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Teil 02


 
 
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Lyrika
Leseratte
L


Beiträge: 130
Wohnort: Berlin


Liebe einen Inder
L
Beitrag14.08.2010 23:38
Teil 02
von Lyrika
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„Ich nehme an, daß ist Ihre Seminararbeit?“ fragte er und blickte mich wieder an.
Mit einer Handbewegung wischte ich die Antwort in den Wind und schaute mich auf dem Boden um. Ein Buch lag direkt vor seinen Füßen. Ich bückte mich, um es aufzuheben. Er hatte das Buch auch bemerkt und bückte sich ebenfalls. Wir griffen gleichzeitig nach dem Buch. Ich hatte das Buch schon in der Hand, als er auch zugriff und sich unsere Hände berührten. Mir war, als hätte mich ein Blitz getroffen. Wir kamen beide aus der gebückten Haltung hoch und standen das Buch halten auf dem Gehweg. Es wäre nur ein Blitz gewesen, wenn sich in diesem Moment nicht unsere Blicke getroffen hätten und er mir ein Hauch von einem Lächeln schenkte. Mein Herz setzte für eine Sekunde aus, um im nächsten Moment zu einem Spurt anzusetzen. Es klopfte mir bis zum Hals und ich starrte ihn an. Dann wichen die Wolken der Vernebelung, die Vernunft gewann die Oberhand und ich riß ihm das Buch aus der Hand.
„Es fehlen noch ein paar Bücher.“ fuhr ich ihn wieder schroff an. Wenn ich gewußt hätte, daß dieser Mann in diesen paar Minuten mein weiteres Leben in ein komplettes Chaos stürzen würde, wäre wohl jetzt der richtige Zeitpunkt gewesen in Ohnmacht zu fallen.


Ohne einen Kommentar schaute er sich suchend auf dem Boden um und hob zwei weitere Bücher auf. Ich pflückte eines unter dem Auto hervor und wollte ihm die anderen zwei aus der Hand nehmen. Mit einem leicht schiefgelegten Kopf schaute er mich an und gab die Bücher nicht aus seiner Gewalt.
„Ich bin Ihnen etwas schuldig. Und ich möchte nicht, daß Sie wegen mir Probleme bekommen. Wie wäre es, Sie schließen hier Ihr Fahrrad an und ich fahre Sie in die Universität?“ sagte er in einem vertraulichen Ton, sodaß ich keine Befürchtungen hatte, dieses Angebot nicht anzunehmen.
„Einverstanden.“ grummelte ich und riß ihm die Bücher aus der Hand, schloß mein Fahrrad an und nahm die restlichen Bücher aus dem Fahrradkorb. Er war ein richtiger Gentleman und öffnete mir die Beifahrertür. Ohne ihn anzuschauen nahm ich Platz. Wie versteinert saß ich in dem Auto und kam mir angesichts des noblen Autos schäbig vor. Kurze Zeit später saß er neben mir und wollte gerade den Wagen starten, als er mich anblickte.
„Was?“ fragte ich leicht gereizt. Er deutete nur auf die Motorhaube und blickte mich wieder an.
„Und was ist mit Ihrer Seminararbeit?“ sagte er grinsend. Im nächsten Moment sammelten wir die losen Blätter von der Motorhaube und die flüchtigen Blätter auf der Straße wurden je ihrer Freiheit beraubt.
Während der Fahrt versuchte ich, die Blätter zu einer brauchbaren Seminararbeit zusammenzufügen. Sie sah schrecklich aus. Einige Seiten wiesen häßliche Flecken auf, die mir die Tränen in die Augen trieb. Wie ich es manchmal haßte, dieses Studium. Diese Uni, diesen Professor, meinen Nebenjob und auch mich. Ja, ich haßte mich! Bei dem Gedanken liefen mir die Tränen über die Wangen und gesellten sich zu den häßlichen Flecken auf den Seiten. Ich bemerkte nicht, wie der Wagen gestoppt wurde und sich eine Hand auf meine Schulter plazierte. Erschrocken fuhr ich herum. Seine Augen fragten mich und enthielten einen leichten Schmerz.
„Warum weinen Sie denn? Ich fühle mich so schuldig, wenn Sie weinen.“ hauchte er zärtlich. Mein Herz spurtete wieder los. Ich ließ es zu, daß er seine Hand länger als gewöhnlich für sich fremde Menschen auf meiner Schulter ließ. Ich senkte peinlich berührt den Kopf und murmelte etwas von, er wäre ja nicht Schuld daran, sonder ich selber. Um mich besser verstehen zu können, rückte er etwas näher an mich heran. Der wundervolle seifige Geruch huschte an meiner Nase vorbei. Mein Magen machte eine Vorwärtsrolle und tanzte verrückt in meinem Körper, als ich seine Wärme spürte. Sein Atem prallte gleichmäßig an meinen Nacken. Ich verspürte das Gefühl, ihn küssen zu wollen. Plötzlich erschien das Gesicht von Matthias vor meinem geistigen Auge und ich riß mich zusammen. Vorsichtig nahm ich seine Hand von meiner Schulter und lächelte ihn an.
„So gefallen Sie mir besser.“ lächelte er mir auch zu und startete den Wagen wieder. „Machen wir uns auf den Weg, damit Ihre Seminararbeit auch irgendwann die Uni erreicht.“
„Ja.“ entgegnete ich ihm und konzentrierte mich wieder auf das Sortieren der Blätter. Auch wenn ich vorgab, konzentrier zu sein, blickte ich unauffällig zur Seite und beobachtete ihn. Wie sicher er den Wagen durch den Verkehr steuerte, dachte ich und bewunderte sein schwarzes festes Haar, welches er kurz trug und mit etwas Haargel wuschelig in alle Himmelsrichtung gestrichen hatte. Es verlieh ihm ein jugendliches Aussehen. Wie alt er wohl sein mag?

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