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[ScFi/Rom/Ent] Das Element der Zeit

 
 
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Claudia
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 53
Beiträge: 104
Wohnort: Regensburg in Bayern


Beitrag29.01.2007 12:56
[ScFi/Rom/Ent] Das Element der Zeit
von Claudia
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Gunidurs Kopf wirkte kleiner, wie er so inmitten eines knusprigen, braunen Karamellspiegels auf dem weißen Servierteller lag - viel kleiner, als Isaak es in Erinnerung hatte.
Vielleicht durch das kochen, dachte Isaak, oder weil der Kopf zwischen Ananasecken, Erdbeeren und Minzeblättern angerichtet ist, anstatt auf seinem Körper zu sitzen.
?Wie viele Scheiben möchtest du??
Isaak blickte zu seiner Mutter auf, die ihm gegenüber vor dem weiß gedeckten Esstisch stand, seinen Teller in der linken und eine Bratengabel in der rechten Hand haltend.
?Eine oder zwei??
Gleich zweier abschussbereiter Harpunen deuteten die silbernen Gabelspitzen auf penibel aneinander gereihte Bratenstücke.
?Ich mag kein Mensch.?, sagte Isaak leise.
?Aber Schatz, was redest du denn da??
?Ich mag kein Mensch.?, wiederholte Isaak, diesmal etwas lauter. Er war froh, Gunidur nicht in die Augen sehen zu müssen ? zwei rote, gezuckerte Kirschen ersetzten sie. Wo mochten die Augen sein? Seine Mutter machte ein Geheimnis daraus, aber Isaak vermutete sie in der zähflüssigen, dunklen Soße, die neben seinem Platz in einem silbernen Kännchen vor sich hin dampfte und einen strengen, aber vertrauten, Geruch nach Estragon verströmte.  
Ein tiefes, seufzendes Ausatmen ertönte. ?Ich kann darüber nicht mehr lachen, Schatz. Du weißt genau, dass das kein Mensch ist?, sagte seine Mutter. Unvermittelt bohrten sich die Gabelspitzen in eine Bratenscheibe, beschrieben einen hell quietschenden Bogen auf dem Porzellan, um dann kurz zu verharren und schließlich das graue Fleisch auf den Teller zu zwingen. ?Willst du uns unbedingt den Appetit verderben??
?Das kommt davon, weil er den Schweinen immer Namen gibt.?, bemerkte sein Vater.
Isaak sah ihn nicht an, wusste aber, dass er von ihm mit einer tiefen Falte zwischen den Augenbrauen angeblickt wurde und eine Ohrfeige bekommen würde, falls er anfangen sollte zu weinen. ?Gunidur war aber nett.?
?Gunidur??, rief seine Mutter aus. Die feinen Goldreifen an ihrem Handgelenk klimperten leise, während sie Isaaks Teller langsam über Gunidurs Kopf führte und schließlich dicht vor einer großen Terrine still hielt.
?Alle Schweine sind nett, Junge.?, erwiderte sein Vater. ?Wenn sie gebraten auf einem Teller liegen.?
Halbierte, gekochte Kartoffeln häuften sich neben der Bratenscheibe zu einem kleinen Turm auf, dann umschlossen helle, feingliedrige Finger das Soßenkännchen, hoben es wenige Zentimeter hoch, kippten einen schwerfälligen Schwall brauner Flüssigkeit darüber.
?Das ist kein Schwein. Das ist Mensch.?
?Herrgott, Isaak!? Jetzt schrie sein Vater. ?Ich habe das Schwein selbst...? Er verschwieg das letzte Wort, doch Isaak konnte es trotzdem deutlich hören: geschlachtet. Ge-schlach-tet. Bestehend aus Silben, die aneinandergereiht so klangen, wie der Akt an sich, gewann dieses Wort an Bedrohlichkeit, je langsamer es ausgesprochen wurde.
?Jetzt glaube ich wirklich bald, du bist nicht ganz richtig im Kopf!?   
?Dann iss nur die Kartoffeln, Schatz.? Die Stimme seiner Mutter klang sanft, aber ihre Armreifen klimperten hektischer, während sie den Teller vor Isaak abstellte, und ihre Hand zitterte, als sie ihn los ließ. ?Möchtest du das Tischgebet sprechen??, fragte sie fröhlich.
Isaak blickte auf die Kirschen in Gunidurs Augenhöhlen und schüttelte den Kopf. ?Kann ich meine Hausaufgaben machen gehen??
Schweigend setzte sich seine Mutter, rückte ein wenig näher zum Tisch heran ohne ihre aufrechte Haltung dabei zu verlieren und wischte sich mit einer schnellen Bewegung über die Wangen. Wissend, dass sie wegen ihm weinte, senkte Isaak die Augenlider und konzentrierte sich auf das dumpfe, regelmäßige Ticken der alten Pendeluhr hinter ihm. Ein zeitloser Herzschlag. Beruhigend, rein, und in seiner Gleichmäßigkeit perfekter, als es jedes andere existierende Geräusch jemals sein würde.
 Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs...
?Wie du meinst, Junge.?, hörte er seinen Vater sagen. ?Geh nur.?
Langsam stand Isaak auf, schob den wuchtigen Eichenstuhl mühsam an die Tischkante und streifte die getrockneten Lavendelblüten in Gunidurs zusammengeschrumpelten Nasenlöchern mit einem letzten Blick. ?Gute Nacht.?  
Sein Vater sah ihm stumm hinterher, als er das Esszimmer verließ. Vielleicht wusste er, dass Isaaks Worte nicht ihm, sondern Gunidur gegolten hatten.

