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Die Stille der neuen Zeit


 
 
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MT
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Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag04.02.2010 11:09
Die Stille der neuen Zeit
von MT
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Moin zusammen,

unter dem o.g. Arbeitstitel entsteht gerade ein neues Projekt (etwas längere Erzählung oder Roman - weiß noch nicht).

Hier der Anfang. Was haltet Ihr davon:


Die Stille der neuen Zeit

„Wie weit fliegen Sie denn?“
„Kommt drauf an.“
„Worauf?“
„Wo wollen Sie denn hin?“
„Kennen Sie Brest?“
„Ja.“
„Dann kennen Sie vielleicht auch die ile d´ouessant?“
„Nie gehört.“
„Eine Insel im Atlantik, fünfundzwanzig Kilometer vom Festland entfernt.“
„Interessant.“
„Die Insel der Winde.“
„Wann soll´s losgehen?“
„Jetzt.“
Die beiden Männer besiegeln den Auftrag mit Handschlag.
„Darf man fragen, was sie dorthin verschlägt?“
„Sicher.“
„Und?“
„Fragen darf man alles.“ Jan Graf nimmt seine Tasche auf. „Können wir?“
„Ich brauche noch den passenden Flugplan und die genauen Koordinaten.“
„Nein, brauchen Sie nicht.“
„Wie bitte?“
„Kurs West-Südwest; etwa achthundert Meilen. Die genauen Daten gebe ich Ihnen beim Flug durch.“
„Sind Sie Pilot oder was?“
„Der Kunde ist doch König oder? Vertrauen Sie mir.“
„Ich bin gleich wieder da.“
„Warten Sie.“ Graf fasst den Mann an der Schulter, unterbricht so sein Fortgehen. „Mein Herz ist angeblich zu schwach. Vor einem Jahr hat man mir die Lizenz abgenommen. Ich bin schon tausend Mal auf die ile d´ouessant geflogen. Von Bremen aus.“ Graf hält dem Mann seinen Pilotenschein vor die Nase. Aus dem Behördensiegel ist ein Dreieck ausgeschnitten.
„Also schön. Der Kunde ist König.“
„Dann sind wir uns ja einig.“ Graf lächelt. Er kann es noch. Seinen Willen durchsetzen. Wenigstens das.
Die beiden Männer steigen in die Cessna. Der silberne Rumpf spiegelt das Sonnenlicht, es sticht in den Augen. Einen besseren Tag hätte Graf sich nicht aussuchen können. Es ist früher Morgen, für heute werden dreißig Grad erwartet. Auf dem deutschen Festland.
Graf verstaut seine Tasche in der Gepäckbox über den Sitzreihen. „Wie heißen Sie?“
„Sie können mich Tom nennen.“
„Ist das Ihr richtiger Name: Tom?“
„Thomas Timmsen. Dafür könnte ich meine Eltern heute noch ohrfeigen.“ Beide Männer schmunzeln. Timmsen geht ins Cockpit, lässt die Tür hinter sich offen.
„Woher stammen Sie, Thomas Timmsen?“
„Hier geboren, hier aufgewachsen und vermutlich werde ich hier auch begraben.“
„Wäre das so schlimm? Es gibt schlimmere Städte als Lübeck.“ Graf steht in der Tür zum Cockpit.
„Ich war noch nie in Frankreich, geschweige denn auf einer französischen Insel.“ Timmsen setzt sich an Steuer, beginnt mit dem Instrumentencheck. Treibstoff, Höhenmeter, GPS, Ruder: o. k. Funk zum Tower: o. k.
„Wollen Sie sich zu mir gesellen?“
Graf lässt sich im Sessel des Co-Piloten nieder, fixiert den Gurt und setzt wie selbstverständlich die Kopfhörer auf. Für einen Moment starrt Timmsen seinen Co-Piloten an, bis er die beiden Propellermotoren mit einem Knopfdruck startet.

(…)

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abby
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Alter: 30
Beiträge: 73



A
Beitrag04.02.2010 11:13

von abby
Antworten mit Zitat

Ich finde diesen Text ehrlich gesagt sehr verwirrend. Versuch doch einfach ab und zu dazu zu schreiben wer gerade spricht.

Und die Personen kommen einfach zu plötzlich im Text vor, wer is Jan Graf, wer ist Tom?
Also als Anfang eher schwach, vor allem, weil die Personen eben so gut wie garnicht beschrieben werden.


_________________
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MT
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Alter: 52
Beiträge: 1090
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Beitrag04.02.2010 14:29

von MT
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Fortsetzung:

„Ready to take of.“
„Ready to take of“, bestätigt Graf über spürt die Gänsehaut, die wie eine Horde Ameisen Besitz von seinem Körper nimmt. Langsam setzt sich die Cessna in Bewegung, rollt zur Startbahn. Graf schließt die Augen. Er denkt an gestern Abend, die Kneipe war leer, nur zwei Tische waren besetzt. Auf jedes Wasser, das er bestellte, trank Leo Petersen drei Bier und drei Korn. Wie ein Tinitus kleben Leos Worte Graf jetzt im Ohr. Jan, lass das bleiben, das kann übel enden; Jan, die Fliegerei ist nichts mehr für Dich; Jan, verdammt noch mal, hör auf Deinen alten Hausarzt.  
Graf lässt sich vom Schub in den Sitz drücken, als die Maschine auch schon abhebt. Er öffnet seine Augen erst wieder, als die Cessna am Himmel steht wie ein Silberstreif am Horizont.
Hör Du auf mit der Sauferei, dann besteige ich kein Cockpit mehr. Das denkt Graf jetzt und erwägt zum hundertsten Mal einen Arztwechsel.
„Wollen Sie übernehmen?“ Timmsens Stimme klingt eigenartig erwachsen durch den Sprechfunk, rau und selbstbewusst. Die Stimme eines Mannes, der die Sache im Griff hat, der Entscheidungen treffen kann, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, schnell und konsequent. Die Stimme gehört einem, der die Faust auf dem Tisch nicht nötig hat, dem Respekt von Natur aus entgegengebracht wird. Graf beginnt sie zu mögen, diese Stimme.
„Nein, danke.“
„Ach kommen Sie! Trauen Sie sich! So ein bisschen Kurshalten wird ihr Herz schon verkraften.“
„Gehen Sie nicht zu hoch. Die Tragflächen geben dem Druck da oben schnell nach.“ Graf zeigt auf die Instrumententafel und blickt dann aus dem Fenster.
„Ei, ei Captain“, sagt die Stimme im Kopfhörer.
Genau das gleiche Modell, denkt Graf. Eine Cessna vier-null-acht. Nicht zu glauben, wie oft er damit in der Luft war. Einmal, es muss Anfang der Neunziger gewesen sein, waren ihm beide Triebwerke ausgefallen, beim Landeanflug auf Westerland. Er brachte sein Baby wie ein Profi nach unten, ein wenig holprig zwar, aber unversehrt. So, wie alle seine Passagiere. Mit der Sechsundzwanzigjährigen aus Leipzig, die das erste Mal auf die Insel gekommen war, verbrachte er die Nacht. Und am Tag darauf bummste er zweimal ihre Freundin. Später tranken sie zu dritt Champagner und sahen vom Kliff aus die rote Sonne ins Meer tauchen. Wie hießen sie noch, die Zwei mit dem sächsischen Dialekt? Graf erinnert sich nicht mehr dran. Nur an die buschige Scham, daran erinnert er sich bei beiden.
Graf löst den Gurt und zieht einen Zettel aus der Hosentasche. Wortlos hält er ihn Timmsen hin. Auch der schnallt sich jetzt ab, klemmt das Ruder zwischen die Knie und nimmt den Zettel an sich.
„Alle Achtung!“ Timmsen zieht die Augenbrauen hoch. „Spätestens seit heute sind Sie Millionär.“
„So, meinen Sie.“ Graf nimmt das Stück Papier wieder an sich, liest.
„Darf ich fragen…“. Timmsen unterbricht, beginnt neu. „Warum haben Sie alles verkauft?“
„Mit ein paar tausend zusammengeknauserten Mark und einer uralten Piper habe ich damals die Flugschule eröffnet. Alle haben mich für verrückt erklärt. Jan Graf, der große Pilotenausbilder, haben sie gesagt. Später haben sie alle die Schnauze gehalten, keiner hat sich mehr lustig gemacht. Da war jeder nur noch scharf drauf, ´ne Runde am Himmel mit mir zu drehen.“ Graf steckt das Papier zurück in die Hosentasche.
Timmsen greift an die Seite und im nächsten Moment hält er Graf eine Flasche hin.
„Die ist für besondere Anlässe“, sagt er.
„Was ist an diesem Anlass besonders“, Graf nimmt die Flasche an sich.
„Sie. Sie sind es“, erwidert Timmsen.
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
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Beitrag04.02.2010 15:50

von MT
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Und das dritte Drittel:

