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Teil 22


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag15.08.2010 00:04
Teil 22
von Lyrika
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„Diese alte Schreckschraube! Kommt sich ja so wichtig vor!“ Meiner Wut noch mehr Ausdruck zu verleihen, zog ich mit meiner Hand einen großen Bogen in der Luft nach. Kim lachte leise neben mir. „Was gibt´s denn da zu lachen?“, fuhr ich sie an. Sie lachte weiter. Genervt winkte ich ab.
„Sara, reg dich doch nicht so auf. Du weißt doch wie die von der Bücherei sind. V.I.P!“ Ich rollte die Augen in meinen Höhlen und schüttelte abfällig den Kopf. Wir gingen beide den Gang entlang, vorbei an den anderen Studenten und versuchten unseren Hörsaal zu finden.
Wie jeden Montag und zum Ende des Semesters war ein reges Treiben in der Universität zu verspüren. Studenten, die hektisch noch ihre Arbeiten abgaben, Bücher zurückbrachten oder Vorlesungen besuchten, um ihre letzten Scheine zu absolvieren. Es war wie in einem Ameisenhaufen. Ein riesiges Gewusel, aber trotzdem lief alles geregelt ab. Jeder kam an seinen Bestimmungsort. Auch wir fanden unseren Hörsaal. Wie immer bis auf den letzten Platz gut besucht. Wir setzten uns ganz nach oben in die Reihe, die noch einige Plätze frei hatte.
„Mit wem haben wir denn heute das Vergnügen?“, fragte ich Kim, während wir uns setzten.
„Professor Hempel.“, bekam ich zur Antwort. Ich konnte es mir nicht verkneifen und steckte meinen Finger in meinen geöffneten Mund und ahmte damit das große Erbrechen nach. Kim lachte kurz auf und holte ihre Papiere aus ihrer Tasche. War das ein Stimmengewirr! Dieses verstummte augenblicklich, als Professor Hempel den Hörsaal betrat. Gebannt schauten ihn die Studenten an.
„Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich begrüße zu unserem heutigen Seminar...“ Bla Bla Bla, hallte es in meinen Ohren und ich rutschte gelangweilt in meinen Sitz. Na, das kann ja was werden.
„Ich habe heute ein etwas anderes Seminar geplant...“, erklangen die Worte des Professors zu mir. Toll, löst du dich in Luft auf?, dachte ich und seufzte vor mich hin.
„Ich habe Ihnen einen Gast mitgebracht, der Ihnen die wirtschaftliche Lage der europäischen Länder erklären wird.“ Mein Mund verzog sich so weit, daß ich fast einen Krampf bekam. Ich schaute zu Kim, die begeistert auf Professor Hempel glotzte.
„Begrüßen Sie bitte ganz herzlich Herrn Shetty.“, endete Professor Hempel seine Rede. Die Studenten klatschten und ich zeichnete mit meinem Blick Kims Profil nach. Hatte sie schon immer so eine kleine Nase?
„Guten Morgen. Ich danke Ihnen für die nette Begrüßung und möchte auch gleich zum Thema kommen.“ Dieser Satz reichte aus, um meine Aufmerksamkeit von Kims Nase auf die Person zu lenken, aus dessen Mund der letzte Satz kam, den dieser Raum empfang.
Ich weiß nicht, wie lange ich mit geöffnetem Mund und aufgerissen Augen da saß. Der Redner hielt unbeirrt seinen Vortrag.
„Zayed!“, hauchte ich leise. Das Zittern setzte ein, gefolgt von dem Zucken in meinem Magen und meine Beine füllten sich wieder mit Pudding.
„Zayed!“, hauchte ich noch einmal und verspürte den Druck auf meinen Lippen. Die Erinnerung an seinen Kuß versetzte mir Schwindel.

