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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3914 Wohnort: wien
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02.02.2010 17:14 Der Herr Finanzinspektor Harald P. von lupus
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Der Pöbel-Thread (Thema: Steuerhinterziehungs-CD) hat mich auf die Idee gebracht, einmal zu phantasieren (und zu vertonen), wie diese Geschichte in Österreich ihr Ende finden würde.
Der Versuch eines (in Ansätzen) humoristischen Schnellschusses, zum Gaudium. Textarbeit is nicht nötig.
_________________________
Der Herr Finanzinspektor Harald P.
Irgendwo in Europa. Entschlossenen Schrittes streift Harald P. die Mauern
entlang, seinen Staubmantel fest geschlossen, den Kragen
hochgeschlagen. Immer wieder dreht sich P. um, muss aber, um
tatsächlich etwas erkennen zu können, auch immer wieder die
Sonnenbrille - um zwo Euro fufzig vom Hofer - nach oben schieben. Es ist
knapp nach acht Uhr am Abend. Er ist Finanzbeamter der Republik
Österreich und im Begriff, den Auftrag seines Lebens zu erfüllen. Der
Minister höchstselbst hat ihm - über den Obersektionschef Hofrat M. -
ausrichten lassen: "Sind S' tapfer P. Erweisen Sie dem österreichischen
Volk einen Dienst. Es wird sich auszahlen, P. Wie alt sind S'? 42? Sehr
schön, P. Wie wär's mit Frühpension bei vollen Bezügen? Na, P., schlagen
S' ein?" Und P erinnert sich und vor Freud' werden seine Augen feucht.
Ein Held wird er sein, ein Volksheld. Mit der Lizenz zum .... Ja, was
eigentlich? Egal. Hauptsache in cognito, Hauptsache der Minister is
zufrieden. Ein so ein lieber Mensch.
Harald P. zückt den Stadtplan der fremden Stadt, studiert ihn, macht
kehrt, will in die erste Gasse links einbiegen, als er hinter sich das
quietschende Geräusch einer Lokaltür vernimmt und gleich darauf:
"Hey, psst, P. da bin ich."
P. wirbelt herum, grieft in seine Hosentasche, bereit zu handeln, bereit
alles zu unternehmen, um seinen Geheimauftrag zu Ende zu führen und
zückt seine Plankette mit der Aufschrift 'Finanzbehörde der Republik
Österreich'.
Ihm gegenüber steht Walter K., ein hagerer Mitt-Vierziger von der Größe
eines Hydranten und fuchtelt aufgeregt mit einer Diskette herum.
"Da, schaun S', die CD, die wollen S' doch haben. Nicht wahr?"
"Aber" P. überlegt angestrengt, bevor er fortfährt, "Sie sind doch, Sie sind
doch ... Österreicher."
"Ja, ja, is schon recht. Kommen s' P., jetzt trinken wir ein Achterl und
dann machen wir den Deal."
"Wen?"
"Na, den Deal." K. blickt P. unvermittelt ins Gesicht "Das Geschäft."
"Ah, ja gut. Wissen S'" fügt P. etwas verlegen hinzu "Wissen S', Englisch
wär ma eh nicht so recht gewesen. Mit meinem Schulenglisch ..., naja"
"B-Matura?" will K. mitleidig wissen.
"Ja, was soll ich sag'n?"
Zwei einhalb Stunden später sind die beiden ins Gespräch vertieft und K.
schiebt zum x-ten Mal die CD über den Tisch.
"Harald, jetzt nimm doch endlich die CD. Ein einhalb Millionen soll mir
recht sein."
" Jo, Pepperl so einfach is das nicht."
"Warum? Noch billiger? Pepperl legt etwas Ungeduld in seine Stimme.
"Na geh, Pepperl, darum geht's mir ja gar nicht"
"Biiitte, was willst denn dann"
"Da, schau, das F21/H müßtest mir noch ausfüllen." Harald schiebt ihm
einen zerknitterten Zettel hin.
"Was?"
"Das Formular 21/H zur Bestätigung" Finanzinspektor Harald P., bewaffnet
mit einem Stempel, lächelt und lehnt sich erwartungsvoll zurück. Jetzt ist
er in seinem Element.
"Spinnst jetzt?"
"Schau, ohne UID Nummer geht's halt nicht"
Pepperl K. senkt den Kopf, vergräbt ihn in seine schweißgebadeten Hände
und fährt sich durchs schüttere Haar, das danach aussieht, als hätte er in
Gel gebadet.