Graf nimmt einen großen Schluck Whiskys, er brennt sich die Kehle runter. Danach trinkt Timmsen und packt die Flasche wieder zurück an ihren Platz.

Sie sind über Rotterdam, als Graf einen Entschluss fasst. Er wird seinem Bruder schreiben. Wenn er auf der Ile d´ouessant angekommen und ist das Hotelzimmer bezogen hat, wird er zu Zettel und Stift greifen. Graf geht jede Wette ein, Christian wird vom Glauben abfallen, wenn er einen Brief von seinem Bruder bekommt.
„Ziehen Sie fünfzehn Grad nach West.“ Graf sieht Timmsen an.
„Ich denke Sie wollen nach Brest?“
„Ich will auf die Insel fünfundzwanzig Kilometer vor Brest. Nun machen Sie schon, an der Küste entlang ist schöner als über Land.“
Der Pilot schüttelt den Kopf und zieht fünfzehn Grad nach rechts.
„Vergessen, das ist es, ich will endlich klar Schiff machen.“ Graf nimmt seine Sonnenbrille aus dem T-Shirt-Kragen und setzt sie auf.
Timmsen sieht ihn fragend an.
„Sie haben mich gefragt, was mich auf diese Insel verschlägt.“
Timmsen stimmt mit einem Nicken zu.
„Zum Vergessen gehört das Erinnern. Nur wer sich erinnert, kann aufräumen in seiner Vergangenheit. Das verschlägt mich auf diese Insel.“
„Und wie lange wollen Sie dort bleiben? Ich meine, wie lange dauert es, ihr Aufräumen.“
„Zeit ist unwichtig. Graf fährt sich mit der Hand über seine grauen Bartstoppeln.
„Unwichtig?“, fragt Timmsen.
„Ja, unwichtig. Ganz und gar. Es kommt nur darauf an, dass es überhaupt gelingt. Nur darauf und auf sonst nichts.“


(Ende Teil 1)

MT
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Ruthi
Geschlecht:weiblichEselsohr

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Beiträge: 218



Beitrag04.02.2010 17:14

von Ruthi
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Hallo MT,
so beim Durchlesen ist mir stilistisch nichts aufgefallen, dass man kritisieren müsste. Ich find den Schreibstil gut, allerdings würde ich etwas schneller auf dem Punkt kommen, warum Graf auf die Insel will. Von der Handlung her passiert nicht sehr viel, deswegen brauch ich als Leser eine Motivation um dran zu bleiben.
Ansonsten würde sich die Szene vielleicht gut als Prolog machen. smile
LG RUthi


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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3914
Wohnort: wien



Beitrag04.02.2010 17:36

von lupus
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Hi MT,

Also, auf jeden FAll hast du mein Interesse geweckt. Ich will mehr wissen. Der Text hat mich erst einmal durch den Einstiegs-Dialog interessiert. Dieser Dialog ist wohl ein bisserl unüblich. Erstens aufgrund seiner Länge, zweitens weil er in seiner Länge am Anfang steht. aber: er ist sehr authentisch. Innerhalb von sekunden bin ich im Text. Mit dem Dialog werden auch scheibchenweise, exakt portioniert die nötigsten Infos über die Personen serviert, nicht zu viel, nicht zu wenig. Gekonnt mE die Tatsache, dass du den Leefluss nicht durch irgendwelche Einschübe 'sagte Jan' oder 'wunderte sich ...' unterbrichst, was deshalb machbar ist, weil sich beide sehr kurzer 'Sätze' bedienen.

Bis zum schluss passiert igentlich nix wirklich aufregdnes, aber die Hauptperson wird sehr gekonnt und interessant eingeführt. auch Konflikte werden angedeutet, was bei mir zumindest Interesse weckt.

sprachlich sehr ausgereift - no na - Satzlängen und --strukturen variieren sehr schön.

Ein Text, den man in einem Schwubs durchlesen kann und will. ich hätte nix auszusetzen.

 Daumen hoch

ein paar sachen:
Zitat:
„Ich war noch nie in Frankreich, geschweige denn auf einer französischen Insel.“ Timmsen setzt sich ans[/s] Steuer, beginnt mit dem Instrumentencheck.

ein Pilot, der noch nie in Frankreich war? Außerdem kennt er ja Brest.

Zitat:
„Ready to take of.“

Ready for take-off

Zitat:
bestätigt Graf über spürt [b]???die Gänsehaut, die wie eine Horde Ameisen Besitz von seinem Körper nimmt.

Gänse auf der Haut wie Ameisen? hm, ein bisserl zu verbildert möglicherweise? schon, gell? Wink

Zitat:
Wie ein Tinitus kleben Leos Worte Graf jetzt im Ohr.

Tinitus ... kleben ... find ich gut, nur die Satzkonstruktion is ein bisserl unglücklich gewählt 'Leos Worte Graf' -->'klebten ihm Leos Worte ...'

Zitat:
Auf jedes Wasser,

wirkt mir ein bisserl umgangssprachlich --> jedesmal wenn ... oder so ähnlich, das 'auf' is doch recht seltsam.

Zitat:
?“ Timmsens Stimme klingt eigenartig erwachsen durch den Sprechfunk, rau und selbstbewusst. Die Stimme eines Mannes, der die Sache im Griff hat, der Entscheidungen treffen kann, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, schnell und konsequent. Die Stimme gehört einem, der die Faust auf dem Tisch nicht nötig hat, dem Respekt von Natur aus entgegengebracht wird. Graf beginnt sie zu mögen, diese Stimme.


sehr gute Beschreibung. Nur eins: willst du den Tom tatsächlich so charakterisieren oder willst u den Leser noch ein bisserl im Unklaren lassen. Denn genau das tust du bei mir, indem du dieses 'klingt durch den sprechfunk' einschiebst. Mir is nicht klar, ob etwa nur der Sprechfunk dazu beiträgt.

Zitat:

„Gehen Sie nicht zu hoch. Die Tragflächen geben dem Druck da oben schnell nach.“ Graf zeigt auf die Instrumententafel und blickt dann aus dem Fenster.
„Ei, ei Captain“, sagt die Stimme im Kopfhörer.

Aye, Captain

er is also selbst einer, der die Dinge im Griff hat. Kommt gut rüber. Lediglich irgendeine Reaktion hätte ich von Tom erwartet, mehr als ein Aye, Sir.

Zitat:
Er brachte sein Baby wie ein Profi nach unten, ein wenig holprig zwar, aber unversehrt.


er war doch Profi

Zitat:
Eine Cessna vier-null-acht. Nicht zu glauben, wie oft er damit in der Luft war. Einmal, es muss Anfang der Neunziger gewesen sein, waren ihm beide Triebwerke ausgefallen,


ich hab im Netz keine Cessna 408 gefunden. aber Cockpit-Fotos. Keines davon weißt einen Knüppel auf, den man zwischen die Knie nehmen könnte, wenn sie 2 Triebwerke hat, is es schon eine größere 340 / 650 (lustigerweise die dazwischen können auch kleiner sein?) und hätte sicher Autopilot --> recherchiert????

