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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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08.08.2007 12:05
von Brynhilda
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scriptor hat Folgendes geschrieben: | Der "Müller-Text" (Gedicht wage ich es nicht zu nennen) ist Reim-dich-oder-ich-fress-dich-Poesie, lohnt nicht, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden... |
Immerhin ist er von Schubert vertont worden. Und das ist keine sachliche Kritik.
Und wenn du ein besseres Arbeitsbeispiel hast, dann her damit!
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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08.08.2007 12:14
von SylviaB
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@ scriptor
Kein Kommentar
@ Ilka
Ich empfinde diesen Text als absolut schön... Die Augen sind die Fenster der Seelen die er hier anspricht. Sie sind nicht seine Sonnen! Nein, seine Sonnen waren nur die, seiner Geliebten. Wobei ich hier sagen muß, es sind weit mehr Deutungen möglich. Es könnte auch die Hoffnung sein die ihm verloren gegangen ist und er sieht nun die Hoffnung in anderen Augen/Sonnen.
Und sie auch standen da so stier...
herrlich! Stier, ist im heutigen Sprachgebrauch noch üblich... man stiert wenn man erschrocken ist oder wenn man fasziniert ist. Auch wenn man Angst hat stiert man oder wenn die Verwunderung über etwas da ist.
Auch die Bewunderung lässt einen stieren.
Seine Sonnen standen da so stier und konnten nicht weg von ihm.
Also sahen diese Sonnen/Augen ihn an, stierten ihn an um ihm etwas zu sagen, zu deuten oder vielleicht weil sie ihn bewundernd anstarrten?
Es sind aber nicht seine Sonnen also hat er seine Sonnen verloren.
Seine Sonnen/Augen...könnten in diesem Fall, die Augen seiner Geliebten sein, die er irgendwann verlor aber auch die Hoffnung... Das meinte ich weiter oben.
Er will diese Augen nicht. Es sind nicht seine, sie sollen anderen ins Angesicht sehen. Also verbindet er vielleicht auch die Geliebte mit der Hoffnung... Es ist nicht seine Geliebte/seine Hoffnung. Es sind irgendwelche anderen... Für mich ein Text der vor Hoffnungslosigkeit schreit.
Es ist ein fabelhafter Text, wenn auch sehr ungewöhlich und schwer zu interpretieren...
Allein wie man liest (ich würde es in einem SingSang lesen) zeigt was der Text so hergibt.
_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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08.08.2007 12:17
von SylviaB
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_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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08.08.2007 12:21
von Brynhilda
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@Silvia
Ich finde deine Interpretation absolut spannend. Ich versuche schon lange, mit auf die drei Sonnen einen Reim zu machen, wie man so schön sagt. Es ist ein durchaus ungewöhnlicher und düsterer Text, wenn man bedenkt, daß er von einem Zeitgenossen Goethes stammt.
Ich habe, nach Nächten verzweifelten Grübels, die drei Sonnen als Glaube, Hoffnung und Liebe interpretiert. Am Ende bleibt nur eine, nämlich die Liebe, und auch diese wird bald erlöschen, und dann... Dunkelheit und Tod.
Man könnte auch an die drei Lebensphasen denken: Jugend, Erwachsenenalter und Alter.Für das lyrische Ich sind die Sonnen der Jugend und des Erwachsenenalters erloschen. Ihm bleibt nur das Greisenalter, und er wünscht, daß auch diese Sonne sich verdunkle, also er wünscht den Tod herbei.
(Wilhelm Müller ist übrigens jung gestorben, interessanterweise im gleichen Jahr wie Schubert.)
Ilka
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SylviaB Schnupperhasi
Alter: 58 Beiträge: 6332 Wohnort: Köln
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08.08.2007 12:32
von SylviaB
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hmja... Die Hoffnungslosigkeit im Alter...
Wenn ich davon ausgehe, dass er eine Geliebte hatte, könnte die Hoffnungslosigkeit nicht nur darauf beruhen, dass er die Hoffnung ins Leben verliert... sondern die Hoffnung auf ein weiteres Leben mit seiner Geliebten.