Der Raum war tot. Obwohl Marie wohl sehr viel Zeit damit verbracht hatte, die Wohnküche mit liebevoll inszenierten Kleinigkeiten in einen gemütlichen Ort der Zusammenkunft zu verwandeln, fehlte ein Beweis der Lebendigkeit: Die Uhr. Jene geheimnisvolle Gottheit, die alles existierende in etwas vergängliches verwandelte. Rein wissenschaftlich gesehen stimmte das natürlich nicht, und würde Isaak seinen Kollegen gegenüber eine solche Bemerkung zum Besten geben, wäre ihm eine Nominierung zum Spaßvogel des Jahres sicher. Trotzdem meinte er: ?Möchtest du die Zeit aussperren??
?Wie bitte?? Mit einer grazilen Bewegung drehte sich Marie von der Küchentheke weg und betrachtete Isaak aufmerksam. Er konnte nicht deuten, ob sie verärgert war. In einem Katzengesicht eine Mimik zu erkennen, gelang ihm auch jetzt, nach über zwanzig Jahren noch immer nicht.
?Du hast keine Uhren.?, sagte er.
Maries hellgrüne Augen wurden schmaler, es mochte wohl ein Lächeln sein, dass sie ihm gerade schenkte. ?Stimmt. Ich hätte vielleicht eine kaufen sollen, wo ich doch ein Date mit einem Physiker habe. Aber...? Sie hob den Kochlöffel aus einem ihrer Töpfe. Rote Tropfen fielen zu Boden, regelmäßig wie der vermisste Herzschlag der Uhr. ? ... ich bin immer pünktlich.?
?Kunststück.?, grinste Isaak. ?Die Zeit kann dir wohl kaum davon laufen, wenn sie bei dir keine Existenzberechtigung hat.?
?Hm.?, machte Marie und wandte sich wieder ihren Kochtöpfen zu. Spaghetti mit Tomatensoße. Isaak konnte sich nicht daran erinnern, bei einer Verabredung jemals etwas derart schlichtes als Mahlzeit bekommen zu haben. Wenn auch Maries Charakter dieser Unkompliziertheit entsprach, dann verhieß dies ein interessanter Abend zu werden. Vorausgesetzt natürlich, er würde all den Fettnäpfchen ausweichen können, die einem Mann bei der ersten Verabredung in geradezu unermesslicher Vielzahl drohten. Wenn er den Tonfall von Maries Hm richtig deutete, dann war er eben in das ungefähr fünfte Hindernis dieser Art hinein getappt.
Sein Blick wanderte langsam über ihren grau gestreiften Katzenkopf, der in einen menschlichen Nacken überging, ihren Rücken, dessen aufrechte Haltung ihm trotz der frevelhaft weiten Bluse nicht entging, und verweilte an ihrem perfekt geformten Gesäß. Ob sie wohl wirklich so anmutig aussah? Es konnte gut sein, dass sie in Wahrheit untergewichtig war, oder 20 Kilo zuviel auf die Waage brachte, eine Glatze hatte und ein dreifaches Doppelkinn. Seine Illusionäre Verkennung nahm auf derlei Kleinigkeiten keine Rücksicht, aber immerhin war sie bei Marie gnädig genug gewesen, sie nicht vollständig als Katze darzustellen.
?Kann ich dir irgendwie helfen??, fragte er.
Marie verharrte kurz in ihrer Bewegung, als würde für ein, zwei Sekunden tatsächlich die Zeit stehen bleiben, dann schüttelte sie den Kopf. ?Nein, Danke.?, lachte sie. ?Lieber nicht. Außerdem bin ich schon so gut wie fertig. Entschuldige, aber ich wollte fertig sein, bevor du kommst.?
Warum es denn nicht geklappt hatte, ließ sie offen und Isaak fragte auch nicht nach, denn ihre Bewegungen gewannen plötzlich an Schnelligkeit. Während ihre linke Hand noch immer mit dem Kochlöffel in der brodelnden Masse des Soßentopfes rührte, öffnete sie mit der rechten Hand eine Schranktür schräg über ihr, holte ein orangenes Plastiksieb hervor und stellte es in das Spülbecken.   
Isaak stand von seinem Stuhl auf, trat an das Fenster hinter ihm und blickte auf die Straße hinab. Die Menschen dort unten wirkten wie aus einem mittelklassigen Fantasiefilm. Einige davon sahen tatsächlich wie Menschen aus, doch auch Gestalten, die mehr mit Tieren oder abstrakten Fantasiewesen gemeinsam hatte, bewegten sich durch die überfüllte Einkaufsstrasse. Manche von ihnen führen kleine Menschen an der Leine mit sich. Ein Anblick, an den sich Isaak niemals gewöhnen würde. Menschen, die wie Tiere aussahen, erschreckten ihn mittlerweile nicht mehr, aber der umgekehrte Fall machte ihm nach wie vor zu schaffen.
Mit einem Stirnrunzeln wollte er sich von diesem surrealistischen Bild abwenden, dann explodierte die Sonne...     


