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Das Foto


 
 
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Locard
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Beitrag07.01.2011 01:18
Das Foto
von Locard
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Einen wunderschönen guten Abend, liebes Forum Wink

Ich habe meine Semesterferien genutzt und wurde selbst mal wieder ein wenig kreativ. Das Thema ist in dieser Kurzgeschichte ein Foto und seine Entstehung. Allerdings fehlt mir das Salz in dieser Suppe. Nur weiß ich nicht, woran es liegt. Möglich, dass sie kein Gefühl vermittelt, um die Figuren dem Leser näher zu bringen. Ich habe selbst das Gefühl, dass ich es bei meiner Geschichte "Das Grammophon" um Längen besser hinbekommen habe ...

Vielen Dank für's Lesen und auch Kommentieren Wink


Das Foto

Ich löste das Foto aus dem Album. Es musste lange Zeit in der Sonne gelegen haben. Schwarz wurde zu Braun. 1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder.

Mein Großvater Günther trug einen kleinen Gesellschaftsanzug mit einer Cravate noir. Das weiße Hemd war klassisch mit Kläppchenkragen, das Jackenrevers schimmerte leicht. Es musste aus Seide gewesen sein. Seine Frisur war ordentlich gescheitelt, das Gesicht glatt rasiert. Die dunklen Augen waren kraftvoll. Sie zeugten von Stärke und Mut. Seine Ohren standen wenig ab, verliehen aber seinem sonst so ovalen Gesicht die nötige Breite. An der rechten Hand trug er einen dunklen Siegelring, in der linken hielt er die Hände meiner Großmutter.

Francoise war schön. Dunkles, schulterlanges, krauses Haar. Brüste, die durch einen Atlasgürtel an Fülle gewannen. Sie trug ein helles Kleid mit echten Spitzen. Ganz und gar nicht extravagant. Schlicht. Ihre Lippen waren voll, die kleine Nase wirkte unnatürlich in ihrem runden Gesicht. Die Augen strahlten und zeugten von Glück.
Sie hatten ein Jahr nach Kriegsende in der Heimat meiner Großmutter, Marseille, geheiratet. Ihr Blick hatte in eine Zukunft ohne Leid und Angst geschaut. Sie hatten nicht mehr zu befürchten, dass eines Tages ein Uniformierter an die Türe klopft und seine Beileidsbekundungen aussprechen musste. Beide hatten das Glück gefasst. Hielten es mit ihrem Schwur der ewigen Treue und Liebe fest.

Ich habe meine Großmutter und meinen Großvater nie kennengelernt. Sie sind bei einem Autounglück ums Leben gekommen.

Sie waren ein wundervolles Paar.

*

Der Fotograf erteilte ihnen letzte Anweisungen. Sie sollte sich näher zu ihm stellen. Ihre Hände sollten sich berühren. Ein wenig weiter links. Lächeln. Doch sie konnte nicht. Sie fühlte, dass ihr Blick genauso leer blieb wie sie selbst. Sie hasste es, sein Duftwasser riechen zu müssen. Es war zu herb. Sie hasste auch seine Segelohren, seine breite Nase, seine Art zu reden und zu gestikulieren. Sie hasste seine Freunde und die Kreise, in denen sie sich nun zu bewegen hatte. Es war nicht ihre Welt. Doch am meisten hasste sie sich selbst. Sie verbrachte Zeit mit einem Mann, der gegen sie seine Hand hob. Sie züchtete für ihre reizvolle Art, sie als Besitz ansah. Doch sie konnte keinen Mut fassen, ihn zu verlassen, auszubrechen. Man erwartete es von ihr, ihn zum Mann zu nehmen. Sie hätte ausgesorgt und wurde von ihren Freundinnen beneidet. Ein toller Gentleman. Weltoffen. Charmant. Elegant.

Sie riss sich zusammen, atmete kurz durch. Nur dieses eine Foto.

Später sollte man ihr sagen, wie hübsch sie ausgesehen hatte.

Glücklich.