Zitat:
„Vergessen, das ist es, ich will endlich klar Schiff machen.“ Graf nimmt seine Sonnenbrille aus dem T-Shirt-Kragen und setzt sie auf.
Timmsen sieht ihn fragend an.


daskommt mir etwas unvermittelt und unter 'klar Schiff' versteh ich was anderes, nämlich das Ausräumen eines großen, lange bestehenden Problems. Hier wird einfach nur etwas erzählt.

An sich gefallen mir dann die schlußgedanken.

Also, spannender Text, der jetzt allerdings ein bisserl das Gfeühl hinterläßt, dass die Recherche nicht ganz ernsthaft betrieben wurde Wink

Lgl


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag04.02.2010 18:26

von MT
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Oh, toll, so schnelle Reaktionen, danke Euch schon mal dafür! Very Happy

@ abby
Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Feier ordentlich, und lass Dich schön beschenken.

Ich finde an dem Text ehrlich gesagt nichts Verwirrendes. Zugegeben: Man muss schon ein wenig konzentriert lesen, aber das setze ich schon bei den geneigten Lesern voraus. Embarassed

Warum kommen die Personen "einfach zu plötzlich" im Text vor? Das verstehe ich nicht recht. Ich wollte vor allem vermeiden, dass ich (sorry, aber) lehrbuchmäßig im ersten, spätestens im zweiten Satz sogleich mit Namen daherkomme. Das hätte ich langweilig gefunden. Lies vielleicht mal "Grenzgang" von Thome an. Dann wirst du sehen, was ich meine.

Dennoch: Vielen Dank für Dein Statement.

@ Ruthi
Zitat:
Ich find den Schreibstil gut

Herzlichen Dank, schön wenn´s gefällt.

Das mit der Motivation ist so eine Sache. Ich hatte gehofft, die Körnchen, die ich streue, genügen. Erst am Ende des Kapitels soll dann der Cliffhanger kommen. Mal sehen...

@ lupus
Nicht richtig recherchiert? Freichheit!!! Evil or Very Mad Leider hast Du - teilweise - recht. Embarassed das Baby ist eine 208 (nicht 408), die "Grand Caravan" mit 14 Sitzplätzen.

Zitat:
Bis zum schluss passiert igentlich nix wirklich aufregdnes, aber die Hauptperson wird sehr gekonnt und interessant eingeführt.

Zitat:
Ein Text, den man in einem Schwubs durchlesen kann und will. ich hätte nix auszusetzen.

Daumen hoch


Merci.

Die kleineren Sachen werde ich korrigieren, Danke.

Die Satzkonstruktion bei "Tinitus...kleben..." ist tatsächlich unglücklich. Bislang ist mir noch nix besseres eingefallen.

Zitat:
Zitat:
Zitat:
Auf jedes Wasser,


wirkt mir ein bisserl umgangssprachlich --> jedesmal wenn ... oder so ähnlich, das 'auf' is doch recht seltsam.

Es sollte umgangssprachlich sein - Graf ist nicht der Pfiffigste. Denke aber noch mal drüber nach.

Zitat:
sehr gute Beschreibung. Nur eins: willst du den Tom tatsächlich so charakterisieren oder willst u den Leser noch ein bisserl im Unklaren lassen. Denn genau das tust du bei mir, indem du dieses 'klingt durch den sprechfunk' einschiebst. Mir is nicht klar, ob etwa nur der Sprechfunk dazu beiträgt.

Es sollte zum Ausdruck kommen, dass auch Graf sich nicht sicher ist, was er von Tom zu halten hat, ob er sich ihm "anvertrauen", ihm sagen kann, warum er auf die Insel will.

Die 208 hat keinen Knüppel - muss sie auch nicht. Tom klemmt das Ruder (das eine Art halbrundes Lenkrad ist) zwischen die Beine.

Danke Dir in jedem Fall - hast wie immer weitergeholfen.

LG
MT
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hobbes
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Beitrag07.02.2010 15:48

von hobbes
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Hi,

gefällt mir gut, Interesse ist geweckt, ich würde weiterlesen.

Mir war der Dialog am Anfang fast ein bisschen zu viel Dialog ohne Zusatz - wie du schon geschrieben hast - man muss sich da ein bisschen konzentrieren, um mitzukommen (wer was sagt). Ist aber kein Grund, es zu ändern, irgendwie gefällt es mir auch so (ja, ich weiß, ich schreibe gerade ein bisserl wirr...)

Zitat:
Graf löst den Gurt und zieht einen Zettel aus der Hosentasche. Wortlos hält er ihn Timmsen hin. Auch der schnallt sich jetzt ab, klemmt das Ruder zwischen die Knie und nimmt den Zettel an sich.
„Alle Achtung!“ Timmsen zieht die Augenbrauen hoch. „Spätestens seit heute sind Sie Millionär.“

An der Stelle hapert es mit meinem Verständnis. Was soll das für ein Zettel sein? Ist schon klar, was draufsteht. Aber warum ein Zettel? Eine Schriftstück über den Verkauf mit Preis drauf würde mir einleuchten. Der Verkaufsvertrag quasi. Aber das wäre dann kein Zettel. Oder ein Zeitungsausschnitt? Oder der Scheck über die Verkaufssumme?  Aber dann würde nicht draufstehen, was er verkauft hat.  Und warum sollte er einfach nur einen Zettel mit sich herumtragen, auf dem steht, dass er die Flugschule verkauft hat?

Sonst ist mir beim ersten Lesen nichts aufgefallen, liest sich sehr flüssig.

lg,
hobbes


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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag08.02.2010 14:52

von MT
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Moin Hobbes,

danke Dir für Deinen Kommentar!

Das mit dem "Zettel" werde ich überarbeiten - Du hast vollkommen recht: So, wie es da steht, ist es zu wenig schlüssig.

LG
MT


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Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
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Biggi
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 52
Beiträge: 782
Wohnort: BY



Beitrag08.02.2010 18:39

von Biggi
Antworten mit Zitat

Hi MT,

der Eingangsdialog ist mir ganz ehrlich – auch bei konzentriertem Lesen – einen Tick zu lang. Du beherrschst das doch gut, ein wenig Stimmung oder Mimik einzuflechten. Muss nicht viel sein, aber eine kleine Verschnaufpause täte gut, damit man nicht doch versehentlich die Sätze falsch sortiert bzw. es zu unübersichtlich wird.
Liest sich gut, ein paar Details (= Biggis Optionale Feilvorschläge (werde eine Abkürzung einführen: BOFs) hätte ich und möchte es nicht als Zerfleddern verstanden wissen, bitte!

Frage am Rande: Jan ist der Sohn von Bjarne aus dem ‚Strandgut’, oder?
Zitat:
Graf fasst den Mann an der Schulter, unterbricht so sein Fortgehen.

Klingt seltsam. …hindert ihn am Fortgehen. Oder einfach nichts. Er fasst ihn nur an der Schulter oder hält ihn ganz kurz an der Schulter fest.
Zitat:
Graf hält dem Mann seinen Pilotenschein vor die Nase.

Traditionell würde ich da „unter“ erwarten, aber…
Zitat:
Aus dem Behördensiegel ist ein Dreieck ausgeschnitten.

Mitten aus dem Siegel wäre es eher ausgestanzt. Meines Wissens wird aber mit einer abgeschnittenen Ecke -  deutlich und auf den ersten Blick feststellbar - entwertet.
Zitat:
Graf lächelt. Er kann es noch. Seinen Willen durchsetzen. Wenigstens das.