Verbunden mit dem Sehen. Also mit seinen Augen und den Augen seiner Geliebten. Das man das nicht einzeln sehen darf.
- Erste Sonne - Alter (durch Krankheit altert man schnell, er sieht sich älter als er ist)
- Zweite Sonne - Geliebte (sie liebt ihn aber diese Liebe hat keine Zukunft. Er sieht das Ende der Beziehung bedingt durch seine Krankheit/Tod) (hier sind auch die beiden Sonnen vereint, die nicht seine sind. Andere, vielleicht Familie oder Ärzte wollen ihm Hoffnung machen aber er weiss, es geht zu ende?)
- Dritte Sonne - Hoffnung (die bald verloren geht, weil er weiss das er stirbt? Er sieht seinen Tod und damit das Ende seiner Hoffnung?)
Es gibt hier viele Interpretationsmöglichkeiten. Das wirbelt im Kopf!
_________________ Scheint dat Sönnsche dir aufs Hirn,
hassu wohl ne offne Stirn. |
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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08.08.2007 13:49
von Brynhilda
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Liebe Silvia!
Natürlich hast du mit deiner Interpretation genauso recht, wie ich. Hilde Domin hat mal gesagt, daß ein Gedicht erst durch die Rezeption des Lesers seine Vervollkommnung erlangt.
Damit hat sie meiner Ansicht nach recht.
Im übrigen zeigt sich ein gutes Gedicht auch daran, daß man darüber diskutieren kann und ins Gespräch kommt, daß es so wie Müllers Nebensonnen viele Möglichkeiten der Interpretation eröffnet.
Liebe Grüße,
Ilka
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d.daesler Gänsefüßchen
D Alter: 37 Beiträge: 28 Wohnort: Essen an der Ruhr
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D 10.08.2007 21:58
von d.daesler
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Ja, dass ist ein wirklich wundervoller Text. Er ist auch, wie es oft mit Gedichten, die zur Zeit Goethes geschrieben worden sind in viele Richtungen zu interpretieren. Oberflächlich betrachtet handelt es sich bei den drei Sonnen um Geliebte, aber natürlich kann man auch ins Detail gehen, wobei ich nicht auf Hoffnung und Krankheit hinaus komme. Das macht ja nichts.
Ich wollte vielleicht auch noch etwas zu den Verkauf von Lyrik sagen. Lyrik bekommt der Buchhändler kaum noch verkauft und überlegt sich jährlich, ob er nicht seine Lyrikecke, die der Lyrikliebhaber so schon mühselig suchen muss kleiner zu gestalten. Viele Lyrikbände werden nur noch auf Bestellung verkauft. Das habe ich alles schon selbst erlebt. Eines sollte klar werden. Mit Lyrik kann man kein Geld verdienen und wenn nur ein winziges Zubrot. Außerdem halte ich es für ein Märchen, dass Gedankenlyrik schwerer zu verkaufen ist, als leichte Lyrik. Wenn man den Geschmack der Zeit treffen will sollte man einfach schauen, was die Leute lesen wollen und sich dann an sein Puld setzen. Im übrigen ist die Kleine Schicht, die sich überhaupt mit Lyrik befasst sowieso die Bildungselite, die zu einem Großteil auch mal gerne Gedankenlyrik liest.
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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10.08.2007 22:07
von Brynhilda
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Lieber D.Daesler!
Ich glaube, Lyrik hat es nie leicht gehabt. Es gab vielleicht mal ein Goldenes Zeitalter (irgendwann zwischen 300 und 1100 nach Christus), aber danach ging es damit bergab.
Hölderlin wurde zu Lebzeiten nicht gedruckt, viele sind erst nach ihrem Tod bekannt geworden, andere niemals.
Aber der wahre Dichter schreibt auch nicht, um den Zeitgeist zu befriedigen oder für den Verkauf, sondern er schreibt, weil er nicht anders kann.