Ich nahm ihn in voller Größe wahr und sah auch, daß er redete, aber seine Ausführungen drangen nicht zu mir durch. Mich packte der Schwindel mit eiserner Hand im Nacken und schnürte mir die Halsschlagadern zu. Der Blutfluß zum meinem Gehirn war behindert, was zur Folge hatte, daß der Hörsaal immer kleiner und dunkler wurde. Würde ich jetzt nichts unternehmen; ich läge der Länge nach auf dem Boden und würde mich einer Ohnmacht nach der anderen hingeben. Nein, nicht hier und nicht jetzt entschied ich. Mit mir selber beschäftigt, entging mir, daß Kim mich ansprach.
„Ist das nicht der Arzt?“, flüsterte sie mir zu, ohne den Blick von Zayed zu wenden. „Sara?“ Kim sprach meinen Oberschenkel an. Verwundert schaute sie an mir hoch, da ich in der Zwischenzeit aufgestanden war.
„Wo willst du denn hin?“, preßte sie zwischen ihren Zähnen hervor. Sie liebte es gar nicht, wenn sich in ihrer Nähe Unruhe aufbaute, die ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit auf sich zog. Von der konnte sie in den folgenden Minuten mehr als genug haben; und ich erlebte die peinlichsten Minuten meines Lebens.
„Ja, die junge Frau in der letzten Reihe. Sie wissen die Antwort auf meine Frage?“ Ich befand mich in einem ganz anderen Geschehen, daß daraus bestand, Kims Unmut von mir zu halten.
Wild fuchtelnd stand ich in gebückter Haltung vor Kim, die keine Anstalten machte aufzustehen. Wie eine Ziege am Strick war mein letzter Gedanke, ehe ich langsam begriff, daß mich der gesamte Hörsaal anschaute. Ein Königreich für ein riesiges Loch im Boden!
In meiner Handlung erstarrt, ließ ich meinen Blick langsam an einigen Studenten entlang gleiten. Kim sank leise und unmerklich auf ihrem Sitz zusammen, in der Hoffung sie sei jetzt klein genug, um übersehen zu werden. Das erhöhte meine Chance noch mehr aus der Masse hervorzustechen. Bedächtig richtete ich mich auf, ohne die Studenten aus den Augen zu lassen. Erwartungsvoll schauten sie zurück.
„Wie würden Sie die Auswirkungen des deutschen Exports auf die anderen Eu-Länder beurteilen?“ Die Frage schallte so unvermittelt in den schweigenden Hörsaal, das ich vor Schreck zusammenzuckte und mich von den Blicken der anderen riß.
„W- W- Was?“, stotterte ich unsicher und schaute Zayed nun direkt an.
Zayed stand am Rednerpult und stützte seine Arme auf dem Pult ab. Sein Gesicht lag im Schatten der kleinen Lampe, die die Unterlagen des jeweiligen Redners beleuchtete. Wie männlich er wirkte und so unwiderstehlich. Und diese Lippen! Sara, denke an den Pudding in den Beinen und an die geringe Blutzufuhr in deinem Hirn, erinnerte mich das Männchen in meiner Großhirnrinde.
Jetzt wurde es richtig bunt in meinem Körper. Zu dem Pudding kamen die Hormone, die mir signalisierten: Du willst ihn küssen! Und nun kam das Männchen mit den Schalthebeln völlig durcheinander. Es konnte weder den Pudding steuern, noch die Blutzufuhr erhöhen, noch den Hormonen Widerstand leisten und legte aus lauter Verzweiflung den Schalter für die peinlichste Äußerung meines Lebens um, die auch sofort ausgeführt wurde und mit dem Wort ´Scheiße´ endete.
Ich hatte tatsächlich in die Stille des Raumes und für alle hörbar ´Scheiße´ gesagt. Zeitgleich rutschte Kim nun unter ihren Sitz, das Männchen knallte vor Erschöpfung mit dem Kopf auf seine Schalthebel, Professor Hempel bekam den Mund nicht mehr zu und einige Studenten murmelten vor sich hin. Ich hätte nur das Männchen retten können, indem ich meinen Kopf platzen ließ und das Männchen wäre mit riesigen Schritten aus dem Hörsaal geflüchtet. Mein Kopf war purpurrot und glühte heiß.
„Wie scheiße?“, fragte Zayed amüsiert und wartete auf meine Antwort. Dabei nahm er die Arme vom Pult und verschränkte sie vor seiner Brust. Einige Studenten fingen an zu kichern. Zayed schaute mich weiter unvermittelt an, grinste frech und wartete. Das Männchen in meiner Schaltzentrale war nicht mehr im Stande mir zu helfen.
Was jetzt die Führung übernahm war der Selbsterhaltungstrieb. Und der war auf Flucht programmiert. Ich riß mich von Zayeds Blick weg und stieg über Kims Sitz hinweg, was nicht schwer war, da sie jetzt wohl schon auf allen vieren aus dem Hörsaal geschlichen war. Ich nahm um mich herum nichts mehr war. Nur raus, raus hier, drämmelte mein Trieb. Durch die Bewegung meines Körpers wurde das Männchen in meinem Hirn wieder aktiv und legte mit aller Macht den Hebel für ´Anstand und Benehmen´ um.
Während meiner Flucht brachte ich noch ein paar Mal ein ´Entschuldigung´ zustande und ereichte mit schnellen Schritten die Tür. Als ich sie hinter mir geschlossen hatte, lehnte ich mich mit dem Rücken an sie. Sara, du bist ein riesiges Schaf. Das wird mächtigen Ärger geben, dachte ich und schloß meine Augen.

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