(Natürlich explodiert die Sonne nicht wirklich.  Wink  Das ist nur der erste Gedanke Isaaks, bevor sich die Ereignisse überschlagen.)

Liebe Grüsse,
Claudia.



_________________
Antagonist der heilen Welt.
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senf
Schneckenpost
S


Beiträge: 8



S
Beitrag31.01.2007 10:39

von senf
Antworten mit Zitat

Schreibtalent!

Jedes weitere Wort scheint mir überflüssig.
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Harpy
Leseratte
H


Beiträge: 165
Wohnort: Meiningen


H
Beitrag31.01.2007 12:14

von Harpy
Antworten mit Zitat

Mir nicht! Der böse Harpy findet immer was zum Meckern!

Gunidurs Kopf wirkte kleiner, wie er so inmitten eines knusprigen, braunen Karamellspiegels auf dem weißen Servierteller lag - viel kleiner, als Isaak es in Erinnerung hatte.
Vielleicht durch das kochen, das Kochen dachte Isaak, oder weil der Kopf zwischen Ananasecken, Erdbeeren und Minzeblättern angerichtet ist, anstatt auf seinem Körper zu sitzen.
?Wie viele Scheiben möchtest du??
Isaak blickte zu seiner Mutter auf, die ihm gegenüber vor dem weiß gedeckten Esstisch stand, seinen Teller in der linken und eine Bratengabel in der rechten Hand haltend.
?Eine oder zwei??
Gleich zweier abschussbereiter Harpunen deuteten die silbernen Gabelspitzen auf penibel aneinander gereihte Bratenstücke.
Meiner Meinung nach eine zu geschwollen stilisierter Vergleich , der aber bildlich optimal passt.
?Ich mag kein Mensch.?, sagte Isaak leise.
?Aber Schatz, was redest du denn da??
?Ich mag kein Mensch.?, wiederholte Isaak, diesmal etwas lauter. Er war froh, Gunidur nicht in die Augen sehen zu müssen ? zwei rote, gezuckerte Kirschen ersetzten sie. Wo mochten die Augen sein? Seine Mutter machte ein Geheimnis daraus, aber Isaak vermutete sie in der zähflüssigen, dunklen Soße, die neben seinem Platz in einem silbernen Kännchen vor sich hin dampfte und einen strengen, aber vertrauten, Geruch nach Estragon verströmte. die letzten beiden Kommata sind überflüssig.Die Vorstellung einer Augensoße finde ich faszinierend.
Ein tiefes, seufzendes Ausatmen ertönte. ?Ich kann darüber nicht mehr lachen, Schatz. Du weißt genau, dass das kein Mensch ist?, sagte seine Mutter. Unvermittelt bohrten sich die Gabelspitzen in eine Bratenscheibe, beschrieben einen hell quietschenden Bogen auf dem Porzellan, um dann kurz zu verharren und schließlich das graue Fleisch auf den Teller zu zwingen.
...beschrieben einen hell quietschenden Bogen... Akkustik beschreibt man in visuellen Bögen aus Noten auf einer Tonleiter, sicher, aber ich finde es trotzdem total unpassend. Du vermischst in dem Satz Sichtbares mit Hörbarem zu einem mehrdeutigen Ganzen.
?Willst du uns unbedingt den Appetit verderben??
?Das kommt davon, weil er den Schweinen immer Namen gibt.?, bemerkte sein Vater.
Geiler Kommentar! Laughing
