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Aber sonst gesund!


 
 
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R. G. Rick
Geschlecht:männlichSchneckenpost
R

Alter: 60
Beiträge: 11



R
Beitrag04.06.2009 18:41
Aber sonst gesund!
von R. G. Rick
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Aber sonst gesund!

Da Eltern in der Erziehung ihrer Kinder nie versagen, muss es andere Gründe geben, wenn das Kind in der Schule nicht die erwarteten, nobelpreisverdächtigen Leistungen erbringt. Moderne, aufgeschlossene, aktive Eltern kümmern sich in ihrer Erziehung natürlich sehr um das Wohlergehen ihrer Sprösslinge.
Wenn das Kind unaufmerksam ist, die Noten nicht im vorgegebenen Bereich liegen oder es einfach ein bisschen langsamer lernt, als andere Kinder, dann muss es krank sein. Hunderte von Büchern und tausende von Internetseiten geben den beunruhigten Eltern die Antwort: das Kind leidet an ADS, ADHS, LRS, Legasthenie, Dyskalkulie oder Dyslexie – im schlimmsten Fall alles zusammen.

„Mein Kind hat Dyskalkulie. Das ist so sicher, wie Zwei plus Zwei Fünf ergibt!“

Bei den meisten der Kinder wird allerdings keine dieser Lern- und Verhaltensstörungen durch Ärzte nachgewiesen. Sie sind schlichtweg nicht die Überflieger, die ihre Eltern in ihnen sehen.
Wenn Max in einem Aufsatz über seine Familie schreibt: „Mein Bruder hat Diskalkuhlie. Das isst eine Rächenschwäche.“, dann ist er noch lange kein Legastheniker. Er ist einfach schwach in Rechtschreibung.
Aber die Eltern sind davon überzeugt, dass ihr Kind erkrankt ist - die Ärzte haben sowieso keine Ahnung und stecken unter einer Decke mit den Lehrern! Das ist bitter für die Kinder, denn sie müssen nun regelmäßig bittere Pillen schlucken, die ein allwissender Heilpraktiker den Eltern empfiehlt.

Ich unterrichte ja bekanntermaßen an einer Berufsschule. Dort haben die Eltern mit einer ganz anderen Krankheit ihrer Kinder zu kämpfen – der Pubertät. Akne, Liebeskummer, Aufmüpfigkeit, schleichende Alkoholabhängigkeit, Nikotinvergiftungen und erste Geschlechtskrankheiten sind dabei nur einige Symptome dieser unheilbaren, aber vorübergehenden Krankheit. Aber auch hier ist der schlechte Umgang der Kinder in der Schule daran Schuld. Aus Elternsicht sind Aufmüpfigkeit, Anti-Eltern-Haltung und schlechtes Benehmen durch die Unfähigkeit der Lehrer und die schlechte Erziehung der Klassenkameraden und der Freunde verursacht.  

Nun will ich nicht alle Eltern in einen Topf werfen und den Deckel fest verschließen. Nein, es gibt auch Eltern, die machen alles richtig und deren Kinder sind wohlerzogen und hoch intelligent. Ein solches Elternpaar kenne ich relativ gut: meine Frau und mich!

In der Erziehung unserer Kinder haben wir nicht versagt, wie 99,99% der anderen Eltern. Mein Kleiner, er ist jetzt in der dritten Klasse,  hat seine Spielekonsole erst mit sieben Jahren bekommen, nicht schon mit fünf, wie es die Versager-Eltern handhaben. Wir achten auch sehr darauf, das er nur ausgewählte DVDs einlegt, wenn er seine drei Stunden Fernsehzeit am Nachmittag zugewiesen bekommt, damit er endlich ruhig ist.  

Die Große, sie ist jetzt in der neunten Klasse, wird nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Dissertation eine Karriere als Managerin einschlagen. Sie soll es ja mal besser haben als wir. Für den Nobelpreis, den sie zweifelsohne in absehbarer Zukunft verliehen bekommt, haben wir schon eine Vitrine gekauft.
Momentan will sie zwar nach der Schule eine Ausbildung in einem handwerklichem Beruf einschlagen, aber diese Flausen werden ihr durch die falschen Freunde eingetrichtert, mit denen sie sich derzeit rumtreibt. Über die Vier Minus in Englisch muss ich mich demnächst mit dem unfähigen Englischlehrer mal unterhalten. Wahrscheinlich kann der selbst kein Englisch – diese pädagogische Niete!

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Zitkalasa
Reißwolf
Z


Beiträge: 1088



Z
Beitrag04.06.2009 19:07

von Zitkalasa
Antworten mit Zitat

Zitat:
Ein solches Elternpaar kenne ich relativ gut: meine Frau und mich!


Da endete abrupt mein innerliches Nicken und Anti-Sympathie machte sich breit ... die weiter anstige je weiter ich las. lol

Aber Hallo, Rick.

Ein schöner Text. Besonders, da er im letzten Drittel diesen Bogen schlägt und es deutlich wird, dass der Schreiber genauso zu denen gehört, die er für Versager-Eltern hält.

Aber, seien wir ehrlich, solange man (eigene) Leistungsansprüche an (/auf) sein Kind stellt (/überträgt), solange gehört man immer zu den Versager-Eltern, weil ein Kind einen eigenen Kopf und Wertevorstellungen besitzt. Aber diese Erkenntnis dringt wohl bei nur sehr wenigen Eltern durch. (Die es dann aber auch wieder falsch machen, wenn es heißt, dass sie mit ihrem Kind diskutieren, wer nun den grünen und wer den blauen Smartie bekommt. *g*)

Zitat:
In der Erziehung unserer Kinder haben wir nicht versagt, wie 99,99% der anderen Eltern.


Die Prozentangabe hat mich ob ihrer Höhe verwirrt. Das ist, selbst für eine Übertreibung, zu hoch gegriffen, imho. Schraub es runter auf 90/93% - das ist immer noch hoch, lässt aber noch genügend Raum für die Existenz von Versager-Eltern. wink

Zitat:
(...) selbst kein Englisch – diese pädagogische Niete!


Mein Geschmack stört sich hier an dem Ausrufezeichen. Wenn Lehrer eh von vornherein Nieten sind (natürlich, was sonst), dann brauchst du es nicht besonders betonen als wäre es was Unerhörtes. Einen Punkt statt dem Gedankenstrich fände ich auch besser, weil es die Aussage "Diese pädagogische Niete." nochmehr die Betonung als persönliche Wertung gibt.

Was mich interessiert: Wie viel davon ist aus dem eigenen Leben gegriffen? :3 Anfänglich klingt es nämlich nach einem Essay bis die Wende kommt und der Schreiber sich selbst als Versager-Vater outet und es somit zur Kurz-Prosa wird.


_________________
"Heutigentags sagen und schreiben viele Gelehrte mehr als sie wissen. In den alten Zeiten wussten einige mehr als sie schrieben." Matthias Claudius
"Hieve-ho, thieves and beggars, never shall we die" PotC - aWE
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lupus
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 56
Beiträge: 3913
Wohnort: wien



Beitrag04.06.2009 19:45

von lupus
Antworten mit Zitat

Hallo Rick,

Ironie par excellence, perfekt eingesetzt als Stilmittel, der selbstironische Schwenk: 1A

ein Grinsen eigentlich von der ersten Zeile weg. Obwohl da natürlich eine Message mitläuft, die gar nicht so lustig is.

Chapeau!

nix zu bekritteln, mit Freuden gelesen.

LGs
W.

Edit: perfekter Titel


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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