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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Jakobsweg 2010 Die Entscheidung


 
 
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Ruthi
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 36
Beiträge: 218



Beitrag17.08.2010 14:35
Jakobsweg 2010 Die Entscheidung
von Ruthi
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hola zusammen!
Nach längerer Abweseneit will ich jetzt einen weiteren Teil meines Manuskriptes hier zur Bewertung einstellen. Diesmal habe ich den Anfang gewählt, also das Kapitel, in dem es darum geht, wie die Entscheidung zustande kam und welche Gedanken einem vorher so durch den Kopf gehen. Wie immer ist jede Kritik erwünscht und willkommen.
Vor allem würde mich interessieren, ob ihr findet, dass dieser Teil zum Weiterlesen anregt oder ob noch Würze fehlt wink
Danke schonmal im Voraus an alle Leser!

LG Ruthi smile

Die Entscheidung (Oktober 2009)
Wie kommt man darauf, sechs Wochen lang neuhundert Kilometer nur mit einem Rucksack durch ein fremdes Land zu laufen? Inzwischen weiß ich: Nicht du kommst auf die Idee, sondern der Weg kommt zu dir.
Meine Entscheidung für den Jakobsweg begann damit, dass ich mit meiner Mutter unterwegs war und wir uns – zu sehr vertieft in Gespräche - verfahren haben. Durch diesen Umweg besuchten wir spontan meinen Bruder, wo ich mir einige Bücher auslieh. Eines dieser Bücher war ein historischer Roman, in dem die Hauptfigur sich auf dem Jakobsweg bewähren muss. Plötzlich interessiert mich alles, was mit diesem Weg zusammenhing: Bücher, Filme, Fotos und Berichte. Immer stärker drängt sich die Frage auf, ob ich Ottonormalbürger das auch schaffen könnte. Erst als ich einige Wochen später die Zugtickets in der Hand hielt, wurde mir richtig bewusst, wofür ich und mein Freund Alex uns damit entschieden hatten.
Das Jahr zweitausendzehn ist zudem kein normales Jahr für die Pilger, da der Namenstag des heiligen Jakobus am 25. Juli auf einen Sonntag fällt. Nur in diesen heiligen Jahren wird die so genannte Gnadenpforte in der Kathedrale in Santiago geöffnet und die katholischen Christen können sich durch ein bestimmtes Prozedere von all ihren Sünden freisprechen lassen. Die nächste Chance auf den Generalablass gibt es erst im heiligen Jahr zweitausendeinundzwanzig. In einem Land mit 98% katholischer Bevölkerung werden sich also entsprechend viele Pilger mit uns auf den Weg machen.
Sicherlich trifft man darunter auch interessante Menschen und entwickelt Freundschaften. Aber man hat auch seine Vorurteile, was für Menschen so einen Weg üblicherweise gehen.
Ich denke an Esoteriktanten, Nordic-Walking Rentner, langhaarige Jesus-Doubles, Abiturientinnen, die „mal was Verrücktes machen wollen“, aufdringliche Mittvierziger, die der Langeweile zuhause entfliehen und allen ihre Lebensgeschichte aufquatschen und natürlich die „Götter in Goretex“, die – gerüstet in teurer Hightech Ausrüstung -  das einzig wahre Pilgern erfunden haben.
Auch für mich überlege ich, welche Erwartungen meinen Weg prägen. Bestimmt keine religiösen, denn obwohl wir einen christlichen Weg laufen ist dieser Aspekt nebensächlich. Ich suche eher die Herausforderung, die Möglichkeit neue Menschen kennen zu lernen, ein Abenteuer zu erleben und die Ruhe und Abgeschiedenheit der Natur.
Meine Erwartungen sind gespalten zwischen: „Alles wird beim Alten bleiben“ und „Ich werde ein vollkommen neuer Mensch“. Ich versuche, es einfach geschehen zu lassen ohne spezielle Effekte zu erwarten. Alles was ich sicher weiß, ist dass es kein neunhundert Kilometer langer Spaziergang wird, denn sportlich ist das letzte Adjektiv, das ich vor meinen Namen setzen würde. Deswegen gehe ich mit großem Respekt an diese Strecke heran. Wenn ich mich in drei Worten beschreiben sollte, wären es wohl: Couchpotatoe, Vegetarierin und schüchtern. Und gerade ich tausche jetzt Couch gegen Fußmarsch. Statt Bioläden erwarten mich Geschäfte, in denen der Schinken noch als komplettes Bein mit Huf in der Auslage liegt. Und da mein Freund kein Wort Spanisch spricht, heißt das für mich, dass ich dort auf einer fremden Sprache Betten reservieren, einkaufen und  mich orientieren muss, was mir schon in der eigenen Sprache nicht immer leicht fällt. Aber all diese Hindernisse werden von dem Gefühl begleitet, dass irgendwie alles gut gehen wird. Im wahrsten Sinne des Wortes.