Isaak sah ihn nicht an, wusste aber, dass er von ihm mit einer tiefen Falte zwischen den Augenbrauen angeblickt wurde und eine Ohrfeige bekommen würde, falls er anfangen sollte zu weinen.
Aha, die tiefe Falte blickte Isaak an!
 ?Gunidur war aber nett.?
?Gunidur??, rief seine Mutter aus. Die feinen Goldreifen an ihrem Handgelenk klimperten leise, während sie Isaaks Teller langsam über Gunidurs Kopf führte und schließlich dicht vor einer großen Terrine still hielt.
?Alle Schweine sind nett, Junge.?, erwiderte sein Vater. ?Wenn sie gebraten auf einem Teller liegen.?
Der Vater hat meine uneingeschränkte Sympathie.
Halbierte, gekochte Kartoffeln häuften sich neben der Bratenscheibe zu einem kleinen Turm auf, dann umschlossen helle, feingliedrige Finger das Soßenkännchen, hoben es wenige Zentimeter hoch, kippten einen schwerfälligen Schwall brauner Flüssigkeit darüber.
Mach zwei Sätze draus.
?Das ist kein Schwein. Das ist Mensch.?
?Herrgott, Isaak!? Jetzt schrie sein Vater. ?Ich habe das Schwein selbst...? Er verschwieg das letzte Wort, doch Isaak konnte es trotzdem deutlich hören: geschlachtet. Ge-schlach-tet. Bestehend aus Silben, die aneinandergereiht so klangen, wie der Akt an sich, gewann dieses Wort an Bedrohlichkeit, je langsamer es ausgesprochen wurde.
?Jetzt glaube ich wirklich bald, du bist nicht ganz richtig im Kopf!?
?Dann iss nur die Kartoffeln, Schatz.? Die Stimme seiner Mutter klang sanft, aber ihre Armreifen klimperten hektischer, während sie den Teller vor Isaak abstellte, und ihre Hand zitterte, als sie ihn los ließ. ?Möchtest du das Tischgebet sprechen??, fragte sie fröhlich.
Isaak blickte auf die Kirschen in Gunidurs Augenhöhlen und schüttelte den Kopf. ?Kann ich meine Hausaufgaben machen gehen??
Schweigend setzte sich seine Mutter, rückte ein wenig näher zum Tisch heran ohne ihre aufrechte Haltung dabei zu verlieren und wischte sich mit einer schnellen Bewegung über die Wangen. Wissend, dass sie wegen ihm weinte, senkte Isaak die Augenlider und konzentrierte sich auf das dumpfe, regelmäßige Ticken der alten Pendeluhr hinter ihm. Ein zeitloser Herzschlag. Beruhigend, rein, und in seiner Gleichmäßigkeit perfekter, als es jedes andere existierende Geräusch jemals sein würde.
Da du Fantasy schreibst, kann ich das Argument eines Metronoms nicht bringen. Ok.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs...
?Wie du meinst, Junge.?, hörte er seinen Vater sagen. ?Geh nur.?
Langsam stand Isaak auf, schob den wuchtigen Eichenstuhl mühsam an die Tischkante und streifte die getrockneten Lavendelblüten in Gunidurs zusammengeschrumpelten Nasenlöchern mit einem letzten Blick.
"streifte mit einem letzten Blick" würde ich zusammen belassen.
?Gute Nacht.?
Sein Vater sah ihm stumm hinterher, als er das Esszimmer verließ. Vielleicht wusste er, dass Isaaks Worte nicht ihm, sondern Gunidur gegolten hatten.

