Schlaflos

[BlueNote]

Fremd
erscheint ihm nun sein Haus
da durch des schwarzen Vogels Flügelschlag
die Mauern lautlos fielen

Mondlicht trocknet ihm die Augen
beim Warten auf den ersten Schlaf
Der Morgen ist noch fern
liegt hinter dunklen Hügeln

Kein Traum
der diese Angst gebar
Einst kam sie unbemerkt
blieb dann die ganze Nacht
ging zögernd nur am Tage

[anuphti]

Hallo Kopflos

Sprachlich, wie so oft, sehr eingängig. Deine Sachen lese ich immer gerne.

Mein erster Gedanke (unabhängig vom Titel) war, ein physisch zerstörtes Haus, etwa durch eine atomare Explosion. (aber nur im ersten Moment)
Beim Weiterlesen dann, woher kommen die Tränen, die das Mondlicht trocknet?

Unverständlich wurde es für mich erst zum Schluss. Du sprichst von Angst (ohne Traum, also kein Alptraum), aber der ganze Text vorher lässt gefühlsmäßig keine Angst erkennen.

Für mich klingt es eher wie die Beschreibung einer Depression (die mit Ängsten eher nichts zu tun hat), ist auch eher selten mit Tränen verknüpft.

Echte Depressionen sind von "Gefühlsleere" geprägt, die ich in Deinem Text durchaus erkenne.
Nur die Tränen und die Angst passen mir nicht dazu(?).

All das Schwarze, Vögel, Hügel, Flügel und sonstige Umlaute passen gut dazu.

Liebe Grüße
Anuphti

[EdgarAllanPoe]

Wow. Den Ausspruch äußere ich selten, aber hier finde ich ihn angebracht - WOW!
Die Verbindung der Einsamkeit/des Schlaflosen, die klassisch angehauchte Sprache und die moderne, reimlose Form legen nahe, dass die Kernfrage dieses Gedichts nicht nur in heutiger Zeit zu suchen ist. Das ist schon große Klasse.
Hier bin ich einfach nur angetan von der Schönheit dieses Textes.
Danke dafür.

Eddie

[BlueNote]

Guten Morgen,

ich hoffe, ihr habt alle gut geschlafen. Hier spricht euer Kopflos:

@anuphti
Deine Phantasie möchte ich haben ... Dann würde ich jeden Tag 5 Gedichte schreiben. Aaaalso, atomare Depression is nich ... sondern: Einfach nur - wie der Titel bereits geschwätzig verrät - Schlaflosigkeit. Die Augen werden trocken, weil der Protagonist zwar müde ist, ständig aber nur (mit offenen Augen) den Mond ansieht.

@Edgar
Ich war ja völlig ... überrascht ... Hier habe ich mich wohl nicht nur für deinen Kommentar zu bedanken

Ich wünsche euch kein sleepless life

BlueNote

[Jocelyn]

Hallo BN!

Seit langem ein Gedicht, das mir so richtig gut gefällt.

Seine Melodie ist wunderbar!
Du setzt so passend die männlichen und weiblichen Endungen ein, wenn ich mich richtig erinnere, dass man sie so nennt. (Kann mir Theorie schlecht merken.)

Flügel
fielen
Hügel
Tage

Es fühlt sich einfach gut an.
Sollte man unbedingt laut lesen.
Inhaltliche Harmonie, die mich kein bisschen an Depressives denken lässt.
Eher Gelassenheit.
Schön wie du die Wirkung der Nacht beschreibst. Wie ein warmes Tier. Angst kann ich da gar nicht empfinden.

Jocelyn

[BlueNote]

Hallo Jocelyn,

es ist mir immer eine besondere Freude, wenn die Melodie des Textes hervorgehoben wird, weil ich (meistens) darauf sehr viel Wert lege.
Ich verwende in diesem Text übrigens keinen Reim, sondern Worte, die durch einen ähnlichen Klang eine (klangliche) Beziehung miteinander eingehen: Hügeln/Flügelschlag, Haus/Traum, Mauern/ Augen, Schlaf/gebar.

Die männlichen Endungen sollen übrigens eine Spannung, die weilblichen die Entspannung, d.h. die Ruhe, in den Text bringen.

[Pencake]

Moin BN,

ein schöner, schöner Sound.

[ono]

sorry, wenn ich das jetzt ganz profan sehe und sage: die "scheiße, sie ist weg"-nummer ist ein prima motor für allerlei gereimtes und ungereimtes. liebe und deren verlust sind die marmorsteinbrüche der weltliteratur.

leider, liebe bluenote, hast du dortselbst nicht etwas wirklich eigenes aus dem felsen herausgeklopft und bearbeitet, sondern lediglich ein paar immer herum liegende brocken zusammengeklaubt: jede zeile ein schon ziemlich abgegriffes bildchen von schwarzen vogelschwingen und dunklen hügeln, der reihe nach hingelegt. um's mit ganz eigenen worten zu sagen - dein gedicht sieht mir so aus wie die seite eines briefmarkenalbums, in dem ein paar ganz schöne stücke stecken. bei näherem hinsehen aber erkannt man, dass sie alle schon abgestempelt sind und ihnen da und dort zähnchen fehlen.

wenn ich dir einen rat geben darf: trag solche kritik mit fassung und betrachte sie nicht als schmähung, sondern als ansporn, einen nächsten versuch besser - und eigener - zu machen.

à propos schwarzer vogel: ludwig hirsch ist vor kurzem wieder auferstanden - rappeldürr und wie von einem leiden gezeichnet. aber seine stimme ist immer noch obercool.

liebe grüße aus dem off

ono

[Pencake]

Ach, wär das schön mit der Auferstehung  
LH ist großartig.

[Pencake]

Ono, hast du nen Link zu was Neuem von ihm?

[ono]

nur das hier

[Pencake]

Wunderbar, danke.


Hatte gestern oder vorgerstern noch im Moderatorenforum
den "Dorfdepp" verlinkt. Einfach klasse der Typ.

Edit: "Dorftrottel" natürlich.

[BlueNote]

Hi Penkake,

mehr will ich ja gar nicht, dass es ein bisschen soundet. Und da du selbst ja einen recht aufgefeilten Lyrikstil hast, freut mich dein Lob jetzt ganz einfach mal ...

Habe gleich mal wegen Ludwig Hirsch gegoogelt. Dein Ausdruck "Auferstehung" ließ mich schon das Schlimmste befürchten.

BlueNote

[BlueNote]

Hi ono

klar, ono tanzt wieder aus der Reihe! Weißt du, dass das das erste Gedicht von mir ist, das alle gut finden?