckte – im Gegensatz zur allgemein üblichen, ebenfalls orangen Tunika – die Arme und Beine (vollständig). (Auch) sein Gesicht 11111 nicht zu erkennen. Es 11111 verborgen hinter einer weissen Holzmaske mit einem Gesichtsausdruck, für welchen Bilaan kein Wort kannte. Er 11111 nicht fröhlich, (aber) (auch) nicht traurig. (Irgendwie) (genau) dazwischen. Anstelle von Haaren hatte die Maske ebenfalls orangen Stoff, welcher rundherum vom Rand des Gesichtes ausging und den Rest des Kopfes und den Hals ebenfalls verhüllte. Man sah nicht ein einziges Fleckchen Haut.
Bilaan wusste, was das alles bedeutete. Mittlerweile erinnerte er sich gut an den Namen. Dieser Mann 11111 ein Priester. Bilaan wusste zwar nicht, was (genau) ein Priester 11111, (aber) zumindest, dass man diese Männer (so) nannte. Und die Frauen hiessen Priesterinnen.
Noorik hatte ihm einst erklärt, das (hätte) (etwas) mit Mataar zu tun. Bilaan kannte Mataar. Er hatte sie (schon) (oft) gesehen. Mataar, das ist die grosse Frau aus Stein, die Essen macht. (Aber) Mataar sei viel mehr als das, hatte Noorik (mal) gesagt, und ihm diese Beschreibung nicht durchgehen lassen. Was (genau) sie alles 11111, das hatte er nicht (so) richtig verstanden. Es 11111 ihm (auch) nicht (so) wichtig, solange sie Essen machte.
Noorik wusste (ganz) viele Sachen, (aber) sie 11111 (auch) (schon) acht Jahre (alt) und er erst fünf.
Sie ging direkt auf den Priester zu. Was hatte sie vor? Bilaan liess sich folgsam über die Wiese ziehen. Seine Schwester stellte sich direkt vor den Priester und fragte ohne Hallo zu sagen: “Bist du mein Papa?”
“Wie meinst du das?”, fragte er hörbar überrascht zurück.
Obwohl sie durch die Maske (etwas) dumpf klang erkannte Bilaan sogleich an der fremden Stimme, dass dem nicht (so) 11111, und Noorik scheinbar (auch). Sie senkte enttäuscht den Kopf.
Der Priester schien auf eine Antwort zu warten, wirkte (aber) nicht ungeduldig.
“Wie meinst du das,” wollte (nun) (auch) Bilaan wissen, als sie nach einer Weile noch (immer) nichts sagte. Man soll den Erwachsenen (immer) Antwort geben, wenn sie (etwas) fragen und Priestern muss man (sowieso) gehorchen. Der Mann hatte ihr schliesslich nichts böses getan. Er konnte (doch) (auch) nichts (dafür), dass er nicht ihr Vater 11111.
“Mamma und Papa sind Priester geworden”, sagte sie schliesslich, ohne ihm ins Gesicht – oder in die Maske – zu sehen. “Wir leben jetzt bei unserem Onkel und unserer Tante. Es ist schön da, (aber) ich vermisse sie meine Eltern. Ich will sie suchen.
Der Mann erstarrte für einen Moment und schien nachzudenken. Er ging in die Knie, um mit ihr auf gleicher Augenhöhe zu sein und legte ihr sanft eine behandschuhte Hand auf die Schulter. Nicht (einmal) seine Augen 11111 zu erkennen.
“Hmmm, wie soll ich dir das erklären. Ich bin es nicht, (aber) (auch) wenn ich es 11111, würde ich es dir nicht sagen dürfen. (Deshalb) tragen wir (ja) (auch) eine Maske. Ich kann dir nicht (einmal) (dabei) helfen, sie zu finden.
Wer Priester wird, muss mit seinem bisherigen Leben abschliessen. Verstehst du das? (So) leid es mir tut, du hast jetzt keine Mamma und keinen Papa mehr. Sie müssen andere Dinge tun. (Sehr) wichtige Dinge.
(Aber) du musst nicht traurig sein. Alle Priester sind (irgendwie) Eltern, da wir uns um Mataars Kinder, um euch alle kümmern. Deine Eltern haben (etwas) (sehr) gutes getan, als sie Priester wurden. Du darfst stolz auf sie sein.
Bilaan schaute seine Schwester an, (doch) vermochte ihren Gesichtsausdruck nicht zu deuten. Ihre Augen bewegten sich, als suchten (etwas). (Vielleicht) wollte sie noch mehr Fragen stellen, wusste (aber) nicht, welche.
Sie presste ein “Danke” heraus und drehte sich um, (beinahe) überrascht, dass sie (ja) noch jemanden an der Hand hielt, und marschierte mit ihm im Schlepptau davon. Bei dem Versuch, zum Priester zurück zu schauen, 11111 er (beinahe) gestolpert.
Auf dem weiteren Heimweg sprach Noorik kein Wort.
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Friedbert
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Beitrag22.01.2011 15:10

von Friedbert
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Hallo Aknaib

Vielen Dank für deine Mühen!
Ich bekomme von Dir genau, was ich mir hier erfoffe: Einen Blickwinkel, der mir selber fehlt. Hab die Texte schon Bekannten gezeigt. Da kriegt man immer nur "Mir gefällts" und "Hab nichts negatives gefunden zu hören"

Mit den Füllwörtern und den "war" hast du absolut recht und ich werde das durchgehen. Sollten sich diese Dinge durch den ganzen Text ziehen, habe ich wahrlich was zu tun. Werde sicher diese Schreiblabor-Adresse abchecken.

Unterscheidet ein Fünfjähriger schon zwischen verschiedenen Bäumen?
Ich selbst habe das damals nicht getan. Allenfalls zwischen Nadel- und Laubbäumen. Beshalb neige ich dazu, das "Baum" stehen zu lassen.  Was denkst du?

Werde den Text mal in deinem Sinne überarbeiten und nochmals posten.

Infos:

-Hier handelt es sich um das zweite Kapitel, das erste wäre für Redlight.
Kann es dir gerne als PN zukommen lassen, falls Du Interesse hast.

-Onkel und Tante sind das neue zu Hause, könnte aber besser formuliert sein.

-Die Windräder waren nicht als Symbol gedacht, sondern einfach als etwas, was sich mit brgrenzten Mitteln herstellen lässt. Ev. könnte man sie aber zu Symbolen machen in Bilaans Gedankenwelt. Würde gut passen, da die Geschwister ebenso den äusseren Umständen ausgeliefert sind.

Greets Friedbert
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Friedbert
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Beitrag23.01.2011 11:29

von Friedbert
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Hallo Aknaib (und natürlich alle anderen.)

Hier meine, in deinem Sinne überarbeitete Version. Sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss, aber gefällt mir echt besser. Den "Baum" hab ich mal stehen lassen. Ausserdem landen die Windräder nicht auf dem Müll. So etwas wie Müll oder Wegwerfen gibt es in dieser utopischen Welt nicht, wie man später erfährt.

Der Link mit der FW-Suche ist Gold wert! Dankeschön!



