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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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23.05.2023 08:24 Wagner, Schröder und ich von Heribert
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„Und wisst ihr, was das Beste daran ist?“, so Wagner zu mir und Schröder letzten Samstag im Hahn, „Das Rindviech hat ihre Scheißkatze gleich mitgenommen!“
Seit Jahren trafen wir, Wagner, Schröder und ich, uns nach dem Krebsfußball-Training zum Biertrinken im Hahn und seit Jahren beschwerte sich Wagner leidenschaftlich an unserem Stammtisch darüber, was für ein Drecksvieh die Katze seiner Frau wäre. Schon vor zig Jahren haben wir, Schröder und ich, uns nach dem samstäglichen Krebsfußball-Training in der 09-Halle, von Wagner anhören müssen, welche Angst er davor hätte, dass er sich bei der Katze mit Toxoplasmose oder wie das Zeugs heißt, anstecken könnte. Beim Wirt, also im Gasthaus zum Hahn in der Äußeren Regensburger, berichtete er uns dann immer von dieser Nachbarin, die mit zehn oder zwölf Katzen unter einem Dach lebte und irgendwann selbst nur noch Katzenfutter aus der Dose fraß. Wagner immer wieder im Hahn zu uns: „Meine Oma hat schon immer gesagt, dass Katzen krank machen. Hat ihr nie einer geglaubt …“ Wagner sprach übrigens oft von seiner Großmutter, die hatte ihm auch eingeredet, dass Frauen ohne Kinder im Alter bösartig würden und so Sachen …
Naja, jedenfalls hatte es Wagner nach seinem traumatischen Kindheitserlebnis nie mit den Katzen. Er bekam, das hatte er uns, Schröder und mir, auch schon mehr als hundert Mal erzählt, zur Schuleinführung einen Hund. Einen Dackel. Ganz klein, ganz frisch. Und als er mit dem Dackel, der ja wirklich noch ganz klein gewesen sein soll, Gassi ging, kam irgend so ein räudiger Kater aus dem Gebüsch, und hat dem Dackel das Gesicht blutig gekratzt. „Von da ab war für mich Schluss mit Katzen!“, so Wagner oft beim Krebsfußball oder danach im Hahn.
Ja, und eines Tages muss wohl Wagners Frau, also seine heutige Ex, mit einer Katze nach Hause gekommen sein … Ja, gegen allen Protest Wagners hatte seine Alte durchgesetzt, dass Wagner, das arme Schwein, mit einer Katze unterm Dach leben musste, und das, obwohl er sich schon Jahre zuvor darüber ausgelassen hatte, dass es in einem Katzenhaushalt stinkt. „Bei meinem Bruder, bei meiner Cousine … Bei denen stinkts überall nach Katze!“, schnauzte er immer und meinte damit diesen schweren Muff, der sich bei Katzenbesitzern stetig in Tapeten und Polster frisst. Ich habe ja damals beim Krebsfußball zu Schröder gesagt, dass Wagners Frau sich die Katze angeschafft hat, um ihren Mann zu ärgern. Schröder und ich, wir waren uns einig und wussten es damals schon: die Wagnerin hat die Katze aufgetrieben, um Wagner eins auszuwischen, ihn zu demütigen, ihn zu kränken und zu erniedrigen – und ab da gings ja mit deren Ehe bergab.
Schröder einmal zu mir, als wir beide auf der Ersatzbank saßen: „Mensch, Boermel, dem Wagner ekelts in den eigenen vier Wänden!“ Und am meisten soll es den Wagner angeekelt haben, wenn die Katze mit erhobenen Schwanz an ihm vorbeistolziert ist. Zitat Wagner: „Mich ekelt es an, wenn mir das Aas sein schmutziges After präsentiert!“ Und einmal gab er sogar zu, in jenes getreten zu haben.
Wagner sagte, dass die Katze mit erhobenen Schwanz zu ihm kam und sein Bein berührte. Man kennt das ja, wenn so eine Katze daherkommt und sich anschmiegt … Aber für Wagner war das eine Kriegserklärung! „Dieses Vieh hat da irgendetwas an mir abgewischt!“, hatte er damals im Hahn geschimpft, „Mit irgendetwas hat das Aas mich beschmiert! Und da ist mir leider der Fuß ausgerutscht!“
Aber das soll nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die Katze irgendetwas an ihm abwischte … Und das genau war für Wagner der Beweis, dass Katzen doof sind! „Ein Hund merkt, wenn er abgewiesen wird, Leute! Katzen sind dazu aber zu bescheuert!“ Außerdem hatte Wagner irgendwo gelesen, in einem Buch oder im Netz oder so, dass Katzen einen viel zu kleinen Schädelkasten hätten, als dass da drin ein kluges Hirn Platz finden könne. Tatsächlich haben wir im Hahn mal ins Handy Die klügsten Tiere der Welt eingegeben und auf das Ergebnis gewartet … Da tauchten die gar nicht auf, die Katzen; und jetzt mussten wir Wagner auch noch glauben! Wolf und Hund an erster Stelle! Da stand sogar, dass der Hund das nächste Tier in der Evolution wäre, das das Sprechen lernen wird; ja, denn er verfüge sogar über ein Zungenbein! Dann waren da noch Meeressäuger und Raben- und Papageienvögel aufgeführt. Und Tintenfische! Und sogar eine Spinnen-Art! Ameisen und Bienen auch! Alle mehr Hirn als Katzen? Oha!
