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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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09.01.2011 07:15 Und wenn schon von Schmierfink
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Neue Version »
Wenn dein Vermissen ein Wald ist,
dann rennst du über eine Wiese,
die kaum erwähnenswert scheint.
Die nicht das Feld meiner Scherben ist
unter dem Grün des Grases
rennst du also ums Leben,
wo die schönsten Blumen
allesamt Schmerzmittel sind.
Und du die Pflänzchen zertrittst
in einem Anfall von Wahrhaftigkeit,
als ein Vogel sich
an dem stärksten Ast einer
hier schon lange verzeichneten
Eiche aufgehängt hat. Seine Federn
fallen in einen tausendfach
gewunden und gewindeten
Bach
(unverglichen um deine Brüste
betrogen wie nie)
und steht er still, machen die Tiere,
die um den lieben Baum am Fluss
wanken ein lustiges
Gesicht. Als du ins Wasser siehst
über das spitze Steine springen
und versuchst den einen Typen zu erreichen,
der dir doch eigentlich egal sein muss, weil er deine Unterwäsche so liebt,
(du liebst ihn wie ein Sargdeckel)
hörst du ein zu leises Geräusch,
wie das Stöhnen von Mädchen kurz vorm Kommen,
hinter den Steinen am Ufer
und kennst den Grund
für deine fortwährende Abwesenheit.
Weitere Werke von Schmierfink:
_________________ "Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles seine Bemerkungen."
Heinrich Heine
"Ich gebe Zeichen von mir, Signale . . . Ich schreie aus Angst, ich singe im Dschungel der Unsagbarkeiten"
Max Frisch
"Die Leute gehen ins Feuer, wenn's von einer brennenden Punschbowle kommt!"
Georg Büchner |
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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09.01.2011 10:25
von Enfant Terrible
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Hm. Mit diesem Gedicht tue ich mich ziemlich schwer. Um mal brutal ehrlich zu sein: Ich finde es recht schwach, ungewohnt weit entfernt von der Schmierfink'schen Klarheit, Ehrlichkeit und Wortgewandtheit.
Du bemühst dich zwar um Bilder, aber diese wirken bemüht und gestelzt und vermögen in ihrem Bauschen nicht das recht banale Grundgerüst darunter zu verbergen. Klar, die zugrunde liegende Geschichte ist nun einmal banal. Aber diese gezwungen-naiven Bilder kaschieren dies nicht, sondern lassen es dem Leser regelrecht ins Auge springen. Ich weiß nicht, ob es so auch deine Intention war; mir gefällt es nicht so. Ich kann mir vorstellen, dass du einen Kontrast zwischen dem Schmerz und dieser naiven Blumenwiesenkulissa schaffen wolltest; diese Idee hat durchaus Potential. Aber noch wirkt die Umsetzung unüberlegt, chaotisch und witzlos. Zuviel Prosa, zuviel Ballast und leere Ausdrücke, finde ich.
Zitat: | Wenn dein Vermissen ein Wald ist,
dann rennst du über eine Wiese,
die kaum erwähnenswert scheint.
Die nicht das Feld meiner Scherben ist
unter dem Grün des Grases
rennst du also ums Leben,
wo die schönsten Blumen
allesamt Schmerzmittel sind. |
Du willst damit ausdrücken, dass der (Trennungs-)Schmerz der beiden total unverhältnismäßig ist (den kursiven Satz finde ich viel zu prosaisch und nichtssagend), aber der Vergleich mit der Wiese wirkt einfach schief, verschärft noch durch die fürchterlich klischeehafte Scherben-Metapher. Die ganze Bildpalette, mit der sich der Text schmückt, wirkt irgendwie deplatziert, muss ich sagen. Auch die letzten beiden Verse sind unbefriedigend. Blumen? Schmerzmittel? Und weiter? Es löst nichts aus, es lässt zumindest mich als Leser kalt, weil mich die Bilder nicht packen.
Zitat: | Und du die Pflänzchen zertrittst
in einem Anfall von Wahrhaftigkeit, |
Das allerdings gefällt mir! Schade, dass es in ein weniger gelungenes Bildfeld eingebettet ist, daraus könnte man etwas machen.