Der Priester

     Bilaan hielt die Hand seiner grossen Schwester fest umklammert. Solange er diese Hand nicht losliess, konnte ihm nichts passieren und er fühlte sich vollkommen sicher.
     Noorik kannte den Weg. Sie kannte immer den Weg. Was würde er ohne sie machen? In dieser riesigen Stadt sah sich alles ähnlich. Häuser, Wiesen, wieder Häuser. Alle gleich. Die eine oder andere Stelle kam ihm bekannt vor, doch würde er den das richtige Haus alleine finden? Dafür musste er noch älter werden.
     Alleine die Vorstellung, sich zu verirren weckte schreckliche Erinnerungen. Angst.
     Er hatte sich einmal verirrt und befürchtet, die Dämonen würden ihn holen kommen. Zum guten Glück war nichts passiert, aber diese Angst und sein wild schlagendes Herz hatte genügt.
     Er schaute zu seiner Schwester auf und ihr Anblick beruhigte ihn. Er wollte nicht mehr daran denken.
     Sie befanden sich, wie jeden Tag um diese Zeit, auf dem Weg nach Hause. Zu ihrem neuen zu Hause bei Onkel Nemal und Tante Raanu.
     Ihr richtiges zu Hause gab es seit ein par Wochen nicht mehr. Nicht mehr für sie. Dort wohnte jetzt eine andere, eine fremde Familie. Er hatte sie gesehen, als er mit Noorik einmal dort vorbeigegangen war.
     Nichts persönliches erinnerte mehr daran, dass sie dort ihr bisheriges Leben verbracht hatten. Der Anblick war vertraut und doch fremd. Sein Lieblingsbaum stand noch da. Die Windräder, welche er mit Noorik gebastelt hatte, waren fort. Sie drehten sich vor ihrem neuen zu Zuhause im Wind. Ihr altes Leben war noch nicht lange her und erschien trotzdem, als hätte es nie existiert.
     Mit einem Ruck zog Noorik ihn zur Seite und vom Gehweg runter.
     Nicht weit vor ihnen stand auf der Wiese ein Mann und bewegte sich nicht. Bilan ging davon aus, dass es sich um einen Mann handelte. Bei diesen merkwürdigen Gestalten war es nicht leicht zu sagen.
     Sie glichen sich noch mehr als die Häuser, egal ob Mann oder Frau. Sahen komisch aus, eher wie lustige Puppen, als wie Menschen. Sie trieben jedoch keine Spässe und Bilaan hatte noch nie einen oder eine von ihnen lachen gehört. Wie konnte das sein? Sie waren zwar freundlich, dennoch in seinen Augen sonderbar.
     Er musterte den Mann mit einem Gefühl, zwischen Neugier und Misstrauen.
     Sein orangnes Gewand bedeckte – im Gegensatz zur allgemein üblichen, ebenfalls orangen Tunika – die Arme und Beine vollständig. Sein Gesicht war verborgen hinter einer weissen Holzmaske mit einem Ausdruck, für welchen Bilaan kein Wort kannte. Nicht fröhlich, nicht traurig. Anstelle von Haaren hatte die Maske ebenfalls orangen Stoff, welcher rundherum vom Rand des Gesichtes ausging und den Rest des Kopfes und den Hals ebenfalls verhüllte. Man sah nicht ein einziges Fleckchen Haut.
     Bilaan wusste, was das alles bedeutete. Mittlerweile erinnerte er sich gut an den Namen. Ein Priester. Bilaan wusste zwar nicht, was genau ein Priester war, aber zumindest, dass man diese Männer so nannte. Die Frauen hiessen Priesterinnen.
     Noorik hatte ihm einst erklärt, das habe mit Mataar zu tun. Bilaan kannte Mataar. Er hatte sie schon oft gesehen. Mataar ist die grosse Frau aus Stein, die Essen macht. Mataar sei viel mehr als das, hatte Noorik einst gesagt, und ihm diese Beschreibung nicht durchgehen lassen. Was alles, das hatte er nicht richtig verstanden. Nicht so wichtig, solange sie Essen machte.
     Noorik wusste viele Sachen. Sie war schon acht Jahre und er erst fünf.
     Sie ging direkt auf den Priester zu. Was hatte sie vor? Bilaan liess sich folgsam über die Wiese ziehen. Seine Schwester stellte sich direkt vor den Priester und fragte ohne Hallo zu sagen: “Bist du mein Papa?”
     “Wie meinst du das?”, fragte er hörbar überrascht zurück.
Obwohl sie durch die Maske dumpf klang erkannte Bilaan sogleich an der fremden Stimme, dass dem nicht so war, und Noorik ebenfalls. Sie senkte enttäuscht den Kopf.
     Der Priester schien auf eine Antwort zu warten, wirkte aber nicht ungeduldig.
     “Wie meinst du das,” wollte nach einer Weile des Schweigens auch Bilaan wissen. Man soll den Erwachsenen Antwort geben, wenn sie fragen und Priestern muss man sowieso gehorchen. Der Mann hatte ihr schliesslich nichts böses getan, konnte nichts dafür, dass er nicht ihr Vater war.
     “Mamma und Papa sind Priester geworden”, sagte sie schliesslich, ohne ihm ins Gesicht ¬¬¬– oder in die Maske – zu sehen. “Wir leben jetzt bei unserem Onkel und unserer Tante. Es ist schön da, aber ich vermisse sie meine Eltern. Ich will sie suchen.”
     Der Mann erstarrte für einen Moment und schien nachzudenken. Er ging in die Knie, um mit ihr auf gleicher Augenhöhe zu sein und legte ihr sanft eine behandschuhte Hand auf die Schulter. Nicht einmal seine Augen waren zu erkennen.
     “Hmmm, wie soll ich dir das erklären. Ich bin es nicht, würde es dir aber auch nicht sagen dürfen. Deshalb tragen wir eine Maske. Ich kann dir nicht helfen, sie zu finden.
     Wer Priester wird, muss mit seinem bisherigen Leben abschliessen. Verstehst du das? So leid es mir tut, du hast jetzt keine Mamma und keinen Papa mehr. Sie müssen andere Dinge tun. Wichtige Dinge.” Er legte ihr eine Hand auf die Schulter.
     “Du musst nicht traurig sein. Alle Priester sind Eltern, da wir uns um Mataars Kinder, um euch alle kümmern. Deine Eltern haben Kraft und Mut bewiesen, als sie Priester wurden. Du darfst stolz auf sie sein.”
     Bilaan vermochte den Gesichtsausdruck seiner Schwester nicht zu deuten. Ihre Augen bewegten sich, suchten etwas. Vielleicht wollte sie noch mehr Fragen stellen, wusste aber nicht, welche.
     Sie presste ein “Danke” heraus und drehte sich um, überrascht, dass sie noch jemanden an der Hand hielt, und marschierte mit ihm im Schlepptau davon. Bei dem Versuch, zum Priester zurück zu schauen, wäre Bilaan beinahe gestolpert.
     Auf dem weiteren Heimweg sprach Noorik kein Wort.
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sali
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Beitrag23.01.2011 13:07

von sali
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Hey Friedbert,

ein kurzes Feedback von mir:

Die Idee finde ich bisher interessant. Vom Stil her gefällt es mir leider (noch?) weniger gut.
Es mag am Alter des Protagonisten liegen bzw. am kindlichen Stil.
Es wirkt (auf mich!) alles recht holprig.
Während ich das Gespräch zwischen dem Prota und dem Priester gut finde, sind die Beschreibungen davor eher verwirrend als hilfreich und eine "Stadt", wie du schreibst, erscheint nicht vor meinem geistigem Auge.

Zitat:
In dieser riesigen Stadt sah sich alles ähnlich. Häuser, Wiesen, wieder Häuser. Alle gleich.


Es mag an diesem Satz liegen.
Vlt. beschreibst du im ersten Kapitel ja wie die Häuser aussehen, aber so ist es für mich relativ nichtssagend und weckt keine bzw. sehr merkwürdige Bilder, die ich mit dem Wort Stadt nicht in Verbindung bringen kann eher mit einem Dorf.

Noch eine Sache (sei bitte nicht böse):

Die Art und Weise wie du den Priester beschreibst... ich musste von Anfang an daran denken:

http://www.youtube.com/watch?v=QZEKiuo_C2s



Wie gesagt: Idee gefällt mir. Das Gespräch auch. Was die Beschreibungen angeht ist aber noch Arbeit zu tun (besonders von der Strukturierung her.) smile

lg sali


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Friedbert
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Beitrag23.01.2011 13:26

von Friedbert
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Hallo Sali

Danke für deine Kritik!

-Hast recht. Vielleicht ist "Stadt" auch gar nicht das richtige Wort. Hab es erst bei der letzten Korrektur eingefügt. Beschreiben der Häuser kann nicht schaden. Wäre später gekommen, aber vielleicht besser hier schon.

-Der kindliche Stil ist gewollt und wird in anderen Kapiteln anders ausfallen.
Trotzdem, kannst du mir bei "holprig" und "Struktur" ein Beispiel nennen? Scheint ja was generelles zu sein, was ich gerne besser verstehen möchte. Kindlich muss ja nicht holpern...

Greets
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Friedbert
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Beitrag23.01.2011 13:56

von Friedbert
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@sali

Vielleicht muss man (noch) garnicht wissen, ob es sich um eine Stadt oder ein Dorf handelt. Habs mal so gemacht:

     Noorik kannte den Weg. Sie kannte immer den Weg. Was würde er ohne sie machen? Häuser, Wiesen, wieder Häuser. Alle gleich. Kalkweisse Bauklötze in Reih und Glied. Die eine oder andere Stelle kam ihm bekannt vor, doch würde er den das richtige Haus alleine finden? Dafür musste er noch älter werden.

Ach ja, Tool rules!
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Friedbert
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Beitrag27.01.2011 13:38

von Friedbert
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So, das erste Kapitel ist nun zur Hälfte im Redlight zu finden...

Freue mich über Kritik!

Greets
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Schmierfink
Lyroholiker

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Beitrag27.01.2011 16:28

von Schmierfink
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Hey Friedbert,

gleich mal, dass du jetzt nicht mehr von einer riesigen Stadt sprichst finde ich auch besser, fände in so einer Metropole, auch einer Mittelalterlichen eine Ansamlung von Wiesen schon etwas seltsam.

Dann weiter muss ich sagen, schlecht ist er sicher nicht, aber so wirklich emotional packen mag mich die eig. traurige Geschichte der Kinder nicht so ganz, hab mal überlegt und zu analysieren versucht warum eig.
Dann viel mir was auf:

Zitat:
Er schaute zu seiner Schwester auf und ihr Anblick beruhigte ihn. Er wollte nicht mehr daran denken.
Sie befanden sich, wie jeden Tag um diese Zeit, auf dem Weg nach Hause. Zu ihrem neuen zu Hause bei Onkel Nemal und Tante Raanu.
Ihr richtiges zu Hause gab es seit ein par Wochen nicht mehr. Nicht mehr für sie. Dort wohnte jetzt eine andere, eine fremde Familie. Er hatte sie gesehen, als er mit Noorik einmal dort vorbeigegangen war.


Das mal als krasses Beispiel, hier geht es ja um den für die Kinder unermesslich schrecklichen Sachverhalt keine Eltern mehr zu haben, aber der Funke mag nicht so überspringen, fast ein wenig Berichtmäsig mutet es auf mich an. Ich finde du verwendest oft sehr parattaktische Satzkonstrukte (kurze Sätze), was etwas nüchtern wirken kann. Gerade, dass es einfach so heißt, jetzt gibts das ZU hause halt nicht mehr, jetzt wohnen sie bei den Eltern. Dein Erzählen bleibt hier sehr summarisch und zeigt wenig der verheerenden Gefühle, die die Kinder verspüren müssten. Kurz deutest du zwar die andere Familie an, aber machst kaum dem Leser begreiflich, wie sich das für die Kinder anfühlt. Hoch anzurechnen ist schon mal, die folgende durchaus rührselige Beschreibung der Windräder. Jedoch finde ich, baut dein Erzähler keine echte Nähe zu den Protas, sicher er erzählt mir, wie den Kindern etwas schien oder, dass der liebste Baum des Jungen dort stand, ist mir aber zu vermittelnd. Pack mich direkter, wie wärs mal mit Gedankenwiedergabe in erlebter Rede, das könnte genau das richtige sein? Das machst du teilweise schon, wenn du Fragen des Jungen "einblendest", er spricht ja in gewissem Sinne selbst durch die narrative Instanz, wenn gefragt wir, was er nur machen sollte etc. In dem Stilmittel sehe ich viel Spielraum, um das Geschehen lebendiger zu machen und den Leser mehr zu packen.

lg
Schmierfink


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Friedbert
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Beitrag27.01.2011 17:03

von Friedbert
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Hallo Schmierfink

Danke für deine Kritik.

Es gibt keinen Erzähler, sondern die Dinge geschehen aus der Sicht des Jungen.

Ich wollte mit dieser eher distanzierten Erzählweise andeuten, dass der Junge die Geschehnisse noch nicht ganz begreift.  (Ich sollte wissen, was ein fünfjähriger empfindet, der einen Elternteil verliert, denn ich bin selbst einer. Na gut, nicht alle beide.)

Vielleicht könnte ich anstatt "seit ein par Wochen", "seit ein par Tagen" schreiben. Würde das die Überforderung des Jungen offensichtlicher machen?

Ein weiterer Punkt ist, dass in dieser Welt die Familie nicht so einen hohen Stellenwert hat, wie in der unseren. (Hüstel)
Wir reden hier von einem harmonischen, (böse gesagt) sektenmässigen Zusammenleben, wo den Kindern viel Aufmerksamkeit zukommt. Wird alles später erzählt.
Da diese Welt aber für die Kinder die einzige Realität ist, kann ich schlecht darauf hinweisen. Oder gibt es eine Möglichkeit?