Die mittleren Sätze würde ich zusammenziehen. So klingt es, als könnte er noch lächeln, obwohl das zwar auch stimmt, aber darauf wolltest Du ja nicht hinweisen.
Zitat:
Die beiden Männer steigen in die Cessna. Der silberne Rumpf spiegelt das Sonnenlicht, es sticht in den Augen. Einen besseren Tag hätte Graf sich nicht aussuchen können. Es ist früher Morgen, für heute werden dreißig Grad erwartet. Auf dem deutschen Festland.

Baust Du hier absichtlich auf kurze Sätze? Der Abschnitt hier fließt nicht, obwohl er das so schön könnte bei der Stimmung…

Instrumentencheck, okay. War Timmsen denn auch außen an der Maschine dran zur Prüfung von Seiten- und Höhenruder? Muss mir entgangen sein.
Zitat:
Für einen Moment starrt Timmsen seinen Co-Piloten an, bis er die beiden Propellermotoren mit einem Knopfdruck startet.

Starrt er ihn wegen der ‚Amtsanmaßung’ an? Erscheint mir etwas unlogisch, weil er bei einem Ex-Piloten, den er auf den Sitz neben sich einlädt, damit rechnen muss.  Das „bis“ stört mich etwas. „…und startet dann…“?
Ready for take-off hatte lupus schon. Kribbeln statt Ameisen gefiele mir besser.

Zwischenfrage: kennen wir Leo Petersen an der Stelle schon? Er ist der Hausarzt, kommt aber erst später heraus hier.

Zitat:
Graf lässt sich vom Schub in den Sitz drücken, als die Maschine auch schon abhebt. Er öffnet seine Augen erst wieder, als die Cessna am Himmel steht wie ein Silberstreif am Horizont.

Hier bitte unbedingt die Akustik einbauen. Die ist beeindruckend in so einer Blechdose… Perspektivenproblem: er sieht die Cessna nicht als Silberstreif am Horizont.
Zitat:
Hör Du auf mit der Sauferei, dann besteige ich kein Cockpit mehr.

Logik ist mir etwas unklar an der Stelle. Klingt wie die Geschichte von dem Kind mit den halb abgefrorenen Fingern und der Mutter, der es recht geschieht, weil sie ihm keine Handschuhe gekauft hat.
Zitat:
Timmsens Stimme klingt eigenartig erwachsen durch den Sprechfunk

Interessant. So jung hatte ich ihn mir irgendwie gar nicht vorgestellt… Mindestalter für Privatpilotenschein: 17 Jahre, also doch noch nicht erwachsen?
Zitat:
Graf löst den Gurt und zieht einen Zettel aus der Hosentasche.

Interessanter Zettel, der einen zum Millionär macht. Ein Los, das gewonnen hat? Ich komme irgendwie nicht ganz mit… Warum muss Graf den eigenen Zettel lesen? Aber das hat hobbes schon vor mir angemerkt.
Zitat:
Graf nimmt einen großen Schluck Whiskys

Whisky ohne –s, würde ich sagen.
… und spürt dem Brennen in seiner Kehle nach. Für besondere Anlässe würde ich einen edlen Tropfen erwarten. Der hat dann ein rauchiges Aroma, Teergeschmack, irgendwas Schönes in der Art. (Nachteil: müsste man dann fast mit Wasser verdünnen, eher schwierig in der Situation). Ansonsten: aber hallo: Alkohol ist auch am Steuer eines Flugzeugs… aber naja. Streng genommen sollte die Flasche da keinen Platz haben; ein Durchhänger da oben kostet ihn die Lizenz, wenn er sich lallend beim Tower anmeldet zur Landung wink.
Zitat:
Timmsen stimmt mit einem Nicken zu.

Nicken oder zustimmen. Eines davon reicht, weil er kein nickender Grieche ist. wink
Ja, doch. Weitermachen. Probleme scheinen mir genug vorhanden zu sein zum Lösen...
LG
Biggi
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Beitrag08.02.2010 19:15

von MT
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Liebe Biggi,

auch Dir einen ganz herzlichen Dank für Deine Arbeit am Text.

Zitat:
der Eingangsdialog ist mir ganz ehrlich – auch bei konzentriertem Lesen – einen Tick zu lang. Du beherrschst das doch gut, ein wenig Stimmung oder Mimik einzuflechten. Muss nicht viel sein, aber eine kleine Verschnaufpause täte gut, damit man nicht doch versehentlich die Sätze falsch sortiert bzw. es zu unübersichtlich wird.

Dieser Einstieg - als Beginn einer längere Erzählung bzw. eines Romans - ist zugegebener Maßen ein Versuch, den Start etwas anders als gemeinhin bekannt zu gestalten. Dabei sollte zunächst gänzlich auf schmückendes Beiwerk verzichtet werden. Vielleicht geht´s nicht auf, der Leser bleibt nicht dran. Dann muss ich da wohl nochmal dran (bin noch unschlüssig).

Ich fand den Nachnamen "Graf" für den Prota ehrlich gesagt noch viel passender als für Bjarne in Strandgut. Daher habe ich mir erlaubt, ihn vorerst noch einmal zu verwenden (freilich nur als "Arbeitsnamen"; er ist noch nicht gesetzt).

Zitat:
Zitat:
Die beiden Männer steigen in die Cessna. Der silberne Rumpf spiegelt das Sonnenlicht, es sticht in den Augen. Einen besseren Tag hätte Graf sich nicht aussuchen können. Es ist früher Morgen, für heute werden dreißig Grad erwartet. Auf dem deutschen Festland.

Baust Du hier absichtlich auf kurze Sätze? Der Abschnitt hier fließt nicht, obwohl er das so schön könnte bei der Stimmung…

Die kurzen Sätze habe ich gewählt, um den Willen des Prota zu unterstreichen, endlich von dort wegzukommen.

Zitat:
Zitat:
Hör Du auf mit der Sauferei, dann besteige ich kein Cockpit mehr.

Logik ist mir etwas unklar an der Stelle. Klingt wie die Geschichte von dem Kind mit den halb abgefrorenen Fingern und der Mutter, der es recht geschieht, weil sie ihm keine Handschuhe gekauft hat.

 lol  lol Wunderbarer Vergleich. Aber tatsächlich, so sollte das klingen - irrational, infantil, abwegig, albern.

Deine weiteren BOFs (Very Happy) nehme ich wie immer sehr ernst und werde mich in aller Ruhe heute abend damit beschäftigen.

Merci bien.

MT


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Siegfried Lenz
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Beitrag08.02.2010 20:21

von *Gast*
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Hallo MT,

find ich schön, dass die Arbeit schon gemacht ist.  Wink

Am Anfang hab ich gedacht, dass der Dialog zu lang ist. Aber es hat nicht lange gedauert und ich war in der Geschichte drin. Da ich selbst Dialoge meide wie die Pest, bewundere ich, wie fließend Du das hinbekommen hast. Die Mini-Logikfehler sind an mir vorbeigerauscht, ich hab null Ahnung von der Materie. Spannend fand ich die Geschichte allemal und würde auch gerne lesen, wie es weitergeht. Schön fand ich jetzt schon, wie Erinnerungen zwischendrin auftauchen und sich fast nahtlos ins Jetzt einfügen.

Auf die Fortsetzung bin ich gespannt, so Du sie denn hier einstellst.

Lieben Gruß
Sabine
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Beitrag08.02.2010 22:11

von MT
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Nabend Sabine,

besten Dank für Deinen Kommentar.

Ja, ja, die Dialoge... Wie ich bereits schrieb: Diese Art, einen Text zu beginnen, ist ein Versuch. Und scheinbar gefällt es dem einen, während der andere gelangweilt ist. Schwierig das.