Der Raum war tot. Obwohl Marie wohl sehr viel Zeit damit verbracht hatte, die Wohnküche mit liebevoll inszenierten Kleinigkeiten in einen gemütlichen Ort der Zusammenkunft zu verwandeln, fehlte ein Beweis der Lebendigkeit: Die Uhr. Jene geheimnisvolle Gottheit, die alles existierende in etwas vergängliches verwandelte.
alles Existierende, etwas Vergängliches
Rein wissenschaftlich gesehen stimmte das natürlich nicht, und würde Isaak seinen Kollegen gegenüber eine solche Bemerkung zum Besten geben, wäre ihm eine Nominierung zum Spaßvogel des Jahres sicher. Trotzdem meinte er: ?Möchtest du die Zeit aussperren??
?Wie bitte?? Mit einer grazilen Bewegung drehte sich Marie von der Küchentheke weg und betrachtete Isaak aufmerksam. Er konnte nicht deuten, ob sie verärgert war. In einem Katzengesicht eine Mimik zu erkennen, gelang ihm auch jetzt, nach über zwanzig Jahren noch immer nicht.
?Du hast keine Uhren.?, sagte er.
Maries hellgrüne Augen wurden schmaler, es mochte wohl ein Lächeln sein, dass sie ihm gerade schenkte. ?Stimmt. Ich hätte vielleicht eine kaufen sollen, wo ich doch ein Date mit einem Physiker habe. Aber...? Sie hob den Kochlöffel aus einem ihrer Töpfe. Rote Tropfen fielen zu Boden, regelmäßig wie der vermisste Herzschlag der Uhr. ? ... ich bin immer pünktlich.?
?Kunststück.?, grinste Isaak. ?Die Zeit kann dir wohl kaum davon laufen, wenn sie bei dir keine Existenzberechtigung hat.?
?Hm.?, machte Marie und wandte sich wieder ihren Kochtöpfen zu. Spaghetti mit Tomatensoße.
Super. Ich liebe so was!
Isaak konnte sich nicht daran erinnern, bei einer Verabredung jemals etwas derart schlichtesauch hier wieder "etwas derart Schlichtes" (substantiviertes Adjektiv und so...) als Mahlzeit bekommen zu haben. Wenn auch Maries Charakter dieser Unkompliziertheit entsprach, dann verhieß dies ein interessanter Abend zu werden. Vorausgesetzt natürlich, er würde all den Fettnäpfchen ausweichen können, die einem Mann bei der ersten Verabredung in geradezu unermesslicher Vielzahl drohten. Wenn er den Tonfall von Maries Hm richtig deutete, dann war er eben in das ungefähr fünfte Hindernis dieser Art hinein getappt. Hm würde ich in Anführungsstriche setzen, da es sich ja um ein Zitat handelt.
Sein Blick wanderte langsam über ihren grau gestreiften Katzenkopf, der in einen menschlichen Nacken überging, ihren Rücken, dessen aufrechte Haltung ihm trotz der frevelhaft weiten Bluse nicht entging, und verweilte an ihrem perfekt geformten Gesäß. Ob sie wohl wirklich so anmutig aussah? Es konnte gut sein, dass sie in Wahrheit untergewichtig war, oder 20 Kilo zuviel auf die Waage brachte, eine Glatze hatte und ein dreifaches Doppelkinn. Seine Illusionäre Verkennung nahm auf derlei Kleinigkeiten keine Rücksicht, aber immerhin war sie bei Marie gnädig genug gewesen, sie nicht vollständig als Katze darzustellen.
Illusionäre Verkennung... hmm.. wenn es sich hierbei um eine Eigenschaft oder bekannte Form magischer/medizinischer Fähigkeit in deiner Fantasywelt handelt, dann würde ich "Illusionäre" auch groß schreiben... sonst nicht.
?Kann ich dir irgendwie helfen??, fragte er.
Marie verharrte kurz in ihrer Bewegung, als würde für ein, zwei Sekunden tatsächlich die Zeit stehen bleiben, dann schüttelte sie den Kopf. ?Nein, Danke.?, lachte sie. ?Lieber nicht. Außerdem bin ich schon so gut wie fertig. Entschuldige, aber ich wollte fertig sein, bevor du kommst.?
Warum es denn nicht geklappt hatte, ließ sie offen und Isaak fragte auch nicht nach, denn ihre Bewegungen gewannen plötzlich an Schnelligkeit. Während ihre linke Hand noch immer mit dem Kochlöffel in der brodelnden Masse des Soßentopfes rührte, öffnete sie mit der rechten Hand eine Schranktür schräg über ihr, holte ein orangenes Plastiksieb hervor und stellte es in das Spülbecken.
Isaak stand von seinem Stuhl auf, trat an das Fenster hinter ihm und blickte auf die Straße hinab. Die Menschen dort unten wirkten wie aus einem mittelklassigen Fantasiefilm. Einige davon sahen tatsächlich wie Menschen aus, doch auch Gestalten, die mehr mit Tieren oder abstrakten Fantasiewesen gemeinsam hatte, bewegten sich durch die überfüllte Einkaufsstrasse. Manche von ihnen führen kleine Menschen an der Leine mit sich. Ein Anblick, an den sich Isaak niemals gewöhnen würde. Menschen, die wie Tiere aussahen, erschreckten ihn mittlerweile nicht mehr, aber der umgekehrte Fall machte ihm nach wie vor zu schaffen.
Mit einem Stirnrunzeln wollte er sich von diesem surrealistischen Bild abwenden, dann explodierte die Sonne...