Zitat: | als ein Vogel sich
an dem stärksten Ast einer
hier schon lange verzeichneten
Eiche aufgehängt hat. Seine Federn
fallen in einen tausendfach
gewunden und gewindeten
Bach
(unverglichen um deine Brüste
betrogen wie nie)
und steht er still, machen die Tiere,
die um den lieben Baum am Fluss
wanken ein lustiges
Gesicht. |
Tut mir leid, aber das ist nix. Ein aufgehängter Vogel? (leider so verbraucht, dass es nicht einmal mehr grotesk ist) Ein Bach? Ein Ast? Ein Fluss? Und weiter? Das hinkt hinten und vorne, weil die recht abgedroschenen Bilder ohne jegliche Dringlichkeit aneinander gereiht sind; deine Stilmittel wie der Satz in Klammern wirken diesmal gekünstelt, unpassend, unglaubwürdig.
Zitat: | Als du ins Wasser siehst
über das spitze Steine springen
und versuchst den einen Typen zu erreichen,
der dir doch eigentlich egal sein muss, weil er deine Unterwäsche so liebt,
(du liebst ihn wie ein Sargdeckel)
hörst du ein zu leises Geräusch,
wie das Stöhnen von Mädchen kurz vorm Kommen,
hinter den Steinen am Ufer
und kennst den Grund
für deine fortwährende Abwesenheit. |
Die sexuell-profane Ebene, die du nun hineinbringst, ist wie mit dem Holzhammer hineingezwungen und wirkt einfach nicht. Die Diskrepanz zwischen dem restlichen Setting und dem nun unmotiviert eingeführten Stilwandel ist viel zu groß. Es versucht, etwas auszusagen, bleibt aber leer.
Ich finde, dem Gedicht mangelt es an einem roten Faden, an einer wirklich dringlichen Idee. Vielleicht, weil der Ansatz misslungen ist, vielleicht, weil du mit dem Vorhandenen zuviel wolltest. Fast wirkt es wie eine Parodie auf deinen gewohnten Stil, was ich sehr schade finde, denn du kannst deine Werkzeuge viel geschickter einsetzen.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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09.01.2011 15:26
von Schmierfink
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Hey Enfant,
hm, das war dann wohl nicht so wirklich was... irgendwie bring ich in letzter Zeit nix wirklich tolles mehr hin, traurig aber wahr.^^ Naja, egal.
Naja was ist schon nicht banal, aber ich kann schon nachvollziehen was du meinst. Ja klar, den Kontrast wollte ich schon, der kommt denk ich auch deutlich raus, alleine schon im Ton einiger Verse, die moderner und noch profaner gehalten sind.
Bei den Scherben meinte ich das gar nicht so klischeehaft, dachte eher ans antike Scherbenfeld, oder wars der Scherbenhügel, da wo die Lose zur Verbannung aus der Polis hingeschmissen wurden. Ja mit dem deplatziert geb ich dir schon recht, ich wollte mal schauen wie weit man einen Text aus Dingen zusammenbringen kann, die nicht wirklich passen wollen, um so dem Leser zu zeigen, da soll wohl was dahinter stecken.
Ich finde nämlich schon, das da was passt, die Schmerzmittel halt ins modern profan sexuelle, die Blumen auf die Wiese. Das das Bild nciht wirklich packt, stimmt aber wohl leider.
Ja das Ziel war halt, solche etwaigen Naturmetaphern mit moderner Form und Inhalten zu brechen, das hat nicht so wirklich funktioniert.
Ja, ich sehe schon wos happert im Großen, du hast ja Recht, es will den Leser nicht wirklich packen und auf sein Thema stoßen, puh wie ich das allerdings beheben könnte..., das ist eine andere Frage.^^
Schön, das du an meine Werkzeuge glaubst, ich bin mir da nicht so sicher.
Jedenfalls danke ich dir sehr für den Ausführlichen Kommentar und die eingehende Beschäftigung mit dem Text.
lg
Schmierfink
_________________ "Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles seine Bemerkungen."
Heinrich Heine
"Ich gebe Zeichen von mir, Signale . . . Ich schreie aus Angst, ich singe im Dschungel der Unsagbarkeiten"
Max Frisch
"Die Leute gehen ins Feuer, wenn's von einer brennenden Punschbowle kommt!"
Georg Büchner |
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RUIZZ Wortedrechsler
Alter: 54 Beiträge: 67 Wohnort: In Zeit und Raum
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20.01.2011 08:15
von RUIZZ
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Hallo Schmiefink!
Meiner Interpretaion ein sehr gelungener Text.
weiter soo.
Beste Grüße
_________________ ICH BIN NUR EIN WERKZEUG DES LICHTS !!!
Ich will nicht ins Paradies,
wenn der Weg dorthin so schwierig ist.