Daß es mit dem Verkauf so mies läuft, hat auch sein Gutes. Das bewahrt einen vor der Arroganz, wie sie unter Malern kursiert, deren Bilder zu Wahnsinnspreisen gehandelt werden. Es läßt einen bescheiden und demütig bleiben.
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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17.08.2007 13:43
von Brynhilda
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Hier ist ein neues Gedicht zu Betrachtung.
Wanderers Nachtlied
(Johann Wolfgang von Goethe)
Über allen Gipfeln
Ist Ruh'
In allen Wipfeln
Spürest Du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde
Warte nur, balde
Ruhest Du auch.
Sicher ist dies eines der bekanntesten und schönsten Gedichte der deutschsprachigen Literaturgeschichte.
Aber sicher kann man es durchaus kritisch betrachten.
Ich, zum Beispiel, stoße mich an dem Diminuativ "Vögelein", der dem ganzen so einen kindisch-naiven Nimbus verleiht.
Aber ich liebe diese Stille zwischen den Worten.
Dieses Gedicht trägt eigentlich den Titel "Ein gleiches" und ist als Antwort auf folgendes Gedicht zu betrachten:
Wanderers Nachtlied (Nummer 1)
(Johann Wolfgang von Goethe)
Der du von den Himmeln bist,
alles Leid auf Erden stillest,
den, der doppelt elend ist,
doppelt mit Erquickung füllest:
Ach, ich bin des Treibens müde!
Was soll all der Schmerz, die Lust?
Süßer Friede, komm, ach komm in meine Brust!
Ich kenne kaum ein anderes Gedicht, daß die Leiden des einsamen Wanderes und seine Sehnsucht nach Heimat, und sei es im Tode, besser in Worte faßt.
Schmerz und Lust gleichermaßen hat das Lyrische Ich, das hier mit seinen Worten spricht, überwunden. Nun sehnt es sich nach mehr, anch dem Sinn. Nach dem einen Frieden, der hinter allen Dingen ruht. Und es fleht zu Gott.
Ist es nicht ein Wunder, daß so wenig so viel bedeuten kann?
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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29.09.2007 14:05
von Brynhilda
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Ich bin der Meinung, die folgenden Worte sollte jeder Schreibende einmal gelesen haben.
Es gibt keine "Stunde Null" und kann keine geben: Sie ist nichts als eine Luftspiegelung. Das Ewige, Immer-Gleiche wird in jedem Augenblick neu in den Augenblick gebracht. Das tun die Lesenden ganz wie die Schreibenden. Dazu ist Kunst da, dazu sind Gedichte da.
Hilde Domin
(Aus dem Vorwort zu "Doppelinterpretationen")
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Mana Mensch
Alter: 39 Beiträge: 2227 Wohnort: Düsseldorf
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29.09.2007 14:11
von Mana
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ich habs heut schon mal wo reingesetzt aber ich find arabische gedichte total fesselnd
Zitat: | Abu Ishak ibn Hilal as-Sabi
Wie manch Gedicht läßt lang sein Inhalt scheinen,
Und wenig Worte nur sinds, wenn dus liest,
Und manches, das mit vielen Worten prunket,
In dem du nur Geschwätz und Torheit siehst!
Das Meer ist weit, doch salzig ist sein Wasser,
Und süß der See, drin wenig Wasser fließt.
Aus dem Arabischen von Annemarie Schimmel |
_________________ Der Verstand schreibt mit Tinte, das Herz mit Leidenschaft...
Wissenschaft ist ein stahlharter Metalldildo zum umschnallen.- Vince Masuka
Mein Lieblingsepigramm:
"Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse
Und mich in gott und gott in mich zusammenfasse." von Johannes Scheffler |
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scriptor Eselsohr
S
Beiträge: 255
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S 29.09.2007 14:15
von scriptor
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Bei der Übertragung solcher Gedichte, so gut sie vielleicht im Original sein mögen, wird mir der deutschen Sprache zuviel Gewalt angetan...
