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Ezil Leseratte
 Alter: 36 Beiträge: 167 Wohnort: Heimat
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 05.02.2009 23:26 Im Zug zwischen Land und Land unter von Ezil
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Im Zug zwischen Land und Land unter
Ich sitze hier
Bin auf dem Weg in die Leere
Passierende Bilder
lehnen sich an meine Stirn
Der Kasten am Bein
stinkt so grässlich nach Banane
Dieser beißende Raum
lähmt meinen verbleibenden Sinn
Dennoch möchte ich bleiben
an diesem vergänglichen Ort
Im Zug zwischen Land und Land unter
Das Gewesene verbraucht
Die Zukunft verraucht
Stellt die Weichen
Lasst uns weiterreisen
Hier bin ich unflüchtig
Keine Angst vor dem Muss
Es scheint sicher zu sein
Mitten im Nichts
_________________ Aber Hallo! |
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Enfant Terrible
alte Motzbirne
 Alter: 30 Beiträge: 7283 Wohnort: München

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 06.02.2009 08:17
von Enfant Terrible
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Guten Morgen!
Vorweg: Genialer Titel! Sehr geheimnisvoll, sehr progressiv, lädt auf jeden Fall zum Lesen ein!
Weißt du, woran mich dein Gedicht erinnert? An das Werk "Station Erste Liebe" eines russischen Dichters der 60er - weiß gar nicht, ob er mal ins Deutsche übersetzt wurde. Jedenfalls ging es in dem Gedicht darum, dass das LI mit dem Zug in ein verschneites Erinnerungsland reist, und es ist wirklich sehr schön geschrieben. Inhaltlich, von der "Handlung" deines Gedichts wurden also sofort Assoziationen geweckt.
Leider wirkt auf mich dein Text nicht ganz ausgearbeitet. Ich sehe hier eine Idee, die gar nicht so schlecht ist, Ansätze eines modernen Stils, aber es wirkt alles noch ein bisschen so, wie wenn man spontan das Grundgerüst einer Idee notiert - viele Dinge, die vorkommen, sind noch zu allgemein, zu unausgegoren, um lyrisch schön zu wirken.
Ich würde mir wünschen, wenn du alles versuchst, mit eigenen Worten zu formulieren, statt abgegriffene Begriffe wie "ins Nichts" zu verwenden. Das gäbe deinem Gedicht die Originalität, die es verdient hat und zu der es das Potenzial hat, finde ich.
Das hier z.B. fand ich richtig gut:
Zitat: | Der Kasten am Bein
stinkt so grässlich nach Banane
Dieser beißende Raum
lähmt meinen verbleibenden Sinn |
Ungewohnt, fast schon ein bisschen surrealistisch - bitte mehr davon!
Zitat: | Passierende Bilder
lehnen sich an meine Stirn |
Auch das ist ein sehr gutes, lebendiges Bild. Leider hat das vorangehende "in die Leere" etc. diese originelle Metapher etwas abgeschwächt.
_________________ "...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP
Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo |
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Nina
Dichterin

Beiträge: 4747
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 06.02.2009 20:40 Re: Im Zug zwischen Land und Land unter von Nina
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Lieber EzilSefeth,
ein schönes Gedicht! Es gefällt mir gut, hat aber ein paar kleine, wie ich finde, Schönheitsfehler, die ich nachfolgend aufführen möchte.
An dieser Stelle auch ganz lieben Dank für Deine lobenden Worte über meine Lyrik. Freue mich, Dich als treuen Leser zu haben und würde mich noch mehr freuen, wenn Du Dich auch traust, den ein oder anderen Satz zu schreiben.
EzilSefeth hat Folgendes geschrieben: | Im Zug zwischen Land und Land unter
Ich sitze hier
Bin auf dem Weg in die Leere
Passierende Bilder
lehnen sich an meine Stirn |
Der Titel Deines Gedichtes gefällt mir auch sehr gut. Das "passierende" gefällt mir leider gar nicht. Passieren erinnert mich an Tomaten und Prosa und Passagier. Hier in Deinem schönen Gedicht finde ich es nicht so gut gewählt. Vielleicht fällt Dir noch ein anderer Begriff ein?
Mich "stört" übrigens die Leere überhaupt nicht.
EzilSefeth hat Folgendes geschrieben: | Der Kasten am Bein
stinkt so grässlich nach Banane
Dieser beißende Raum
lähmt meinen verbleibenden Sinn |
Finde ich klasse. (Wobei ich aufs "so" [vor grässlich] verzichten würde)
EzilSefeth hat Folgendes geschrieben: | Dennoch möchte ich bleiben
an diesem vergänglichen Ort
Im Zug zwischen Land und Land unter
Das Gewesene verbraucht
Die Zukunft verraucht |
Beim "dennoch" bin ich unschlüssig, ob es gut gewählt ist. Ich lass es mal soweit in Ruhe.
Das Gewesene verbraucht,
die Zukunft.... verraucht?