Toll finde ich, dass Du Interesse am Weiterlesen hast. Gern würde ich einen weiteren Teil posten. Doch da stehe ich aktuell vor einem kleinen Problem (bei dem mir vielleicht ein Mod. helfen könnte? Embarassed). Als ich weiterschrieb taten sich Nachbesserungs-/Ergänzungsnotwendigkeiten (auch wegen der Kommentare hier) am bisherigen Text auf, so dass der Folgeteil nur Sinn ergibt, wenn der vorangegangene Text (in überarbeiteter Fassung) bekannt ist; zudem wurde der Titel geändert, der die Geschichte insgesamt m.E. (deutlich) interessanter werden lässt.

Daher: What shell i do? Neues Thema eröffnen und von Anbeginn posten?

LG
MT


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Siegfried Lenz
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Beitrag08.02.2010 22:15

von *Gast*
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Da schick doch ne PN raus und lass die neue Version oben einstellen, oder poste den ganzen überarbeiteten Teil einfach hier drunter. Über die Länge brauchst Du Dir ja keine Gedanken zu machen, gefieselt ist schon.  wink

LG
Sabine
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Beitrag09.02.2010 11:32

von MT
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Moin, zusammen!

Ich möchte Sabines Vorschlag aufgreifen und den Thread an dieser Stelle beenden. Der erste Teil des Textes ist überarbeitet, ein zweiter Teil fast fertiggestellt. Für diese beiden werde ich einen neuen Thread öffnen - mit neuem Titel: "Dreizehn Tage am Meer".

Liebe Grüße

Euer

MT


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Siegfried Lenz
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Beitrag09.02.2010 12:40
Dreizehn Tage am Meer
von MT
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Hallo zusammen!

Eine Idee aus dem Forum aufgreifend, habe ich den Thread "Die Stille der neuen Zeit" beendet und stattdessen die überarbeitete und erweiterte Fassung des Textes hier mit neuem (Arbeits-)Titel eingestellt. Es sind jetzt die erste beiden Kapitel eines entstehenden Romans, die ich in drei Teilen posten werde.

Bitte beachtet: Der Text mag z.T. etwas langatmig scheinen. Doch dürfte dies auch dem Umstand geschuldet sein, dass es sich um einen kleinen Teil eines umfangreicheren Textes handelt. Dieser kleine Ausschnitt (Anfang) wirft naturgemäß viele Frage auf, die erst (viel) später zu klären sein werden.

Wäre der folgende Anfang für Euch ein Anreiz weiterzulesen, das Buch zu kaufen? Wie sind Sprache und Textfluss; der Gesamteindruck?

Ich bin für jede Meinung - wie immer - sehr dankbar.


Dreizehn Tage am Meer

1.

„Wie weit fliegen Sie denn nun?“
„Kommt drauf an.“
„Worauf?“
„Wo wollen Sie denn hin?“
„Kennen Sie Brest?“
„Ja.“
„Dann kennen Sie vielleicht auch die Ile d´ouessant?“
„Nie gehört.“
„Eine Insel im Atlantik, fünfundzwanzig Kilometer vom Festland entfernt.“
„Interessant.“
„Die Insel der Winde.“
„Wann soll´s losgehen?“
„Jetzt.“
Die beiden Männer besiegeln den Auftrag mit Hand-schlag.
„Darf man fragen, was sie dorthin verschlägt?“
„Sicher.“
„Und?“
„Fragen darf man alles.“ Jan Graf nimmt seine Tasche auf. „Können wir?“

„Einen Moment noch, ich brauche den passenden Flugplan und genaue Koordinaten.“
„Nein, brauchen Sie nicht.“
„Wie bitte?“
„Kurs West-Südwest; etwa achthundert Meilen. Die ge-nauen Daten gebe ich Ihnen beim Flug durch.“
„Sind Sie Pilot oder was?“
„Könnte man sagen. Vertrauen Sie mir.“
„Ich bin gleich wieder da.“
„Augenblick!“ Graf hält den Mann an der Schulter fest. Mit der anderen Hand klopft er sich zweimal auf die Brust.
„Mein Herz, angeblich schwächelt es. Vor einem halben Jahr hat man mir die Lizenz abgenommen.“ Graf hält dem Mann seinen Pilotenschein unter die Nase. Eine Ecke ist abgeschnitten, das Behördensiegel existiert nur noch zur Hälfte.
„Ich bin schon tausend Mal auf die Ile d´ouessant geflogen. Von Bremen aus. Bis vor einem halben Jahr eben.“
„Ohne Flugplan keinen Flug!“
Graf starrt dem Mann in die Augen, nickt kurz darauf und lässt ihn los.

Er sieht ihm nach als er Richtung Tower verschwindet und lehnt sich an das riesige Metalltor des Hangars. Er steht im Schatten des Vordachs und sieht in das Blau des morgendlichen Sommerhimmels. In der Halle wird gearbeitet, Graf hört Schweißgeräte sirren, es riecht es nach verschmortem Eisen. Aus Nordost kündigt ein Grollen die Ankunft einer größeren Maschine an, eine Boeing 737, etwa einhundert Fuß Gesamtlänge und angetrieben von zwei Düsentriebwerke der Marke Pratt & Whitney. Das Fahrwerk ist ausgestellt, gemächlich schwebt sie zu Boden. Ein kalter Schauer überkommt den Piloten mit halbem Dienstsiegel, als die Reifen mit einem Quietschen aufsetzen und er sich das Klatschen der Passagier an Bord vorstellt.

Der silberne Rumpf der Cessna spiegelt das Sonnenlicht, es sticht in den Augen als die beiden Männer die vier Stufen den Rumpf hinauf steigen. Einen besseren Tag hätte Graf sich nicht aussuchen können, für heute werden dreißig Grad erwartet. Auf dem deutschen Festland.
Graf verstaut seine Tasche in der Gepäckbox über den Sitzreihen. „Wie heißen Sie?“
„Sie können mich Tom nennen.“
„Ist das Ihr richtiger Name: Tom?“
„Thomas Timmsen. Dafür könnte ich meine Eltern heute noch ohrfeigen.“ Beide Männer schmunzeln. Timmsen geht ins Cockpit, lässt die Tür hinter sich offen.
„Woher stammen Sie, Thomas Timmsen?“
„Hier geboren, hier aufgewachsen und vermutlich werde ich hier auch begraben.“
„Wäre das so tragisch? Es gibt schlimmere Städte als Lübeck.“ Graf steht in der Tür zum Cockpit.
Timmsen geht darauf nicht ein, setzt sich stattdessen ans Steuer, beginnt mit dem Instrumentencheck. Treibstoff, Höhenmeter, GPS: o. k. Funk zum Tower: o. k.

„Wollen Sie sich zu mir gesellen?“
Graf lässt sich im Sessel des Co-Piloten nieder, fixiert den Gurt und setzt wie selbstverständlich die Kopfhörer auf. Natürlich dauert es mehrere Zündversuche, bis der Motor endlich aufheult und sich der Propeller in Bewegung setzt. Seine Blätter hacken die Luft in Stücke, es ist dieses Pockern, dieses sonore Knattern, das Graf viel zu selten gehört hat in den letzten Monaten.
 „Ready for take-off.“
„Ready for take-off“, bestätigt Graf und spürt erneut ein Kribbeln, das Besitz von seinem Körper nimmt. Langsam setzt sich die Cessna in Bewegung, rollt zur Startbahn. Graf schließt die Augen. Er denkt an gestern Abend, die Kneipe war leer, nur zwei Tische waren besetzt. Mit jedem Wasser, das er bestellte, trank Leo Petersen drei Bier und drei Korn. Wie ein Tinitus kleben Leos Worte jetzt in Graf Ohr. Jan, vergiss es, die Zeiten sind vorbei, ein für allemal. Selbst, wenn du den Lappen zurückbekommen solltest, die Fliegerei kann übel enden für dich. Hör auf Deinen alten Hausarzt.  

