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Kapitel 16 - Der König in meine nähe


 
 
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kydu
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 45
Beiträge: 29
Wohnort: zu weit weg


Der Fluch Von Arabien
Beitrag19.12.2008 17:49
Kapitel 16 - Der König in meine nähe
von kydu
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wie Golsir richtig vorausgesagt hatte, legte sich der Wind nach zwei Tagen und man machte sich daran, das Fest zu organisieren. Das ganze Dorf wurde zuerst von den Spuren, die der Sturm hinterlassen hatte, gesäubert. Auf dem Marktplatz stellten die Menschen Stühle und Tische auf, dekorierten das Dorf mit Lampen und Girlanden und die Frauen bereiteten allerlei Köstlichkeiten für das Festessen zu. Ich konnte das geschäftige Treiben gut von meinem Zimmer aus beobachten, setzte mich auf das Fensterbrett und sah den Dorfbewohner bei ihren Vorbereitungen zu.

So gegen Mittag waren sie damit fertig. So schön wie das Dorf jetzt aussah, konnte man kaum glauben, dass noch letzte Nacht ein schwerer Sturm hier alles verwüstet hatte. Aber anscheinend waren es die Leute hier auch nicht anders gewohnt. Ich erinnerte mich sich an Golsirs Worte, der neulich gemeint hatte, „dass so ein Sturm ein paarmal im Jahr kommen würde.“
Ich ließ das Feuer im Kamin langsam ausgehen, denn die Sonne schien und es wurde dadurch schnell wärmer und die Menschen hatten bereits leichtere Kleider an. Hier würde bald alles wieder seinen gewohnten  Weg gehen. Leider konnte ich das für mein Leben nicht behaupten. Ich ging vom Fenster weg, setzte mich auf das Bett und fing an in Gedanken nachzurechnen wie lange ich nun schon hier war. Das Ergebnis erschreckte mich nicht, denn irgendwie hatte ich mich mit meinem Schicksal abgefunden. Nach meinen Berechnungen war heute der letzte Tag. In der kommenden Nacht würden sich Felestra und ihr Amir vermählen und ich konnte es nicht verhindern. Deshalb war ich nun auch zu dem Schluss gekommen, dass ich das Beste aus diesem Abend, der wahrscheinlich der letzte meines Lebens sein würde, machen sollte … einfach feiern und alle Sorgen vergessen, denn das hatte ich mir irgendwie verdient. Um Mitternacht oder spätestens morgen früh würde dann das Unabwendbare sowieso geschehen und sich mein Schicksal dadurch erfüllen. Aber daran wollte ich jetzt noch nicht denken.

Am Abend kam die kleine Bedienstete des Gasthofes wieder zu mir und brachte mir ein wunderschönes Kleid. Sie meinte, es sei von meinem Begleiter, aber das hätte sie nicht extra erwähnen müssen, denn ich wusste es auch so. Das Mädchen war sehr von dem Kleid begeistert und mutmaßte, dass es wohl nicht von hier sein konnte, denn kein Schneider im Dorf hätte je so einen edlen Stoff gesehen, geschweige denn in  Händen gehalten. Die Kleine legte das edle Kleidungsstück auf mein Bett, stand daneben und wartete gespannt auf meine Reaktion. Ich freute mich, ich freute mich sogar sehr, denn es war ein wunderschönes und vor allem ein sehr romantisches Kleid. Es war aus dunkelblau schimmerndem Satinstoff mit bordeauxroten, abgesetzten Ärmeln und hatte als krönendes Accessoire eine goldene Borte am Saum. Kurzum, es war ein Traumkleid, wie es eigentlich nur von einer Königin getragen werden konnte.

Ich zog es voller freudiger Erregung an und das Mädchen frisierte mir danach abermals die Haare, doch diesmal steckte sie mir auch noch kleine weise Jasminblüten hinein. Nachdem sie fertig war staunte die Kleine und himmelte mich richtiggehend an. „Sie sind wunderschön … wie eine echte Prinzessin!“
Ich bedankte mich bei ihr und musste zugeben, dass ich selbst von dem Anblick den so ich bot, fasziniert war. Noch nie in meinem Leben hatte ich ein auch nur annähernd vergleichbar schönes Gewand angehabt, ich sah darin fast majestätisch aus. Darüber war ich sehr glücklich und fühlte mich fast wie ein Teenager, der sich für seinen ersten, großen Ball zurechtmacht. Ich schloss genüsslich die Augen, hob meine Arme leicht nach oben und tanzte vor Freude wie eine Ballerina durch den Raum. In diesem Moment hatte ich keine Angst mehr vor dem Tod.