Verraucht? Was meinst Du damit? Verbaut? Verraucht sind ja heutzutage nicht mehr so viele Kneipen, seitdem es das Rauchverbot gibt.
EzilSefeth hat Folgendes geschrieben: | Stellt die Weichen
Lasst uns weiterreisen
Hier bin ich unflüchtig
Keine Angst vor dem Muss
Es scheint sicher zu sein
Mitten im Nichts |
Mir gefällt dieser letzte Block gut, auch wenn darin Begriffe wie "Nichts" sind. (Würde das auch nicht zwingend ersetzen wollen). Ich würde evtl. "Lass uns weiter reisen" anstelle "Lasst uns weiter reisen" schreiben. Unflüchtig gefällt mir sehr als Begriff.
Mit ein wenig Feinarbeit wird das schöne Gedicht noch schöner.
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Gast
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07.02.2009 05:17
von Gast
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Hallo Ezil,
hier hast du ein Gedicht geschrieben, das haelt, was der Titel verspricht: Interessant und bildhaft und konsequent doppelsinnig. Die Uebertragung der Zugfahrt auf eine bestimmte Lebenssituation sehr gut gelungen.
Ich wuerde auch nur drei Stellen aendern bzw. ueberdenken:
1. Die von Nina angesprochenen Stelle
Zitat: | (Wobei ich aufs "so" [vor grässlich] verzichten würde) |
2.
Zitat: | Lasst uns weiterreisen |
wuerde ich persoenlich aendern in
Stellt die Weichen
Lasst mich weiterreisen
Begruendung: Der gesamte Text ist in Ich-Form geschrieben, da ist das einmalige „Wir“ irgendwie unvermittelt. Natuerlich ist das LI nicht der einzige Passagier in diesem Zug - so wenig wie das LI in dieser Phase nicht allein auf der Welt ist, aber die abgeschirmte Gedankenwelt, in die sich das hier LI verkapselt, laesst fuer mein Empfinden keinen Platz fuer andere, die ihn auf dieser Gedankenreise begleiten. Und grammatikalisch muss auf das stellt das passt folgen.
3.
Zitat: | Das Gewesene verbraucht
Die Zukunft verraucht |
„verraucht“ ist ein bisschen ungluecklich gewaehlt fuer die doch eher unbekannte Zukunft/Zielrichtung. Wie waere es mit „vernebelt? Damit waere auch der einzige Reim im Raum beseitigt. Oder hast du den ausdruecklich gewollt?
Ansonsten finde ich gerade das „Passierende“ sehr passend und doppelsinnig gewaehlt. Einmal fuer die Bilder, die auf der Fahrt an einem vorbeifliegen und und dann natuerlich passieren im Sinne von geschehen, ohne dass das LI etwas dafuer tun muss. Passt wunderbar zu der Passivitaet, dem das LI in diesem Zustand ausgeliefert scheint. Siehe auch
lähmt meinen verbleibenden Sinn.
Meine Lieblingsstellen sind auch
Zitat: | Der Kasten am Bein
stinkt so grässlich nach Banane
Dieser beißende Raum
lähmt meinen verbleibenden Sinn |
und
Zitat: | Hier bin ich unflüchtig
Keine Angst vor dem Muss |
Das Erlebnis, in einem Zug zu sitzen – am besten alleine in einem Abteil – und einfach nur aus dem Fenster schauen, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, ist so was von befreiend und realitaetsentbunden, dass man manchmal gar nicht aussteigen moechte und ewig „Mitten im Nichts“ weiterfahren moechte.
Ach, je oefter ich bei diesem Kommentar dein Gedicht lese, desto besser gefaellt es mir und die Vorstellungen dazu, auch wenn die Schwermuetigkeit unuebersehbar bleibt.
Vielleicht kannst du dich mit der einen oder anderen Anregung ja anfreunden.
Viele Gruesse
Nudelino
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Ezil Leseratte
 Alter: 36 Beiträge: 167 Wohnort: Heimat
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 07.02.2009 15:17
von Ezil
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Hallo
@ Krümel
Danke für dein Kompliment und deine Kritik
Zitat: | Leider wirkt auf mich dein Text nicht ganz ausgearbeitet. Ich sehe hier eine Idee, die gar nicht so schlecht ist, Ansätze eines modernen Stils, aber es wirkt alles noch ein bisschen so, wie wenn man spontan das Grundgerüst einer Idee notiert - viele Dinge, die vorkommen, sind noch zu allgemein, zu unausgegoren, um lyrisch schön zu wirken |
Du könntest recht haben...
Ich glaube es ist aber auch genau das Gegenteil der Fall. Ich habe Ewigkeiten immer wieder Dinge verändert und ausprobiert. Das Gedicht wurde so auch etwas allgemeiner und die Orginalität blieb somit vielleicht etwas auf der Strecke.
"die Leere" und "das Nichts"...ja das ist die große Frage.
Ich habe mich dafür entschieden.
Warum? Ich habe einfach nichts passenderes gefunden. Diese Begriffe sind zwar abgegriffen aber ich glaube sie "beschreiben" hier sehr gut.