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Nordlicht
Geschlecht:weiblichWaldschrätin


Beiträge: 3761



Beitrag17.08.2010 16:33

von Nordlicht
Antworten mit Zitat

Hallo Ruthi,

das ist schon gar nicht mal schlecht, finde ich. smile Für meinen Geschmack könnte es peppiger sein. Die Schwierigkeit bei so Fernwandergeschichten oder Autobios allgemein ist, dass man irgendwie dem Leser am Anfang wichtige Infos mit auf die Reise geben muss. Die Infos unterhaltsam und interessant in den Text einzuflechten, ohne den Leser damit zu ertränken oder langweilen, ist sauschwer - aber in diesem Genre nicht verpflichtend.

Ich würd trotzdem die Sachen, die ich unten grün markiert hab, kürzen oder rausnehmen, und später reinbringen - vielleicht, wenn Du schon unterwegs bist. Ich find diese Infos hier zu bremsend, mit den Zahlen drin.

Stattdessen würde ich in den Anfang unbedingt reinnehmen, durch welches Land der Jakobsweg geht und durch was für Landschaft - Gebrige oder platte Ebene? Du willst Dich ja nicht nur an Leute wenden, die den Pfad kennen, nehm ich mal an.

Allgemein würde ich den Text etwas umstrukturieren. Der Anfang, die ersten beiden Sätze, gefällt mir wirklich gut.
Danach bin ich unschlüssig - das es mit dem Verfahren anfing, ist lustig und würd ich wohl drinnen behalten, aber irgendwie finde ich es zu detailliert mit Deiner Mutter, dem Bruder, dem Bücher ausleihen... vielleicht einfach etwas straffen.

Deine Erwartungen und wie Du Dich selber siehst würde ich aktiver beschreiben und weiter an den Anfang ziehen. So nach dem Motto, als Alex und ich unsere schweren Rucksäcke in die Gepäckablage hochgewuchtet hatten und im Zug nach ? saßen, um unser Wanderabenteuer zu beginnen, fragte ich mich, warum ich mir das eigentlich antat. Weiter als bis zur Bushaltestelle war ich noch nie gelaufen, hatte nichts schwereres als eine Einkaufstasche getragen usw
Eine gute Möglichkeit, sein Äußeres zu beschreiben, ist auch, die eigene Reflektion zB im Zugfenster anzuschauen.

Wenn Du das eher bringst, macht es den Leser gleich neugierig - hä, wieso macht die das denn, ist ja auch nicht fitter als ich. Du als diejenige, die die Wanderung macht, interessiert einen mehr als das mit den 98% Katholiken und der Pfortenöffnung, weißt Du? Denn das Buch ist ja in erster Linie über Deine Erfahrung auf dem Weg, nicht die religiösen Eigenheiten der Spanier - die bilden nur den Hintergrund.