Als ich meinen Freudentanz beendet hatte, bemerkte ich, dass das Mädchen nicht mehr da war und stattdessen Golsir vor mir stand, der mich sichtbar bewundernd und fast ehrfürchtig anstarrte. Ich war ebenfalls für einen sehr irritiert und starrte zurück, denn ich hätte Golsir fast nicht erkannt. Erstmals sah ich ihn in adeligen Kleidern, die einem König gebührten. Seine Haare trug er nach hinten gekämmt, er war frisch rasiert, duftete betörend und sah einfach umwerfend aus.
Golsir schloss für eine Sekunde die Augen, dann öffnete er sie wieder und lächelte mich so liebevoll, wie nie zuvor, an. „Kyra, du bist schön wie die Sonne, die morgens auf die taubedeckte Wüste fällt.“
Ich spürte, wie meinen Backen vor Scham über dieses Kompliment leicht rötlich anliefen. „Danke. ... Du siehst aber auch sehr schick aus.“
„Darf ich bitten?“ Golsir reichte mir seinen Arm, ich hakte mich bei ihm unter und wir gingen gemeinsam zum Fest.

Obwohl alle Dorfbewohner ihre feierlichste Kleidung trugen, kam es mir so vor, als ob wir beide ständig von allen angestarrt wurden. „Wieso gucken uns die Menschen alle so an?“ flüsterte ich Golsir ins Ohr.
„Nun, sie beneiden mich, da ich die schönste Frau der Welt an meiner Seite habe.“ antwortete er und ich glaubte zu spüren, dass er das auch wirklich so meinte. Ich fühlte mich geschmeichelt, errötete erneut und wusste nicht, was ich auf so eine Liebeserklärung erwidern hätte sollen.
„ Ähm, ... ich denke eher, es liegt daran, dass sie dich nun, da du deine schönen Kleider trägst, auch als ihren König erkannt haben.“
Golsir fand das wohl lustig und musste lachen. „ Ja, da hast du wahrscheinlich ein klein wenig recht damit. Aber jetzt lass uns feiern, Kyra.“
Und das taten wir dann auch! Ich war so unbeschwert und glücklich wie seit Wochen nicht mehr. Für wenige Stunden waren all meine Sorgen vergessen, Golsir und ich hatten so viel Spaß und genossen einfach die Zeit, die wir noch zusammen verbringen durften.
Ich bemerkte zwar während des Festes zum ersten Mal die Wachen, die tatsächlich zahlreich hier versammelt waren, um Golsir zu schützen, aber sie waren alle relativ weit weg von uns postiert und störten unsere Zweisamkeit keineswegs. Trotzdem war es auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass niemand unbemerkt in das Dorf kommen konnte.

