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Teil 30


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 00:19
Teil 30
von Lyrika
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Ich saß alleine an einem Tisch, der unter einem großen Sonnenschirm stand. Vor mir ein kaltes Glas Wasser. Die Uhr zeigte, daß es bereits zehn Minuten später war, als daß wir uns verabredet hatten. Gelangweilt spielte ich mit einem Bierdeckel und beobachtete die anderen Gäste. Es waren Familien, Freunde und Verliebte. Verliebte, die sich verspielt gegenseitig mit Eis fütterten. Seufzend plazierte ich meinen Elenbogen auf den Tisch und stützte meinen Kopf auf die Handfläche. Ja, das waren noch Zeiten, als Matthias und ich uns mit Eis verwöhnten. Er war mein Freund und er war immer für mich da gewesen. Und was tat ich? Ich log ihn an, daß sich die Balken bogen. In dieser Haltung nippte ich geistesabwesend an meinem Wasser herum. Das Pärchen, zwei Tische weiter, lachte verhalten und hielt sich an den Händen. Sie tauschten schmachtende Blicke aus. Er strich ihr durch die Haare und sie giggelte dabei. Hach, wie gerne würde ich mich jetzt mit Vivek so sehen. Erschrocken über meinen spontanen Wunsch, setzte ich mich gerade hin. Der Bierdeckel fand ein erneutes Spiel in meiner Hand. Ich faßte ihn in der Mitte und drehte ihn, immer eine Ecke auf den Tisch klopfend, im Kreis. Mit jeder Umrundung gewannen meine Gedanken an Klarheit. Ich stellte beide Männer gegenüber. Matthias, der Verständnisvolle und Sanfte, Vivek, der Fordernde und Wilde. Sie unterschieden sich wie Tag und Nacht und das nicht nur vom Charakter her, auch vom Aussehen. Matthias hatte eine blassere Haut und Vivek diesen dunklen Teint. Mir fiel auf, daß ich gar nicht wußte, welche Vorfahren Vivek hatte. Spanier, Italiener oder Griechen? Der Gedanke erinnerte mich an die bevorstehende Fahrt mit Kim nach Griechenland. Oh je, mit Kim? Ich würde ganz lieb zu ihr sein während des Urlaubs, dachte ich mir und legte den Bierdeckel zur Seite.
Warum verhielt sie sich so ablehnend gegenüber Vivek? Mein Glas war leer und ich signalisierte dem Kellner, daß ich noch ein Wasser bestellen wollte. Er nickte mir zu und machte sich wieder an seine Arbeit. Hat es am Ende gar nichts mit Vivek zu tun, daß sie sich zu einer Kratzbürste entwickelte? Ich überließ die Frage meinem Männchen in meiner Schaltzentrale, das auch nur mit den Schultern zuckte. Dann hatte es eine Idee, legte einige Schalter um und freute sich über das Ergebnis, daß es mir sendete. Schlagartig war ein altes Gespräch in meiner Erinnerung zwischen Kim und mir.
Damals ging es um Matthias. Kim und ich hatten uns an der Uni eingeschrieben und als Mentor Matthias an die Hand bekommen. In der Mensa wurden wir einander vorgestellt und wie das Schicksal es wollte, verliebten wir uns beide gleichzeitig in ihn. Tage später gestanden wir uns beide ein, daß nur eine von uns ihn haben könnte. Wir ließen ihn, ohne sein Wissen, entscheiden. Und diese Entscheidung fiel auf mich. Matthias hat nie erfahren, daß auch Kim ein Auge auf ihn geworfen hatte. Als beste Freundin zog sie sich zurück und wurde auch nie zur Gefahr für unsere Liebe. Herrje, murmelte ich leise mit der Handfläche auf meine Stirn klatschend vor mich hin. Der Kellner tauschte die Gläser aus und ich nahm auch gleich einen riesigen Schluck. Jetzt wurde mir klar, warum Kim so ekelhaft reagierte. Sie hatte sich auch in Vivek verliebt und war abermals die zweite Wahl. Es konnte gar nicht anders sein. Leise lachend fiel mir ein, daß es dafür keinen Grund gab. Es waren ja schließlich Zwillinge. Sie konnte doch Zayed nehmen.
„Hallo.“, sagte eine etwas spröde Stimme. Ich schaute hoch und Kim stand vor mir, nahm ohne Auforderung platzt und zeigte dem Kellner gleich an, daß sie auch ein Glas Wasser nehmen würde. Sie stellte ihre Tasche neben den Stuhl. Dann blickte sie mich an. Ihr Blick war so durchdringend, daß es mich fröstelte.
„Hallo.“, gab ich zurück und leerte das Glas Wasser in einem Zug aus. Durch den Boden des Glases hindurch sah ich, wie sie auf den freien Stuhl zeigte. Ich setzte das Glas ab und zuckte wortlos mit den Schultern. Sie schnaubte abfällig und verschränkte ihre Arme vor der Brust.
„Ich weiß auch nicht, wo er bleibt.“ Kim zog ihren Mund in einer arroganten Art nach oben und sagte: „Ich hab´s gewußt.“
„Vielleicht ist ihm was dazwischen gekommen.“ Ich ergriff Partei für Vivek.