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lady-in-black
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Beitrag07.01.2011 08:24

von lady-in-black
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Einen wunderschönen guten Morgen Locard,

die Idee ist ganz nach meinem Geschmack. Ich mag Geschichten, in denen sozusagen hinter die Kulissen geblickt wird.  smile extra

Mir persönlich fiel auf, dass Teile des Textes nicht wirklich miteinander "harmonieren".
Ein Beispiel:

Locard hat Folgendes geschrieben:
Die Augen strahlten und zeugten von Glück.

Locard hat Folgendes geschrieben:

Doch am meisten hasste sie sich selbst. Sie verbrachte Zeit mit einem Mann, der gegen sie seine Hand hob

Locard hat Folgendes geschrieben:
Später sollte man ihr sagen, wie hübsch sie ausgesehen hatte


Ich entdecke also auf Anhieb Glück, Hass und Oberflächlichkeit.
Irgendwie fehlt mir der rote Faden, damit der erste und zweite Teil zusammenpassen.  

Man könnte z.B. ihre Augen in die Kamera strahlen lassen und auf das Wort Glück in diesem Zusammenhang verzichten, damit es wieder zu dem letzten Beispiel (sie wollte hübsch aussehen) passt.

Aber passen dann wieder Hass/Selbsthass mit Oberflächlichkeit zusammen?
"Züchtigung für ihre reizvolle Art" mit der "ganz und gar nicht extravaganten Kleidung"?

Meiner Meinung nach liegt in diesen kleinen Widersprüchen das Problem mit dem fehlenden Salz in der Suppe.  Wink


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- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
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Gast3
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Beitrag07.01.2011 11:14

von Gast3
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Hallo Locard,

die Idee deiner Geschichte gefällt mir ausgesprochen gut. Mit dem Betrachten des alten Fotos praktisch zwei Geschichten zu erzählen, finde ich sehr spannend.
Was mir jetzt nicht gefällt, ist dieser Satz als Abschluss des ersten Teils:
Sie waren ein wundervolles Paar.
Das kann das LI nicht wissen, da er sie ja nicht gekannt hat.

Stimmiger wäre für mich z.B.:
Wenn ich die beiden so betrachte, müssen sie ein wundervolles Paar gewesen sein.
Damit wäre auch der Übergang zum zweiten Teil (für mein Empfinden) weicher.

Sehr gern gelesen.

Liebe Grüße
schneestern


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seitenlinie
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Beitrag07.01.2011 12:37

von seitenlinie
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Hallo Locard,

neben kleineren Brüchen besteht der große Bruch im Wechsel der Erzählperspektive bei gleichzeitiger Rückblende.
In anderer Reihenfolge wäre es gefälliger, aber der Überraschungseffekt auch weg.

Eine Lösungsvariante wäre: Der Erzähler findet ein Tagebuch. Bevor er es öffnet, fällt ein Foto heraus.

Gruß,
Carsten
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Locard
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Beitrag07.01.2011 18:05

von Locard
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Hallo Lady-in-black,

vielen Dank für deinen Kommentar. Was ich so bei dir zwischen den Zeilen gelesen habe, lässt mich vermuten, dass du die Struktur des Textes nicht ganz durchdrungen hast, oder?! Es gibt schon Gründe für diese kleinen Widersprüche.

Hey schneestern!

Dankeschön Wink Das interessante daran ist ja, dass man als Betrachter eine eigene Welt sich erspinnt. Man füllt das Bild mit Leben und interpretiert es. Aber wie es tatsächlich war, das weiß man eben nicht.
Mit dem Satz als Abschluss hast du recht! Daran habe ich aber auch schon gedacht, dass es besser gewesen wäre, wenn ich noch ein sicherlich eingefügt hätte.

Hi seitenlinie!

Meinst du mit kleineren Brüchen den Wechsel des Stils? Falls ja, ich sehe das auch als Manko. Bin da zu unstringent.
Ich denke über deinen Lösungsvorschlag nach und werde ihn sicherlich ausprobieren!

Danke euch drei für eure Einschätzungen Wink


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seitenlinie
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Beitrag07.01.2011 21:46

von seitenlinie
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Schau mal, Locard:

Zitat:
"Ich löste das Foto aus dem Album. Es musste lange Zeit in der Sonne gelegen haben. Schwarz wurde zu Braun. 1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder."

