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Teil 58


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 01:17
Teil 58
von Lyrika
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Wie Kim versprochen, griff ich nach Feierabend zum Telefon. Ich atmete tief ein und aus, räusperte mich und wählte die Nummer von Matthias. Als ich seine Stimme am anderen Ende der Leitung vernahm, rutsche mir das Herz in die Hose. Also doch noch Gefühle? Das Gespräch verlief am Anfang etwas steif. Wir tauschten Höfflichkeiten aus, fragten einander nach dem Befinden und verabredeten uns am Ende zu einem Frühstück bei mir am kommenden Wochenende.
Und so saß ich ihm jetzt orangensafttrinkend gegenüber und hatte schon meine erste Lüge in unserer vielleicht erneuten Beziehung hinter mir. Italien! Was Blöderes fiel mir nicht ein, dachte ich, setzte das Glas ab und lächelte ihn an.
„Geht’s wieder?“, fragte er kauend.
„Ja, besser.“ Plötzlich wurde ich hektisch und stieß meine Tasse Kaffee um, bei dem Versuch mir eine Scheibe Wurst zu nehmen.
„Och nö!“, fluchte ich, sprang auf und tupfte mit einer Servierte den ausgelaufenen Kaffee vom Tisch auf. Matthias tat es mir gleich und tupfte ebenfalls.
„So aufgeregt?“ Ich bin’s doch nur.“, scherzte er und nahm sich eine neue Servierte. „Oder bist du jetzt schon nervös, über Italien zu schreiben?“
„Indien.“
„Indien? Du sagtest doch Italien.“
„Italien! Ich meinte auch Italien.“ Hastig tupfte ich weiter, in der Hoffung, daß er nicht tiefer auf meinen Versprecher eingehen würde.
Wir frühstückten weiter, nachdem ich das Chaos beseitigt hatte. Mit frischem Kaffee in der Tasse genoß ich unser Zusammensein, weil er glücklicherweise nicht nachhakte, dachte ich und wurde in der nächsten Sekunde eines Besseren belehrt.
„Weil du vorhin Indien erwähnt hast. Wie geht’s den Zwillingen?“, fragte er aus dem Nichts heraus mit solch einer Ruhe, die ich ihm nie zugetraut hätte. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als das das Telefon klingeln würde oder sonst eine Ablenkung, um mich dieser Frage nicht stellen zu müssen. Aber es tat sich nichts.
„Woher weißt du, daß sie aus Indien stammen?“ Ich war Expertin auf dem Gebiet, blöde Fragen in noch blöderen Situationen zu stellen.
„Weil ich Kim gefragt habe. Und, wie geht’s den beiden nun?“
„Woher soll ich das denn wissen? Der eine ist nach Indien abgehauen und was der andere treibt, keine Ahnung.“ Der Versuch so locker wie möglich zu klingen mißlang mir.
„Warum denn so angespannt?“ Matthias grinste und griff nach einem Stück Käse. „Wenn du wirklich mit allem abgeschlossen hast, dann dürften dich solche Fragen nicht aus der Bahn werfen.“
Ich stand auf, ohne ihm zu antworten und ging zum Kühlschrank. Mit einem Ruck riß ich die Kühlschranktür auf und holte den Orangensaft heraus. Ich schloß die Tür wieder, setzte die Flasche an meine Lippen und leerte sie in einem Zug.
„Sara?“, hörte ich hinter mir.
„Ja?“
„Liebst du mich noch?“ Ich wußte nicht, ob der einsetzende Bauchschmerz von dem kalten Orangensaft oder von seiner Frage herrührte. Mein Magen-Darm-System grummelte laut und zwang mich wieder auf meinem Stuhl platz zu nehmen.
„Sara, schau mich an!“, forderte er mich sanft auf. Ich sah hoch und blickte ihn an. Er lächelte und sah dabei so unschuldig aus. Im nächsten Moment saß ich auf seinem Schoß und küßte ihn.
„Ist das Antwort genug?“ fragte ich ihn und küßte ihn ein weiters Mal.