"UID Nummer? Bist deppert? Vielleicht noch was?"
"Naja, deinen Gewerbeschein zur Hehlerei bräucht ich noch. Ohne
Gewerbeschein geht gar nix."
Nachdem K. das Lokal verlassen hat, versinkt P. in Wehmut und sieht zu
wie sein Frühpensions-Luftschloss zerplatzt, wonach er seinen Traum noch
in einer Flasche Burgunder ersäuft.
"Immer diese Vorschriften" denkt er und schwankt hinaus in die fremde Stadt.
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_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi |
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MT Reißwolf
Alter: 52 Beiträge: 1090 Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)
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02.02.2010 17:30
von MT
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Moin lupus,
gelesen, gehört, gelacht. Wunderbar.
Sicher, beim Lesen bin ich zunächst über einige Kleinigkeiten gestoßen. Aber erstens willst du keine Korrekturen und zweitens - viel wichtiger - liest Du wunderbar über Stolpersteine hinweg.
Herrlich erfrischende Kost.
Eins noch: Mit der Namensgebung zu -zuordnung bin ich selbst bei Hören und Parallellesen etwas durcheinander gekommen. Hier könnte wirklich ein wenig nachgebessert werden.
Grüße
MT
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Hardy-Kern Kopfloser
Alter: 74 Beiträge: 4841 Wohnort: Deutschland
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02.02.2010 19:14
von Hardy-Kern
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Gut.
Diese Geschichte würde wohl überall auf der Welt ihre Vollendung finden.
Kreiz Krutzifix no a ma.
Hardy
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4292
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04.02.2010 15:10
von hobbes
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da könnt ich noch mehr davon lesen...
_________________ Don't play what's there, play what's not there.
Miles Davis |
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yt Klammeraffe
Alter: 49 Beiträge: 703 Wohnort: Sittensen
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04.02.2010 15:25
von yt
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Moin,
der Spielverderber bleibt stehen, nimmt sich aber dennoch einen Keks vom Tresen. Geht gemütlich zur Tafel neben der Dartscheibe, nimmt den Schwamm und wischt die Tafel frei.
Dann schreibt er auf die Tafel mit großen Druckbuchstaben.
ES IST KEINE HEHLEREI
"Tatsaechlich wurd nicht einmal etwas gestohlen gemeldet. Habe die Ehre, Baba."
Der Spielverderber wirft lässig die Kreide aufs Eck der Tafel und verlässt den Raum.
Mit großspurigen Grüßen,
yt
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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3914 Wohnort: wien
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04.02.2010 15:34
von lupus
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schön, dass einige lächeln können und danke dafür.
schade, dass die Bierlaune vom Bierernst getrübt wird, gell yt. Satire! Die 'Hehlerei' is doch gar nicht Thema, sondern der österreichische Vorschriftenwahn, der ausnahmsweise auch sein Positives hat. je nach Blickwinkel.
_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi |
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Alogius Kinnbeber
Alter: 47 Beiträge: 3206
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05.02.2010 17:05
von Alogius
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Hi lupus,
wollte schon kürlich etwas dazu schreiben, doch mich hat es temporär zerschlagen. Da ich zwar noch nicht wieder sprechen kann (für meine Umgebung ein Segen), aber schreiben, hier nun:
Diesen "Vorschriftenwahn" hast Du sehr amüsant und, wie ich finde, auch sprachlich erfrischend eingefangen. Große Meckereien von mir gibt es auch nicht - alles super, wie es ist. Dein Ziel war der Humor, und das hat geklappt.
Was soll ich also Faseleien anfangen!
Der Vortrag, wie immer, genial. Ich liebe ja Deine Stimme und all das. Natürlich platonisch.
Lg
Tom
_________________ Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt. |
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lupus Bücherwurm
Alter: 56 Beiträge: 3914 Wohnort: wien
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05.02.2010 17:53
von lupus
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Alogius hat Folgendes geschrieben: |
Diesen "Vorschriftenwahn" hast Du sehr amüsant und, wie ich finde, auch sprachlich erfrischend eingefangen. |
schönen Dank auch
Zitat: | Der Vortrag, wie immer, genial. Ich liebe ja Deine Stimme und all das. |
auch dafür Dank
Zitat: | Natürlich platonisch. |
na, und dafür erst recht
lg
_________________ lg Wolfgang
gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben
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