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Teil 44


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 00:58
Teil 44
von Lyrika
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Ein Geräusch schreckte mich auf und ich brauchte einen kurzen Moment, ehe ich wußte, wo ich mich befand. Der Bus war zum Stehen gekommen und hatte den Motor abgestellt. Ich hatte die Endhaltestelle erreicht und war durch das kurze Einnicken geräderter als vorher. Mühsam stemmte ich mich aus dem Sitz, rief dem Busfahrer ein `Gute Nacht` zu und stieg aus.
Trotz der noch bestehenden Wärme, die in der Nacht herrschte, erschauderte ich. Jetzt bemerkte ich, wie müde ich wirklich war. Der Weg zu meiner Wohnung kam mir vor wie eine Wanderung nach Australien. Wie ein Schluck Wasser in der Kurve wand ich mich um das Treppengeländer, weil meine Beine einfach nicht mehr wollten. Ich schloß meine Haustür auf, drückte sie hinter mir zu und steuerte geradewegs auf mein Bett. Meiner gesamten Körperlänge nach ließ ich mich auf das Bett fallen. Schlafen, ich wollte nur noch schlafen und machte mir auch gar nicht die Mühe, meine Tasche von meiner Schulter zu streifen. Noch nie in meinem Leben war ich so ausgelaugt, wie zu diesem Zeitpunkt und weiß auch nicht mehr, was zuerst zuschlug. Meine Augen, bevor ich auf dem Bett fiel oder mein Körper.
Der Schlaf hatte ein Einsehen mit mir und bescherte mir bis in die frühen Morgenstunden eine traumlose Nacht. Mit den ersten Sonnenstrahlen, die in mein Zimmer fielen, ärgerte mich der Schlaf und wurde unruhig. Schlaf und Körper arbeiten perfekt zusammen, da ich irgendwann begriff, warum der Schlaf das tat. Ich öffnete ein wenig meine Augen und bemerkte ein unangenehmes Drücken im Nacken. Der Inhalt meiner Tasche quengelte sich durch den Stoff und machte es sich in meinem Nacken gemütlich. Ich schlang mit einer wirschen Bewegung die Tasche von meiner Schulter und schleuderte sie aus dem Bett. Dabei fiel mir auf, daß ich noch meine Schuhe anhatte. Der linke Fuß befreite den rechten und umgekehrt. Ich wühlte mich wieder tiefer in das Kissen und forderte mein Recht auf mehr Schlaf zurück. Zufrieden wurde ich wieder in das Land der Träume getragen.
Ich träumte ein wirres Zeug von Matthias, Vivek, Lucky und nichts hatte Hand und Fuß. Amüsiert war ich davon, daß in meinem Traum der ältere Herr mit einem Wecker vor mir stand, der ununterbrochen klingelte. Nach einer Weile ging mir das Klingeln auf die Nerven und ich versuchte ihn auszustellen.
Die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwammen. Der ältere Herr löste sich langsam auf und mit ihm der Wecker. Das Klingeln allerdings blieb, bis ich durchschaute, das es ein Klingeln aus meinem Zimmer war, das bis in meinen Traum durchgedrungen war. Mit geschlossenen Augen hob ich meinen Kopf an und drehte ihn hin und her, um zu orten, woher das Klingeln kam. Mit jeder Bewegung die ich machte, wurde ich wacher und erkannte, daß der Verursacher des Klingelns mein Handy war.
Umständlich rappelte ich mich hoch und wäre beinahe kopfüber aus dem Bett gefallen, bei dem Versuch an meine Tasche zu kommen. Nachdem ich mein Gleichgewicht wieder erreicht hatte, robbte ich auf allen vieren aus dem Bett und krabbelte zu meiner Tasche. Unermüdlich gab das Handy den von mir gewählten Klingelton von sich.
„Merke.“, murmelte ich, „Klingelton ändern.“, und hielt endlich meine Tasche in den Händen. Es war wie verhext. Wenn ich das Handy nicht brauchte, kam es mir andauernd in die Quere. Und jetzt? Dinge wie Bürste, Geldbörse, Kaugummis, Lippenstift, Handcreme und Kalender beförderte ich zu Tage, aber nicht mein Handy. Ich zog die Tasche an mich heran, steckte meine Nase in ihre tiefen Weiten und erspähte endlich das Gesuchte. Und wie sollte es anders sein, als ich es in der Hand hielt, hörte dieses verfluchte Teil auf zu klingeln.