„Ja, eine seiner anderen Nachhilfestudentinnen.“ Ich verdrehte die Augen und zwang mich, ruhig zu bleiben. Schweigend saßen wir am Tisch. Der Kellner brachte Kim das Wasser. Verwundert blickte er uns an, behielt aber Anstand, ging und bediente auch gleich wieder die anderen Gäste.
„Sara, kapierst du denn überhaupt nichts mehr? Er treibt dich und Matthias auseinander. Und nicht nur euch, auch uns.“, warf sie mir an den Kopf. Darauf war ich nicht gefaßt. Sie hingegen schien sich ihre Worte wohl gewählt zu haben.
„Ich stelle dir jetzt eine Frage. Liebst du ihn?“
„Wen?“, fragte ich unschuldig.
„Du weißt, das ich nicht Matthias meine.“, sagte sie gefährlich leise.
„Kim, ich weiß es nicht. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Alles dreht sich in meinem Kopf und ich kann es nicht anhalten. Er gibt mir so viel und davon will ich mehr. Aber ich kann Matthias das nicht antun. Und jetzt streiten wir uns auch noch. Ich will das alles wieder so ist wie früher.“ Mir liefen die Tränen über die Wange und es störte mich nicht, daß die anderen Gäste davon Notiz nahmen. In mir brach alles zusammen. Darauf war Kim jetzt nicht gefaßt. Sie wechselte sofort in den bemutternden Typen über. Sie packte ihre Tasche, zog einen Geldschein hervor und wedelte dem Kellner damit zu uns an den Tisch.
„Stimmt so.“, sagte sie, schulterte ihre Tasche und zog mich vom Stuhl. Einer der Gäste starrte uns an.
„Was glotzt du denn so blöde?“, fauchte sie ihn an und stieß mich sanft vor sich hin.
In einiger Entfernung setzten wir uns auf einen Blumenkübel, dem dieses Jahr die Blumen untersagt worden waren. Sie reichte mir ein Taschentuch und legte mir einen Arm um die Schulter. Mit viel Geduld wartete sie meinen Ausbruch ab. Die Tränen versiegten und ich schneuzte mich. Dann erzählte ich ihr von Viveks Offenbarung auf dem Campus. Sie atmete tief ein und umarmte mich fester. Wir schauten uns nicht an. Vom Blumenkübel aus konnten wir den Eingang des Eiscafes beobachten. Ich hatte mich wieder beruhigt und spiele mit dem Taschentuch.
„Dich hat es echt erwischt, hm?“, fragte sie vorsichtig. Ich zuckte mit den Schultern. Sie rieb mir liebevoll über den Rücken.
„So ging es mir damals auch, als ich das erste Mal sah, wie Matthias dich geküßt hat.“ Ich drehte mich zu ihr und wollte sie anschauen. Kim blickte ins Leere und erzählte weiter.
„Damals zerriß es mich, euch so zu sehen. Ich hatte dir versprochen, daß ich mich von euch fernhalten würde, was eure Liebe betrifft. Nächtelang hab ich wachgelegen und in die Dunkelheit gestarrt. Und immer wenn wir was zu dritt unternahem, spielte ich die Rolle der Freundin. Das war nur äußerlich. Innerlich tobten meine Gefühle. Ich durfte mich nicht zwischen euch schieben. Mit jeden Treffen und eisernem Willen konnte ich schließlich Herr über meine Gefühle werden. Heute sind es freundschaftlich Gefühle zu Matthias. Mehr nicht. Ich stehe zwischen euch, Sara. Ich kann dich verstehen, wenn du so für Vivek fühlst wie ich damals für Mathias gefühlt habe. Es schmerzt mich aber zu sehen, wie Matthias, den ich auch mal geliebt habe, dich verlieren würde. Und ich könnte es nicht ertragen, wenn du alles für Vivek aufgeben würdest und zum Schluß beide verloren hättest. Sara, eine unerfüllte Liebe zerreißt dich und schlägt dein Herz in tausend Stücke, die dann schmerzvoll und spitz in deiner Brust sitzen. Und mit jedem Atemzug bohren sie sich tiefer in deine Gefühle.“ Meine Augen hatten sich erneuert mit Wasser gefüllt. Ich setzte mich seitlich zu ihr und umarmte sie. Nach einer Weile ließ ich sie los.
„Ich hatte ja gar keine Ahnung, wie es damals in dir aussah. Und ich dumme Pute…“ Kim streichelte mir über die Wange und lächelte. „Ist schon gut. Ich hab´s ja überstanden.“ Erneuert umarmten wir uns. Sie nahm ein neues Taschentuch und wischte mir meine Tränen ab.
„Dich hat´s wirklich erwischt.“, stellte sie fest und steckte das Taschentuch ein. Sie schaute in die Richtung des Eingangs vom Eiscafe.
„Geh zu ihm.“, sagte sie und nickte zum Eingang. Ich folgte ihrem Blick und sah, wie Vivek sich suchend umschaute.

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