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Autor |
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Lovecraft Wortedrechsler
Alter: 33 Beiträge: 68 Wohnort: Zürich
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22.06.2010 19:45 Tagebuch eines Götzen - 2 von Lovecraft
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Nietzsche sagt in seiner "Götzendämmerung" er wäre ein posthumer Mensch gewesen. Ich hingegen bin ein prähumer Mensch.
Meine Seele speist sich aus dem Quell vergangener Tage, erloschener Nächte, aus wildem Wein und prachtvollen Ballsälen,
aus dem flackernden Schein dämmernder Kerzen. Mein Wesen ist das des Leoparden.
Wie der Fürst Salina stehe ich zwischen den Zeiten,
habe meinen Fuß sowohl im heute als im gestern und fühle mich weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart zuhause.
Wo sind die Ideale hin, die an schwülen Sommertagen Schicksale ob ihrer Unerfüllbarkeit zur Verzweiflung trieben?
Wo sind die Seelen hin, die sich für eine Idee wie die Ehre (den Begriff kennen wir heute gar nicht mehr, und wenn, dann ruft er nur ein leichtes, verlegenes Lächeln auf den hektischen, leichtlebigen, nichtssagenden Gesichter der Kapitalmenschheit hervor)
aufopferten, ihr für die Liebe riskierten, und es damit erst lebenswert machten?
Wir wissen das erhabene Glück des Lebens nur dann zu schätzen,
wenn wir es für etwas Höheres aufs Spiel zu setzen wagen.
Nur die Flüchtigkeit des Lebens verleiht ihm seinen unsterblichen Wert.
Zeitgemäße Menschen haben die Gabe zu genießen verloren.
Der Liebesakt ist für sie nichts mehr als körperliche Ertüchtigung.
Für mich ist er nicht nur die Vereinigung zweier Körper, er bedeutet die innigste Form des Einverständnisses zweier Seelen, die das Universum in Jahrmillionen geschaffen hat.
Wenn sich zwei Menschen lieben, im doppelten Sinne lieben, kann die Erde unter Feuer und Donnergrollen zusammenstürzen,
sie wären dankbar.
Ich genieße es hier zu sitzen und Wortgebäude zu schaffen, die die Zeiten überdauern.
Egal ob sie jemals von einer anderen Person als mir gelesen werden, sie existieren.
Das Schöne an Gedanken, an Literatur, ist die Unvergänglichkeit mit der sich die Wörter einen festen Platz im endlosen Kreislauf der Ewigkeit reservieren,
der ihnen unter keinen Umständen,
von keiner Macht der Welt wieder genommen werden kann.
Nur noch Wenige haben ein wahrhaft poetisches Gedächtnis.
Sie genießen die kleinen Dinge des Lebens, die Überflüssigen, weil sie verstanden haben,
dass nur das Unscheinbare Ausdruck des Vollkommenen sein kann.
Yann Tiersens Musik zum Beispiel.
Poetische Gemüter erinnern sich an ein zu Boden taumelndes Blatt im Herbst,
an den Weg des Regentropfens,
der in einer mondverdunkelten Nacht an einer Autofensterscheibe hinunterlief…
Ich danke dir.
Weitere Werke von Lovecraft:
_________________ "That is not dead which can eternal lie / And with strange aeons even death may die." - H. P. Lovecraft |
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Gast2 Eselsohr
G
Beiträge: 459
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G 23.06.2010 08:42 .. von Gast2
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Hallo Lovecraft,
Beieindruckend, wirklich.
Deine Sprache gefällt mir, der Inhalt gefällt mir.
EIn eiziger Vorschlag: Wäre es nicht besser, Tiersen wegzulassen, also nicht konkret zu werden?
Ich weiss es einfach nicht.
Liebe Grüße
Heidi
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