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Kino Vollbart Eselsohr
Beiträge: 236
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11.08.2010 17:00 Des Menschen Tun von Kino Vollbart
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Hi.
Hier mal ein kurzer Text, der sich eher als Essay versteht (ist also möglicherweise falsch gepostet...)
Des Menschen Tun
Jemand sagte einmal zu mir: Ich wünschte, man würde mich nicht stets nach meinem Handeln beurteilen.
Sofort stieg ein Widerspruch in mir auf: Woran, wenn nicht am Handeln – oder auch am Nicht-Handeln – kann ein Mensch gemessen werden?
In der Bibel steht: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen!
Und in Goethes Faust heißt es: Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehen!
Der Gedanke, dass Tun und Handeln einen Menschen bestimmen, steckt tief im Kopf.
Aber warum?
Mein Tun muss terminiert bleiben durch den, der ich bin. Durch meine Ängste. Dadurch, dass mich manchmal der Mut verlässt, dass eines zum anderen führt und sich der Kontrolle entzieht.
Leider ist es so: Das Gesagte wird oft für eine Art Absichtserklärung gehalten. Und folgen darauf keine Taten, erscheint das Gesprochene als Lüge und unglaubwürdig.
Das Wort ist mehr als eine Absicht. Es ist mein wahres Wesen, das an die Grenze seiner Handlungsmöglichkeiten stößt und plötzlich allein steht.
Der Geist aber – er ist frei, die Grenze zu übersteigen, in Gegenden vorzustoßen, von denen die physischen Möglichkeiten kaum eine Ahnung haben.
Einen Menschen nach seinem Handeln zu beurteilen, ist die Beurteilung seines Scheiterns; seines Unvermögens, mit dem Tun das Wollen zu einzuholen.
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sleepless_lives Schall und Wahn
Administrator Alter: 58 Beiträge: 6475 Wohnort: München
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12.08.2010 03:16
von sleepless_lives
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Hallo Kino,
ich hab dein Essay hierhin in "Biografisches & Sonstiges" verschoben. Es erschien mir hier viel besser aufgehoben.
Grüße
- sleepless_lives
_________________ Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)
If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright) |
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18344
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12.08.2010 09:15 Re: Des Menschen Tun von MosesBob
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Moin Kino!
Interessante, aber für mein Verständnis etwas löcherige Sichtweise. Da fehlt ein Term in der Gleichung: Erfolg! Wenn die Beurteilung des Handelns eine Beurteilung des Scheiterns ist, was wäre dann die Beurteilung einer geglückten Tat, eines Durchbruchs oder das Erreichen eines Ziels? Ich kann mir meine Gedankenwelt in den heroischsten Farben malen, kann mich in mein Innerstes zurückziehen, um Pläne zu schmieden, zu träumen und Illusionen nachzuhängen. Das erfordert nichts weiter als Fantasie, Konzentration, bisweilen sogar harte mentale Arbeit und vor allem Grips. Aber wenn wir anfangen, eine Idee nicht in die Tat umzusetzen, verkommen wir doch zu einem Volk von Schöngeistern? Ein Ziel ist schnell gesteckt. Die Gedanken sind frei. Die Herausforderung jedoch ist die Handlung. Die Herausforderung ist es, seinen inneren Schweinehund zu überwinden und Tat werden zu lassen, was bislang nur Träumerei, Gedanke, Idee oder Wort war.
Beste Grüße,
Martin
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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Alogius Kinnbeber
Alter: 47 Beiträge: 3206
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12.08.2010 11:01
von Alogius
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Moin,
die grundsätzliche Idee oder Fragestellung nach der Art der Beurteilung eines Menschen (bzw. welche Kriterien anwendbar sind) ist natürlich interessant. Nicht neu, aber immer wieder aktuell und wichtig.
Was mir aber fehlt, in diesem doch recht kurzen Text, ist eine genauere und damit differenzierte Betrachtung des Themas. So reihen sich Wahrheiten und auch weniger durchdachte Aspekte nacheinander, ohne dann eine feste Struktur, Richtung bzw. gar ein Fazit zu finden.
Dazu ist der Text zu kurz, sind die Grundideen zwar vorhanden, aber im Prinzip Chiffren, die nicht weiter hinterfragt oder analysiert werden.
Beispiele:
Zitat: | Ich wünschte, man würde mich nicht stets nach meinem Handeln beurteilen. |
Der Ansatz ist gut gewählt, ist doch das Handeln der zentrale Punkt dessen, wie man den anderen Menschen beurteilen kann. Ganz bestimmt ist es nicht alles, aber es ist konkreter als jeder Gedankengang, der ja geäußert werden muss, um beurteilt werden zu können - und selbst dann muss man auch die Frage stellen:
Ist das Sagen dasselbe wie eine Handlung?
Ich meine übrigens: ja.
Das ist ein strittiger Punkt, auf den auch hätte eingegangen werden müssen.
Zitat: | Woran, wenn nicht am Handeln – oder auch am Nicht-Handeln – kann ein Mensch gemessen werden? |
Hier wäre die Chance gewesen, philosophisch abzuschweifen:
Ist Nicht-Handeln Handeln?
Darf ein Mensch nach seiner Lethargie beurteilt werden oder gibt es Rechtfertigungsmöglichkeiten?
Zitat: | Mein Tun muss terminiert bleiben durch den, der ich bin. Durch meine Ängste. Dadurch, dass mich manchmal der Mut verlässt, dass eines zum anderen führt und sich der Kontrolle entzieht. |
Gerade der Kontrollverlust, das Chaos und ein möglicher Determinismus all unserer Handlungen - das könntest Du an dieser Stelle viel ausführlicher behandeln!