@ Nina
Freut mich von dir zu lesen.
Ich werde mich trauen
Das "so" behindert den Lesefluss und ist eigentlich unnötig.
Da stimme ich euch nach mehrfachem Lesen vollends zu.
Die "passierenden Bilder" möchte ich eigentlich behalten...Du denkst dabei an passierte Tomaten? in diese Richtung hab ich nicht gedacht...Prosa? Maybe. Muss ich mir nochmal überlegen.
Zitat: | Das Gewesene verbraucht
Die Zukunft verraucht |
Diese Stelle habe ich unglaublich oft verändert.
Mit "verraucht" meine ich eine Mischung zwischen "unklar" und "gedrückt"
Der Reim hat sich so ergeben. Ich fand ihn irgendwie interessant aber nicht zwingend notwendig. Bin mir hier noch sehr unschlüssig.
Zitat: | Stellt die Weichen
Lasst uns weiter reisen |
"Lass uns weiter reisen" finde ich auch besser.
Danke
@Nudelino
Schön, dass es dir gefällt
Ich glaube einiges hab ich oben schon erwähnt..
Zitat: | Stellt die Weichen
Lasst mich weiterreisen |
Ja das war genau meine Überlegung.
Ich dachte aber auch es wäre schön mit dem "uns" zu zeigen, dass ich nicht alleine diese Gedanken habe. Wenn du verstehst?
Also nochmals Danke für die vielen Anregungen!
Ich werde mich mal heute Abend an eine überarbeitete Version wagen.
LG
der Ezil
_________________ Aber Hallo! |
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Ezil Leseratte
 Alter: 36 Beiträge: 167 Wohnort: Heimat
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 09.02.2009 16:18
von Ezil
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soo.. Die Version mit Feinschliff. Danke nochmals für die Vorschläge
Im Zug zwischen Land und Land unter
Ich sitze hier
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Passierende Bilder
lehnen sich an meine Stirn
Der Kasten am Bein
stinkt grässlich nach Banane
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Dennoch möchte ich bleiben
an diesem vergänglichen Ort
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Die Zukunft vernebelt
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Nina
Dichterin

Beiträge: 4747
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 14.02.2009 11:59
von Nina
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Hallo Ezil,
schön geworden Dein überarbeitetes Gedicht. Darf ich dennoch kurz mal die Schere dran halten? Sind nur Kleinigkeiten und ... natürlich kein Muss. So wie es ist, ist es schon sehr schön.
EzilSefeth hat Folgendes geschrieben: |
Im Zug zwischen Land und Land unter
Ich sitze hier
Bin auf dem Weg in die Leere
Passierende Bilder
lehnen sich an meine Stirn
Der Kasten am Bein
stinkt grässlich nach Banane
Dieser beißende Raum
lähmt meinen verbleibenden Sinn
Dennoch möchte ich bleiben
an diesem vergänglichen Ort
Im Zug zwischen Land und Land unter
Das Gewesene verbraucht
Die Zukunft vernebelt
Stellt die Weichen
Lasst mich weiterreisen
Hier bin ich unflüchtig
Keine Angst vor dem Muss
Es scheint sicher zu sein
Mitten im Nichts |
Wie Du siehst, - kaum sichtbare Anmerkungen. Ein kleines "bin" auf das man verzichten könnte (wenn Du willst).
Und: Durch streichen des "t" am Ende von "Stell" und "Lass" erhält das Gedicht zusätzlich Energie und Kraft, da sich der Kreis der Agierenden verkleinert und (zumindest für mich) dadurch intensiviert.
LG
Nina
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Ezil Leseratte
 Alter: 36 Beiträge: 167 Wohnort: Heimat
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 14.02.2009 14:09
von Ezil
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Der Feinschliff des Feinschliffs
Im Zug zwischen Land und Land unter
Ich sitze hier
Auf dem Weg in die Leere
Passierende Bilder
lehnen sich an meine Stirn
Der Kasten am Bein
stinkt grässlich nach Banane
Dieser beißende Raum
lähmt meinen verbleibenden Sinn
Dennoch möchte ich bleiben
an diesem vergänglichen Ort
Im Zug zwischen Land und Land unter
Das Gewesene verbraucht
Die Zukunft vernebelt
Stell die Weichen
Lass mich weiterreisen
Hier bin ich unflüchtig
Keine Angst vor dem Muss
Es scheint sicher zu sein
Mitten im Nichts
Ja ...so ist es gut!
Danke Nina
...aber anstatt -vernebelt- evtl. -verußt-?
vielleicht kommt ja noch der Feinschliff vom Feinschliff vom Feinschliff
LG
der Ezil
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Nina
Dichterin

Beiträge: 4747
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 14.02.2009 15:30
von Nina
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Kuckuck.
So gefällts mir richtig gut, also NOCH besser als vorher.
Gern geschehn. Ich finde "vernebelt" gut. Aber es ist Dein Gedicht. Wenn Du "verrußt" bevorzugst, nimm es.
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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