Hast also eigentlich alle nötigen Zutaten da, nur ein wenig umrühren und nachwürzen ist nötig, finde ich smile

Ruthi hat Folgendes geschrieben:


Die Entscheidung (Oktober 2009)
Wie kommt man darauf, sechs Wochen lang neuhundert Kilometer nur mit einem Rucksack durch ein fremdes Land zu laufen? Inzwischen weiß ich: Nicht du kommst auf die Idee, sondern der Weg kommt zu dir.
Meine Entscheidung für den Jakobsweg begann damit, dass ich mit meiner Mutter unterwegs war und wir uns – zu sehr vertieft in Gespräche - verfahren haben. Durch diesen Umweg besuchten wir spontan meinen Bruder, wo ich mir einige Bücher auslieh. Eines dieser Bücher war ein historischer Roman, in dem die Hauptfigur sich auf dem Jakobsweg bewähren muss. Plötzlich interessiert mich alles, was mit diesem Weg zusammenhing: Bücher, Filme, Fotos und Berichte. Immer stärker drängt sich die Frage auf, ob ich Ottonormalbürger das auch schaffen könnte. Erst als ich einige Wochen später die Zugtickets in der Hand hielt, wurde mir richtig bewusst, wofür ich und mein Freund Alex uns damit entschieden hatten.
Das Jahr zweitausendzehn ist zudem kein normales Jahr für die Pilger, da der Namenstag des heiligen Jakobus am 25. Juli auf einen Sonntag fällt. Nur in diesen heiligen Jahren wird die so genannte Gnadenpforte in der Kathedrale in Santiago geöffnet und die katholischen Christen können sich durch ein bestimmtes Prozedere von all ihren Sünden freisprechen lassen. Die nächste Chance auf den Generalablass gibt es erst im heiligen Jahr zweitausendeinundzwanzig. In einem Land mit 98% katholischer Bevölkerung werden sich also entsprechend viele Pilger mit uns auf den Weg machen. Würde ich straffen oder später erwähnen, als ihr merkt, wie gerammelt voll der Wanderpfad ist.
Sicherlich trifft man darunter auch interessante Menschen und entwickelt Freundschaften. Aber man hat auch seine Vorurteile, was für Menschen so einen Weg üblicherweise gehen. Ab hier bist Du ins Präsens gewechselt - absichtlich?
Ich denke an Esoteriktanten, Nordic-Walking Rentner, langhaarige Jesus-Doubles, Abiturientinnen, die „mal was Verrücktes machen wollen“, aufdringliche Mittvierziger, die der Langeweile zuhause entfliehen und allen ihre Lebensgeschichte aufquatschen und natürlich die „Götter in Goretex“, die – gerüstet in teurer Hightech Ausrüstung -  das einzig wahre Pilgern erfunden haben.
Auch für mich überlege ich, welche Erwartungen meinen Weg prägen. Bestimmt keine religiösen, denn obwohl wir einen christlichen Weg laufen ist dieser Aspekt nebensächlich. Ich suche eher die Herausforderung, die Möglichkeit neue Menschen kennen zu lernen, ein Abenteuer zu erleben und die Ruhe und Abgeschiedenheit der Natur.
Meine Erwartungen sind gespalten zwischen: „Alles wird beim Alten bleiben“ und „Ich werde ein vollkommen neuer Mensch“. Ich versuche, es einfach geschehen zu lassen ohne spezielle Effekte zu erwarten. Alles was ich sicher weiß, ist dass es kein neunhundert Kilometer langer Spaziergang wird, denn sportlich ist das letzte Adjektiv, das ich vor meinen Namen setzen würde. Deswegen gehe ich mit großem Respekt an diese Strecke heran. Wenn ich mich in drei Worten beschreiben sollte, wären es wohl: Couchpotatoe,potato wird in der Einzahl ohne e hinten geschrieben Vegetarierin und schüchtern. Und gerade ich tausche jetzt Couch gegen Fußmarsch. Statt Bioläden erwarten mich Geschäfte, in denen der Schinken noch als komplettes Bein mit Huf in der Auslage liegt.  Laughing Und da mein Freund kein Wort Spanisch spricht, heißt das für mich, dass ich dort auf einer fremden Sprache Betten reservieren, einkaufen und  mich orientieren muss, was mir schon in der eigenen Sprache nicht immer leicht fällt. Aber all diese Hindernisse werden von dem Gefühl begleitet, dass irgendwie alles gut gehen wird. Im wahrsten Sinne des Wortes.