Szenenwechsel ?
Zitat:
"Mein Großvater Günther trug einen kleinen Gesellschaftsanzug mit einer Cravate noir..."


Das wäre eine Bruchsituation. Ein Szenenwechsel ist nicht gewollt. Wir springen nicht in die Szene, als die Aufnahme entstand.
Unten tun wir das. Besser wäre, im Lesefluss anzudeuten, dass der Erzähler das Foto betrachtet.
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Locard
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Beitrag07.01.2011 23:34

von Locard
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seitenlinie hat Folgendes geschrieben:
Schau mal, Locard:

Zitat:
"Ich löste das Foto aus dem Album. Es musste lange Zeit in der Sonne gelegen haben. Schwarz wurde zu Braun. 1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder."

Szenenwechsel ?
Zitat:
"Mein Großvater Günther trug einen kleinen Gesellschaftsanzug mit einer Cravate noir..."


Das wäre eine Bruchsituation. Ein Szenenwechsel ist nicht gewollt. Wir springen nicht in die Szene, als die Aufnahme entstand.
Unten tun wir das. Besser wäre, im Lesefluss anzudeuten, dass der Erzähler das Foto betrachtet.


Ein Szenenwechsel ist auch gar nicht beabsichtigt. Wir springen auch nicht in die Szene, als die Aufnahme entstand. Zumindest ist es nicht angedacht. Der Erzähler löst das Foto aus dem Album und schaut es sich an. Bewertet das Foto, interpretiert es. Kommentiert es. Erfindet eine Geschichte, die er für möglich hielt. Aber ob es die Realität ist, weiß er natürlich nicht.

Im zweiten Teil ist es ein ganz anderer Erzähler - nämlich aus der Sicht der Großmutter.

Also, wenn das nicht klar wurde, dann hab ich eindeutig versagt.


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Gast3
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Beitrag07.01.2011 23:42

von Gast3
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Hallo Locard,

ich nochmal. Ich wollte nur kurz sagen, dass schon klar ist, dass der zweite Teil aus Sicht der Großmutter erzählt wird.

Lieben Gruß
schneestern


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lady-in-black
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Beitrag07.01.2011 23:42

von lady-in-black
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Locard hat Folgendes geschrieben:
Hallo Lady-in-black,

vielen Dank für deinen Kommentar. Was ich so bei dir zwischen den Zeilen gelesen habe, lässt mich vermuten, dass du die Struktur des Textes nicht ganz durchdrungen hast, oder?!


Sowas würde ich bei mir nie ausschließen!  hmm

Ich bin eine von Logik geprägte Leserin. Dass hier Widersprüche gewünscht sind, ist mir durchaus klar, denn gerade sie machen ja erst die Geschichte aus.  Wink  

Mir ging es auch nur um die kleinen Widersprüche in den kleinen Widersprüchen.  Smile

PS: Auch kann ich ebenfalls Schneesterns obiges Posting bestätigen.
Meiner Ansicht nach hast du nicht versagt.


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seitenlinie
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Pokapro 2015


Beitrag08.01.2011 00:06

von seitenlinie
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Zitat:
Ein Szenenwechsel ist auch gar nicht beabsichtigt. Wir springen auch nicht in die Szene, als die Aufnahme entstand.


Weiß ich. Das ergibt sich dann aus dem weiteren Text. Aber Du erwähnst mit keinem Wort, dass sich der Erzähler das Foto anschaut.  


Deine Absichten, Locard, sind schon klar geworden.

Es gibt wie im Film auch im Kopfkino Szenen, die kannst Du problemlos rauswerfen. Bei anderen Szenen hingegen fängt die Handlung an zu holpern, weil sich der Leser ein paar Dinge selbst zusammenreimen muss. Auch wenn es ihm gelingt, ist das noch kein guter Film.
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Mardii
Stiefmütterle

Alter: 64
Beiträge: 1774



Beitrag08.01.2011 01:09

von Mardii
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Hi Locard,

mir gefällt die Idee zu deinem Text auch ausgesprochen gut. Die Zweiteilung in das Vor und Dahinter, der einem den Blick in das „Off“ vermittelt, finde ich auch sehr gelungen. Aber, wie du selbst schreibst, fehlt noch etwas Würze und ich schreibe dir mal, was mir dazu eingefallen ist.