Ein weiteres Problem habe ich natürlich damit, das ich nur vom neuen Zuhause spreche, da ich mir den Verlust der Eltern für das Gespräch mit dem Priester aufheben will. Scheinbar schwierig.

Das sind jetzt keine Ausflüchte. Scheinbar muss ich diese Dinge besser einbringen. Nicht später, sondern jetzt. Nur wie? Aus der Sicht eines fünfjährigen.

Falls du Vorschläge hast, bin ich dankbar.
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Friedbert
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Beitrag27.01.2011 19:53

von Friedbert
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So, eine weitere Version, welche, wie ich hoffe, eindringlicher ist.
Hab erst jetzt bemerkt, dass ja hier die Kursivschrift nicht übernommen wird. Habe sie in dieser Version aber auch stark ausgebaut.

Ich finde, es hat sich gelohnt.

Noorik Kapitel 2: Der Priester

     Bilaan hielt die Hand seiner grossen Schwester fest umklammert. Solange ich Nooriks Hand nicht loslasse, kann mir nichts passieren. Noorik kennt den Weg nach Hause. Sie kennt immer den Weg. Was würde ich ohne sie machen?
     Häuser, Wiesen, wieder Häuser. In seinen Augen sahen alle gleich aus. Kalkweisse Bauklötze in Reih und Glied. Die eine oder andere Stelle kam ihm bekannt vor, doch würde er den das richtige Haus alleine finden? Dafür muss ich noch älter werden.
     Alleine die Vorstellung, sich zu verirren weckte schreckliche Erinnerungen. Angst.
     Er hatte sich einmal verirrt und befürchtet, die Dämonen würden ihn holen kommen. Heulend war er durch die Strassen gerannt. Zum guten Glück war nichts passiert, aber diese Angst und sein wild schlagendes Herz hatten genügt.
     Er schaute zu seiner Schwester auf und ihr Anblick beruhigte ihn ein wenig. Er wollte nicht mehr daran denken. Das Leben ist auch ohne Dämonen schwierig genug geworden. Einfach alles hat sich geändert, als würde die Welt auseinander fallen. Wie ist das nur möglich?
     Sie wohnten jetzt bei Onkel Nemal und Tante Raanu.
     Ihr richtiges zu Hause gab es seit ein par Wochen nicht mehr. Nicht mehr für sie. Dort wohnte jetzt eine andere, eine fremde Familie. Er hatte sie gesehen, als er mit Noorik einmal dort vorbeigegangen war.
     Nichts persönliches erinnerte mehr daran, dass sie dort ihr bisheriges Leben verbracht hatten. Der Anblick war vertraut und doch fremd. Er wollte mit feuchten Augen hinsehen und doch wegsehen. Wollte so tapfer wie Noorik sein. Sein Lieblingsbaum, auf welchen man so leicht klettern konnte, stand noch da. Die Windräder, welche er mit Noorik gebastelt hatte, waren fort. Sie drehten sich vor ihrem neuen zu Zuhause im Wind.
     Mit einem Ruck zog Noorik ihn aus seinen Gedanken, zur Seite und vom Gehweg runter.
     Nicht weit vor ihnen stand auf der Wiese ein Mann und bewegte sich nicht. Bilan ging davon aus, dass es sich um einen Mann handelte. Bei diesen merkwürdigen Gestalten war es nicht leicht zu sagen.
     Sie glichen sich noch mehr als die Häuser, egal ob Mann oder Frau. Sahen seltsam aus, eher wie lustige Puppen, als wie Menschen. Sie trieben jedoch keine Spässe und Bilaan hatte noch nie einen oder eine von ihnen lachen gehört. Sie waren zwar freundlich, dennoch in seinen Augen sonderbar.
     Er musterte den Mann mit einem Gefühl, zwischen Neugier und Misstrauen.
     Sein orangnes Gewand bedeckte – im Gegensatz zur allgemein üblichen, ebenfalls orangen Tunika – die Arme und Beine vollständig. Sein Gesicht verbarg sich hinter einer weissen Holzmaske mit einem Ausdruck, für welchen Bilaan kein Wort kannte. Nicht fröhlich, nicht traurig. Rundherum vom Rand der Maske ging ebenfalls oranger Stoff aus, welcher den Rest des Kopfes und den Hals ebenfalls verhüllte. Man sah nicht ein einziges Fleckchen Haut.
     Bilaan wusste, was das alles bedeutete. Mittlerweile erinnerte er sich gut an den Namen. Ein Priester. Bilaan wusste zwar nicht, was genau ein Priester war, aber zumindest, dass man diese Männer so nannte. Die Frauen hiessen Priesterinnen.
     Noorik hatte ihm einst erklärt, das habe mit Mataar zu tun. Bilaan kannte Mataar. Er hatte sie schon oft gesehen. Mataar ist die grosse Frau aus Stein, die Essen macht. Mataar sei viel mehr als das, hatte Noorik einst gesagt, und ihm diese Beschreibung nicht durchgehen lassen. Was alles, das hatte er nicht richtig verstanden. Es schien ihm nicht so wichtig, solange sie Essen machte.
     Noorik wusste viele Sachen, war schon acht Jahre und er erst fünf.
     Sie ging direkt auf den Priester zu. Was hat sie vor? Bilaan liess sich folgsam über die Wiese ziehen. Seine Schwester stellte sich direkt vor den Priester und fragte ohne Hallo zu sagen: “Bist du unser Papa?”
     “Wie meinst du das?”, fragte er hörbar überrascht zurück.
Obwohl sie durch die Maske dumpf klang erkannte Bilaan sogleich an der fremden Stimme, dass dem nicht so war, und Noorik ebenfalls. Sie senkte enttäuscht den Kopf.
     Der Priester schien auf eine Antwort zu warten, wirkte aber nicht ungeduldig.
     “Wie meinst du das,” wollte nach einer Weile des Schweigens auch Bilaan wissen. Man soll den Erwachsenen Antwort geben, wenn sie fragen und Priestern muss man sowieso gehorchen. Das hast du selber gesagt.  Der Mann hat uns nichts böses getan. Er kann nichts dafür, dass er nicht unser Papa ist.
     “Mamma und Papa sind Priester geworden”, sagte sie schliesslich, ohne ihm ins Gesicht ¬¬¬– oder in die Maske – zu sehen. “Wir leben jetzt bei unserem Onkel und unserer Tante. Sie sind lieb und es ist schön da, aber ich vermisse sie meine Eltern. Ich will sie suchen.”
     Der Mann erstarrte für einen Moment und schien nachzudenken. Er ging in die Knie, um mit ihr auf gleicher Augenhöhe zu sein, doch es waren keine Augen zu erkennen.
     “Hmmm, wie soll ich dir das erklären, Kind? Ich bin es nicht, würde es dir aber auch nicht sagen dürfen. Deshalb tragen wir eine Maske. Ich kann dir nicht helfen, sie zu finden und rate dir, deine Suche aufzugeben.
     Wer Priester wird, muss mit seinem bisherigen Leben abschliessen. Verstehst du das? So leid es mir tut, du hast jetzt keine Mamma und keinen Papa mehr. Sie müssen andere Dinge tun. Wichtige Dinge.” Er legte ihr sanft eine behandschuhte Hand auf die Schulter.
     “Du musst nicht traurig sein. Alle Priester sind Eltern, da wir uns um Mataars Kinder, um euch alle kümmern. Deine Eltern haben Kraft und Mut bewiesen, als sie Priester wurden. Du darfst stolz auf sie sein.”
     Bilaan vermochte den Gesichtsausdruck seiner Schwester nicht zu deuten. Ihre Augen bewegten sich, suchten etwas. Vielleicht wollte sie noch mehr Fragen stellen, wusste aber nicht, welche.
     Sie presste ein “Danke” heraus und drehte sich um, überrascht, dass sie noch jemanden an der Hand hielt, und marschierte mit ihm im Schlepptau davon. Bei dem Versuch, zum Priester zurück zu schauen, wäre Bilaan beinahe gestolpert.
     Auf dem weiteren Heimweg sprach Noorik kein Wort.
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Schmierfink
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Beitrag28.01.2011 19:29

von Schmierfink
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Hey Friedbert,

Immer gerne, ich will ja selber auch was lernen.^^
Kann man so nicht sagen, jeder fiktive Text hat im Grunde einen Erzähler, hier erzählt er halt aus der Sicht des Jungen, nimmt, diese aber erst seit der neuesten Version wirklich ein. Mit Fachbegriffen und so mag ich jetzt gar nicht nerven.^^

Erstmal, dass tut mir wirklich Leid für dich, dass es verdammt schwer ist, kann ich mir gut vorstellen. Dennoch hast du dir da wirklich ein schweres Unterfangen ausgesucht! So komplexe Gefühlsregungen zu beschreiben und dann auch noch aus einer nicht unbedingt leichten Perspektive.

Das wäre sicher ein Anfang, dennoch muss dem Leser irgendwie klar werden, der Autor schreibt nicht so, weil er nicht spannender und packender kann, sondern weil der Junge einfach total fertig ist und das eher authentisch ist.  ok, das es auch vom Setting abhängt konnte ich nicht wissen, allerdings andere Leser wohl auch nicht. Hm, naja Möglichkeiten gibt es ja irgendwie immer, nur fragt sich was hier günstig wäre. Vielleicht ein, zwei gedankliche Ruckblenden auf ganz typische Situationen der Kindheit, die dem Leser zeigen, wie es dort so läuft?

Muss es denn unbedingt aufgehoben werden? Klar, dass die Kleine den Priester einfach so fragt, ob er der Papa ist, überrascht, aber ganz unerwartet ist es durch das Vorspiel dann doch nciht, dass die Eltern weg sind wird wohl jedem klar geworden sein.

Leider bin ich sehr im Streß, Klausuren und so, aber kurz schrieb ich dir gern noch was zum Text.

Finde es sehr gut, dass du versuchst dem Leser jetzt das Empfinden des Jungen näher zu bringen. Du tust das jetzt vornehmlich durch Gedankenbericht des Jungen, also inneren Monolog, das beist sich aber etwas mit deienr Intention der Distanz und dem sonstigen Erzählstil.
Ich schreib dir jetzt mal ne Passage in erlebte Rede um:

Zitat:

Das Leben war auch ohne Dämonen schwierig genug geworden, einfach alles hatte sich geändert, als würde die Welt auseinander fallen. Wie war dies nur möglich?