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Ruthi
Geschlecht:weiblichEselsohr

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Beitrag17.08.2010 16:37

von Ruthi
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Hallo Nordlicht!
Danke für deinen hilfreichen Kommentar! Ich hatte selbst beim Lesen das Problem, dass dieser Teil auch nach vielfacher Bearbeitung irgendwie schwerfällig auf mich wirkte, obwohl ich dachte, dass es an den Beschreibungen meiner Person liegt. Die Dinge, die du einbringst, sehe ich genauso und deinen Vorschlag hatte ich in etwa auch schon angedacht. Sprich direkt im Zug beginen und die Entscheidung als Reflektion einbauen. Allerdings dachte ich, dass Rückblenden nicht so gut sind und ich deswegen lieber voran stelle, wieso überhaupt.

Du hast mir auf jeden Fall gute Denkanstöße gegeben! smile

LG RUthi


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Ernst Clemens
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Beiträge: 594
Wohnort: München


Beitrag17.08.2010 16:53

von Ernst Clemens
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hallo ruthi,

ich denke, diese art von reiseberichten haben es von haus aus schwer, ein breites publikum zu interessieren, denn sie laufen meist nach dem gleichen schnittmuster ab - und laufen somit gefahr, langweilig zu werden.

aber das muss nicht sein...

 du hast z.b. hier einen humoristischen ansatz reingebracht:
Zitat:
Ich denke an Esoteriktanten, Nordic-Walking Rentner, langhaarige Jesus-Doubles, Abiturientinnen, die „mal was Verrücktes machen wollen“, aufdringliche Mittvierziger, die der Langeweile zuhause entfliehen und allen ihre Lebensgeschichte aufquatschen und natürlich die „Götter in Goretex“, die – gerüstet in teurer Hightech Ausrüstung - das einzig wahre Pilgern erfunden haben.


oder auch hier:

Zitat:
Wenn ich mich in drei Worten beschreiben sollte, wären es wohl: Couchpotatoe, Vegetarierin und schüchtern.


wenn du diese elemente verstärken könntest, wird dein reisebericht zur amüsanten lektüre. allerdings brauchst du dazu genügend abstand zur pilgerfahrt an sich, als auch zu dir selbst.

herzliche grüße
ernst
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Ruthi
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Beitrag17.08.2010 17:05

von Ruthi
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Hallo Ernst!
Auch dir vielen Dank für deinen Kommentar und deine berechtigten Anmerkungen. Wenn die humoristischen Aspekte dir gefallen haben kannst du gerne auch mein Kapitel "Saint-Jean - Orisson" in der Kategorie Biografischse lesen, dort hatte ich mich weniger zurückgenommen wink
Mich würde sehr interesieren wie du den Teil findest.

Mit dem Abstand gebe ich dir vollkommen Recht. Schon nach Nordlichts Kommentar habe ich gemerkt, dass meine eigene Wahrnehmung natürlich komplett anders ist, als die eines unvoreingenommenen Lesers. Ich versuche immer möglichst distanziert über den Text zu gucken, aber am meisten hilft mir dabei nur zeitlicher Abstand, in dem ich den Text ruhen lasse. Ich bin sehr froh, dass sich schon einige Testleser und Korrektoren gefunden haben, denn ich selbst übersehe viele Dinge.

Von dahre auch dir nochmal vielen Dank!
LG Ruthi smile


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Nordlicht
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Beitrag17.08.2010 17:08

von Nordlicht
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Ich finde, Du kannst den Anfang ruhig so lassen - nur die Infos mit der Pfortenöffnung usw erst später kommen lassen.
Was ich meinte, war, den Anfang wie gehabt (evtl das mit dem Verfahren und Buch ausleihen etwas umgestalten) und von der Stelle, wo Du ja auch stehen hast, dass ihr die Zugtickets habt, mit Deinen Erwartungen und Zweifeln weitermachen. smile