Ich hätte auch einen Teddybären küssen können; es wäre das gleiche Gefühl gewesen, welches sich in mir ausbreitete. Es tat sich gar nichts! Kein Flackern, kein Zucken oder Kribbeln regte sich in meinem Bauch. Verwirrt über mein Empfinden küßte ich ihn weiter. Vielleicht konzentrierte ich mich nicht genug und preßte meine Lippen kräftiger auf seine.
„Aua!“, sagte er leise, als er sich gleich darauf von meiner unerwarteten Attacke löste. „Du bist ja heute so stürmisch.“
Ich saß auf seinem Schoß und schaute in sein grinsendes Gesicht. Er hatte meinen Versuch Gefühle in mir auszulösen, indem ich fast in ihn hineingekrochen wäre, falsch interpretiert. Nicht, das ich keine Sympathie für ihn empfand, aber ich wußte, wie ich sein Grinsen nach zwei Jahren Beziehung in diesem Moment zu deuten hatte: Ich will mit dir schlafen! Und dieses Begehren seinerseits löste bei mir Übelkeit aus. Das Küssen stellte sich im nachhinein für mich schon als mechanischer Akt heraus. Aber jetzt noch mit ihm schlafen? Nein, unmöglich!
Sein Blick wanderte an mir herab und ich wußte, er zog mich mit den Augen schon vorher aus. Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Seine Hand fing an meinen Hintern zu streicheln und die andere machte sich unter meinem T-Shirt auf den Weg Richtung meiner Brust. Sein Atem ging jetzt stoßweise.
„Kimimaus!“, rief ich erleichtert, ja bald hysterisch, und sprang mit einem Satz von Matthias Schoß. Ungeachtet seiner Begierde lief ich aus der Küche in den Flur, wo ich meine Tasche hingestellt hatte. Der eingestellte Klingelton meines Handys verriet mir, daß es Kim war. Woher sollte sie auch wissen, daß ich mich heute mit Matthias verabredet hatte. Um so euphorischer war ich, daß sie eine meiner Regeln, Sonntag nie vor 14. 00 Uhr anrufen, jetzt mißachtete.
„Kim, was gibt’s?“
„Entschuldige, daß ich anrufe. Ja, ich weiß, deine 14.00-Uhr-Regel, aber bevor du mich rund machen willst, muß ich dir was erzählen, was dich interessieren könnte.“
„Ist Professor Hempel nach Australien ausgewandert?“, scherzte ich und setzte mich auf mein Bett.
„Na ja, nicht ganz. Jemand ist wieder eingewandert.“ Sie wartete auf meine Reaktion und schwieg. Das Schicksal wollte es, bevor ich den Namen Vivek erwähnen konnte, meinen Kopf zur Seite drehte und Matthias sah, der sich gerade einen Kaffee einschenkte.
„Ich hatte gestern Dienst in der Disco.“, berichtete Kim, ohne auf eine Antwort zu warten. „Ich hab Zayed und diese Frau wieder gesehen. Als ich das nächste Mal zu den beiden schaute, dachte ich, mich tritt `nen Pferd. Zayed im Doppelpack! Ganz klar, Sara, Vivek ist wieder in der Stadt. Ich war für die kleine Theke eingeteilt. Sie bestellten an der großen. Sara, hörst du noch zu?“, unterbrach sie sich und lauschte.
„Ja, weiter.“, forderte ich sie leise sagend auf, immer noch den Blick auf Matthias gerichtet.
„Sie standen die ganze Zeit mit dem Rücken zu mir und…“
„Was und? Warum unterbrichst du?“
„Die Zwillinge haben diese Frau abwechselnd in den Arm genommen, ihr Küßchen auf die Wange verpaßt und sich amüsiert. Später sind sie gemeinsam gegangen.“
Wie Hohn klangen meine Worte, die ich Vivek auf dem Campus an den Kopf geworfen hatte, in meiner Erinnerung: `…das habt ihr euch ja fein ausgedacht. Sucht euch `nen Mädchen raus und spielt sie euch dann gegenseitig zu…` Und er hatte mir hoch und heilig versprochen, daß es nicht so wäre.

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