Einmal, das hatte ich noch gar nicht erwähnt, hatte sich der Wagner im Hahn mit irgend so einer Frau angelegt. Ich meine, der Wagner war ja an jenem Abend eh schon geladen; wir hatten gerade im Krebsfußball-Turnier gegen Moosbach verloren. Das Spiel wurde damals sogar im Dritten übertragen …
Jedenfalls saß da diese Frau am Nachbartisch und hat sich mit ihrer Freundin, oder was weiß ich wer das war, unterhalten; viel zu laut unterhalten, so laut, dass man gar nicht weghören konnte! Das war so eine Frau mit roter Funktionsjacke und liederlichen grauen Haaren – kurzen, grauen Haaren! – und bei lauten Frauen mit liederlichen, kurzen, grauen Haaren, ist bei Wagner sowieso gleich Schluss …
Ja, und der Wagner wurde immer stiller. Je lauter diese Frau herumkrakeelte, dass sie sich im Artenschutz engagiere und die Italiener uns alle Singvögel wegfressen würden, desto stiller wurde Wagner …
Ich meine, es war ja nur eine Frage der Zeit, bis Wagner platzen würde. Er bekam in der Zwischenzeit diese kleinen, wütenden Knopfaugen, die er immer bekommt, wenn bei ihm einer den Anlasser drückt. Auch wurde sein Mund zum Strich und seine Wutader pumpte an der Stirn. Und dann erwähnte die Quasseltante am Nachbartisch doch tatsächlich, dass sie eine Katze zu Hause hätte …
Zuerst war es so, als hätte es gerade geblitzt in der Wirtsstube. Dann kam die Druckwelle. Im Anschluss verteilte sich Wagners Schatten an der Wirtshausdecke, wie eine auslaufende Flüssigkeit oder sowas, und es wurde dunkel im Raum.
Auf die Frau mit den liederlichen, grauen Haaren war jetzt ein Spot gerichtet. Der Spot war der gebündelte Lichtstrahl, der aus Wagners Augen schien; das war, als hätte der Mann eine Fünfhundert-Watt-Birne im Schädel! „Du setzt dich gegen das Artensterben ein und hältst dir einen Killer im Haus, Rindviech?!“
Die Gläser in der Vitrine wackelten, als unser Kumpel Wagner der Dame die Tierarten aufzählte, die durch die massive Katzen-Überpopulation auf der Roten Liste landen würden. Mit jedem Schlagwort wurde Wagner lauter: „Feldhamster! Salamander! Hirschkäfer …“ – und mit jeder Art, mit jedem Wort, quengelte die Frau mit den liederlichen Öko-Haaren: „Nein, das glaube ich nicht! Das glaube ich nicht!“, aber umso öfter die Dame behauptete Ich glaube das nicht!, umso spitzer wurden Wagners Zähne, umso mehr traten seine Krallen hervor! „Ringelnattern! Kreuzottern! Blindschleichen!“ Ein Hieb folgte dem anderen: „Fledermäuse, Eichhörnchen und Milliarden Singvögel jährlich, dumme Gans!“
Jetzt reichte es der Frau mit den gelben Dritten und der an den Knien ausgebeulten Jeans; sie nahm ihre Handtasche und holte damit nach Wagner aus; dabei fielen ihr Geldbörse und Parteibuch aus der Tasche …
Und jetzt wurde es auch dem Wirt hinter der Theke zu bunt! Er, Luginger, der Wirt im Hahn, warf das Geschirrtuch in die Ecke und setzte seine gut Hundertzwanzig Kilo in Richtung Wagner in Bewegung, schob da einen Gast zur Seite, dort einen Stuhl zur Seite, einen Tisch, schob Wagner zur Seite, packte die Frau mit dem Extremisten-Parteibuch und den Wanderschuhen an den Ohren und warf sie mit den Worten „Und lass dich hier bloß nicht mehr blicken!“ und so weiter, zur Türe hinaus.
Weitere Werke von Heribert:
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wohe Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 632 Wohnort: Berlin
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W 23.05.2023 11:24
von wohe
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Hi Heribert;
Dein Text gefällt mir.
Deftig, umgangssprachlich (und vllt sogar authentisch?), mit schönen Vorurteilen behaftet und amüsant.
Mehr davon.
MfG Wohe
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6399 Wohnort: 50189 Elsdorf
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23.05.2023 11:29
von Ralphie
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Mir gefällt der Text auch, vor allem wird mal der Name einer Straße genannt.
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Christof Lais Sperl Klammeraffe
Alter: 62 Beiträge: 942 Wohnort: Hangover
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23.05.2023 11:52
von Christof Lais Sperl
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Vom Feinsten.