Unterschied ist, der Junge "spricht" nicht selbst, erste Vergangenehit und Erform bleiben bestehen, das stellt die Möglichkeit der Gedankenwiedergabe dar, die am meisten Distanz schafft, bei dennoch großer Nähe. Klingt paradox oder?^^ Ich finde sie passt sehr gut zu deiner Geschichte, ist aber natürlich nur meine Anregung.

lg
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Beitrag29.01.2011 09:06

von Friedbert
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Hallo Schmierfink

Ich danke dir für deine Mühe, trotz Klausur.
Lerne ebenfalls eine ganze Menge, in der kurzen Zeit die ich hier bin.
Echt toll!

Stimmt, von der Intention der inneren Distanz habe ich Abstand genommen, da sie mir schwer umsetzbar erscheint und vielleicht auch garnicht der Weisheit letzter Schluss ist. Zuwenig Drama. Ebenso der Einfluss des Settings. Möchte Infodump vermeiden.

Hast natürlich recht mit dem Erzähler.

Warum soll ich bei der Gedankenrede Distanz schaffen? Damit es sich nicht mit dem restlichen Erzählstil beisst?
Auch wenn der Junge vielleicht Distanz zum Geschehen hat, soll doch nicht der Leser Distanz zu den Gedanken des Jungen haben, oder?

Will dich nicht von deiner Klausur abhalten. Viel Erfolg damit!

Greets
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Schmierfink
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Beitrag01.02.2011 00:14

von Schmierfink
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Hey Friedbert,

ach kein Streßm ist ja mehr oder weniger das, was ich in der Klausur auch mache.^^
Dafür sind wir doch alle hier, würd ich mal sagen!


Hm, wollte dir eig. vorallem was anbiete, um deine Idee von der Distanz doch noch ein Stück weit zu verwirklichen, vorallem ermöglicht die Technik dir ja trotzdem die Gedanken des Jungen in sprachlicher Eigenheit darzustellen. Vorteil ist halt, dass die Erzählebene nicht wechselt, der Erzähler gibt ja weiter Gedanken in der 3. Person wieder, wogegen du inneren Monolog in der 1. Peron verwendest. Und da bin ich mir halt nicht sicher, ob das zu dem fantasy/mitellaltersetting passt? Ist halt ne sehr moderne Erzählform und ich befürchte, dass man bei Gedankenwiedergabe in der Ichform, zu relativ moderner Sprache neigt. Und du musst selber zugeben, ein wenig krass ist der Wechsel der Perspektive schon, wenn sie immer so schnell wechselt, vielleicht bin ich da aber einfach voreingenommen? Ist natürlich deine Geschichte und ich mach nur Vorschläge.

lg
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Beitrag07.02.2011 13:03

von Friedbert
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Hallo zusammen

Nachdem ich die ersten zehn Kapitel rausgestrichen hab(Werden teils ev. zu einem Prequel geschustert und teils in die weitere Geschichte einfliessen), beginnt meine Geschichte an einer komplett anderen Stelle.

Deshalb war aber keine Kritik der bisherigen Kapitel um sonst, da ich versucht habe, sie auch in Zukünftiges einfliessen zu lassen.

Mittlerweile hat dieses Thema wohl einen verwirrenden Titel und sollte besser einfach "Noorik" heissen...

Wie dem auch sei, hier mein neues, erstes Kapitel. Ich bin absolut jedem für Kritik dankbar!

Noorik Kapitel 1: Erwachen

 Als Noorik aufwachte, befand sie sich in einer anderen Welt. Sie konnte es bereits an der Luft, die sie atmete spüren. Die Hitze machte sie zum Schneiden dick. Der leichte Wind welcher ihr  seitlich ins Gesicht blies, war trocken und staubig, kratzte im Hals. Ihr Mund fühlte sich ausgetrocknet an, die Zunge klebte regelrecht am Gaumen. Beim Versuch, die Augen einen Spalt zu öffnen, wurde sie sogleich von gleissenden Licht geblendet und schloss sie gleich wieder. Ist das die Sonne? So hell?
     Auf dem Rücken liegend, kam sie zögerlich zu sich und schaffte es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Übelkeit und unerträgliche Kopfschmerzen hielten sie im Griff.
     Innerhalb der Mauern meines Schädels befinden sich die Stätten des Lichts und die Dämonen ausserhalb hämmern mit eisernen Fäusten im Takt meines Pulses dagegen. Gleich muss mein Kopf zerspringen.
     Damit nicht genug. Sie spürte ein starkes Brennen auf der Haut, sobald sie sich bewegte. Im Gesicht ebenso, wie auf den freiliegenden Vorderseiten ihrer Arme und Beine.
     Sie betastete vorsichtig den Boden, um die Aufmerksamkeit vom Hämmern wegzuführen. Unter sich fühlte sie rauen, bearbeiteten Stein. Noorik wollte sich auf den Bauch drehen, schreckte jedoch zurück. An den Stellen, welche sie nicht mit ihrem Körper die Sonnenstrahlen abgefangen hatte, war der Boden glühend heiss. Beim zweiten Versuch, sich zu drehen, achtete sie darauf, jene Stellen nicht zu berühren. Endlich auf dem Bauch, öffnete sie wieder die Augen, diesmal eine Hand erhoben zum Schutz vor der Sonne.
     Alles war verschwommen, wenig zu erkennen, und nichts zu verstehen. Die Luft flimmerte. Verwirrung hielt Noorik fest im Griff. Was war geschehen? Wo befand sie sich und wie, in Mataars Namen, war sie hierher gekommen? Woran erinnerte sie sich als letztes? Jeder Gedanke zehrte an ihren Kräften, ohne ihr als Gegenleistung Licht ins Dunkel ihrer Ratlosigkeit zu bringen. Als sich ihre Augen besser an diese enorme Helligkeit gewöhnt hatten, konnte sie Einzelheiten erkennen. Weite, helle Flächen. Ein Stück weiter weg vereinzelt ockerfarbene Felsen. Noorik kämpfte sich auf die Knie. Eine Fehlentscheidung. Die Anstrengung bescherte ihr Magenkrämpfe und sie erbrach sich in den Staub.
     Für einen Moment trat das Pochen in den Hintergrund, kehrte aber umso heftiger zurück, als der Würgereiz nachliess und Noorik nicht mal mehr bitterer Magensaft hochkam. Sie atmete möglichst ruhig ein und aus, doch die warme Luft hatte nicht den erhofften Effekt. Mühsam suchte sie das Gleichgewicht und stand auf. Vorsichtig setzte sie einen Fuss vor den anderen und schaute sich aus der verbesserten Perspektive erneut um.Immerhin konnte sie in ihren Sandalen gehen, ohne sich auch noch die Fußohlen zu verbrennen.
     Der behauene Steinboden entpuppte sich als ein rundes Plateau mit einem Durchmesser von etwa vierzig Schritten, von einer dreistufigen Treppe umrahmt. Gebaut auf einer grossen Fläche am leicht abfallenden Hang eines Hügels.
     Noorik kämpfe sich an den Rand des Plateaus und die Stufen runter. Der Boden, abseits des Steinkreises hatte eine weichere, feinkörnige Beschaffenheit, von einzelnen Kieseln durchzogen. Erstmals konnte sie einen Blick über den Abgrund werfen. Eine scheinbar endlose, karge Landschaft breitete sich vor ihr aus. Vereinzelte Hügel, gleich jenem, auf welchem sie sich befand, durchzogen das Flachland. Da und dort wuchsen fremdartige Sträucher und Bäume, der Grossteil des Panoramas wurde jedoch vom selben Ocker dominiert wie der Boden zu ihren Füssen. Am Himmel war nicht die kleinste Wolke zu sehen.
     Noorik hatte noch nie eine solche Fernsicht erlebt und hätte sie unter anderen Umständen gerne genossen. So aber verstärkten die Weite und dieses fremde Gefühl von Höhe nur ihr Schwindelgefühl.
     Was nun? Ihre Glieder waren schwach, ihre Bewegungen unkoordiniert. Klare Gedanken drangen ihr weiterhin nur mit Mühe ins Bewusstsein, konnten sich kaum einen Weg bahnen zwischen den Dämonen hindurch.
     Schatten. Ich muss in den Schatten.
     Sie wendete sich ab und bewegte sich entlang der Böschung in Richtung der Hügelkuppe, umkreiste die Steinfläche. Dort angekommen fand sie einen schattigen Fleck zwischen Felsen. Von der Annstrengung erschöpft, setzte sie sich hin.
     “Mater schütze mich”, murmelte sie vor sich hin und betastete nun vorsichtig die roten, von der Sonne verbrannten Stellen auf ihrer Haut. Es schmerzte unerträglich.
     Wie lange muss ich schon da gelegen sein, damit die Sonne mich so zurichten konnte? Stunden?
     Noorik legte sich umständlich  auf den Rücken und schloss die Augen. Sie hatte Hunger  und vor allem Durst. Sie musste Wasser suchen. Zuerst  durchatmen und mich im Schatten etwas abkühlen. Alles andere ist zu anstrengend. Sie suchte sich für den Kopf die Position, welche am wenigsten hämmerte. Es wollte und wollte nicht nachlassen. Als sie nicht mehr daran glaubte, diesem Schmerz entrinnen zu können, schlief sie wieder ein.
     In ihrem Fiebertraum war sie ein kleines Windrad, in der Wiese vor Onkel Nemals und Tante Raanus Haus verankert. Ich wohne hier seit zwei Jahren nicht mehr! Ihr kleiner Bruder Bilaan stand neben ihr, ebenfalls ein Windrad. Er drehte sich schnell, doch sie vermochte das nicht. Der Einfluss jahrelanger Witterung hatte ihr Rad blockiert. Stattdessen drohte der  Wind sie aus dem Boden zu reissen und fortzutragen.
     “Noorik, wo willst du hin?”, fragte Bilaan entsetzt. “Bleib hier und drehe dich. Bitte bleib bei mir!”
     “Ich kann nicht. Der Wind ist zu stark. Mataar hat ihn geschickt, um mich zu sich zu rufen.” Kaum hatte sie es ausgesprochen, wurde sie durch die Luft geschleudert.