Rumpelnd beschleunigt die Maschine auf der Startbahn und hebt ab. Graf lässt sich vom Schub in den Sitz drücken und öffnet seine Augen erst wieder, als die Cessna gerade am Himmel steht wie ein Silberstreif am Horizont.

Hör Du auf mit der Sauferei, dann besteige ich kein Cockpit mehr. Das denkt Graf jetzt und erwägt zum hundertsten Mal einen Arztwechsel.
„Wollen Sie übernehmen?“ Über Funk klingt Timmsens Stimme erwachsener. Sie scheint überhaupt nicht zu dem dünnen, blonden Mann mit seinen vorstehenden Wangenknochen zu passen, dem Graf eben die widerstandslose Hand geschüttelt hat. Rau und selbstbewusst. Die Stimme eines Mannes, der die Sache im Griff hat, der Entscheidungen treffen kann, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, schnell und konsequent. Die Stimme gehört einem, der die Faust auf dem Tisch nicht nötig hat, dem Respekt von Natur aus entgegengebracht wird. Graf beginnt sie zu mögen, diese Stimme. Er dreht sich zur Seite, um sich zu vergewissern, dass noch immer derselbe Kerl von vorhin neben ihm sitzt.
„Nein, danke.“
„Ach kommen Sie! Trauen Sie sich! So ein bisschen Kurshalten wird ihr Herz schon verkraften.“
„Gehen Sie nicht höher als dreitausend. Dann können wir bei zweihundert Meilen die Stunde bleiben.“ Graf zeigt auf die Instrumententafel und blickt anschließend aus dem Fenster.
„Aye, aye Captain“, sagt die Stimme im Kopfhörer.

Genau das gleiche Modell, denkt Graf. Eine Cessna zwei-null-acht Caravan. Nicht zu glauben, wie oft er damit in der Luft war. Einmal, es muss Anfang der Neunziger gewesen sein, war ihm der Motor ausgefallen, beim Landeanflug auf Westerland. Er brachte sein Baby sauber und mit Gefühl nach unten, ein wenig holprig zwar, aber unversehrt. So, wie alle seine Passagiere. Mit der Sechsundzwanzigjährigen aus Leipzig, die das erste Mal auf die Insel gekommen war, verbrachte er die Nacht. Und am Tag darauf bummste er zweimal ihre Freundin. Später tranken sie zu dritt Champagner und sahen vom Kliff aus die rote Sonne ins Meer tauchen. Wie hießen sie noch, die Zwei mit dem sächsischen Dialekt? Graf erinnert sich nicht mehr dran. Nur an die buschige Scham, daran erinnert er sich bei beiden.

(...)

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Beitrag09.02.2010 12:44

von MT
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Fortsetzung...

Graf löst den Gurt und zieht aus der Hosentasche, den zusammengefalteten Vertrag. Wortlos hält er ihn Timmsen hin. Auch der schnallt sich jetzt ab, schaltet den Autopilot ein und nimmt die zwei Seiten an sich.
„Alle Achtung!“ Timmsen zieht die Augenbrauen hoch. „Dann ist mein Honorar ja wohl gesichert.“
„So, meinen Sie.“ Graf nimmt das Schriftstück wieder an sich, liest selbst noch einmal.
„Darf ich fragen…“. Timmsen unterbricht, beginnt neu. „Warum haben Sie alles verkauft?“
Graf antwortet nicht gleich. Er sieht auf das Höhenmeter. Sie sind zu hoch für zweihundertfünfunddreißig Meilen pro Stunde. Egal, denkt er, wir haben Festpreis vereinbart; ist nicht mein Sprit. Er atmet tief durch.
„Mit ein paar tausend zusammengeknauserten Mark und einer uralten Piper habe ich damals die Flugschule aufgemacht. Alle haben mich für verrückt erklärt. Jan Graf, der große Pilotenausbilder, haben sie gesagt. Später haben alle die Schnauze gehalten, keiner hat sich mehr lustig gemacht. Da war jeder nur noch scharf drauf, ´ne Runde am Himmel mit mir zu drehen.“ Graf faltet die beiden Seiten und steckt sie zurück in die Hosentasche.

Timmsen greift an die Seite und im nächsten Moment hält er Graf eine Flasche hin.
„Die ist für besondere Anlässe“, sagt er.
„Was ist an diesem Anlass besonders“, Graf nimmt die Flasche an sich.
„Sie. Sie sind es“, erwidert Timmsen. Graf nimmt einen großen Schluck Whisky, er brennt sich die Kehle runter. Danach trinkt Timmsen und packt die Flasche wieder zurück an ihren Platz.

Sie sind über Rotterdam, als Graf überlegt, ob er seinem Bruder schreiben sollte. Wenn er auf der Ile d´ouessant angekommen und ist das Hotelzimmer bezogen hat, könnte er gleich zu Zettel und Stift greifen. Graf geht jede Wette ein, Christian würde vom Glauben abfallen, wenn er einen Brief von seinem Bruder bekäme.
„Ziehen Sie fünfzehn Grad nach West.“ Graf sieht Timmsen an.
„Ich denke Sie wollen nach Brest?“
„Ich will auf die Insel fünfundzwanzig Kilometer vor Brest. Nun machen Sie schon, an der Küste entlang ist es schöner als über Land.“

Timmsen schüttelt den Kopf und zieht fünfzehn Grad nach West. Die Sonne, sie steht rechts von ihnen am Himmel, nur ein paar weiße Wolken hängen wie Organza in der Luft. Graf nimmt seine Sonnenbrille aus dem T-Shirt-Kragen und setzt sie auf. Der Mann neben ihm raucht zu viel; zwar nicht jetzt, hier im Cockpit. Doch seine Kleidung sondert den Geruch kalter Asche ab. Graf überlegt. Bestimmt zwanzig Jahre ist es jetzt her. Vor zwanzig Jahren hat er die letzte Zigarette geraucht. Leo hat damals gesagt, wenn er, Graf so weiter qualmt, dann wird er den Vierzigsten nicht erleben. Also hat sich Graf den Worten des Doktors gebeugt und von einer Minute auf die andere aufgehört.
Und was hat er heute davon? Leo, du bist nicht nur ein alter Säufer, du bist auch ein Scharlatan!

„Was meinen Sie, Tom, was macht ein Kerl wie ich auf einer kleinen französischen Insel, von der Sie noch nie gehört haben.“
„Sie müssen es mir nicht erzählen.“
„Jetzt spielen Sie nicht den Beleidigten.“
„Nun ja, Sie verkaufen Ihre Flugschule und vier wunderbare Propellermaschinen und steigen mit einer höchsten zur Hälfte gefüllten Reisetasche in meinen Flieger. Könnte mir vorstellen, Sie wollen mit irgendetwas abschließen.“
Graf lässt einen Moment verstreichen, wägt ab, bevor er eine Antwort gibt, die ihm richtig erscheint:
„Ich will etwas beginnen.“ Er schiebt die Sonnenbrille ins Haar, sieht rüber zu Timmsen.  
„Einen Neuanfang als Aussteiger?“ Timmsen zieht die Augenbrauen hoch.
„Nein, das sicher nicht“, sagt Graf und schüttelt den Kopf. Stimmt, Alter, denkt er, ein Aussteiger bist du ganz bestimmt nicht. Die Negativformulierungen sind einfach: Kein Aussteiger, kein Fliehender, auch nicht einer, der sich verstecken will. Was aber dann, was will er eigentlich? Er hört sich Folgendes sagen:
„Erst einmal muss ich aufräumen, mit meiner Vergangenheit, die Dinge sortieren und die – wie formuliert man es so schön – Bilder wieder gerade hängen.“
„Und dazu müssen Sie auf diese Insel?“
„Ja, dazu muss ich auf diese Insel.“ Grafs Antwort kommt klar und selbstverständlich.
„Und wie lange wollen Sie dort bleiben? Ich meine, wie lange wird es dauern, ihr Aufräumen.“
Graf ist unschlüssig, ob er aussprechen soll, was er sich selbst als Antwort auf diese Frage zurechtgelegt hat. Er hat Sorge, er könnte sich selbst allzu sehr unter Druck setzen. Und kann einer wie Timmsen, ein völlig Fremder, seine Antwort auch nur ansatzweise verstehen? Was macht das schon, denkt Graf und fährt sich mit der Hand über seine grauen Bartstoppeln.
„Entweder es dauert genau dreizehn Tage oder bis an mein Lebensende.“
„Also möglicherweise doch mit irgendetwas abschließen“, sagt Timmsen.
Erneut zeigt Graf auf den Höhenmesser.
„Dreitausendachthundert - Wir sind zu hoch“, sagt er. Dann blickt er wieder aus dem Fenster.