_________________ Lais |
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Gast
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23.05.2023 15:10 Re: Wagner, Schröder und ich von Gast
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Heribert hat Folgendes geschrieben: | „Mich ekelt es an, wenn mir das Aas sein schmutziges After präsentiert!“ Und einmal gab er sogar zu, in jenes getreten zu haben. |
"Der After" - darum: "... Mich ekelt es an, wenn mir das Aas seinen schmutzigen After präsentiert!" Und einmal gab er sogar zu, in jenen getreten zu haben ..."
Behauptet eine grauhaarige Frau mit Kurhaarfrisur, gelben Dritten und am Knie ausgeleierter Stretch-Jeans und hornhautfarbener Funktionsjacke.
Aber sie ist Hundeliebhaberin.
Schöner Text.
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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23.05.2023 16:34
von Heribert
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Miss Purple!
Erwischt!!
Zitat: | Behauptet eine grauhaarige Frau mit Kurhaarfrisur |
Danke an alle 4!
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Arminius Reißwolf
Alter: 65 Beiträge: 1226 Wohnort: An der Elbe
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23.05.2023 17:47
von Arminius
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Das hätte auch von H.D. Hüsch sein können. Bravo!
_________________ A mind is like a parachute. It doesn´t work if it is not open (Frank Zappa)
There is more stupidity than hydrogen in the universe, and it has a longer shelf life (Frank Zappa)
Information is not knowledge. Knowledge is not wisdom. Wisdom is not truth. Truth is not beauty. Beauty is not love. Love is not music. Music is the best (Frank Zappa) |
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Gast
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23.05.2023 18:48
von Gast
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Ich nehme die Kurhaarfrisur zurück.
Meine Frise bräuchte dringend eine Kur - auf Sylt oder so ...
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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23.05.2023 19:16
von Heribert
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Zitat: | Ich nehme die Kurhaarfrisur zurück.
Meine Frise bräuchte dringend eine Kur - auf Sylt oder so ... |
Ach, übrigens noch danke wegen der Verbesserung; das mit dem After. Ist ja saupeinlich für mich!
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Gast
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24.05.2023 00:02
von Gast
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Haste sicher an das Aftershave gedacht, nä?
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MDK Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 350 Wohnort: OWL
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24.05.2023 06:59
von MDK
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Was für ein Haufen einfältiger Proleten Super geschrieben, Heribert
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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30.05.2023 19:47
von Heribert
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Zitat: | Was für ein Haufen einfältiger Proleten |
Ja, auch die gehören dazu. Richtig aus dem Bauch raus. Danke nochmal für die Antworten!
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jameia Gänsefüßchen
J
Beiträge: 40 Wohnort: Wolke 7
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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31.05.2023 18:09
von Heribert
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Das ist eine klasse Idee! Ich werde das in der Überarbeitung einbauen!
Danke!
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Gast
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13.06.2023 22:42
von Gast
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Hallo Heribert,
den habe ich übersehen...dabei bin ich ein großer Fan von Dir.
Unnachahmlich und ausgesprochen unterhaltsam, wie Du sie entlarvst, die Stammtisch-Brüder!!
LG
DLurie
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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01.07.2023 15:15
von Heribert
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Danke DLurie, das schmeichelt mir!
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8676 Wohnort: Bayern
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01.07.2023 18:11
von Merlinor
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Hallo Heribert
Mit großem Vergnügen gelesen. Mag ich.
Wundervoll gezeichnete Figuren, absolut glaubhaft und doch könnten sie einem Comic entstiegen sein. Spitzweg grüßt und der gute Karl Valentin auch.
Was Krebsfußball ist, musste ich allerdings erst einmal nachschauen ...
Eigentlich sollte ich ja auch noch irgendeine kritische Anmerkung beisteuern, damit Du etwas zum Überarbeiten hast, aber so richtig fällt mir da nichts ein.
LG Merlinor
_________________ „Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“
MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942 |
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Haro Eselsohr
Beiträge: 388 Wohnort: Pfalz
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01.07.2023 20:32
von Haro
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Hallo Heribert,
mir hat besonders die Beschreibung von Wagners Explosion gefallen. Das kam erstaunlich gut rüber. Chapeau! War ein Lesegenuss!
Krebsfußball musste ich auch nachschlagen.
Viele Grüße
Haro
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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03.07.2023 00:15
von Heribert
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Ja, Krebsfußball hammer immer in der Schule gespielt. Ich dachte, das wäre ein schöner Mantel, in den man die Geschichte stecken kann.
Ich danke für die Antworten!
Euer Heribert.
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6399 Wohnort: 50189 Elsdorf
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11.07.2023 07:53
von Ralphie
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Toll geschrieben - und endlich etwas aus dem Leben.
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Heribert Eselsohr
Alter: 51 Beiträge: 229 Wohnort: Landshut
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31.07.2023 18:34
von Heribert
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Genau aus dem Leben. Danke Ralphie!
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