 
Zitat:
1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder.


Etwas missverständlich. Vlt. als Einfügung: 1917, verblichen auf der vergilbten Rückseite, damals wohl mit einer Glasfeder …

Es folgt die Beschreibung der Fotografie. Ich vermute, deine Absicht war, dem Leser zu vermitteln, wie der Blick des Ich-Erzählers nacheinander auf den beiden Personen verweilt und seine Wahrnehmung detailliert wiederzugeben. Aber für mich als Leser ergibt sich kein schlüssiges Bild. Für mich entsteht ein Puzzle aus Begriffen, die ich nicht zuordnen kann. Deine Beschreibung wirkt unfreiwillig komisch.

Zitat:
An der rechten Hand trug er einen dunklen Siegelring, in der linken hielt er die Hände meiner Großmutter.


Wirklich beide Hände? Es fehlt der Gesamteindruck. Erst am Schluss erfahre ich, dass die beiden für einen Fotografen posieren. Vlt. solltest du am Anfang erwähnen, was überhaupt darauf abgebildet ist.
Zitat:

Sie hatten ein Jahr nach Kriegsende in der Heimat meiner Großmutter, Marseille, geheiratet. Ihr Blick hatte in eine Zukunft ohne Leid und Angst geschaut. Sie hatten nicht mehr zu befürchten, dass eines Tages ein Uniformierter an die Türe klopft und seine Beileidsbekundungen aussprechen musste. Beide hatten das Glück gefasst. Hielten es mit ihrem Schwur der ewigen Treue und Liebe fest.


Das solltest du sprachlich und inhaltlich nochmal überarbeiten. Die Geschichte der Großeltern besteht für den Leser nur aus dem ersten Satz des Abschnitts. Der Rest ist vage Spekulation des Ich-Erzählers, wie er darauf kommt erfährt man nicht.

Am Schluss könntest du in einem Absatz den ganzen Film abspulen lassen.


Zitat:
Doch am meisten hasste sie sich selbst. Sie verbrachte Zeit mit einem Mann, der gegen sie seine Hand hob. Sie züchtete für ihre reizvolle Art, sie als Besitz ansah. Doch sie konnte keinen Mut fassen, ihn zu verlassen, auszubrechen. Man erwartete es von ihr, ihn zum Mann zu nehmen. Sie hätte ausgesorgt und wurde von ihren Freundinnen beneidet.


Ja, so war es leider damals. Aber das Interessante daran, die Hintergrundgeschichte, aus welchem Anlass dieses Foto zu Stande kam, Verlobung? Kriegsende? Schwangerschaft? lässt du außen vor.
So, ich hoffe ich konnte dir mit meinem Eindruck ein wenig weiterhelfen. Viel Spaß noch beim kreativen Überarbeiten.

Gruß von Mardii


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Ridickully
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Locard
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Beitrag09.01.2011 01:30

von Locard
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Vielen Dank euch Wink

Ich glaube, dass ich die Geschichte der Großeltern und die des Erzählers stärker mit Leben füttern sollte. Dann gewinnt die Erzählung auch an Kraft und Farbe. So wirkt sie leblos und blass ...

Habe bei "Das Grammophon" es ja so ähnlich gemacht. Da sind die Figuren eher greifbar als hier.


Danke!


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Lucienna
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Beiträge: 34



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Beitrag09.01.2011 11:41

von Lucienna
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Hallo Locard,

was mir beim Lesen auffiel, in folgendem Satz:

Zitat:
Schwarz wurde zu Braun. 1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder.


Das zweimal kurz aufeinander folgende "auf" stört ein wenig. Nur ein Vorschlag:


Die Schwärze war bräunlich verblasst. 1917 stand auf dem cremigen Gelbton der Rückseite.