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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30.09.2007 13:46
von Brynhilda
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Ich habe hier noch ein schönes Zitat von Ingeborg Bachmann.
(ebenfalls zitiert nach dem Band "Doppelinterpretationen")
"So kann es auch nicht die Aufgabe des Schriftstellers sein, den Schmerz zu leugnen, seine Spuren zu verwischen, über ihn hinwegzutäuschen. Er muß ihn, im Gegenteil, wahrhaben und noch einmal, damit wir sehen können, warmachen. Denn wir wollen alle sehend werden. Und jener geheime Schmerz macht uns erst für die Erfahrung empfindlich und insbesondere for die Wahrheit."
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Mana Mensch
Alter: 39 Beiträge: 2227 Wohnort: Düsseldorf
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10.11.2007 17:09
von Mana
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Ich hab mal eine Frage zu dem schreiben von Gedichten, was aber durchaus hier reinpasst.
Kann ein Gedicht noch gut sein wenn es im nachhinein schlechte erinnerungen beim Autor auslöst? Wenn es ein mulmiges unwohlsein hervorruft?
_________________ Der Verstand schreibt mit Tinte, das Herz mit Leidenschaft...
Wissenschaft ist ein stahlharter Metalldildo zum umschnallen.- Vince Masuka
Mein Lieblingsepigramm:
"Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse
Und mich in gott und gott in mich zusammenfasse." von Johannes Scheffler |
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Nihil { }
Moderator Alter: 34 Beiträge: 6039
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10.11.2007 17:37
von Nihil
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Kannst du deine Frage mal konkreter stellen? Meinst du einfach die Unzufriedenheit, die jeden mal befällt, oder persönliche Gefühle, die dich daran hindern, das Gedicht zu mögen?
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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10.11.2007 17:50
von MosesBob
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Manaking hat Folgendes geschrieben: | Ich hab mal eine Frage zu dem schreiben von Gedichten, was aber durchaus hier reinpasst.
Kann ein Gedicht noch gut sein wenn es im nachhinein schlechte erinnerungen beim Autor auslöst? Wenn es ein mulmiges unwohlsein hervorruft? |
Gedicht hin oder her:
"Wenn es einen Menschen gäbe, der wagte, alles zu sagen, was er von dieser Welt gedacht hat, bliebe ihm kein Quadratmeter mehr, um sich darauf zu behaupten. Wenn ein Mensch erscheint, stürzt sich die Welt auf ihn und bricht ihm das Rückgrat. Immer sind zu viele morsche Säulen stehen geblieben, zuviel verfaulte Menschheit, als dass ein Mensch aufblühen könnte. Der Überbau ist eine Lüge und das Fundament eine riesige zitternde Angst. Wenn in Abständen von Jahrhunderten ein Mensch mit einem verzweifelten, hungrigen Blick in den Augen auftritt, ein Mensch, der die ganze Welt umwälzen würde, um ein neues Geschlecht zu schaffen, wird die Liebe, die er in die Welt mitbringt, in Bitterkeit verwandelt und er wird zur Geisel. Wenn wir dann und wann auf Seiten stoßen die explodieren, Seiten, die verwunden und schmerzen, die einem Seufzer, Tränen und Flüche abringen, dann sollt ihr wissen, daß sie von einem aufrechten Menschen stammen, einem Menschen, dem keine andere Verteidigung übrig bleibt als seine Worte, und seine Worte sind immer stärker als all die Foltern und Räder, die die Feigen erfinden, um das Wunder der Persönlichkeit zu vernichten. Wenn je ein Mensch wagen würde, alles, was er auf dem Herzen hat, auszusprechen, sein wirkliches Erlebnis, alles, was wirklich seine Wahrheit ist, niederzuschreiben, dann, glaube ich, ginge die Welt in Trümmer, würde in Stücke zersprengt, und kein Gott, kein Zufall, kein Wille könnte je wieder die Stücke, die Atome, die unzerstörbaren Elemente zusammensetzen, aus denen die Welt bestand."