     Es war früher Abend, als Noorik erneut erwachte. Anders als am Mittag, wehte ein aggressiverer Wind, wirbelte lautstark den Boden auf. Ihr Mund war noch immer ausgetrocknet und der Durst mittlerweile so gross geworden, wie ihn noch nie verspürt hatte. Auch Kopfschmerzen und Schwindel hielten an ihr fest, aber zumindest nicht mehr so stark. Wahrscheinlich hangen sie auch mit anderen Faktoren als meinem Flüssigkeitsmangel zusammen. Alleine schon die Abwesenheit der Mittagshitze muss dazu beitragen, dass ich mich etwas besser fühle.
     Die Sonne hatte ihre gefährliche Kraft verloren und sorgte nahe am Horizont gerade noch für genug Licht, dass man die Landschaft gut erkennen konnte. Das Flimmern war verschwunden, die Sicht klar. Wenigstens etwas.
     Noorik hörte jemanden in der Nähe rufen. War das eine menschliche Stimme? Sie öffnete die Augen und stützte sich auf ihre Hände.
Eine alte Frau bewegte sich langsamen Schrittes vom anderen Ende des Steinplateaus her langsam in ihre Richtung. Zumindest zog Noorik diesen Schluss aus der Art der Bewegungen der Gestalt, welche beinahe so verfüllt wie ein Priester war. Sie trug ein knöchellanges Gewand dessen ursprüngliche Farbe kaum mehr zu erkennen war. Eingetrocknete Flecken von beigem und hellbraunem Schmutz überzogen es vollständig. Sehr simpel, mehr Tuch als Kleid. Auch um den Kopf hatte sie ein Tuch gewickelt. Als sie näher kam, konnte Noorik ihr Gesicht erkennen. Die Alte war ausgemergelt und schwach. Dünne, zittrige Glieder steckten in einer Haut dunkel und ledrig, von der lebenslangen Einwirkung einer gnadenlosen Sonne gezeichnet.
     Sie hatte dürre Äste gesammelt, welche sie nun achtlos zu Boden fallen liess. Sie kam genau auf Noorik zu.  Ihr offen stehender, beinahe zahnloser Mund führte zu einem seltsamen Gesichtsausdruck, irgendwo zwischen Freude und Flehen.
     Noorik wusste im ersten Moment nicht, wie sie reagieren sollte und unterdrückte den Impuls, vor der Frau zurückzuweichen. An ihrer vorsichtigen Annäherung glaubte Noorik zu erkennen, dass sie sich ebenso fürchtete wie sie selbst. Da die Fremde ihre Vorbehalte überwand, wollte sie es ihr gleich tun.
     Ein weiteres Mal kämpfte sich Noorik auf die Knie und richtete sich auf. Sie bewegte sich betont langsam, um die Kopfschmerzen einigermassen unter Kontrolle zu halten. Schwankend kam sie auf ihre Füsse. Eine nebelhafte Hoffnung stieg in Noorik auf. Vielleicht kann mir diese Frau helfen, oder mir erklären, was geschehen ist.
     Diese Hoffnung zerschlug sich augenblicklich. Die offensichtlich verwirrte Frau stammelte nur unverständliches Zeug als sie, mit ausgestreckten Armen, näher und näher kam. Den Blick gesenkt, vermied sie es, Augenkontakt herzustellen. Noorik schlug ein bestialischer Gestank entgegen und sie unterdrückte mühsam den erneuten Brechreiz. Mit der Übelkeit steigerte sich der Schmerz in ihrem Kopf. Sie wäre nun doch lieber  zurückgewichen, blieb aber stehen wie angewurzelt.
     Mit Tränen in den Augen warf sich die alte Frau vor ihr auf die Knie, umklammerte  mit zittrigen Händen ihre Füsse und legte ihre zerfurchte Stirn darauf. So verharrte sie längere Zeit, weiter stammelnd. Noorik traute sich nicht von der Stelle. Sie betrachtete das zittrige Bündel vor sich und wusste nicht mehr, wer wessen Hilfe benötigte. Mitleid bahnte sich einen Weg durch ihre eigene Furcht. Die Verwirrung macht uns zu Verbündeten. Noorik beugte sich vor und legte ihr beschwichtigend eine Hand auf die Schulter.
     Plötzlich stand die Alte auf und nahm Noorik an der Hand und wollte sie mit sich ziehen. Sie  gab ihr ¬zu verstehen, dass sie sie an einen bestimmten Ort führen wollte. Auf dem Gesicht eine seltsame Euphorie, welche nicht zum vorherigen Flehen passen wollte. Als Noorik instinktiv Wiederstand leistete, sie verwirrt anschaute und keinen Schritt machte, setzte die Greisin eine entschuldigende Miene auf und versuchte es auf sanftere Weise. Also gut.
     Noorik liess es geschehen. Sie hatte keine Angst. Sie hatte überhaupt keine konkrete Meinung zur Situation. Wiederstand war die anstrengendere Option und kam somit nicht in Frage. Von der Alten schien keine konkrete Gefahr auszugehen. Noorik fühlte sich zwar ausgeliefert, doch sah nichts schlechtes darin. Stattdessen machte sie sich Gedanken darüber, was mit dem gesammelten Holz geschehen würde.
     Ihr Blickfeld war eingeschränkt und die einbrechende Dämmerung tat ihr Übriges. Noorik heftete den Blick auf ihre Füsse und tat Schritt um Schritt. Sie war froh, dass die Alte Frau nicht gut zu Fuss war, so konnte sie mithalten.
     Sie gingen auf einem breitgetretenen Fusspfad, welcher zwischen vereinzelten Palmen durchführte, den Hügel hinunter zur weiten Ebene. Immer wieder gab die Frau fremdartige, kehlige Worte von sich, welche nicht zu Noorik durchdrangen.

     Noorik konnte nicht sagen, wie weit sie über die Ebene gegangen waren. Mittlerweile war es merklich dunkler geworden. Wie zur Antwort auf die Dämmerung erschien am Horizont eine Ansammlung von Lichtern. Wie nicht anders zu erwarten, handelte es sich um Feuer und zwischen ihnen konnte Noorik schwach hügelartige Behausungen vermuten. Ist das unser Ziel? Hoffentlich, denn wenn ich noch weiter gehen muss, werde ich tot umfallen.
     Auf halbem Weg wurden einzelne Gestalten erkennbar. Eine richtiges Dorf schälte sich aus der Dunkelheit.
     Noorik erschrak. Abseits der Feuer bewegte sich etwas im Halbdunkel. Dort standen riesige, vierbeinige Tiere. Die Körpersprache ihrer Führerin gab Entwarnung. Noorik hatte ausser Vögeln und Insekten noch nie echte Tiere gesehen, und schon gar keine so grossen. Sie konnte die Umrisse nicht genau erkennen.
     “Elrada, Elrada”, sagte die Frau in einem beschwörenden Ton, während sie auf die Tiere zeigte. “Gross, stark, gesund.”
     Noorik begann stellenweise, die Frau zu verstehen. Sie sprachen doch die selbe Sprache, wie sie nun erkannte, aber die Alte benutzte eine sperrige, sehr gewöhnungsbedürftige Abwandlung davon. Dazu kam die kehlige Stimme und die schludrige Artikulation. Noorik nahm es gleichgültig zur Kenntnis.
     Sie liessen die Tiere hinter sich und kamen näher zu den Feuern, bis Noorik nach und nach Details erkennen konnte. Auf einfache, provisorisch wirkende Konstruktionen aus zusammengebundenen Holzstöcken teils Palmblätter gelegt und teils Tücher gespannt. Alles mit einer feinen Sandschicht bedeckt.
     Die Alte Frau machte mit lautem Rufen auf sich und vor allem auf Noorik aufmerksam. Menschen kamen zu einem Feuer am Rand der Stadt und erwarteten sie. Sämtlich waren sie in ähnliche Gewänder gehüllt wie die Alte und sowohl die – soweit erkennbar – bärtigen Männer, als auch die Frauen hatten sich Tücher um den Kopf gewickelt, wovon manche auch das Gesicht verdeckten. Ihre Haut war ebenfalls ledrig und braungebrannt, ihre Gestalt durchwegs dürr und sehnig.
     “Noul-Maar”, sagte die Alte und deutete auf die Menschen. Dann breitete sie ihre Arme aus und drehte sich beschwörerisch im Kreis. “Anlamaar”

12Wie es weitergeht »

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Schmierfink
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Beitrag15.02.2011 01:45

von Schmierfink
Antworten mit Zitat

Hey Freidbert,

here we go again.^^ Also Inhaltstechnisch durchaus interessant. Du setzt deine Prota. einfach in die Welt ohne dem Leser zu vermitteln wie es zur Ausgangssituation kam und indem du offensichtlich auch erstmal nichts in einer Ruckschau erklärst, folgst du dem Vorbild der analytischen Erzählung, die erst später aufdeckt, soviel mal zur nutzlosen Info.^^ Das erzeugt oft viel Spannung, da der Leser natürlich wissen will was geschehen ist.
Allerdings frage ich mich in wie weit der erste Satz ernst gemeint ist, sollte die Welt in der Noorik erwacht tatsächlich sehr von der ihr bekannten abweichen, sollte sie nicht besorgter darüber sein, sich mehr Gedanken machen?  Auch wenn sie selbst nicht weiß, wie ihre Situation zustande kam, es wäre schon authentisch sie mit brennendem Interesse auszustatten, wer würde nicht wissen wollen, warum er plötzlich irgendwo in der Fremde aufwacht? Natürlich denkt sie in diesem Text darüber nach, aber mir ist sie im Grunde viel zu wenig panisch, wenn man den Ernst der Lage betrachtet. Damit wären wir bei einem Kritikpunkt, ehrlich gesagt gefällt mir die Wiedergabe ihrer Gedanken oft nicht so wirklich, Beispiele:

Zitat:

Innerhalb der Mauern meines Schädels befinden sich die Stätten des Lichts und die Dämonen ausserhalb hämmern mit eisernen Fäusten im Takt meines Pulses dagegen. Gleich muss mein Kopf zerspringen.


Wer denkt so einen schön metaphorisch hochtrabenden Satz, wenn sein Kopf fast zerreißt?


Zitat:

Wahrscheinlich hangen sie auch mit anderen Faktoren als meinem Flüssigkeitsmangel zusammen. Alleine schon die Abwesenheit der Mittagshitze muss dazu beitragen, dass ich mich etwas besser fühle.


Normal achte ich ja nicht auf Orthografie und so Zeug, aber das korrekte Imperfekt wäre hingen. Außerdem scheinen mir die Gedanken etwas sehr analytisch für ein junges Mädchen in der Situation.

Zitat:

Die Verwirrung macht uns zu Verbündeten.