Die Geschichte an sich finde ich gut. LG
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G.T.
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Alter: 38
Beiträge: 680



G
Beitrag09.01.2011 13:49

von G.T.
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Ich finde den Text toll, mir ist aber sofort eine kleine Idee gekommen: Wieso schreibst du die Bildbeschreibung nicht im Präsens? Damit wird der Unterschied zum zweiten Teil (hier Beschreibung - dort Realität) klarer und das Bildhafte rückt mehr in den Vordergrund.

Zitat:
Ich löse das Foto aus dem Album. Es musste lange Zeit in der Sonne gelegen haben. Schwarz wurde zu Braun. 1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder.

Mein Großvater Günther trägt einen kleinen Gesellschaftsanzug mit einer Cravate noir. Das weiße Hemd ist klassisch mit Kläppchenkragen, das Jackenrevers schimmert leicht. Es muss aus Seide gewesen sein. Seine Frisur ist ordentlich gescheitelt, das Gesicht glatt rasiert. Die dunklen Augen sind kraftvoll. Sie zeugen von Stärke und Mut. Seine Ohren stehen wenig ab, verleihen aber seinem sonst so ovalen Gesicht die nötige Breite. An der rechten Hand trägt er einen dunklen Siegelring, in der linken hält er die Hände meiner Großmutter.

Francoise ist schön. Dunkles, schulterlanges, krauses Haar. Brüste, die durch einen Atlasgürtel an Fülle gewinnen. Sie trägt ein helles Kleid mit echten Spitzen. Ganz und gar nicht extravagant. Schlicht. Ihre Lippen sind voll, die kleine Nase wirkt unnatürlich in ihrem runden Gesicht. Die Augen strahlen und zeugen von Glück.
Sie hatten ein Jahr nach Kriegsende in der Heimat meiner Großmutter, Marseille, geheiratet. Ihr Blick schaut in eine Zukunft ohne Leid und Angst. Sie haben nicht mehr zu befürchten, dass eines Tages ein Uniformierter an die Türe klopft und seine Beileidsbekundungen aussprechen muss. Beide haben das Glück gefasst. Halten es mit ihrem Schwur der ewigen Treue und Liebe fest.

Ich habe meine Großmutter und meinen Großvater nie kennengelernt. Sie sind bei einem Autounglück ums Leben gekommen.

Sie waren ein wundervolles Paar.

*

Der Fotograf erteilte ihnen letzte Anweisungen. Sie sollte sich näher zu ihm stellen. Ihre Hände sollten sich berühren. Ein wenig weiter links. Lächeln. Doch sie konnte nicht. Sie fühlte, dass ihr Blick genauso leer blieb wie sie selbst. Sie hasste es, sein Duftwasser riechen zu müssen. Es war zu herb. Sie hasste auch seine Segelohren, seine breite Nase, seine Art zu reden und zu gestikulieren. Sie hasste seine Freunde und die Kreise, in denen sie sich nun zu bewegen hatte. Es war nicht ihre Welt. Doch am meisten hasste sie sich selbst. Sie verbrachte Zeit mit einem Mann, der gegen sie seine Hand hob. Sie züchtete für ihre reizvolle Art, sie als Besitz ansah. Doch sie konnte keinen Mut fassen, ihn zu verlassen, auszubrechen. Man erwartete es von ihr, ihn zum Mann zu nehmen. Sie hätte ausgesorgt und wurde von ihren Freundinnen beneidet. Ein toller Gentleman. Weltoffen. Charmant. Elegant.

Sie riss sich zusammen, atmete kurz durch. Nur dieses eine Foto.

Später sollte man ihr sagen, wie hübsch sie ausgesehen hatte.

Glücklich. (Dieses letzte Wort würde ich löschen noch einmal schreiben: Ein wundervolles Paar.)  
´

Den letzten Satz im ersten Abschnitt würde ich kürzen, weil es dann einfach pointierter ist. Wenn man ihn zum Schluss wiederholt, kommt noch mehr zer Geltung, dass der Eindruck, den der Enkel hat, bewusst "gestellt" wurde. Dass man schon damals wollte, dass er fast hundert Jahre später diesen Gedanken denkt.