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Ruthi
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Beitrag17.08.2010 18:24

von Ruthi
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Hallo Nordlicht,
Ich werde den Text auf jeden Fall ordentlicher aufeinander aufbauen. Sprich erst die allgemeine Frage, wie es zu der Entscheidung kam, danach meine Bedenken und Erwartungen mich betreffend, dann meinen Freund, dann die Mitpilger und am Schluss dadurch auf die Infos über das heilige Jahr. Sozusagen vom Speziellen zum allgemeinen.
Die zusätzlichen Details  über die Landschaft werde ich eventuell in den ein oder anderen Gedankengang einbauen. Aber ich denke, ich werde nicht zu viele Landschaftsdetails vorweg nehmen können, zum Einen, weil ich sie zu dem Zeitpunkt selber nicht wirklich kannte und zum andern, weil sie über die Geschichte hinweg noch detailliert auftauchen. Zu dem Zeitpunkt konnte ich also nur meine Vorstellungen über das Land äußern. Allgemeine Infos werde ich vielleicht im Zuge der Erklärung des heiligen Jahres einbauen.

Danke nochmal für deine Erläuterungen deines Kommentars smile
LG Ruthi


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MadameMimm
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Beitrag17.08.2010 21:49

von MadameMimm
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Hallo Ruthi,

ich beginne mal mit den "trockenen" Erbsen:

Zitat:
Plötzlich interessiert mich alles, was mit diesem Weg zusammenhing: Bücher, Filme, Fotos und Berichte. Immer stärker drängt sich die Frage auf, ob ich Ottonormalbürger das auch schaffen könnte.
Wieso schwenkst du hier ins Präsens, bzw. in eine Mischung aus Präsens und Präteritum?

Zitat:
Erst als ich einige Wochen später die Zugtickets in der Hand hielt, wurde mir richtig bewusst, wofür ich und mein Freund Alex uns damit entschieden hatten.
Dieser Satz klingt - entschuldige meine Direktheit - grausig! Zunächst "richtig": streichen, überflüssiges Füllwort. Dann "Ich und mein Freund"? Besser "Mein Freund und ich..."
Vorschlag: "Erst als ich einige Wochen später die Zugtickets in der Hand hielt wurde mir bewusst, wozu mein Freund und ich uns entschieden hatten."
Wenn es dir überhaupt da schon bewusst war. Vielleicht auch "...beschlich mich eine Ahnung dessen, worauf mein Freund und ich uns eingelassen hatten."

Der Sache mit der Öffnung der Gnadenpforte stimme ich zu, das kann später einfliessen. Dann kannst du nämlich gleich deine "Ahnungen" mitteilen (Esoteriktanten und Co.), wobei ich deine Bedenken, den Weg körperlich zu schaffen vor die Pilgertypen stellen würde.

Zitat:
Auch für mich überlege ich, welche Erwartungen meinen Weg prägen.
Hier bist du wieder im Präsens, also denke ich, dass du das bewußt so machst. Dann solltest du dir den Anfang noch einmal anschauen.

Zitat:
dass ich dort auf einer fremden Sprache
"...IN einer fremden Sprache..."

In Summe macht mich der Anfang schon neugierig darauf, ob diese, wie sie selbst sagt, unsportliche Frau den Weg schafft. Ich würde dir aber empfehlen, die einzelnen Gedanken, die du dir machst noch einmal thematischer bzw. logischer aufeinander aufbauend umzustellen.

Ansonsten, bleib zynisch und witzig (kannst ruhig noch eine Schippe drauflegen), dann hebt sich dein Text von den anderen ab und ich krieg so ein Gefühl von: "Ja, das hätt mir auch passieren können..." Vielleicht gelingt es dir, mit genübend Abstand zu deinen Empfindungen auch kleine Begebenheiten einzuflechten oder auszuschmücken, die zwar nicht genau so stattgefunden haben, das Ganze aber noch beleben (eine Schlange im Schlafsack, Durchfall mitten in der Pampa,...).


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Beitrag18.08.2010 10:26

von Ruthi
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Hallo Tanja,
Danke fürs Erbsenzählen smile
Mit dem einen Satz hast du Recht, er ist wirklich grausig.... Raus damit und umschreiben!
Ich wollte eigentlich alles im Präsens schreiben, da habe ich wohl ein paar Stellen übersehen...
Zum Aufbau gebe ich dir natürlich auch Recht. Wie oben schon gesagt, kommt da mehr Struktur rein, also erst die Entscheidung, dann was über meine Person, Bedenken über die Beziehung, Bedenken über Mitpilger und schlussendlich die allgemeinen Daten und Fakten.