Zitat: | Das Gesagte wird oft für eine Art Absichtserklärung gehalten. Und folgen darauf keine Taten, erscheint das Gesprochene als Lüge und unglaubwürdig. |
Ein Zusammenhang mit dem erwähnten Kontrollverlust wäre hier sinnvoll:
Denn es ist doch so, dass das Gesagte (tatsächlich IST es als Absichtserklärung zu verstehen, weil jeder auch eine Erwartungshaltung in einem Gespräch und im Miteinander hat), die Absicht, korrumpiert werden kann durch äußere Umstände, die sich der direkten Kontrolle entziehen.
Dass der Mensch sein Leben vollständig in der Hand hat, IST eine Illusion, über die man nicht streiten braucht.
Die Frage ist, ob er ausbrechen kann und zu einem Ganzen sein eigener Herr werden kann.
Das Entstehen einer Lüge, absichtslos entworfen durch teilweise unbeabsichtigte Fehler oder Fährnisse des Außen, ist differenzierter zu sehen. Denn manchmal ist sie einfach nicht gewollt gewesen.
Hier will ich widersprechen:
Zitat: | Das Wort ist mehr als eine Absicht. Es ist mein wahres Wesen, das an die Grenze seiner Handlungsmöglichkeiten stößt und plötzlich allein steht. |
Das Wort ist weniger als das, wenn es überhaupt stets eine Absicht ist (meist ist es das, aber eben nicht mehr):
Gesagt wird das Wort schnell. Aussagen werden von uns dutzendfach am Tag getroffen, dabei wird gelogen, verletzt, beleidigt - und die Konsequenzen zeigen sich manchmal nur versteckt.
Das Wort allein ist nichts - es schafft eine aus Absicht, Erwartung, Zweifel und Ergebnischance erschaffene, virtuelle Welt. Die Gedanken sind frei, aber sind sie greifbar? Nur durch Umsetzung in Materielles - Taten!
Das
Zitat: | Der Geist aber – er ist frei, die Grenze zu übersteigen, in Gegenden vorzustoßen, von denen die physischen Möglichkeiten kaum eine Ahnung haben. |
ist die einzige Wahrheit.
Wenn die Vorstellungskraft siegt über einen gedachten oder tatsächlichen Determinismus, entsteht Neues. Insofern liegt der Goethe nicht allzu falsch:
"Nur wer strebend sich bemüht, den können wir erlösen."
So ist es auch.
Zitat: | Einen Menschen nach seinem Handeln zu beurteilen, ist die Beurteilung seines Scheiterns; seines Unvermögens, mit dem Tun das Wollen zu einzuholen. |
Das hingegen ist so nicht richtig:
Die Beurteilung einer Tat als Tat ist sicher legitim und sinnvoll. Das steht außerhalb jeder Diskussion.
Aber Scheitern und Handeln als unabdingbare Verknüpfung zu sehen, halte ich für einseitig und falsch. Eine Tat bleibt eine Tat, gleich welche Folgen sie hat. Das Scheitern entsteht, wenn die Erwartungshaltung und das Ergebnis in einem Missverhältnis stehen.
Selbst eine böse Tat ist, wenn sie vom Handelnden so beabsichtigt ist, erfolgreich, wenn sie das Ergebnis erbringt, das erwünscht war:
Nimmt Person X ein Messer und erdolcht Person Y, dann ist die Tat, wenn in ihr die Absicht steckt, Y zu töten, erfolgreich. Dann wären wir bei Ursache-Wirkung. Manchmal steht die Wirkung aber eben vor der Ursache - jede Tat hat Konsequenzen.
Handeln ist nicht gleich Scheitern!
Das Scheitern entsteht durch endlos viele Faktoren, die im speziellen Fall alle verschieden sind. Ob am Ende aller Tage ALLE Handlungen ALLER Menschen zum Scheitern führen (in einer ganzen Ereigniskette von Folgehandlungen, Effekten etc.), wissen wir nicht.
Determinismus ist eine Weltsicht, die existiert - glaubt man daran, ist aber jedes Handeln von sich aus schon kein Handeln, sondern ein schicksalgesteuertes Zittern von Neuronen, wenn überhaupt.
Das menschliche Unvermögen ist einfach menschlich...
Fazit:
- Gedanken werden nicht tiefer ausgeführt
- so fehlt es an Struktur
->
Länger, mehr!
Lg
Tom
_________________ Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt. |
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Hardy-Kern Kopfloser
Alter: 74 Beiträge: 4841 Wohnort: Deutschland
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12.08.2010 14:19
von Hardy-Kern
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Die beiden Genialitäten über mir, haben schon fast alles gesagt. Denke aber es gibt da noch was, nämlich Glaubwürdig- und Verlässlichkeit, ohne die sowieso jedes Tun und Handeln erstickt wird.
Es ist nicht gerade angenehm, laufend feststellen zu müssen, dass z.B. Verabredungen und Absprachen, egal welcher Art, nicht eingehalten werden.
Das zermürbt mit der Zeit Beziehungen, wie Freundschaft und Liebe. Sie können kaputt gehen. Auch bei den Betroffenen werden sich mit der Zeit seelische Schäden ergeben, weil sie bald an nichts mehr glauben. Warum das so sein kann, darüber könnten nur alltägliche Ereignisse Auskunft geben um die Ursachen zu ergründen.
Die Charaktere der Menschen sind unergründlich und philosophieren bringt uns sicherlich diese oder jene Erkenntnis, ändert aber an den Verhaltensweisen wenig. Wir sehen und hören es doch an den tagtäglichen
Ereignissen und auch die 10 Gebote der Moral und Ethik werden das nicht ändern. Eine Analyse darüber kann man sich schenken.
Trotzdem, Kino, ein guter nachdenkenswerter Text, wie auch die Reaktionen hier beweisen.
Hardy
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