Wir schlenderten zu einem leicht versteckten, dunklen Platz, an dem wir völlig alleine waren. Sekunden später spürte ich Golsirs Hände auf meiner Taille und seinen warmen Atem an meinem Hals.  „Glaubst du, es wird jemals aufhören?“ hauchte er mir zärtlich ins Ohr und sah mir dabei tief in die Augen.
Zwar ahnte ich, was er meinte, war mir aber nicht sicher und fragte deshalb zurück: „Was meinst du, wird nie aufhören?“
„Deine magische Anziehungskraft auf mich und mein Verlangen nach dir …“
Mir stockte bei diesem liebevollen Bekenntnis beinahe der Atem, Golsir umfasste mein Gesicht mit beiden Händen und seine Daumen strichen sanft über meine Augenbrauen.
„Wenn ich dich halte und spüre wie du zitterst, ... wenn ich merke, wie sehr du darauf wartest, dass ich dich … dass ich dich …“, in diesem Moment drückten sich seine warmen Lippen sanft aber kraftvoll auf die meinen. Unser Kuss war wie Feuer und offenbarte die Leidenschaft, die in Golsir und mir brodelte. Er entfesselte damit auch ein Verlangen in mir, das ich so nicht kannte und das mich durch seine Zügellosigkeit und Stärke, schier um den Verstand zu bringen drohte. Als er mich losließ, hatte ich Mühe, mich überhaupt auf den Beinen zu halten. Golsir, der mir in den letzten Tagen so vertraut geworden war, sah mich leidenschaftlich an und streichelte mir über die Wange. Jede seiner Berührungen, durchzuckte mich dabei wie ein kleiner Stromschlag.
„Kyra! Ich lieb …“, aber genau in diesem Moment wurde unsere Zweisamkeit jäh unterbrochen, da plötzlich eine Gruppe angetrunkener Männer laut grölend an uns vorbeiging. Diese hatten uns anscheinend gar nicht bemerkt. Golsir fühlte sich durch sie gestört und ich bemerkte, dass die Männer sich untereinander in einer fremden Sprache unterhielten. Golsir sah ihnen nach und schüttelte lachend den Kopf. „Diese Ausländer! Immer betrunken …“  
„Kennst du die Männer?“
„Ja, das sind Kaufleute aus Indien, die durch ganz Arabien reisen, um mit Gold zu handeln. Ihr Anführer ist sogar ein guter Freund von mir … er ist nämlich ein Prinz.“
„Ein indischer Prinz!“ Diese Nachricht traf mich wie ein Blitz und die Gedanken in meinem Gehirn überschlugen sich förmlich. „Wie … wie heißt dieser Prinz?“
„Wieso willst du das wissen? Kennst du ihn etwa auch?“
Ich konnte vor Aufregung kaum mehr reden. „Bitte … Golsir … sag mir seinen Namen!“
„Amir. Das ist Prinz Amir aus Südindien.“
Mir war so, als ob plötzlich ein schwerer Stein von meinem Herzen fiel.
„Prinz Amir und sein Gefolge … seit wann sind die hier im Dorf?“ fragte ich ihn hektisch.
„Warte mal, sie dürften heute so gegen Mittag hier angekommen sein. Ich habe Amir begrüßt und kurz mit ihm gesprochen. Er fragte, ob sie heute hier bleiben und mit uns feiern könnten. Ich hatte natürlich nichts dagegen. Morgen, hat Amir dann noch gesagt, wollen sie weiter reiten und gegen Mittag die Küste erreichen. Das war aber schon alles, was wir in der Kürze besprochen haben und seitdem habe ich ihn leider auch nicht mehr gesehen.“
Ich ging ein paar Schritte von Golsir weg und sah in die Richtung, in die Amir mit seinen Leuten soeben verschwunden war, konnte sie aber nirgends mehr entdecken. „Mist, sie sind weg!“
„Ich verstehe dich nicht, Kyra. Was willst du denn von Amir? ...“
„Golsir, es ist schwer zu erklären, aber du musst mir jetzt bitte vertrauen. Tust du das?“
„Ja, Kyra.“
„Gut. Kennst du dich hier in der Gegend aus?“
„Natürlich.“
„Dann hör mit gut zu, es muss hier irgendwo eine Art großen Hügel oder Felsen geben, von dem aus man auf das Meer sehen kann und rundherum müssen ein paar Palmen sein. Weißt du, wo dieser Ort ist?“
„Ja, der Hügel heißt Haki sein und ist gar nicht weit von hier entfernt. … Aber ich weiß immer noch nicht, worauf du hinaus willst.“
Ich packte Golsir am Ärmel. „Egal. Ich muss jedenfalls sofort dahin!“
Golsir grinste. „Na, du hast es ja schrecklich eilig.“
„Natürlich habe ich es eilig“, antwortete ich ihm, „oder denkst du, ich werde bis morgen warten, wenn alles zu spät ist?“
Er sah mich wieder mal äußerst verwirrt an. „Kannst du mir bitte sagen, von was wir hier eigentlich reden?“
„Na, von Felestra … ich muss zu ihr … was dachtest du denn?“
„Ich … ähh nichts … aber, … nein, ich frag dich besser erst gar nicht.“
Er pfiff kurz und schon kam einer seiner Diener auf uns zu.
„Herr, ihr habt gerufen. Was kann ich für euch tun?“
„Wir brauchen unsere Pferde und zwar sofort!“
„Wie ihr wünscht, mein Herr.“
Es dauerte auch nicht lange und schon war der Mann mit unseren beiden Pferden zurück. Wir verloren keine Zeit, sondern stiegen auf und ritten sofort in Richtung Haki los.



_________________
Wenn die Liebenden fallen, die Liebe fällt nicht,
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
-Dylan Thomas-
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