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Teil 36


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 00:47
Teil 36
von Lyrika
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Nach einer unruhigen Nacht, die ich mit Grübeln und Selbstvorwürfen verbracht hatte, ließ das nächste Problem nicht auf sich warten.
Ich saß in dem stickigen kleinen Zimmer von Professor Hempel, der mir gerade mit einem mehr als diebischen Lächeln gesteckt hatte, daß meine Seminararbeit, das Schäbigste sei, was er je gelesen hatte. Ich lächelte nur müde und hinterließ bei ihm den Eindruck, daß er mir mal den Buckel runterrutschen könnte. Nachdem ich mir einen Schwall von Maßregelungen angehört hatte, ging ich in die Mensa, um mir einen Kaffee zu holen.
„Du siehst müde aus.“, drang die freundliche Stimme in meine Gedankenwelt. Ohne zu fragen, setzte sich Vivek neben mich. Ich schaute ihn resigniert an und trank unbeirrt meinen Kaffee weiter.
„Hempel?“, fragte er nach. Ich nickte nur. „Seminararbeit?“ Ich nickte wieder. „Durchgefallen?“ Und wieder ein Nicken meinerseits.
„Komm, ich will dir was zeigen.“ Ohne Rücksicht auf Verluste stand er auf, zog mich hoch, ging mit mir zu seinem Auto und fuhr los. Ich war so willenlos, das ich ihn gewähren ließ.
Wir fuhren eine ganze Weile, bis wir außerhalb der Großstadt waren. Er bog den Wagen in einen kleinen Waldweg ein und stoppte.
„Nun geht’s nur noch zu Fuß weiter.“ Vivek öffnete mir die Wagentür und bat mich hinaus. Dabei bot er mir seine Hand an. Gerne nahm ich sie und stieg aus. Er ließ meine Hand nicht mehr los und so liefen wir den Waldweg entlang. Es tat mir gut, die Vögel zwitschern zu hören und ich sog den moosigen Geruch des Waldes in meine Lungen. Er lächelte und zeigte auf eine kleine Lichtung, die am Ende des Waldweges zu sehen war.
„Dort liegt ein kleiner See. Ideal, um Kraft zu tanken.“, klärte er mich auf.
An dem kleinen See setzten wir uns in den Sand. Ich beobachtete die Enten, die sich emsig ihr Futter suchten, die Libellen, die auf der Wasseroberfläche tanzten und ab und zu tauchte ein Fisch auf, der nach Luft schnappte. Es überkam mich eine Zufriedenheit, die ich schon lange nicht mehr gespürt hatte. Wir waren alleine. Nachdem ich mich von der Faszination der Naturspiele losgerissen hatte, schaute ich Vivek an, der sich in den Sand gelegt hatte.
„Es ist schön, dich zu beobachten. Es freute mich, dich so zu sehen. Gefällt es dir hier?“, flüsterte er. Ich nickte.
„Heute hast du noch kein Wort gesprochen, nur genickt.“ Ich lachte auf und nickte.
„Ja, irgendwie hat es mir die Ernte verhagelt. Ich denke, ich wechsel das Studienfach.“ Mit einer Hand zeichnete ich im Sand Kreise und Dreiecke. Vivek kam mit dem Oberkörper hoch und schaute sich meine Zeichnung an.
„In die Mathematik?“, bemerkte er und zeichnete ein Dreieck nach.
„Um Himmels Willen! Nein, ich habe mich schon immer für Biologie interessiert.“
„Biologie?“, rief er erstaunt.
„Ja, und dann ganz speziell die Mirkrobiologie.“ Er ließ sich wieder nach hinten fallen und stöhnte auf.
„Was?“, wollte ich wissen.
„Dann könntest du dich stundenlang mit Zayed unterhalten. Der hat auch so ´ne Neigung.“
„Ich hab Zayed im Hausflur getroffen.“, gestand ich Vivek und zeichnete jetzt kleine Häuser in den Sand.
„Ich weiß. Er hat mir von eurem Zusammentreffen erzählt.“ Nach diesem Satz schwiegen wir und hangen getrennt unseren Gedanken nach.
„Ist es heute soweit?“, unterbrach er die Stille. Mir wurde warm und mein Magen gab ein wahres Gewitter von sich, deren Blitze unentwegt zuckten.
„Was meinst du?“, fragte ich leise nach, doch zu wissen, was er meinte.