(...)

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Beitrag09.02.2010 12:48

von MT
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Fortsetzung...

2.

„Guten Morgen, Herr Direktor.“
„Frau Sämann, ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen das lassen. Guten Morgen.“
„Aber warum denn? Ehre, wem Ehre gebührt. Sie mussten schließlich lange genug warten.“
Christian Haller beugt sich zu seiner Sekretärin herunter und stützt sich mit beiden Händen auf ihrem Schreibtisch ab. Er flüstert in ihr Ohr:
„Haben Sie mal in Erwägung gezogen, meine Liebe, dass ich auf diesen wundervollen Posten ganz gewiss nicht gewartet habe?“
„Unsinn! Wir kriegen das schon hin. Ich bin doch auch noch da. Schlechter als ihr Vorgänger können sie gar nicht sein.“
Der Pausengong läutet, die zweite Stunde beginnt. Haller richtet sich auf. Das Parfum seiner neuen Sekretärin ist dick und viel zu süß.
„Na, dann hoffen wir mal, dass Sie recht behalten.“ Er schnappt seine Ledertasche und hat die Türklinke schon in der Hand, als er sich noch einmal umdreht.
„Es heißt übrigens Rektor. Die amtlich korrekte Be-zeichnung lautet: Rektor. Tschüss, bis morgen.“

Ich bin in einem Fußballstadion, denkt er, als er die Aula durchquert und sich einen Weg durch die Horde seiner Schüler bahnt hinüber zum Ausgang. Das kreischt und lacht und brüllt in einem fort, dass man sein eigenes Wort nicht versteht. Ey, Leute, ich bin Euer Rektor. Ein jeder von Euch muss sofort vor Ehrfurcht zur Salzsäule erstarren, ansonsten lege ich alle einzeln über´s Knie! Er schmunzelt. Irgendwie ganz beruhigend, dass diese kleinen Tyrannen bisher noch nicht allzu viel mit Hierarchien anfangen können. Die meisten jedenfalls. Vor dem Eingang muss er springen, ein Becher Kakao hat sich auf den Fließen zu einem kleinen See ausgebreitet. Natürlich war das keiner der Schüler, wie kommt er darauf.
„Herr Schmitt…“ Haller winkt dem Hausmeister zu und denkt, irgendwie ist Schmitt genau der richtige Name für einen Hausmeister. „Sie müssten mal mit einem Lappen kommen.“ Haller deutet hinter sich auf den Boden, Schmitt hebt die Hand und nickt. Verstanden, wird erledigt, Herr Direktor.
 
Bevor Haller den Motor startet zündet er sich eine Zigarette an. Reval ohne Filter. Zuhause raucht er nicht mehr. Er kurbelt die Scheibe einen Spalt runter. Eigentlich raucht er überhaupt nicht mehr, so wie Sandrine überhaupt nicht mehr raucht. Aber nächstes Jahr ist es so weit, dann ist ein für allemal Schluss! Nächstes Jahr hören beide ganz auf. Sie haben eine Kiste Champagner drauf gewettet – wer als erstes rückfällig wird, zahlt. Noch aber bleiben fünf Monate. Fünf wunderbare Monate!
Als Haller die Binnenalster entlangfährt prüft mit der Hand sein Kinn. Rasieren muss er sich noch. Mit einem Dreitagebart nimmt sie ihn nicht mit, das waren Sandrines Worte, und Haller ist ziemlich sicher, sie würde Ernst machen. Seine Frau ist da konsequent, er kennt sie lange genug. Ob er es drauf ankommen lassen sollte?

Tief zieht er den Rauch in seine Lungen. Dann kurbelt er das Fenster ganz herunter. Warum ist hier morgens um zehn auf den Straßen regelmäßig die Hölle los? Wo wollen die alle hin? Haller ist immer wieder sprachlos, wenn er diese Blechmengen sieht, die sich durch die Stadt schlängeln wie Aale die Flüsse hinauf. Immer wieder ist er froh und glücklich darüber, dass er sich damals durchgesetzt hat, wenigstens dieses eine Mal. Wenn es nach Sandrine gegangen wäre, würden sie heute vermutlich in einem schicken Loft an der Elbe oder – noch besser – direkt in der City leben. Sie hätten eine Dachterrasse, auf der er seine Rosen in Terrakottakübeln züchten müsste und Sandrine wäre stundenlang mit dem Auto unterwegs, nur um einmal in der Woche ihr Pferd ausreiten zu können. Nein, nein, Frau Haller, der Hof war die beste Entscheidung unseres Lebens.

Haller bremst abrupt. Viel hat nicht gefehlt und er wäre seinem Vordermann hinten drauf fahren. Diese gottverdammte Ampel ist immer rot, wenn er hier langkommt. Er steht, hält die Nase aus dem Fenster. Die bereits warme Morgenluft vermischt sich mit Abgasen und dem modrigen Geruch, der von der Alster rüber weht. Kurz vor zehn ist es jetzt, um vierzehn Uhr geht es los. Bis dahin muss er fertig sein mit allem: Duschen (Rasieren!), Anziehen, dreiviertel Stunde Fahrt (inklusive Parkplatzsuche). Zuvor aber muss er noch seinen Anzug aus der Reinigung und die bestellten Reitstiefel abholen. Wie zum Teufel soll er das alles schaffen?

„Hey Ben! Was tust Du gerade?“ Haller spricht ruhig und betont höflich in sein Handy.
„Paps! Es ist mitten in der Nacht! Was zum ist los?“ Hat womöglich reichlicher Genuss von Alkohol in der vergangenen Nacht die Zunge von Hallers Sohn lädiert? Er verkneift sich die Nachfrage.
„Sag mal, Junge, Du weißt schon, was heute für ein Tag ist?“
„Mittwoch?“
„Deine Mutter hat heute ihr Rigorosum.“
„Also Donnerstag.“ Ben Haller räuspert sich bis er husten muss.
„Hast Du geraucht?“
„Nee, nur gekifft wie´n Außerirdischer!“
„Was bitte?“
„Papa! Ich bin dreiundzwanzig! Was wäre so furchtbar daran, wenn ich geraucht hätte?“
„Rauchen ist ungesund.“
„Das sagt ja der Richtige!“
„Ben, Du musst mir helfen. Kannst Du bitte Mamas Reitstiefel aus dem Laden in Geesthacht abholen? Ich schaffe das zeitlich nicht mehr. Lass sie gleich im Laden einpacken, und dann bringst Du sie direkt mit zur Uni.“
„Reitstiefel? Direkt mit zur Uni? Wird Mama jetzt Doktor oder Reitlehrerin?“ Haller hört förmlich, wie sein Sohn sich bekringelt vor Lachen. Auf jeden Fall war Alkohol im Spiel letzte Nacht. Wenn ich nochmal studieren würde…, denkt Haller.
„Also, machst Du´s?“
„Ja, ja. Bis später, Paps.“ Sein Sohn hat bereits aufgelegt, als Haller sich bedanken will.