Danke für deinen Kommentar!

LG Ruthi smile


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Beitrag18.08.2010 11:55

von Rheinsberg
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Schön, auch diesen Teil lesen zu können.
Jetzt bin ich aber so spät dran, da haben sich andere schon ganz viel Mühe gemacht - ich denke, überarbeitet wird sich auch dieser Anfang noch ganz anders lesen.

Mir ist trotzdem noch nicht ganz durchsichtig, wie man von einem Buch auf so eine Idee kommt. Oder gehört das zu den Dingen, die einfach passieren und die man nicht erklären kann?


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MadameMimm
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Beitrag18.08.2010 12:24

von MadameMimm
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Hallo Rheinsberg,

ich will Ruthi nicht die Antwort vorweg nehmen, aber ICh hab beim Lesen gedacht, um es mit deinen Worten zu sagen: "Dinge, die passieren, und die man nicht erklären MUSS.  Wink


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Ruthi
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Beitrag18.08.2010 13:35

von Ruthi
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Hallo zusammen!
Ich hab die letzten Stunden damit verbracht, an diesem Kapitel herumzudoktorn, umzustapeln und zu verbessern. Ich selbst habe das Gefühl, zuviel über mich zu erzählen, sodass der Leser gelangweilt wird. Aber kann sein dass nur ich selbst das langweilig finde - ich kenn mich halt inzwischen schon ganz gut wink
Mich würde brennend interessieren, ob ihr diese Variante besser gelungen und strukturiert findet.
(Das Ende bereitet mir auch noch Kopfschmerzen, ich weiß nicht ob ich es so "Abgehackt" stehen lassen kann)
Wie immer, danke fürs Lesen und evtl. kommentieren! smile Kritik ist gewollt, gewünscht, herbeigesehnt, wie auch immer....

LG Ruthi smile

PS: Und wenn ich mit meinem Buch fertig bin, arbeite ich daran, nicht dauernd soviele Smileys in meine Posts zu setzen  Rolling Eyes  smile