Henry Miller, "Wendekreis des Krebses"
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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Mana Mensch
Alter: 39 Beiträge: 2227 Wohnort: Düsseldorf
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10.11.2007 18:03
von Mana
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Vielen dank lieber Moses. Vielleicht sollte ich weniger "ich" bezogen sein und viel mehr mein erlebtes lediglich als Inspiration und Richtweiser nehmen. Statt ständig zu versuchen erlebnisse und erfahrungen eins zu eins auf Papier zu bringen.
_________________ Der Verstand schreibt mit Tinte, das Herz mit Leidenschaft...
Wissenschaft ist ein stahlharter Metalldildo zum umschnallen.- Vince Masuka
Mein Lieblingsepigramm:
"Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse
Und mich in gott und gott in mich zusammenfasse." von Johannes Scheffler |
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Hes Schneckenpost
H
Beiträge: 7
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H 26.11.2007 19:07
von Hes
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Hallöchen,
• Ein gutes Gedicht ist so kurz wie möglich.
Auch die Größten der Literatur haben ein paar Gedichte geschrieben, wo ich sagen würde: Die Strophe hätte es nicht mehr gebraucht. Man kann Dinge eben doch kaputt reden.
• Ein gutes Gedicht hat eine Pointe, ist eine Geschichte, hat ein Ziel...
Gerade Gedichte, die Ihren Titel oder die erste Strophe in der letzten wieder aufnehmen, wirken oft wie eine "runde Sache".
• Ein gutes Gedicht macht sich nicht wichtig
Mancher Poet meint, er müsse seine Sätze nur so lange zerhacken oder schachteln bis der Leser ausreichend verwirrt ist, um ein gutes Weltliteratur zu produzieren. Kompletter Unsinn! Wer mit einfachen Worten Großes sagt, hat mehr meine Bewunderung!
• Gute Gedichte sind erwachsen
Die melodramatischen Tränenmeere der Pubertät sind zu überzogen, als dass man noch Zwischentöne wahrnehmen könnte, und führen oft ins Grußkarten-Niveau. Man kann eben nicht 4 Strophen lang brüllen und dann noch behaupten, es gäbe einen Spannungsbogen oder eine Stimmung.
• Ein gutes Gedicht kann jedes Thema haben.
• Ein gutes Gedicht perlt von der Zunge ohne zu holpern.
Viele Autoren vergessen anscheinend, sich ihre Gedichte selbst LAUT vorzusprechen, dann würden bestimmte Fehler gar nicht erst auftreten.
Soweit der Anfang der Liste. Vielleicht schreib ich später mehr.
Liebe Grüße - Hes
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Enfant Terrible alte Motzbirne
Alter: 30 Beiträge: 7278 Wohnort: München
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26.11.2007 20:43
von Enfant Terrible
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Hes hat Folgendes geschrieben: | • Gute Gedichte sind erwachsen
Die melodramatischen Tränenmeere der Pubertät sind zu überzogen, als dass man noch Zwischentöne wahrnehmen könnte, und führen oft ins Grußkarten-Niveau. Man kann eben nicht 4 Strophen lang brüllen und dann noch behaupten, es gäbe einen Spannungsbogen oder eine Stimmung. |
*hust*
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6403 Wohnort: 50189 Elsdorf
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26.11.2007 20:46
von Ralphie
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Ein gutes Gedicht reimt sich, besitzt Rhythmus und wurde bis jetzt im DSFO nicht eingestellt.
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Brynhilda Felix Aestheticus
Alter: 44 Beiträge: 7748 Wohnort: Oderint, dum probent.
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26.11.2007 21:24
von Brynhilda
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Ein gutes Gedicht reimt sich, besitzt Rhythmus und wurde bis jetzt im DSFO nicht eingestellt. |
Stimmt auffallend.
Denn im DSFO gibt es viele gute Gedichte!
EDIT: Ansonsten müssen wir auf dieses eine verzichten. Wir haben ja die anderen!
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Hes Schneckenpost
H
Beiträge: 7
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