Gekifft wie ein Außerirdischer! Was erlaubt sich der Bengel? Warum nimmt er mit Vorliebe die schlechten Eigenschaften seines Vaters an?
Als er raus ist aus dem Stadtzentrum entscheidet er sich gegen die A 25, er fährt nicht gern Autobahn, selbst wenn er es eilig hat. Außerdem ist auf der Strecke ständig Stau. Also biegt er auf die B 207 Richtung Schwarzenbek und von dort weiter nach Ringsmoor. Die Einfahrt zum Hof wird von mehreren Pappeln gesäumt, sie verströmen ihr würziges Aroma in der Vormittagssonne.  

An der Haustür öffnet Haller den Briefkasten und nimmt den Inhalt heraus. Zwei Amseln auf dem Dach der Scheune gegenüber trällern um die Wette und irgendwo in der Nähe werden offenbar Gartenreste verbrannt, unsichtbarer Rauch steigt in die Nase. In der Diele stellt Haller seine Tasche ab und sortiert die Post. Zwischen drei unwichtigen Prospekten befindet sich ein Brief, der an ihn gerichtet ist und keinen Absender trägt. Haller sieht zur Uhr. Schon gleich halb zwölf. Duschen, Rasieren und – verdammt, er hat den Anzug nicht aus der Reinigung abgeholt. Sofort flattern Prospekte und Brief auf den kleinen Telefontisch. Sie wird es für eine Provokation halten, denkt er. Sandrines Bereitschaft, Verständnis aufzubringen für einen Ehemann, der ihrer Doktorfeier in Cordhose und mit Bartstoppeln beiwohnt, dürfte gegen Null gehen. Also erst einmal ins Bad, das mit dem Anzug regelt er später!
(…)

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Beitrag09.02.2010 12:49

von MT
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Embarassed  Embarassed  Embarassed ziemlich viel...

MT


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Siegfried Lenz
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Beitrag09.02.2010 21:37

von *Gast*
Antworten mit Zitat

Hallo M.T.,

nö, ist nicht viel, die ersten beiden Teile sind ja nur etwas verändert. Mit dem dritten bist Du ziemlich hinterhältig aus dem Gebüsch gekommen. Wo ist der Herr Graf geblieben, ich hoffe, Du packst ihn irgendwann wieder auf den Tisch.  Wink
Ich muss den dritten Teil die Tage noch mal in Ruhe lesen, ich hab zu lange nachgeforscht, wo der Haller jetzt auf einmal herkommt. Bis jetzt plätschert der Teil ruhig dahin. Hellhörig hat mich erst zum Schluss der Brief ohne Absender gemacht. Vorher fand ich den Stil solide, war aber völlig ohne Plan, wohin das noch gehen soll. Das Rigorosum würde ich eindeutschen oder wenigstens Kolloquium nehmen, das ist bekannter.
Bis jetzt finde ich die ersten beiden Teile noch spannender, aber ich bin auf jeden Fall noch dabei, wenn Du den vierten einstellst.  Smile

Lieben Gruß
Sabine
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Biggi
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Beitrag10.02.2010 15:22

von Biggi
Antworten mit Zitat

Hi MT,

die ersten beiden Drittel fließen jetzt schön dahin. Zwei Männer, dazwischen mal ein ernsthaftes Wort... wink
Beim zweiten Teil, würde ich gern ein paar Sachen (BOFs) anmerken.

Zitat:
Er flüstert in ihr Ohr:

Würde ich mir als Sekretärin verbitten. Er kann sich gern herunterbeugen zu mir und mit gedämpfter Stimme etwas sagen, aber nicht ins Ohr. Dachte erst, die beiden wären nur offiziell per Sie! "Meine Liebe" klingt auch reichlich vertraut...
Ihr Charakter ist interessant, wenn sie ihrem Chef sagt, dass er nicht schlechter sein kann als sein Vorgänger.

Zitat:
Der Pausengong läutet
Klingt für mich doppelt. Es läutet (zum Stundenende), ein Gong ertönt eher (finde ich zu erhaben).

Zitat:
Das Parfum seiner neuen Sekretärin ist dick und viel zu süß.
Wieso neue Sekretärin? Bis eben hatte ich den Eindruck, dass sie sich schon länger kennen.

Zitat:
ein Becher Kakao hat sich auf den Fließen
Fliesen
Zitat:
Verstanden, wird erledigt, Herr Direktor.
Absicht oder hat Herr Schmitt was mit der Sämann und sagt auch nicht Herr Rektor?
 
Zitat:
Bevor Haller den Motor startet, zündet er sich eine Zigarette an.

Zitat:
Er kurbelt die Scheibe einen Spalt runter.
..herunter, wollte ich erst vorschlagen. 'rauf', 'runter', 'raus' schreibst Du aber auch sonst. Hier frage ich mich, ob der Herr Rektor das wirklich so denkt...

Zitat:
Als Haller die Binnenalster entlangfährt, prüft er mit der Hand sein Kinn.
Hm. Weil wir gerade bei Rigorosum sind, was fragt er es denn? Nein ernsthaft: fährt prüfend über sein Kinn hätte ich erwartet, kollidiert natürlich mit entlangfahren.

Zitat:
Haller ist immer wieder sprachlos, wenn er diese Blechmengen sieht, die sich durch die Stadt schlängeln wie Aale die Flüsse hinauf.
Aale? Lachse schwimmen flussaufwärts... Ist doch da gar nicht so bergig in Geesthacht und Umgebung.

Zitat:
Viel hat nicht gefehlt und er wäre seinem Vordermann hinten drauf fahren.
.. hätte nicht gefehlt...?
Zitat:
„Paps! Es ist mitten in der Nacht! Was zum ist los?“

Geier? Henker? Teufel? Irgendeiner von denen fehlt mir in dem Satz. Oder drei Pünktchen, wenn er es wirklich nicht sagen will.
Zitat:
„Deine Mutter hat heute ihr Rigorosum.“
Pflichte ich Sabine bei. Kommt aufs Publikum an, wie vertraut einem der Begriff ist. "Doktorprüfung" ist evtl. geläufiger.
Zitat:
Ben Haller räuspert sich, bis er husten muss.
Den Nachnamen brauchen wir hier schon nicht mehr.

Zitat:
Wird Mama jetzt Doktor oder Reitlehrerin?“

Wird Mama jetzt (eine) Frau Doktor...  (weiß aber nicht, ob das besser wäre)

So, ich vermute, Christian Haller hat von Jan Graf einen Brief bekommen. Einer von beiden hat also den Namen seiner Frau angenommen durch Heirat oder es stimmt sonst irgendwas nicht so ganz.
Und völlig richtig: den Anzug sollte er direkt vor der Reinigung anziehen - wie auch immer er das anstellt, der Herr Rektor.

Interessante Handlung, die Du da aufbaust und lebendig erzählst. Sowas liest man doch gern.

LG
Biggi
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lupus
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Beitrag10.02.2010 15:43

von lupus
Antworten mit Zitat

hi, emte.

jo, bis auf einige Klienigkeiten geht das runter wie Öl. Nicht viel, in einem Schwung durch. Die Sprache is derart gefällig, dass man gar nicht merkt, dass es ein bisserl länger is. super gemacht. Und, obwohl nix passiert, schaffst du es, Spannung zu erzeugen (wie machst du das?) und die einzelpersonen werden locker aber genau richtig eingeführt. Projektor is an.

zu Rigorosum gibt's keine Alternative. Alle anderen Vorschläge treffen es nicht. 'Sie muss heute ihre Doktorarbeit mündlich verteidigen' (so hätt' man früher gesagt, Dsiputationsvortrag) klingt ziemlich kriegerisch  Wink und stimmt heut' nicht mehr.

Fazit: sehr gerne gelesen, keep on going *neugierig sei*

lgl


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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