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Teil 03


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag14.08.2010 23:39
Teil 03
von Lyrika
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Als wir an der Universität ankamen, stieg er aus und öffnete mir die Beifahrertür. Mit meinen mehr als zusammengeflickten Blättern, die jetzt meine Seminararbeit darstellen sollten, stieg ich aus. Es war mir schon ein wenig peinlich, da ich selten so eine höfliche Art erlebt hatte.
„Danke für´s herfahren.“ sagte ich. Die Bücher hielt ich mit meinen vor der Brust verschränkten Armen fest. Die Seminararbeit klemmte umständlich unter meinem Arm. Somit war es mir unmöglich ihm zum Abschied die Hand zu geben.
„Ich bitte Sie! Ich war es Ihnen schuldig. Ich hoffe, Sie kommen noch pünktlich.“ Mit aufgerissenen Augen schaute ich ihn an.
„Oh nein, die Zeit! Die habe ich total vergessen. Also, danke!“ rief ich ihm zu, während ich schon einige Stufen der Treppe hinaufgelaufen war. Ich drehte mich nicht um, hörte aber, wie er mir nachrief:
„Ich heiße Vivek. Und Sie?“ Mein Name wurde von dem Wind getragen und als ich durch die Glastür der Universität trat, mußte ich mich herumdrehen, um durch den Gang in die Bibliothek zu gelangen. Erst dachte ich, meine Augen täuschten mich, aber als ich näher an die Scheibe trat, sah ich, wie er immer noch an der Beifahrertür stand und meinen Namen mit den Lippen formte, lächelte, einstieg und fort fuhr. Kopfschüttelnd stand ich wie sich ein verwurzelnder Baum da und wußte nicht, wie ich diese Szene zu deuten hatte. Der laute Gong der Universtätsuhr ließ mich zusammenfahren und verhinderte eine völlige Verwurzlung mit meinem jetzigen Standpunkt. So schnell mich meine Beine trugen kam ich vor der Bibliothek an. Die Gefahr von der Universität zu fliegen war mir zu hoch, bei dem Gedanken an den Einbruch in die Bibliothek, die sich streng an die Öffnungszeiten hielt. Nicht eine Minute Gnadenfrist räumten sie einem ein und so stand ich vor verschlossener Tür. Die aufsteigende Wut entlud sich an der Bibliothekstür mit einem kräftigen Tritt, den ich ihr verpaßte und mich umdrehte, um wenigstens mein Übel von Seminararbeit abzugeben. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, daß noch jemand in der Bibliothek war. Die Tür wurde aufgerissen, ich fuhr erschrocken herum und blickte in ein strenges Gesicht, daß ich als die immer mißgelaunte Bibliothekarin identifizierte. Sie musterte mich von oben bis unten und zog ihre dicke Hornbrille ein Stück von ihrer Nase. Wie ein eingeschüchtertes Mädchen entfuhr mir ein unschuldiges Lächeln gefolgt von einem `Tschi` unterstützend mit eingezogenem Kopf. Es fehlte nur noch, daß ich meinen Fuß auf dem Boden hin und her drehte.
„Das nennen Sie erwachsen? Und anscheinend haben Sie zuviel Geld für die Reparatur der Tür! Wenn Sie lesen könnten, würden Ihnen die Worte wie `Öffnungszeiten` und `fristgerechte Abgabe` etwas sagen.“ keifte sie mich an. In die Verteidigungsposition gedrängt, holte ich Luft, um mein Anliegen zu schildern. Sie hob die Hand und signalisierte mir, daß sie nicht im geringsten Wert darauf legte, warum, wieso und weshalb.
„Ja, ja, jetzt kommt wieder die übliche Studentenleiher. Nein, die will ich nicht hören. Kommen Sie zu den Öffnungszeiten wieder!“ knallte sie mir unverblümt entgegen, ließ mich stehen und knallte mir die Tür vor der Nase zu. Ich stand wie ein begossener Pudel da und wußte, die Bücher waren verloren und mein Konto auch. Die Nachgebühren waren teuer und für mich nicht gerade erfreulich. Ich hätte es wohl nie im Leben gewagt, aber da der Tag so einen umgekehrten Verlauf genommen hatte, brüllte ich durch die Tür hindurch:
„Du blöde Ziege!“ Im gleichen Moment war ich so schockiert über meinen Satz, daß ich an das vorherige Verhalten eines kleinen Mädchens anschloß und schnell wegrannte. Mich verfolgte das wütende Gefluche der `blöden Ziege`. Soll sie ruhig, dachte ich mir und wurde von einem ausgestreckten Arm gestoppt, den ich meiner Freundin Kim zuordnete. Mit einem riesigen Knall fielen mir die Bücher auf den Boden.
„Nicht schon wieder!“ sagte ich genervt und bückte mich.
„Wie, nicht schon wieder?“ fragte sie verständnislos und half mir die Bücher aufzuheben. In kurzen Sätzen mit dem Rest der Bücher orderte ich sie in die Cafeteria, wo sie auf mich warten sollte. Nichts verstehend kam sie meiner Aufforderung nach und lief los. Ich meinerseits rannte die Treppen hoch, den Gang entlang, wieder eine Treppe höher und stand außer Atem vor der Tür meines Professors. Einmal tief durchatmend klopfte ich an und wartete. Wie nicht anders zu erwarten, erklang hinter der Tür ein überheblich langgezogenes `Ja`. Ich konnte ihn nicht ausstehen, war aber doch von ihm abhängig. Ich trat ein und fand ihn an seinem Schreibtisch vor. Er blickte nicht einmal hoch. Emsig ging er seiner Arbeit nach.
„Professor Hempel? Ich bringe Ihnen meine Seminararbeit.“ versuchte ich die Aufmerksamkeit im geräusperten Ton auf mich zu ziehen. Mit einer abwertenden Handbewegung deutete er auf einen Stapel Papiere.
„Legen Sie sie dort hin.“ Ich trat einen Schritt auf den Stapel zu und legte dort meine verhunzte Seminararbeit ab. Die Stimmung in dem Raum war erdrückend. Der Professor und das dumme Frauenzimmer. So kam ich mir vor und stand verloren vor dem Stapel.
„Noch Fragen, Frau Kramer?“ fragte er mich in einem herauswerfenden Ton.
„Nein, das war es schon.“ gab ich eingeschüchtert zum Besten.
„Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag.“ Für ihn war die Angelegenheit erledigt und ich verließ den Raum. Ich riß mich zusammen, denn ein Tritt gegen die Tür meines Professors wäre zu hundert Prozent mein Untergang gewesen. Die etwas anderen Ausdrücke, die mir einfielen ihn zu betiteln, schluckte ich artig herunter.
In der Cafeteria entdeckte ich an einem Tisch Kim und steuerte auf sie zu. Wie ein nasser Sack ließ ich mich auf einen der Stühle fallen. Kim schaute mich interessiert an und holte mir eine heiße Schokolade. Dankend nahm ich ein paar Schlücke.
„Jetzt erzähl mal. Was ist passiert?“ versuchte sie mir zu entlocken.

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