Viele Grüße!         G.T.
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G.T.
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Beitrag09.01.2011 14:20

von G.T.
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Und dann hätte ich noch eine Idee zum Ausbau: In der Bildbschreibung wird die Kleidung detailliert dargestellt. Lass sie doch auch in der "Realität" mit einfließen. Beschreibe zum Beispiel, wie sie nervös den Atlasgürtel zurechtzupft, wie er sich kaum für die richtige Kravatte entscheiden kann.
Was auf dem Photo schön und selbstverständlich wirkt, ist penibel und verkrampft zusammengestellt worden. Das kann man noch wunderbar ausbauen, oder?
Beschreib nicht nur ihre Gefühle sondern mehr noch die Szene.
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Locard
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Beitrag09.01.2011 14:33

von Locard
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Lucienna, das ist mir auch aufgestoßen beim Schreiben. Werde deine Idee überdenken Wink

G.T, ja, du hast recht! Fantastische Ideen von dir  smile extra Wird auf jeden Fall zur Umsetzung kommen!


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ELsa
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Beiträge: 1398



Beitrag10.01.2011 13:31
Re: Das Foto
von ELsa
Antworten mit Zitat

Hallo Locard,

das mag ich sehr gern, vordergründig ein Bild der Harmonie und dann kommts dicke, eben die Wahrheit. Wink
Ich teile G.Ts Ansicht, den Text mit: Ein wundervolles Paar zu schließen, das gäbe einen schönen Extrakick.

Locard hat Folgendes geschrieben:
Schwarz wurde zu Braun.
Nicht eher: Schwarz ist zu braun geworden? Weil das ja schon passiert ist, ehe der Protag das Foto ansieht, oder?

Locard hat Folgendes geschrieben:
1917 auf einem cremigen Gelbton auf der Rückseite. Damals ein Wasserblau, geschrieben mit einer Glasfeder.
Meinst du, das Wasserblau ist zu gelb verkommen? Dann müsste es heißen: in einem cremigen Gelbton. Oder versteh ichs nicht?

Locard hat Folgendes geschrieben:
Es musste aus Seide gewesen sein.
Ich glaub, "es muss aus Seide gewesen sein"

Locard hat Folgendes geschrieben:
Seine Ohren standen wenig ab, verliehen aber seinem sonst so ovalen Gesicht die nötige Breite.
wenn die Ohren wenig abstanden, dann standen sie nicht ab. Ich würd schreiben: standen ein wenig ab.

Locard hat Folgendes geschrieben:
die kleine Nase wirkte unnatürlich in ihrem runden Gesicht.
wenn du sowas Interessantes (aber nicht nachvollziehbares) kundtust, würde ich das gern näher beleuchtet haben, ansonsten ist es überflüssig.

Locard hat Folgendes geschrieben:
Der Fotograf erteilte ihnen letzte Anweisungen. Sie sollte sich näher zu ihm stellen. Ihre Hände sollten sich berühren. Ein wenig weiter links. Lächeln. Doch sie konnte nicht. Sie fühlte, dass ihr Blick genauso leer blieb wie sie selbst. Sie hasste es, sein Duftwasser riechen zu müssen. Es war zu herb. Sie hasste auch seine Segelohren, seine breite Nase, seine Art zu reden und zu gestikulieren. Sie hasste seine Freunde und die Kreise, in denen sie sich nun zu bewegen hatte. Es war nicht ihre Welt. Doch am meisten hasste sie sich selbst. Sie verbrachte Zeit mit einem Mann, der gegen sie seine Hand hob. Sie züchtete <- du meinst vermutlich "züchtigte"? für ihre reizvolle Art, sie als Besitz ansah. Doch sie konnte keinen Mut fassen, ihn zu verlassen, auszubrechen. Man erwartete es von ihr, ihn zum Mann zu nehmen. Sie hätte ausgesorgt und wurde von ihren Freundinnen beneidet. Ein toller Gentleman. Weltoffen. Charmant. Elegant.