Stimmt schon irgendwie, auch wirklich nett als Satz an sich, für mich aber eher als Erzählerkommentar passend, denn als Gedanke. Ich frage mich halt immer, würde man so wirklich denken? Würde man nicht eher verzweifeln, angesichts der sich in Rauch auflösenden Hoffnung auf Rettung, oder sich in Ekel oder Mitleid ergehen?

Stilistisch fiel mir auf:

Zitat:

Übelkeit und unerträgliche Kopfschmerzen hielten sie im Griff.


Zitat:

Verwirrung hielt Noorik fest im Griff.


Fand ich etwas unschön Wiederholend, auch wenn einiges an Abstand dazwischen liegt, finde man denkt schon, ach das kam doch schonmal.

Zitat:

Jeder Gedanke zehrte an ihren Kräften, ohne ihr als Gegenleistung Licht ins Dunkel ihrer Ratlosigkeit zu bringen.


So was finde ich schön, man merkt du findest zu eigenen Worten, kein Wiederkauend tausendmal gelesener Bilder.

Besonders der Teil, ab der alten Frau gefällt mir, es kommt wirklich Spannung auf, den Teil vorher denke ich könnte man kürzen, ist nicht schlecht, aber mir als Einstieg zu lang. Weder inhaltlich "megaspannend" noch stilistisch bahnbrechend, das er in der Form für mich gerechtfertigt wäre, meine ich nicht böse, finde nur weniger ist oft mehr. Wir sind alle keine Büchners, Kafkas oder Frisch, die eine Szene allein durch ihre Sprache lesenwert machen können.

Achja, den Fiebertraum finde ich wirklich einen guten Einfall, gefällt mir!

Hm, das wäre so das Gröbste, befürchte mein Kommentar kommt etwas unfreundlich rüber, soll er aber garnicht sein. Finde hier viele gute Ansätze, wie ich finde. Aber, das denke ich genauso von mir (hab ja selbst keine Ahnung), man muss halt sehr viele Texte und Stunden schreiben, bis man eine eigene Sprache gefunden hat, die Leser zu packen weiß, ein Stück Weg sehe ich hier schon noch. Vorallem finde ich die Geschichte gewinnt, ab der alten Frau eindeutig an Fahrt, der letzte Teil ist mir fast der liebste, da will ich gleich reinkatapultiert werden! Für Fragen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.

lg
Schmierfink


_________________
"Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles seine Bemerkungen."
Heinrich Heine

"Ich gebe Zeichen von mir, Signale . . . Ich schreie aus Angst, ich singe im Dschungel der Unsagbarkeiten"
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Georg Büchner
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Friedbert
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Beitrag15.02.2011 08:07

von Friedbert
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Hallo Schmierfink

Vielen Dank für deine Kritik. Sie ist nicht unfreundlich, sondern sehr hiilfreich. Am wenigsten mag ich jene Kommentare, die garnicht geschrieben werden. Danke für das Lob und ebenso für die Anregungen.

Zitat:
Allerdings frage ich mich in wie weit der erste Satz ernst gemeint ist, sollte die Welt in der Noorik erwacht tatsächlich sehr von der ihr bekannten abweichen, sollte sie nicht besorgter darüber sein, sich mehr Gedanken machen?


Noorik wird sich noch den Rest des Buches darüber Gedanken machen. Ich dachte mir, momentan ist sie zu sehr mit Kopfschmerzen und Übelkeit beschäftigt. Aber hast recht. Es müssen ja noch keine Analysen sein, aber etwas mehr Panik kann nicht schaden.

Zitat:
Wer denkt so einen schön metaphorisch hochtrabenden Satz, wenn sein Kopf fast zerreißt?


Hier bestätigst du eine Befürchtung. Ünterstützt aber gleichzeitig meine obige Aussage. Mehr Verwirrung/Schmerz/Panik, weniger Gedanken.

Zitat:
Normal achte ich ja nicht auf Orthografie und so Zeug, aber das korrekte Imperfekt wäre hingen. Außerdem scheinen mir die Gedanken etwas sehr analytisch für ein junges Mädchen in der Situation.


Sollte Präsens sein, da hat mir die schweizer Sprache einen Streich gespielt. Embarassed

Zur Info: Ist vielleicht verwirrend, vom ersten Text her, aber Noorik ist hier 19, nicht mehr 8.

Zitat:
Stimmt schon irgendwie, auch wirklich nett als Satz an sich, für mich aber eher als Erzählerkommentar passend, denn als Gedanke.


Gebe dir recht.

Zitat:
Fand ich etwas unschön Wiederholend


Absolut deiner Meinung, versuche ich zu vermeiden.

Greets Friedbert[/quote]
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Aknaib
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Beitrag07.03.2011 17:34

von Aknaib
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Hallo Friedbert,

immer wieder geisterte deine Noorik: „Der Priester“ durch meinen Kopf.
Tausendmal habe ich verschoben, auf die anderen eingestellten Versionen/ Kapitel zu reagieren.
Warum?
Weil ich mir kein Bild mehr machen kann von dem was und worüber du schreiben möchtest.
Aber ich glaube zu spüren, dass in deinem Roman dein Herzblut steckt – du ihn unbedingt schreiben willst gar musst. Und auf eine magische Weise hast du mich mit deiner Noorik berührt.

Ich würde gern Stellung zum Inhalt und dem Aufbau nehmen, aber ich kann es nicht.

Das neue erste Kapitel: "Erwachen" setzt ein als Noorik 19 ist- Richtig?
Was schon jetzt bedeutet, das das Kapitel 2: „Der Priester“ eine Rückblende wird- Richtig?
Ich bin prinzipiell dafür einen Roman so aufzubauen, dass er mit so wenig wie möglich Rückblenden auskommt.
Ich sehe jedoch ein, dass das Kapitel 2 -welches mir nach wie vor richtig gut gefällt- vielleicht andere Leser abschreckt. Weil aus der Sicht des Kindes natürlich eine Art kindlicher Text am Anfang des Romans stehen würde, wenn du ihn chronologisch schreibst.
Könnte allerdings trotzdem spannend werden, wenn du mit Prolog arbeitest; der z.B. den Inhalt „Die Pfütze“ wiedergibt.   
Betrachtet mit Kapitel: „Die Pfütze“ dem ehemaligen Kapitel 1 –gefällt mir- bekomme ich keinen Dreh mehr, die Teile in irgendeiner Form zusammen zu bringen.  

Dein neues Kapitel 1;
Die ersten Sätze ziehen sich zu lange hin, bringen trotz bildlicher Beschreibung keine rechte Spannung auf und gerade diese sollte durch den ersten Satz den Leser in den Text ziehen und die folgenden Sätze sollen ihn bei der Stange halten.

Neee … den Anfang mag ich nicht … noch nicht Wink -später wird es besser, gar gut.
Der erste Satz haut m.E. nicht hin. In den ersten Sätzen liegt meiner Meinung nach ein Denkfehler den der Autor- der ja alles kennt- der Protagonistin in den Mund bzw. in die Gedanken legt.
Zitat:
Als Noorik aufwachte, befand sie sich in einer anderen Welt. Sie konnte es bereits an der Luft, die sie atmete spüren. Die Hitze machte sie zum Schneiden dick.
Also, sie wacht auf, aber sieht noch nichts, spürt erst einmal nur mit Geschmack und dem Hautsinn ihre Umwelt.
Was macht Noorik gleich im ersten Satz so sicher, dass sie in einer anderen Welt für mich gleich einer anderen Dimension/ Planten ect. ist?
Nur weil sie die Dinge spürt, die du beschreibst? Das kann ebenso auf einen anderen Ort z.B. eine Entführung in die Wüste deuten, aus der Welt,  in der sie bisher gelebt hat.
Wenn ich mir allerdings vorstelle, ich hätte im Prolog den Inhalt: Die Pfütze“ gelesen dann würde ich nicht zweifeln.  

Die von Schmierfink gemachten Anmerkungen und Vorschläge sind allesamt auch in meinem Sinne.

Soviel zu meinen Gedanken, mehr jetzt erst einmal nicht.
Beeindruckt bin ich von deinen Ideen, den einerseits tollen Bilder und auf der anderen Seite gibt es Formulierungen die hölzern klingen und Worte von Beamtendeutsch, die so gar nicht passen.

Vorschlag:
Schreibe bitte hier, ob dein jetziges Kapitel 1 weiterhin als Anfang geblieben ist.
Gibt es davon eine überarbeitete Fassung, dann stelle sie hier als neue Version ein. Ansonsten würde ich die jetzige Version auseinander nehmen. (Und bitte beachte: Texte, die mir prinzipiell gefallen, werden besonders argwöhnisch von mir betrachtet und zerrissen - also niemals persönlich nehmen.)
Super wäre, wenn du mir per „pn“ ein Exposé (3-4 Seiten oder kürzer) deines Romanes schicken könntest damit ich vom Handlungsverlauf ein Bild bekomme.

Herzliche Grüße
Bianka
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Shark
Erklärbär


Beiträge: 4



Beitrag07.03.2011 22:11

von Shark
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Das sind meine Gedanken, die mir so während des Lesens gekommen sind:


Ich persönlich kann es nicht leiden, wenn auch nur die kleinste Nichtigkeit meinen Lesefluss stört. Einige Gedanken Nooriks, die du auch kursiv geschrieben hast, werden in der Ich-Form erzählt, wobei du sonst immer als personaler Erzähler erzählt hast. Mich persönlich stärt das erheblich den Lesefluss. Das „Also doch“ hat mich kaum gestört, aber sobald diese Gedanken länger als ein Satz wurden, musste ich stocken. Solche Gedanken hatten dann für mich einen eher unnatürlichen Eindruck. (Vglbar, als würde der Erzähler eines Films  mit dem Gesicht zur Kamera einen Kommentar abgeben)

Die Umwelt hast du m.E. mehr und auch genügender als in der vorherigen Version beschrieben, was mich anspricht, da ich jetzt nicht mehr, wie in den obrigen Texten keinen Blick durch ein enges Fernrohr habe, dass zu groß eingestellt ist&in dem ich keinen Überblick habe. Das ist dir hier viel besser gelungen.

