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Liluye Gänsefüßchen
Alter: 32 Beiträge: 24 Wohnort: NRW
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24.07.2010 05:19 Die Geschichte von John Crookerdale von Liluye
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An dem Tag, an dem John Crookerdale starb, war der Himmel von der Farbe reifer Zitronen, die aus einer plötzlichen Laune heraus beschlossen hatten, dass ein Tomatendasein ihnen doch viel mehr liegen würde. Mit anderen Worten illustrierte ein ausgesprochen dramatischer, schmutzig orangefarbener Abendhimmel die 9mm-Kugel, die das Leben aus John hinaus direkt in die frisch gestrichene Wand des Fischfachgeschäftes von Mr. Barley beförderte.
Das fand dieser routinierte Herr jetzt überhaupt nicht lustig, schließlich war er ein Gewohnheitsmensch, dessen ganze sorgfältige Tagesplanung durch solche unvorhersehbaren Ärgernisse auf den Kopf gestellt wurde. Er machte schon Anstalten, sich zu beschweren, als ihm auffiel, dass John ihm wohl nicht mehr so richtig zuhören würde. Er glubschte auf den Körper hinab, der sich vor ihm auf dem Boden ausgestreckt hatte und kratzte sich am graumelierten Hinterkopf.
Was tun?
Er warf einen Blick zu beiden Seiten, konnte aber niemanden entdecken. Es war irgendwie ziemlich neblig.
Mr. Barley zuckte mit den Schultern, schulterte dann John Crookerdale und stopfte ihn kopfüber in die rostüberzogene Restmülltonne. Er hatte einen Moment mit sich gehadert, sich aber dann doch gegen den Biomüll entschieden: Wer wusste schon, ob der Mann nicht vielleicht Synthetikfasern trug? Das würde nichts als Scherereien geben, damit wollte er nichts zu tun haben.
Mr. Barley grunzte selbstzufrieden und zwirbelte mit den rosafarbenen Wurstfingern seinen mächtigen Schnauzbart. Dann ließ er die Tonne zurück, aus der jetzt John Crookerdales Füße in die Luft ragten wie ein Ast, den man mit einer soliden Axt in der Mitte gespalten hatte und machte sich wieder an seine eigene Hackarbeit im Fischfachhandel.
Irgendwo aus den Etagenhäusern hörte man eine leise Musik, und Mr. Barley fand, dass sie sehr gut zum schönen Wetter passte. Nur der Nebel passte ihm so gar nicht, aber es konnte ja nicht immer alles so laufen, wie man es gerne hätte …
Weitere Werke von Liluye:
_________________ "Ein weißes Schloß in weißer Einsamkeit.
In blanken Sälen schleichen leise Schauer.
Todkrank krallt das Gerank sich an die Mauer,
und alle Wege weltwärts sind verschneit.
Darüber hängt der Himmel brach und breit.
Es blinkt das Schloß. Und längs den weißen Wänden
hilft sich die Sehnsucht fort mit irren Händen ...
Die Uhren stehn im Schloß: es starb die Zeit."
-Rilke |
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duluoz Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 518 Wohnort: Bielefeld
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26.07.2010 21:19
von duluoz
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nicht schlecht, Spannung aufgebaut, interessante Figur mit eingeflochten,und das Wetter spielt auch wieder nicht mit, mit Farbe gespielt und den Leser irgendwie voller Fragen zurückgelassen...eine hätte ich da...dieser John Crookerdale...ist das eine Art Fisch ?
Beste Grüße...duluoz
_________________ schreiben ist leben...ohne leben kein schreiben... |
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MagicMushroomTea Klammeraffe
Alter: 34 Beiträge: 525 Wohnort: München
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03.08.2010 14:36
von MagicMushroomTea
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Interessanter Text mit einer sehr metaphernreichen Sprache!
_________________ "The story of life is quicker than the wink of an eye.
The story of life is 'Hello' and 'Goodbye' until we meet again."
Jimi Hendrix |
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