Er kam wieder mit dem Oberkörper hoch, faßte mich unter mein Kinn und schaute mir direkt in die Augen.
„Schenkst du mir heute diesen Tag?“, hauchte er mir zu.
„Ja, ich schenke ihn dir.“
„Danke, Sara.“ Dann trafen sich unsere Lippen.

Der Kuß war kurz, aber voller Leidenschaft. Er ließ von mir ab und streichelte mir über die Wange. Mit seinem Blick beschaute er intensiv mein Gesicht. Ich wollte ihm in die Augen schauen, aber ich bekam seinen Blick nicht zu fassen. Mir kam es so vor, als wenn er dies mit Absicht nicht zu lassen wollte. Ich packte seine Hand und stoppte somit sein Streicheln. Er sah nach unten und zog seine Hand langsam zurück. Ich ließ meine Hand sinken.
„Was hast du?“, fragte ich leise nach. Er atmete tief ein und winkelte seine Beine an.
„Sara, du schenkst mir diesen Tag und ich weiß, danach wird nichts mehr so sein, wie es mal war.“ Mit verklärtem Blick beobachtete er den See. Ich wußte nicht, wie er es gemeint haben könnte und schwieg.
„Ich war verheiratet.“ Er flüsterte und senkte den Kopf. Seine Worte trafen mich nicht sonderlich hart, lösten aber ein Zittern in mir aus. Ohne es zu wollen, rückte ich ein wenig von ihm weg. Er packte meinen Arm und zog mich mit dieser sanften Härte an sich heran. Jetzt blickte er mich an und ich laß eine unendliche Traurigkeit in seinen Augen.
„Wenn du mir den Tag schenkst, dann möchte ich dir was erzählen.“ Seine Hand ließ mich los und er schlang sie sich um seine Beine. Ich nickte nur und mich überkam ein kalter Schauer, trotz der Wärme, als ich seinen Worten lauschte.
Er erzählte mir von Heike, wie sie sich kennengelernt hatten, ihrer Hochzeit und ihrem Verschwinden. Gelegentlich schlurzte er auf, hatte sich aber im Griff. Als er geendet hatte, blickte er mich an. Verlegen wischte ich mir eine Träne von der Wange und wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte. Völlig verwirrt und unsicher spielte ich mit dem Sand und wich seinem Blick aus.
„Sara, ich wollte dir es erzählen, weil…“ Er brach ab und schaute wieder auf den See. Die Enten schwammen ihre Bahnen und beachteten uns nicht. Enten. Entenpaare finden sich nur einmal in ihrem Leben und bleiben sich immer treu. Stirbt ein Partner, sucht sich der Zurückgebliebene keinen neuen Partner, sondern schließt sich einem anderen Entenpaar an. Sollte es bei Vivek genau so sein? Hatte er mir deswegen von Heike erzählt? Wollte er sich nur anschließen und keine neue Liebe eingehen? Plötzlich drehte er sich zu mir und packte mich an den Schultern.
„Ich weiß, wie Matthias fühlt. Ich weiß, daß er dich liebt und ich weiß auch wie er um dich kämpft. Aber ich kann nichts gegen meine Gefühle machen. Ich liebe dich mehr als alles andere auf dieser Welt und ich lasse dich nicht mehr gehen. Und ich werde dich heiraten.“, sagte er in einer so mir unbekannten festen Stimme und mit so einer Überzeugung, daß ich Angst bekam.
„Vivek, ich…ich kann nicht…“ Er legte seinen Zeigefinger auf meinen Mund.
„Sag nichts. Ich habe dich damit überrumpelt, aber ich mußte es dir sagen. Nur heute und nur hier. Seitdem ich dich kenne, bin ich wie dieser See. Ruhig, ausgeglichen, mit glatter Oberfläche und es schwimmt wieder Leben durch mich. Wie auf diesem See.“ Und deutete nun auf die Enten, die weiter schwammen.
„Du liebst Matthias, aber ich liebe dich und das wollte ich dir sagen. Ich will keine Entscheidung von dir, daß wäre zuviel verlangt. Aber…aber dich küssen zu dürfen, das war es mir wert. Deine Küsse sind mir Beweis genug, daß es die Liebe in meinem Herzen noch gibt. Und du hast sie mir gezeigt. Egal, was die Zukunft bringen wird. Es sind deine Lippen, die in meiner Erinnerung bleiben werden.“ Mit sanftem Streicheln über meine Oberarme blickte er mich an und lächelte sanft.