Die Entscheidung

Wie kommt man darauf, sechs Wochen lang neuhundert Kilometer nur mit einem Rucksack durch ein fremdes Land zu laufen? Diese Frage geht mir auch jetzt durch den Kopf, als ich schon mit meinem Freund Alex im Zug nach Paris sitze und der Kölner Hauptbahnhof hinter uns langsam kleiner wird. Inzwischen weiß ich: Nicht du kommst auf die Idee, sondern der Weg kommt zu dir.
Meine Entscheidung für den Jakobsweg begann damit, dass ich mich verfahren habe, dadurch spontan meinen Bruder besuchte und mir dort einige Bücher auslieh. Eines dieser Bücher war ein historischer Roman, in dem die Hauptfigur sich auf dem Jakobsweg bewähren muss. Plötzlich interessierte mich alles, was mit dem „Camino“ zusammenhing: Bücher, Filme, Fotos und Internetforen. Zu dieser Zeit konnte mein Freund mich nur mit Probewanderungen oder Einkaufsbummeln im Outdoorgeschäft vom Laptop weg locken.
Die meisten meiner Freunde erklärten uns zu Recht für vollkommen durchgedreht. Warum sollte vor allem ich diesen Weg gehen, der wohl alles andere als ein neunhundert Kilometer langer Spaziergang wird. Sportlich ist das letzte Adjektiv, das ich vor meinen Namen setzen würde. Wenn ich mich in drei Worten beschreiben sollte, wären es: Couchpotato, Vegetarierin und schüchtern. Und gerade ich, die sich am liebsten schon mit zwanzig Jahren ein Treppenlift in die Wohnung bauen würde, tauscht jetzt die Couch gegen einen Fußmarsch, der über mindestens drei Gebirgszüge führt. Statt Bioläden erwarten mich Geschäfte, in denen der Schinken noch als komplettes Bein mit Huf in der Auslage liegt. Und da Alex kein Wort Spanisch spricht, heißt das für mich, dass ich dort in einer fremden Sprache Betten reservieren, einkaufen und  mich orientieren muss, was mir schon in der eigenen Sprache nicht immer leicht fällt. Wie erklärt man also seinen Freunden, dass man trotz dieser berechtigten Zweifel einfach gehen muss? Am besten gefiel mir die Antwort: Warum nicht? Schlimmstenfalls komme ich nur mit ein paar Kilos weniger zurück. Ein Gedanke, der mir beim Betrachten meines Spiegelbilds im Zugfenster immer besser gefällt.
Und egal, ob innerlich alles beim Alten bleibt oder ich ein vollkommen neuer Mensch werde – es wird eine prägende Erfahrung. Da bin ich mir sicher.
Ein Seitenblick auf meinen schnarchenden Verlobten erinnert mich daran, dass wir beide demnächst vierundzwanzig Stunden aufeinander hängen, wo sonst Alex’ Schichtdienst für Distanz gesorgt hat. Ich meinte, beim Abschied neben den Zweifeln auch Mitleid in den Gesichtern unserer Freunde und Familien gelesen zu haben, als erwarteten alle den großen Rosenkrieg. Aber ich mache mir weniger Gedanken um uns beide, als um die anderen Pilger, in deren Gesellschaft wir uns die nächsten sechs Wochen bewegen werden. Sicherlich trifft man interessante Menschen und entwickelt sogar Freundschaften, aber man hat auch seine Vorurteile über den handelsüblichen Pilger.
Ich stelle mir Esoteriktanten, Nordic-Walking Rentner und langhaarige Jesus-Doubles vor, Abiturientinnen, die „mal was Verrücktes machen wollen“, aufdringliche Mittvierziger, die der Langeweile zuhause entfliehen und allen ihre Lebensgeschichte aufquatschen und natürlich die „Götter in Goretex“, die – gerüstet in teurer Hightech Ausrüstung -  das einzig wahre Pilgern erfunden haben.
Und wir werden mit sehr vielen Mitpilgern laufen, denn das Jahr zweitausendzehn ist kein normales Jahr. Der Namenstag des heiligen Jakobus, zu dessen Grab man in Santiago pilgert, fällt auf einen Sonntag, was zweitausendzehn zu einem heiligen Jahr für die Pilger macht. Nur in diesen Jahren wird die so genannte Gnadenpforte in der Kathedrale geöffnet und die katholischen Christen können sich durch ein bestimmtes Prozedere von all ihren Sünden freisprechen lassen. Die nächste Chance  gibt es erst wieder im Jahr zweitausendeinundzwanzig. In einem Land mit 98% katholischer Bevölkerung werden sich also entsprechend viele Pilger mit uns auf den Weg machen.

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An dieser Stelle hatte ich überlegt, ob ich als Abschluss noch einbringen soll, wie der Zug in Paris einfährt und meine Grübeleien dadurch beendet. Was sagt ihr dazu?


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MadameMimm
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Beitrag18.08.2010 16:56

von MadameMimm
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Hallo Ruthi,

na, das ist doch mal was ganz anderes im Vergleich zum ersten Versuch! So gefällt mir der Einstieg sehr, und ich wurde auch beim Lesen von Satz zu Satz getrieben. Es war nicht einmal langweilig, und die Informationen über dich sind auch nicht zu viel. Ich lerne dich und deine Einstellung näher kennen und das vermittelt mir das Gefühl, neben dir zu gehen. Gut gemacht!
Ich fände einen anderen Schluss oder Übergang peppiger (auch wenn ich grad nicht weiß, welchen  lol ). Die Einfahrt des Zuges in Paris ist wieder so "normal", weil unabänderlich. Schließlich seid ihr ja genau dahin unterwegs und das weiß der Leser bereits.


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Beitrag18.08.2010 17:18

von Ruthi
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Hallo Tanja!
Da bin ich aber erleichtert, dass du es genauso siehst smile
Freut mich, dass ich meine Änderungen erfolgreich umsetzen konnte!
Danke für deine Antwort!
LG RUthi


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