Ich stelle keinen Antrag auf Asyl,
meinetwegen bleib ich hier.
(Auszug Liedtext Tote Hosen, Paradies) |
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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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20.01.2011 14:02
von Schmierfink
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Hey Ruizz,
vielen Dank, aber wirklich zufrieden bin ich leider nicht mit dem Text, gute Lyrik will mir einfach nicht gelingen zur Zeit, mag damit zusammenhängen, dass ich mich zwecks Uni praktisch nur mit Erzähltexten beschäftige.
Dennoch freut es mich wie immer sehr, wenn jemand meinem Zeug was abgewinnen kann. Dankeschön!
lg
Schmierfink
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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20.01.2011 14:21
von SylviaB
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Ay Schmierfink mein Bester,
ich muß Reggy hier recht geben. Da fehlt mir die Wortgewandtheit, die du sonst an den Tag legst.
Insgesamt recht nett aber mit kleinen Holpersteinen:
Zitat: | Wenn dein Vermissen ein Wald ist,
dann rennst du über eine Wiese,
die kaum erwähnenswert scheint.
Die nicht das Feld meiner Scherben ist
unter dem Grün des Grases
rennst du also ums Leben,
wo die schönsten Blumen
allesamt Schmerzmittel sind. |
Ich habe hier nur mal angemerkt, was mir allein in der ersten Strophe aufstößt.
Die rot markierten Wörter sind für mich Füllkram, die das Gedicht schwerfällig und unbeholfen erscheinen lassen. Das braungemarkerte Wort "ums" wirkt sehr Umgangssprachlich und nicht ausgewogen in diesem Text.
Aber ... es ist in meinen Augen einer Überarbeitung würdig. Nein, es wäre sogar ein Muß! Denn, hier läßt sich wirklich ein schönes "schwebendes" Stück draus machen.
Ganz lieben Gruß
Sylvia
_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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Perry Exposéadler
P Alter: 71 Beiträge: 2505
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P 29.01.2011 13:29 Hallo Schmierfink, von Perry
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also ich konnte neben den bereits von Efant Terrible angesprochen Schwächen, durchaus einen roten Faden erkennen.
Für mich öffnete sich durch Worte wie Schmerzmittel, Sargdeckel neben einem "normalen" Vermissen doch auch ein möglicherweise tiefergehendes Szenario.
Mein Vorschlag wäre, die Bilder zu reduzieren und den gesamten Text zu komprimieren:
Ich versuche mich mal an der ersten Strophe:
Wenn Vermissen ein Wald ist,
irrst du durch Stämme, stößt dir
den Kopf an grünen Wänden.
LG
Perry
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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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29.01.2011 19:10
von Schmierfink
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Wenn Vermissen ein Wald ist,
irrst du durch Stämme, stößt dir
den Kopf am betäubten
Blick ins Blaue. Achte
auf den Weg und stirb
bevor ein schwerer Anfall
von Wahrhaftigkeit
dich in deinen Brüsten
knotet und dir im Herzen
Schäden verursacht.
Lass die Wahrheit fallen
über glatten Felsen und liebe mich,
wie ein Sargdeckel
mit spitzen Zähnchen,
wenn das Moos so leuchtet,
als würdest du kommen, so kommen
und kaum zu leise
und was auch sonst und überhaupt
nur du kennst den Grund
deiner Abwesenheit.
_________________ "Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles seine Bemerkungen."
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Georg Büchner |
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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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29.01.2011 19:12
von Schmierfink
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Hey Sylvia und Perry,
hoffe ihr seid nicht böse, wenn ich nicht sehr distinguiert auf eure Einzelkommentare eingehe, hoffentlich merkt ihr, wie ich versucht habe, darauf durch Arbeit am Text einzugehen. Natürlich waren mir auch Enfants Meinungen da hilfreich, ist entschlackt und reduziert worden, hoffe auch weniger schwerfällig geworden. Vielen Dank euch, für euer Interesse und eure Mühe!
lg
Schmierfink
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JamesLarkinWhite Wortedrechsler
J
Beiträge: 67
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Schmierfink Lyroholiker
Alter: 34 Beiträge: 1172
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05.02.2011 22:33
von Schmierfink
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Hey Stiller,
den fand ich eig. auch ganz cool, nur wollte den ganzen "Balast! von Spielereien und Klammern etc. los haben.
Mehr hab ich dann auch nicht zu sagen, danke dir für den Einwurf.
lg
Schmierfink
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