Den ersten Satz finde ich etwas plumb und weniger schön als den ersten Satz deines anderen ersten Kapitels. Wenn es um den ersten Satz ginge, würde ich mir überlegen, weiter zu lesen.
(Anderseits frage ich mich natürlich schon, was an dieser Welt anders ist, warum sie im Laufe der Zeit nichts anderes bemerken kann, woran sie erkannte, dass es sich eben um eine diese handelt und warum es im weiteren Verlauf keine weitere Rolle spielt)

Dafür, dass Noorik jetzt schon älter ist, wirken die Sätze an einigen Stellen noch recht einfach. Im Zusammenhang haben sie eine schöne Bedeutung, aber im einzelnen (und das merkt man beim Lesen) einen weniger schönen Klang. Andererseits liegt es auch ein einigen Wörten in einem Satz, die zu einfach klingen, wie zB das Groß in diesem Satz: „Ihr Mund war noch immer ausgetrocknet und der Durst mittlerweile so gross geworden, (…)“

Man merkt, dass du schon ziemlich gut schreiben kannst. Manchmal kann aber noch fein geschliffen werden.

Es muss das unbedingt noch loswerden: Es macht richtig viel Spaß, sich mit deinem Text  zu beschäftigen, du kannst Spannung aufbauen und erzeugst Neugierde bei mir. Ich mag deine Art, wie du schreibst, bis auf das schon angesprochene.
Ich wünsche mir, weiterhin etwas von dir zu lesen, es macht Freude.


Ein leider eher weniger konstruktiver Beitrag, aber vielleicht nicht ganz unpostbar.

Freundliche Grüße
Shark.
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Friedbert
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Beitrag09.03.2011 08:32

von Friedbert
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Hallo zusammen

Dachte eigentlich nicht, dass noch Reaktionen kommen und bin eher darüber gestolpert, als dass ich darauf gelauert hätte.
Umso grösser war meine Freude. Vielen Dank! Auch für die Komplimente. Tun gut

@Aknaib

Danke für dein anhaltendes Interesse!

Werde dir gerne ein Exposé schicken. Habs vor längerem geschrieben und müsste es sowieso schon längst überarbeiten. Musst mir also etwas Zeit geben.

Lesen auf eigene Gefahr. Spoiler!

Falls mein Roman verfilmt wird, bevor ich ihn fertig geschrieben habe, weiss ich, wen ich verklagen muss Cool

Zitat:
Was macht Noorik gleich im ersten Satz so sicher, dass sie in einer anderen Welt für mich gleich einer anderen Dimension/ Planten ect. ist?


Die Frage wird ev. durch das Expose beantwortet. Ebenso der Grund für den späteren Einstieg.

Die Rückblenden beschränken sich auf ein Minimum, versprochen

Zu deinem Vorschlag:

Das Kapitel bleibt definitiv an erster Stelle. Abgesehen von Schmierfinks Kritikpunkten und kleineren Anpassungen habe ich daran bisher nichts geändert. Auch nicht gekürzt, was ich aber irgendwann versuchen werde.
Bin momentan mit anderen Kapiteln beschäftigt.
Fühl dich also frei, die jetzige Version auseinander zu nehmen.

@Shark

Danke für dein Lob!

Das Stilmittel der kursiven Schrift ist mittlerweile kaum mehr wegzudenken und wird anderorts viel Platz einnehmen. Ich wollte damit umständliche "Sie dachte, dass würde / könnte / hätte" verhindern, welche meiner Meinung nach noch mehr bremsen. Vor allem in längeren Passagen.

 Jetzt sitze ich in der Falle. Denkst du, dass ist Geschmackssache? Kann man sich daran gewöhnen?

Noorik wird auf die Andersartigkeit noch genügend stossen und eingehen. Vorerst ist sie eingeschränkt und viel mehr als Wüste gab es auch noch nicht zu sehen. Sie hat nicht die Energie für allzuviele Fragen. Ev. ist das zuwenig ersichtlich.

Mit dem Feinschliff gebe ich dir recht. Habe den mal hinten angestellt, um voran zu kommen.

Greets Friedbert
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Friedbert
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Beitrag30.03.2011 18:57

von Friedbert
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Huhu

Hier eine überarbeitete und etwas kürzere Version. Vor allem die erste Hälfte.


     Als Noorik aufwachte, stimmte etwas an der Umgebung nicht. Nichts stimmte. Sie konnte es bereits an der Luft, die sie atmete spüren. Die Hitze machte sie zum Schneiden dick. Der leichte Wind welcher ihr  seitlich ins Gesicht blies, war trocken und staubig, kratzte im Hals. Ihr Mund fühlte sich ausgetrocknet an, die Zunge klebte regelrecht am Gaumen. Auf dem Rücken liegend, kam sie zögerlich zu sich. Noorik schaffte es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Übelkeit und unerträgliche Kopfschmerzen vernebelten die Sinne. Als sie die Augen öffnete, wurde sie von gleissenden Licht geblendet und schloss sie gleich wieder. Ist das die Sonne? So hell?
     Sie spürte ein starkes Brennen auf der Haut, sobald sie sich bewegte. Im Gesicht ebenso, wie auf den freiliegenden Vorderseiten ihrer Arme und Beine.
     Sie tastete vorsichtig den Boden ab und schreckte zurück. Der raue Stein war glühend heiss. Sie drehte sich vorsichtig auf den Bauch, hob den Kopf und öffnete wieder die Augen, diesmal eine Hand zum Schutz vor der Sonne erhoben.
     Alles war verschwommen. Die Luft flimmerte. Verwirrung hielt Noorik fest im Griff.
     Gedanken kämpften sich durch den Schmerz.
     Was ist geschehen? Wo bin ich und wie, in Mataars Namen, bin ich hierher gekommen?
     Jeder Gedanke zehrte an ihren Kräften, ohne ihr als Gegenleistung Licht ins Dunkel ihrer Ratlosigkeit zu bringen. Noorik kämpfte sich auf die Knie. Eine Fehlentscheidung. Die Anstrengung bescherte ihr Magenkrämpfe und sie erbrach sich in den Staub.
     Für einen Moment trat das Pochen im Innern ihres Kopfes in den Hintergrund, kehrte aber umso heftiger zurück, als der Würgereiz nachliess. Sie atmete langsam ein und aus, doch die warme Luft hatte nicht den erhofften Effekt. Mühsam suchte sie das Gleichgewicht, stand auf und setzte vorsichtig einen Fuss vor den anderen. Ihre Sandalen boten guten Schutz gegen die Hitze des Bodens.  
     Noorik erkannte nun, dass sie sich auf einem breiten Plateau befand, von einer dreistufigen Treppe umrahmt. Gebaut auf einer grossen Fläche am leicht abfallenden Hang eines Hügels.
     Sie mühte sich zum Rand des Plateaus und ging Stufen runter. Erstmals konnte sie einen Blick über den Abgrund werfen. Eine scheinbar endlose, karge Landschaft breitete sich vor ihr aus. Vereinzelte Hügel, gleich jenem, auf welchem sie sich befand, durchzogen das Flachland. Da und dort wuchsen fremdartige Sträucher und Bäume, der Grossteil des Panoramas wurde jedoch vom selben Ocker dominiert wie der Boden zu ihren Füssen. Am Himmel war nicht die kleinste Wolke zu sehen.
     Noorik hatte noch nie eine solche Fernsicht erlebt und hätte sie unter anderen Umständen gerne genossen. So aber verstärkten die Weite und dieses fremde Gefühl von Höhe nur ihr Schwindelgefühl.
     Was nun? Ihre Glieder waren schwach, ihre Bewegungen unkoordiniert. Klare Gedanken drangen ihr weiterhin nur mit Mühe ins Bewusstsein, konnten sich kaum einen Weg bahnen zwischen den Dämonen hindurch.
     Schatten. Ich muss in den Schatten.
     Sie wendete sich ab und bewegte sich entlang der Böschung in Richtung der Hügelkuppe, umkreiste die Steinfläche. Dort angekommen fand sie einen schattigen Fleck zwischen Felsen. Von der Annstrengung erschöpft, setzte sie sich hin.
     “Mater schütze mich”, murmelte sie vor sich hin und betastete nun vorsichtig die roten, von der Sonne verbrannten Stellen auf ihrer Haut. Es schmerzte unerträglich.
     Wie lange habe ich dort oben gelegen? Stunden?
     Noorik legte sich vorsichtig auf den Rücken und schloss die Augen. Sie hatte Hunger  und vor allem Durst, doch schob den Gedanken, Wasser zu suchen von sich. Sie suchte die Position, in welcher der Kopf am wenigsten hämmerte. Es wollte und wollte nicht nachlassen. Als sie nicht mehr daran glaubte, diesem Schmerz entrinnen zu können, schlief sie wieder ein.
     Im fieberhaften Traum war sie ein kleines Windrad, in der Wiese vor Onkel Nemals und Tante Raanus Haus verankert. Ich wohne hier seit zwei Jahren nicht mehr! Ihr kleiner Bruder Bilaan stand neben ihr, ebenfalls ein Windrad. Er drehte sich schnell, doch sie vermochte das nicht. Der Einfluss jahrelanger Witterung hatte ihr Rad blockiert. Stattdessen drohte der  Wind sie aus dem Boden zu reissen und fortzutragen.
     “Noorik, wo willst du hin?”, fragte Bilaan entsetzt. “Bleib hier und drehe dich. Bitte bleib bei mir!”
     “Ich kann nicht. Der Wind ist zu stark. Mataar hat ihn geschickt, um mich zu sich zu rufen.” Kaum hatte sie es ausgesprochen, wurde sie durch die Luft geschleudert.

