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Teil 54 Es geht weiter


 
 
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teccla
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 66
Beiträge: 160
Wohnort: Costa Blanca


Was suchst Du in Madagaskar?
Beitrag03.01.2009 23:53
Teil 54 Es geht weiter
von teccla
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Endlich brachte uns Rondro, unsere Dolmetscherin, die Papiere. Die Gewerbeerlaubnis wurde verlängert. Viel Geld hatte es gekostet, viele Nerven, viel Geduld. Wir konnten nun aufatmen.

Auf der Terrasse planten wir den Bau des Pavillons, der später die Bar beherbergen sollte. Aus Palisanderholz und mit stabiler Bauweise sollte er auch einem Zyklon trotzen.
Mit Alliance Francaise hatten wir eine Besprechung.
Wir hatten viele Wünsche auf Veränderung. Für die Erlaubnis zum Ausschank von Alkohol benötigten wir das „Okay“ des Vermieters, ebenso für den Bau des Pavillons, dem weiteren Ausbau der Räume. Einige Teile der Brüstung sollten mit einer Holzverkleidung versehen werden und so Teil der Bar werden. Dürfen wir Speisen anbieten, wie sieht unser Veranstaltungsplan aus, können wir ihn mit den Veranstaltungen im hause von Alliance Francaise abstimmen? Wir bekamen „grünes Licht“ für die Realisierung vieler Pläne. Doch der Alkoholausschank wurde begrenzt auf die Ausgabe von Bier. Speisen durften wir nicht wirklich anbieten, denn wir hatten die Auflage, keine Geruchsbelästigung durch das Zubereiten der Speisen entstehen zu lassen. Doch mit der Gestaltung der Terrasse und dem weiteren Ausbau der Küche konnten wir beginnen.

Zwei deutsche Touristen besuchten uns. Wir kamen ins Gespräch, verbrachten gemeinsame Abende, verstanden uns und es wurde viel gelacht. Sie kochten in unserer Küche Frikassee und luden uns ein. Beide waren auf der Durchreise, wollten nach Mitsinso.
Die Frage, ob Sebastian mitkommen möchte, verneinte er zunächst. In letzter Sekunde sagte er jedoch zu und fuhr spontan mit.

Nach drei Tagen hielt ein Taxi vor der Terrasse. Sebastian stieg aus. Er sah aus wie ein Weltenbummler. Das Hemd war mir nicht bekannt, das Tuch, lässig um den Hals geschlungen, auch nicht. Dreckig, verschwitzt und glücklich erzählte er von seinen Erlebnissen.
Die ganze Strapaze, um dort überhaupt anzukommen, der Weg mit der Fähre, dem Taxi Brousse, mit dem Zebukarren und mit einer Piroge, hatte sich gelohnt.
Er sagte „weißt du, ich habe Natur gesehen, die Millionen Menschen, nie sehen werden, Millionen können davon nur träumen. So unberührt und wunderschön. Wenn ein Dinosaurier vorbei gekommen wäre, es hätte mich nicht gewundert. Eine Landschaft, wie eine Filmkulisse. Es war überhaupt wie ein Film. Ich hatte das Gefühl, ich bin gar nicht da, ich träume das nur alles, als würde es an mir vorbeiziehen, wie ein Traum. Niemals hätte ich gedacht, dass es so etwas Wundervolles gibt.“
Dann berichtete er von den Menschen, die ihm begegneten, einem Boxkampf auf dem Dorfplatz und den Pannen auf der Rückfahrt. Seine Augen strahlten und ich wünschte mir diese Augen noch sehr oft so glücklich zu sehen.

Es war Ende August und nach der Olympiade nahmen die Ferien ein Ende, hier in Madagaskar, wie in Europa auch. Die Touristen wurden weniger. Wir spürten es an den Besuchern. Es wurden weniger. Weniger Gäste, weniger Umsatz.

Der Pavillon war bereits im Bau. Ich hatte eine technische Zeichnung angefertigt. Ein Franzose hatte den Auftrag übernommen. Jan äußerte Wünsche hier und da, doch umsetzen musste ich es. Sag ihm dies, sag ihm jenes. „So geht das nicht, gestern kam der Franzose angetrunken zur Arbeit, heute kam er nur 2 Stunden und verschwand wieder...sprich mit ihm, so geht das nicht. Dann ist der Pavillon nächstes Jahr noch nicht fertig. Er hatte zugesagt innerhalb eines Monats die Arbeiten abgeschlossen zu haben...“
Immer wieder musste ich mich mit dem Auftragnehmer auseinander setzen. Es ging nicht immer friedlich ab. Manches mal zog er beleidigt von dannen. Wenn er Geld brauchte, kam er und verlangte einen Vorschuss. Es war schwierig die Arbeit voran zu treiben.