Die Wut über den gestörten Schlaf und das Verlangen mein Handy an die Wand zu schmeißen kämpften miteinander. Mein Verstand übernahm die Regie und entscheid, Handy weglegen und wieder zurück ins Bett. Der Deal erfreute mich und ich krabbelte auf allen vieren mit dem Handy in der Hand auf mein Bett zu. Schlaftrunken hangelte ich mich auf die Matratze zurück. Ich drehte mich auf den Rücken und blickte zur Decke. Wer hatte mich da eigentlich angerufen? Das Display des Handys zeigte einen Anruf in Abwesendheit an und ich drückte auf die Taste, um zu erfahren, wer der Anrufer war.
„Kimimaus.“, sagte ich leise und legte das Handy zur Seite. „Ach Kimimaus, es ist alles so verwirrend.“ Mit einem Seuftzter legte ich mich auf die Seite. Meine Wohnung kam mir plötzlich so leer vor. Mein Blick schweifte über meine Möbel und blieb in der Küche hängen. Sonst war um diese Zeit immer ein Klappern zu hören und es roch nach frischem Kaffee. Fiktiv sah ich Matthias Gesicht, der mich liebevoll anlächelte und mich versuchte mit der Kaffeetasse aus dem Bett zu locken. Wenn das nicht funktioniert hatte, kam er auf mich zu und setzte sich zu mir auf das Bett. Seine Hand streichelte mir dann über das Haar und er sagte mir verliebte Worte ins Ohr. Zu jener Zeit verplanten wir dann den Tag. Manchmal trug er mich auch an den Tisch und wir frühstückten ausgiebig. Die Erinnerung präsentierte sich wie ein Film und immer mehr Gemeinsamkeiten meiner Beziehung zu Matthias spielten sich vor meinem geistigen Auge ab. Mein Blick war fixiert auf den Küchentisch und leise liefen mir eine Träne über die Wange und beendete ihren Auftrag mit dem Eindringen in mein Kissen.
Der Tag von unserem Streit kam in mir hoch. Er war so wütend gewesen. `Gebrochenes Herz` hallte es in meinem Inneren aus weiter Ferne. Das hatte doch der ältere Herr gesagt, eines wird immer gebrochen. Ich setzte mich auf und horchte in mich hinein, konnte aber die Worte nicht mehr hören. „Gebrochenes Herz. Gebrochenes Herz.“, flüsterte ich vor mich hin und stand auf.
Geistesabwesend tappte ich in das Badezimmer. War Matthias zum Schluß gar nicht wütend, sondern handelte aus einem gebrochenen Herzen heraus? Ich betätigte mechanisch die Toilettenspülung, wusch mir die Hände, nahm die Zahnbürste und steckte sie mir in den Mund. Was hatte ich ihm denn die letzten Tage alles zugemutet? Die Begegnung mit Vivek in der Uni, der alleinige Urlaub, meine Unausgeglichenheit und meine unmögliche Art ihm gegenüber, obwohl er da auch immer noch verständnisvoll zu mir war. Ich schob die Zahnbürste in meinem Mund hin und her. Ich war so in Gedanken, daß ich nicht einmal bemerkte, daß ich die Zahnpasta vergessen hatte.
Nach meiner Mundhygiene zog ich mich aus und stieg in die Badewanne. Das Wasser rauschte an meinen Körper herab. Ich nahm es erst wahr, als mir meine Haut schmerzvoll signalisierte, daß es zu heiß war. Mit dem Badehandtuch bekleidet ging ich in die Küche und setzte mir einen Kaffee auf. Vertraut gluckerte die Kaffeemaschine und verströmte den Duft von…von…von Vertrautheit. Dieses Gefühl schoß mir wie eine Rakete in meinen Magen. Ich hatte dieses Gefühl noch nie so bemerkt; es war einfach da. Und nun war es weg. Es war durch mein Verhalten gegangen und hinterließ ein Loch, das mir gefährlich nahe kam. Hatte ich mich mit Vivek auf ein Abenteuer eingelassen, weil Matthias mir in meinem Leben schon zu vertraut war? Oder waren es nur noch die Gewohnheiten, die uns zusammenhielten? Was hatte der ältere Herr gesagt? `Aber die Liebe, die Liebe kennt solche Umstände nicht. Sie fragt nicht, wann sie kommen darf, sie kommt einfach, wann sie es für richtig hält.`
War sie einfach zu mir und Vivek gekommen und hatte die Liebe zu Matthias verdrängt? Ich fragte mich, wenn es so sein sollte, warum sie dann so leichtes Spiel hatte? Überfragt goß ich mir einen Kaffee ein und ging zu meinem Kleiderschrank. Nachdem ich mich angezogen und den Kaffee ausgetrunken hatte, beschloß ich, zu Matthias ins Krankenhaus zu fahren. Ob er mich sehen wollte oder nicht, war mir jetzt egal. Ich packte die Sachen wieder in meine Tasche und ging zur Haustür heraus. Ich mußte ihn sehen.

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