     Es war früher Abend, als Noorik erneut erwachte. Anders als am Mittag, wehte ein aggressiverer Wind, wirbelte lautstark den Boden auf. Ihr Mund war noch immer ausgetrocknet und der Durst mittlerweile so gross geworden, wie ihn noch nie verspürt hatte. Auch Kopfschmerzen und Schwindel hielten an ihr fest, aber zumindest nicht mehr so stark.
     Die Sonne hatte ihre gefährliche Kraft verloren und sorgte nahe am Horizont gerade noch für genug Licht, dass man die Landschaft gut erkennen konnte. Das Flimmern war verschwunden, die Sicht klar. Wenigstens etwas.
     Noorik hörte jemanden in der Nähe rufen. War das eine menschliche Stimme? Sie öffnete die Augen und stützte sich auf ihre Hände.
Eine alte Frau bewegte sich langsamen Schrittes vom anderen Ende des Steinplateaus her langsam in ihre Richtung. Zumindest zog Noorik diesen Schluss aus der Art der Bewegungen der Gestalt, welche beinahe so verfüllt wie ein Priester war. Sie trug ein knöchellanges Gewand dessen ursprüngliche Farbe kaum mehr zu erkennen war. Eingetrocknete Flecken von beigem und hellbraunem Schmutz überzogen es vollständig. Sehr simpel, mehr Tuch als Kleid. Auch um den Kopf hatte sie ein Tuch gewickelt. Als sie näher kam, konnte Noorik ihr Gesicht erkennen. Die Alte war ausgemergelt und schwach. Dünne, zittrige Glieder steckten in einer Haut dunkel und ledrig, von der lebenslangen Einwirkung einer gnadenlosen Sonne gezeichnet.
     Sie hatte dürre Äste gesammelt, welche sie nun achtlos zu Boden fallen liess. Sie kam genau auf Noorik zu.  Ihr offen stehender, beinahe zahnloser Mund führte zu einem seltsamen Gesichtsausdruck, irgendwo zwischen Freude und Flehen.
     Noorik wusste im ersten Moment nicht, wie sie reagieren sollte und unterdrückte den Impuls, vor der Frau zurückzuweichen. An ihrer vorsichtigen Annäherung glaubte Noorik zu erkennen, dass sie sich ebenso fürchtete wie sie selbst. Da die Fremde ihre Vorbehalte überwand, wollte sie es ihr gleich tun.
     Ein weiteres Mal kämpfte sich Noorik auf die Knie und richtete sich auf. Sie bewegte sich betont langsam, um die Kopfschmerzen einigermassen unter Kontrolle zu halten. Schwankend kam sie auf ihre Füsse. Eine nebelhafte Hoffnung stieg in Noorik auf. Vielleicht kann mir diese Frau helfen, oder mir erklären, was geschehen ist.
     Diese Hoffnung zerschlug sich augenblicklich. Die offensichtlich verwirrte Frau stammelte nur unverständliches Zeug als sie, mit ausgestreckten Armen, näher und näher kam. Den Blick gesenkt, vermied sie es, Augenkontakt herzustellen. Noorik schlug ein bestialischer Gestank entgegen und sie unterdrückte mühsam den erneuten Brechreiz. Mit der Übelkeit steigerte sich der Schmerz in ihrem Kopf. Sie wäre nun doch lieber  zurückgewichen, blieb aber stehen wie angewurzelt.
     Mit Tränen in den Augen warf sich die alte Frau vor ihr auf die Knie, umklammerte  mit zittrigen Händen ihre Füsse und legte ihre zerfurchte Stirn darauf. So verharrte sie längere Zeit, weiter stammelnd. Noorik traute sich nicht von der Stelle. Sie betrachtete das zittrige Bündel vor sich und wusste nicht mehr, wer wessen Hilfe benötigte. Mitleid bahnte sich einen Weg durch ihre eigene Furcht. Die Verwirrung machte sie zu Verbündeten. Noorik beugte sich vor und legte ihr beschwichtigend eine Hand auf die Schulter.
     Plötzlich stand die Alte auf, nahm Noorik an der Hand und wollte sie mit sich ziehen. Sie  gab ihr ¬zu verstehen, dass sie sie an einen bestimmten Ort führen wollte. Auf dem Gesicht eine seltsame Euphorie, welche nicht zum vorherigen Flehen passen wollte. Als Noorik instinktiv Wiederstand leistete, sie verwirrt anschaute und keinen Schritt machte, setzte die Greisin eine entschuldigende Miene auf und versuchte es auf sanftere Weise. Also gut.
     Noorik liess es geschehen. Sie hatte keine Angst. Sie hatte überhaupt keine konkrete Meinung zur Situation. Wiederstand war die anstrengendere Option und kam somit nicht in Frage. Von der Alten schien keine konkrete Gefahr auszugehen. Noorik fühlte sich zwar ausgeliefert, doch sah nichts schlechtes darin. Stattdessen machte sie sich Gedanken darüber, was mit dem gesammelten Holz geschehen würde.
     Ihr Blickfeld war eingeschränkt und die einbrechende Dämmerung tat ihr Übriges. Noorik heftete den Blick auf ihre Füsse und tat Schritt um Schritt. Sie war froh, dass die Alte Frau nicht gut zu Fuss war, so konnte sie mithalten.
     Sie gingen auf einem breitgetretenen Fusspfad, welcher zwischen vereinzelten Palmen durchführte, den Hügel hinunter zur weiten Ebene. Immer wieder gab die Frau fremdartige, kehlige Worte von sich, welche nicht zu Noorik durchdrangen.

     Noorik konnte nicht sagen, wie weit sie über die Ebene gegangen waren. Mittlerweile war es merklich dunkler geworden. Wie zur Antwort auf die Dämmerung erschien am Horizont eine Ansammlung von Lichtern. Wie nicht anders zu erwarten, handelte es sich um Feuer und zwischen ihnen konnte Noorik schwach hügelartige Behausungen vermuten. Ist das unser Ziel? Hoffentlich, denn wenn ich noch weiter gehen muss, werde ich tot umfallen.
     Auf halbem Weg wurden einzelne Gestalten erkennbar. Eine richtiges Dorf schälte sich aus der Dunkelheit.
     Noorik erschrak. Abseits der Feuer bewegte sich etwas im Halbdunkel. Dort standen riesige, vierbeinige Tiere. Die Körpersprache ihrer Führerin gab Entwarnung. Noorik hatte ausser Vögeln und Insekten noch nie echte Tiere gesehen, und schon gar keine so grossen. Sie konnte die Umrisse nicht genau erkennen.
     “Elrada, Elrada”, sagte die Frau in einem beschwörenden Ton, während sie auf die Tiere zeigte. “Gross, stark, gesund.”
     Noorik begann stellenweise, die Frau zu verstehen. Sie sprachen doch die selbe Sprache, wie sie nun erkannte, aber die Alte benutzte eine sperrige, sehr gewöhnungsbedürftige Abwandlung davon. Dazu kam die kehlige Stimme und die schludrige Artikulation. Noorik nahm es gleichgültig zur Kenntnis.
     Sie liessen die Tiere hinter sich und kamen näher zu den Feuern, bis Noorik nach und nach Details erkennen konnte. Auf einfache, provisorisch wirkende Konstruktionen aus zusammengebundenen Holzstöcken teils Palmblätter gelegt und teils Tücher gespannt. Alles mit einer feinen Sandschicht bedeckt.
     Die Alte Frau machte mit lautem Rufen auf sich und vor allem auf Noorik aufmerksam. Menschen kamen zu einem Feuer am Rand der Stadt und erwarteten sie. Sämtlich waren sie in ähnliche Gewänder gehüllt wie die Alte und sowohl die – soweit erkennbar – bärtigen Männer, als auch die Frauen hatten sich Tücher um den Kopf gewickelt, wovon manche auch das Gesicht verdeckten. Ihre Haut war ebenfalls ledrig und braungebrannt, ihre Gestalt durchwegs dürr und sehnig.
     “Noul-Maar”, sagte die Alte und deutete auf die Menschen. Dann breitete sie ihre Arme aus und drehte sich beschwörerisch im Kreis. “Anlamaar”
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sali
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Beiträge: 313



Beitrag31.03.2011 23:51

von sali
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Moin Friedbert,

Kann dir leider grade nur ein kurzes Feedback geben.
Vorweg: Ich habe jetzt nur die aktuelle Version durchgelesen. Die erste habe ich vor einiger Zeit mal gelesen und kommentiert und die Zweite garnicht. Also beziehe ich mich jetzt mal ohne Vergleiche auf die aktuelle Version und die gefällt mir eigentlich ganz gut.
Kopfkino hat sich eingeschaltet und flüssig liest der Text (meiner Meinung nach) auch.
Dennoch besonders mit den ersten Zeilen habe ich irgendwie meine Probleme.
Ich zitiere dir einfach mal die Stellen auf die ich mich beziehe.

Zitat:
Sie konnte es bereits an der Luft, die sie atmete spüren.


Den Satz find ich ziemlich plump. Ich mag ihn nicht. Ich denke es liegt daran, dass du auf das Atmen hinweist. Ich mein, könnt sie es an einer anderen Luft spüren, als an der die sie einatmet? Und, wenn extra darauf hinweisen willst, kann man das auch schöner formulieren. smile

Zitat:
Der leichte Wind welcher ihr seitlich ins Gesicht blies, war trocken und staubig, kratzte im Hals. Ihr Mund fühlte sich ausgetrocknet an,


Hier empfinde ich es ähnlich, wie beim zuvor genannten Satz. Die Luft bzw. der Wind ist also zusätzlich trocken und staubig.
Dann entsteht bei mir automatisch die Assoziation mit einem trockenen Mund. Der erste Teil vom zweiten Satz wiederholt eigentlich nur den ersten Satz (bezogen auf das Zitat hier.)

Zitat:
Als sie die Augen öffnete, wurde sie von gleissenden Licht geblendet und schloss sie gleich wieder.


Bei dem Satz frag ich mich. Hoffe das kannst du mir oder jemand anders beantworten, ob er eigentlich grammatikalisch korrekt ist. Für mich hört er sich schief an. Solltest du umformulieren.
EDIT: Tut mir Leid dieser Satz geht irgendwie nicht mehr aus meinem Kopf. Echt, ich finde ihn schrecklich. Würde ihn am liebsten erwürgen, zerstückeln und dann jedes Wort einzelnt vergraben.

Zitat:
Gedanken kämpften sich durch den Schmerz.
Was ist geschehen? Wo bin ich und wie, in Mataars Namen, bin ich hierher gekommen?
Jeder Gedanke zehrte an ihren Kräften, ohne ihr als Gegenleistung Licht ins Dunkel ihrer Ratlosigkeit zu bringen. Noorik kämpfte sich auf die Knie. Eine Fehlentscheidung. Die Anstrengung bescherte ihr Magenkrämpfe und sie erbrach sich in den Staub.


Ok. Hier ist es möglich, dass ich komplett falsch liege und das echt nenn kleiner Tick von mir ist....
Bei meinen eigenen Texten achte ich irgendwie zu gut es geht darauf das Wort "sich" nicht zu oft hintereinander zu gebrauchen. Ob man das tun sollte weiss ich nicht wirklich, ich finde es klingt nicht so gut...


Das waren so die Dinge, die mir negativ aufgefallen sind. Zur Mitte hin wirds besser finde ich. Kann mir alles gut vorstellen.
Eine Sache noch:
Irgendwo, glaube relativ in der Mitte, hast du ein "sie" im Satz vergessen.

Grüße
sali


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I Loose Myself Between the Sound"

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