Jan schenkte weiterhin Alkohol aus, auch Cocktails und harte Sachen. Wir hatten die Auflage tagsüber, wenn in den Räumen des Hauses noch unterrichtet wird, die Musik auf Zimmerlautstärke zu stellen. Doch Jan konnte sich nicht disziplinieren. Er riss bereits am Nachmittag die Anlage auf, dass es weithin zu hören war. Beschwerden der Lehrer und Angestellten ignorierte er grinsend. Es schien ihm Spaß zu bereiten, den Vermieter zu provozieren.
Sobald ich bemerkte, dass er die Vereinbarungen brach, die Musik zu laut war, griff ich ein. Jan reagierte auf mein Einschreiten kindisch, als hätte ich ihm den Teddy weg genommen.


Die Küche sollte weiter ausgebaut werden. Doch dazu fehlte noch der Verkaufserlös vom LKW.
Aufkommenden Existenzängsten wollte ich keine Chance geben. Wir hatten es bisher geschafft, wir würden es auch jetzt schaffen. Die Regenzeit würde sicherlich hart werden. Um alles noch vor der Regenzeit um- und ausbauen zu können, um genug Polster zu haben und ein neues Haus zu finden, musste zuvor der LKW verkauft werden. Der Pavillon war bereits im Bau. Die Küche konnte weiter ausgebaut werden. Fanja in Tana bot ihre Hilfe an. Der Verkauf des LKW war das dringende Thema in dieser Zeit und immer wieder sagten wir „Ja, das machen wir, wenn der Lkw verkauft ist..“ Egal, um welche Idee besprochen wurde, sobald es auch um Ausgaben ging, tauchte dieser Satz auf. Wir kamen nicht weiter. Das Geld fehlte.
Wir standen mal wieder in der Warteschleife, in den Startlöchern. Es ging nicht voran. Hindernisse schlugen quer. Der Entsafter gab den Geist auf. Der Drucker wollte nicht mehr. Ein Kabel vom Emplay ging kaputt.

Der Internetanbieter, eröffnete ein eigenes Internetcafé in unserer Nähe und bot die Internetverbindung in der ersten Woche kostenlos an, danach zum halben Preis. Das machte sich in unserer Kasse bemerkbar. Wir hatten zu kämpfen.
Dazu kam, dass wir immer wieder offline waren.
Geschäftsschädigend gruben sie ihren eigenen Kunden, das Wasser ab. Ich war erbost und wußte aber auch, dass man in Madagaskar solcher Willkür ausgeliefert war. Wir konnten uns gegen den zunehmenden Konkurrenzdruck nur wehren, durch guten Service und ein modernes Equipment. Unsere Preise behielten wir bei und nach ca. zwei Wochen waren die Kunden fast wieder alle da.


Saß ich auf der Terrasse, schaute auf das Meer, die Wellen spiegelten die Sonne wider, funkelten wie tausend Diamanten, sah drüben auf der anderen Seite die Landzunge Katsepi, den Leuchtturm, dann wusste ich, dass nichts umsonst war und aufgeben keine Alternative war. Wir hatten ein Gebirge überquert, warum sollten wir wegen einiger kleiner Berge kehrt machen?
Das Warten machte nervös, okay, aber wir wussten, dass es irgendwann weitergeht, dass sich die Lösungen abzeichnen würden, sobald die Zeit dafür gekommen war.
Alles hat seinen Sinn. Auch die Zeit des Übergangs, die Zeit des Wartens.
Schwere Zeiten fördern den Zusammenhalt. Wir waren ein Team geworden. Wir sprachen uns ab, wir trösteten uns. Wenn einer schimpfte und maulte, beruhigten ihn die anderen.

Privates lag nach wie vor auf Eis.
Jemand fragte mich, was mir zum Glück noch fehlt.
Ich antwortete nicht, aber in Gedanken sagte ich: „ein Auftaugerät..“



_________________
Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist.
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Ninchen
Geschlecht:weiblichWortedrechsler

Alter: 42
Beiträge: 70
Wohnort: NRW


Beitrag06.01.2009 10:32

von Ninchen
Antworten mit Zitat

Hallo Teccla,

ich wollte dir nur kurz mitteilen, dass ich neuen Kapiteln von dir immer entgegen fiebere  Very Happy  Deine Geschichte ist unglaublich interessant, was dein Schreibstil noch zu betonen weiß.

Freu mich auf weitere Kapitel!

LG, Ninchen


_________________
"Wir brauchen dringend einige Verrückte. Guckt euch an, wo uns die Normalen hingebracht haben."
George Bernard Shaw (1856-1950), ir. Schriftsteller
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Polarstern
Geschlecht:weiblichSchneckenpost


Beiträge: 6
Wohnort: Finnland


Beitrag15.01.2009 17:00

von Polarstern
Antworten mit Zitat

Hallo,

ich kann mich Ninchen nur anschliessen. Deine Geschichte ist sehr interessant und auch toll geschrieben. Man kann sich so richtig hineinversetzen.

LG, PS
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teccla
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 66
Beiträge: 160
Wohnort: Costa Blanca


Was suchst Du in Madagaskar?
Beitrag15.01.2009 17:08

von teccla
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke, dann wirds ja Zeit für den nächsten Teil  Embarassed

Liebe Grüsse
angela


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