„Du redest so, als wenn es zwischen uns aus ist.“, bemerkte ich und begriff gar nichts mehr.
„Kann denn etwas zu Ende sein, was noch gar nicht begonnen hat?“
„Vivek, so was wie mit dir ist mir noch nie passiert und ständig dreht es sich in meinem Kopf. Ich wollte Matthias heiraten und wir sind auch schon seit zwei Jahren ein Paar. Er ist immer für mich da gewesen und ich hab ihn auch geliebt, aber ich kann ihn doch nicht einfach so verlassen. Ich weiß nicht mehr, was los ist. Alles hat sich geändert, seit dem ich dich kenne. Erst war ich ja in Zayed verliebt, aber…“
„In Zayed?“, fragte er verdutzt und kam mit seinem Kopf näher an mich heran. „In Zayed?“, fragte er noch einmal langsamer nach. Ich erzählte ihm, wie es dazu kam.
„In solchen Situationen ist es ein Fluch ein Zwilling zu sein.“, gab er lachend zu und wurde wieder ernst.
„Du hast ebend gesagt, daß du in Zayed verliebt warst, bis du die Verwechslung entdeckt hast. Soll das heißen, das du jetzt in mich verliebt bist?“ Ich schwieg eine Weile.
„Ja, ich bin in dich verliebt, Vivek.“ Beschämt über mein Geständnis senkte ich den Kopf. Er gab ein Stöhnen von sich und stand auf. Was hatte er vor? Langsam zog er sein T-Shirt aus, dann seine Schuhe, die Hose und stand nur noch in der Unterhose vor mir.
„Vielleicht kann ich die Pflanze der Verliebtheit nähren und sie wächst?“, bemerkte er und kam auf mich zu. Eine Gänsehaut durchfuhr mich bei seinem Anblick. Sein Körper strahlte eine Männlichkeit aus, die mir die Sinne raubte. Ich wollte mich nur noch anlehnen und seinen Körper genießen.
Ruckartig beugte er sich zu mir herunter, küßte mich auf die Stirn und rannte in den See. Dann tauchte er ab und war weg. Ich saß wie paralysiert im Sand und meine Gedanken konnten nicht so schnell folgen, was ebend passiert war. Mit aufgerissenen Augen glotzte ich auf den See, der sich durch Vivek in Bewegung gesetzt hatte. Die Enten schnatterten wild aufgebracht angesichts der Störung. Er mußte doch wieder auftauchen, dachte ich nach einiger Zeit, die mir zu lange erschien. Jetzt stand ich auf und lief ein wenig in den See. Panik packte mich. Warum taucht er denn nicht auf? Verzweiflung mischte sich mit der Panik und mein Herz raste. Es war zu lange, viel zu lange, daß er nicht mehr auftauchte. Ich lief weiter in den See und starrte auf die Stelle, an der er untergetaucht war.
„Viiiiiiiivek?“, schrie ich aus Leibeskräften. „Vivek, wo bist du?“ Mir reichte das Wasser jetzt bis zu den Knien. Meine Gedanken überschlugen sich. „Vivek, nein!!!! Wo bist du, verdammt, nein! Ich liebe dich.“, brüllte ich über den See und sprang hinein. Mit schnellen Zügen war ich an der Stelle, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Zu meiner Verwunderung konnte ich hier stehen. Was sollte ich nur tun? Meine Hände suchten unter der Wasseroberfläche nach ihm. „Vivek, Vivek, nein, bitte laß mich nicht alleine. Ich liebe dich doch.“, flehte ich mit Tränen in den Augen und suchte weiter nach ihm.
Sanft packte mich zwei starke Arme von hinten und drehten mich herum. Wasser perlte von seinem muskulösen Körper herab. Sein Gesicht hatte eine ernste Miene angenommen.
„Bester Schwimmer in allen Jahrgängen.“, sagte er und packte mich fester an den Schultern. „Hast du ebend gesagt, daß du mich liebst?“
„Ja, Vivek, ich liebe dich. Ich liebe dich, du verdammter Scheißkerl.“, rief ich, riß mich los und trommelte auf seiner Brust herum. „Warum hast du mir so einen Schrecken eingejagt? Ich dachte, du bist…“ Mit seinen Lippen versiegelte er meine Lippen.

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