(Natürlich explodiert die Sonne nicht wirklich.  Das ist nur der erste Gedanke Isaaks, bevor sich die Ereignisse überschlagen.)
...das hoffe ich doch aber sehr...

Liebe Grüsse,
Claudia.

Also, liebe Claudia! So siehst du, wie viel noch zu tun ist an deiner Geschichte. Ich widerspreche meinem Vorgänger natürlich nicht in der Auffassung, dass du ein Schreibtalent bist, bzw. ein solches besitzt.
Aber zwischen Talent und Meister ist eben noch eine kleine aber heimtückische Klippe, gespickt mit spitzen Dornen.

Deine Story finde ich sehr spannend. Warum Isaak die Menschen aber so "anders" als seine Mitwesen sieht, verstehe ich allerdings nicht. Ich hoffe, du gehst später mehr darauf ein.

Lieber Gruß, Harpy!  Wink
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Claudia
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 53
Beiträge: 104
Wohnort: Regensburg in Bayern


Beitrag31.01.2007 18:51

von Claudia
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke für das Lob.  Very Happy

Dir, Harpy, vielen Dank für die Nachbearbeitung, das ist echt super!
Zitat:
(substantiviertes Adjektiv und so...)

Komisch, das mache ich ständig falsch! Mir  wurde das schon oft ausgebessert, aber irgendwie rätsel ich jedesmal wieder rum.  Laughing

Zitat:
Warum Isaak die Menschen aber so "anders" als seine Mitwesen sieht, verstehe ich allerdings nicht. Ich hoffe, du gehst später mehr darauf ein.


Ja, natürlich.  Wink


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kim_possible
Wortedrechsler
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Beiträge: 58



K
Beitrag31.01.2007 21:13

von kim_possible
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Also irgendwie ist mein Kommi flöten gegangen  Twisted Evil
Zusammengefasst: Ich fands sehr interessant, und frag mich schon wie's weiter geht Wink


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y
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 19
Wohnort: Im schönen Blankenhain / Thür.


Beitrag04.11.2007 19:07

von y
Antworten mit Zitat

Den Text finde ich wirklich gelungen. Auch wenn manchmal verbessert wird...  Ich finde, dass jeder seinen eigenen Schreibstil erhalten sollte und nicht wegen irgendwelcher kommerzieller Vorgehensweisen seinen Stil in eine aufgezwungene Form zu pressen. Das klingt dann einfach nicht mehr einzigartig, sondern wie  der übrige Einheitsbrei.
 
Mach weiter so. Mach auch weiter Fehler, das macht Deine Texte gerade interessant.
 
cu


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