Sie riss sich zusammen, atmete kurz durch. Nur dieses eine Foto.

Später sollte man ihr sagen, wie hübsch sie ausgesehen hatte.

Glücklich.
In dem Teil wimmelt es vor "sie"'s, da würde ich reduzieren. Und statt "Glücklich" am Ende, wie schon gesagt ...

Mir gefällt die Idee ausgezeichnet!

Liebe Grüße
ELsa


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versbrecher
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Beitrag10.01.2011 14:20

von versbrecher
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Hallo Locard,

kurze Verständnisfrage: Handelt es sich bei dem Foto um eine Aufnahme von der Hochzeit?

Denn du schreibst zum einen "... 1917 auf einem cremigen Gelbton ...", an anderer Stelle dann "Sie hatten ein Jahr nach Kriegsende ...".

Wenn vom I. WK die Rede ist, müßte es da nicht "... 1919 auf einem cremigen Gelbton ..." heißen?

Ist mir so aufgefallen  Buch


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der versbrecher
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BlueNote
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Beitrag10.01.2011 20:59

von BlueNote
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Hallo Locard,

ich würde mir wünschen, dass sich die Eleganz deiner Geschichte (deiner Wortwahl) auch in deinem Satzbau niederschlagen würde: Die Gleichförmigkeit schadet der Schönheit des Textes sehr. Immerzu fängst du mit dem Subjekt an (ELsa hat schon auf das "sie" hingewiesen). War und hatte werden ebenso oft wiederholt. Ich hätte noch viel anzumerken, möchte aber die Begeisterung der anderen nicht stören.

BN
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G.T.
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Beitrag11.01.2011 10:56

von G.T.
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@BlueNote:
Das ist doch eine grauenhafte Bemerkung!
Zitat:
Ich hätte noch viel anzumerken, möchte aber die Begeisterung der anderen nicht stören.

Klingt recht gnädig. Lieb von dir, dass du nichts weiter sagst.
Was bringt diese Bemerkung dem Autor? Hilfst du ihm, seinen Text zu verbessern?
Entweder äußert man Kritik, oder man lässt es. Aber etwas à la "ich könnte jetzt, aber..." ist überflüssig.
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BlueNote
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Beitrag11.01.2011 11:08

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Ob grauenhaft oder nicht ...
Ich möchte nicht immer der Einzige sein, der in einem thread Erbsen zählt. Wenn ein Text im Allgemeinen als schön empfunden wird, kann sich der Autor an diesen Kritiken orientieren. Wohin meine Kritik gehen würde, habe ich angedeutet. Wenn ein Autor andere Vostellungen hat, bringt es nichts, "ihm zu helfen, seinen Text zu verbessern". Er will es wahrscheinlich gar nicht.

Du kannst ja Kritik so üben, wie du es als richtig empfindest. Vielleicht empfinde ich das dann ja als ... überflüssig. (Aber ich werde es für mich behalten.)

BN
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Locard
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Beitrag11.01.2011 20:00

von Locard
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo BlueNote!

BlueNoten hat Folgendes geschrieben:
ich würde mir wünschen, dass sich die Eleganz deiner Geschichte (deiner Wortwahl) auch in deinem Satzbau niederschlagen würde

Ganz sicher auch ein Punkt, an dem dieser Text krankt. Selbst zwischen dem ersten und zweiten Absatz liegen Welten, wie ich finde. Ich muss mir dazu noch Gedanken machen.

Ich bin froh, dass ich erst einmal wieder etwas aufs Papier bringen konnte, da ich eine lange, lange Zeit nichts sinnvolles hinbekommen habe. Nichtsdestotrotz ist das keine Entschuldigung, vielmehr eine Feststellung Wink An der Idee wird weiter gearbeitet und gefeilt.

Wenn du die Begeisterung der anderen nicht stören möchtest, bin ich natürlich auch über das Postfach hier zu erreichen Wink Ich bin jemand, der sich gerne jede Kritik anhört und bewertet. Gerade auch diejenigen, die von der allgemeinen Betrachtung abweicht.


Ein Dankeschön an dieser Stelle auch an ELsa und DELA ...


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