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der fünfte ort


 
 
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crim
Geschlecht:männlichsex, crim & rock'n'roll


Beiträge: 1578
Wohnort: München
Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
Pokapro und Lezepo 2014 Pokapro VII & Lezepo V



Beitrag22.05.2023 09:09
der fünfte ort
von crim
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der fünfte ort

ich dachte es gäbe vier orte
für die wichtigsten dinge
die ich überall mit mir trage
und die ich nie verlieren darf

rechts oben in der kleinen jackenaußentasche
befindet sich mein portemonnaie
mit dem eingerissnen münzgeldfach
links oben mein schlüsselbund
mit sieben schlüsseln
drei für mein zuhause
drei für das meiner eltern
und ein winziger für das fahrradschloss
aber im winter
geh ich fast nie in den hinterhof

links unten liegt mein handy
in der großen jackenaußentasche
meiner blauen winterjacke
und der akku ist fast immer leer
obwohl viel zu selten jemand anruft
den ich mag

rechts unten liegt mein Tabak
und die filter sind da auch
die papes das feuer aber
an den kühlsten tagen
kann ich keine zigaretten drehen
weils mich an den fingern friert

immer wenn ich aus der tür geh
klopf ich meine taschen ab
und fühle nach
ob ich alles bei mir hab
und erst wenn alle vier
- tabak handy schlüsselbund und portemonnaie -
gefunden sind und sicher
geh ich aus dem haus

früher hab ich oft noch unterwegs auf grauen straßen
nachgefühlt
ob in den taschen alles auch herinnen ist
und nichts verloren

seit ich manchmal deine hände in den taschen finde
hab ich mit dem taschenklopfen aufgehört
rechts oben
links unten
links oben
rechts unten
das sind vier orte
wie ein rahmen um den fünften
und der klopft sich selbst ab
klopft
ob alles noch herinnen ist
und sicher

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Bananenfischin
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Beitrag22.05.2023 10:01

von Bananenfischin
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Ach, das ist toll.
Gefällt mir sehr gut, die Struktur, der Klang, es erreicht mich emotional.
Nur zwei Verse würde ich gern streichen, sie stören, wirken auf mich wie Ausreißer, obwohl es ja zu dreien der vier Orte bzw. deren Inhalt ein "aber"/"obwohl" gibt:
Zitat:
obwohl viel zu selten jemand anruft
den ich mag

Vielleicht liegt es daran, dass mir als Leserin hier ein (zu) deutlicher Blick ins Innenleben des LI präsentiert wird, während mir sonst das Wesentliche übers Außen gezeigt wird.
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crim
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Beitrag23.05.2023 00:09

von crim
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Danke, dass du reingelesen hast und für den guten Hinweis. Das ist sicher umsetzbar und einfach zu ändern. Freut mich auch, dass es dir gefällt.
LG
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Zinna
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Beitrag23.05.2023 11:31

von Zinna
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Hallo Inko,
das gefällt mir auch, mit seinen feinen Details, die meinen Blick einfangen.

Wo ich ein wenig überlegen muss, sind die kleinen Jackenaußentaschen, vermutlich weil ich sie nicht genau verorten kann. Die großen Jackenaußentaschen sitzen.
Könnten die kleinen vielleicht präzisiert werden, Ärmeltasche oder so?

Die Hände des LDu (als Gegenüber/Dahinter) lassen sich doch in in den großen Taschen finden, denke ich?

Ich mag wie von dem sachlichen Anfang her sich ein so emotionales Bild entwickelt.

LG
Zinna
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crim
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Beitrag23.05.2023 19:22

von crim
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Danke für deinen Kommentar. Ich meinte diese kleinen Taschen auf Brust- oder Schlüsselbeinhöhe. Ich lasse mir mal was dazu einfallen. Ja, die Hände eher in den großen Taschen. Schön, wenn das Ende bei dir aufgeht.
LG
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nebenfluss
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Beitrag02.06.2023 19:49

von nebenfluss
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Erst dachte ich, es sei zu lang.
Aber ist es nicht.


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anuphti
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Beitrag03.06.2023 21:46

von anuphti
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Hallo crim,

gerade erst gelesen und gerne gelesen!!!


Die oberen Jackentaschen heißen tatsächlich Brusttaschen.

Liebe Grüße von der Seitenlinie
Nuff


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Learn from the mistakes of others. You don´t live long enough to make all of them yourself. (Eleanor Roosevelt)

You don´t have to fight to live as you wish; live as you wish and pay whatever price is required. (Richard Bach)
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crim
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Beitrag03.06.2023 22:45

von crim
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Hi Dirk.
Ich freue mich, von dir zu hören, und dass es nicht zu lang ist. lol

Hallo Anuphti,
Brusttaschen, na klar, das stimmt. Total auf dem Schlauch gestanden. Aber Brusttaschen kann ich hier nicht einfach so ersetzen, denke ich. Muss ich mal schauen, wie das vielleicht ginge.
Wo ist denn die Seitenlinie?
LG crim
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anuphti
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Beitrag05.06.2023 10:36

von anuphti
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Lieber Crim,

Seitenlinie heißt, dass ich gerade eher "neben mir stehe", während das Leben passiert.

Also passiv verfolge, was abläuft, bis ich wieder aktiv werden kann.

Ein sehr seltener Zustand für mich smile

Liebe Grüße
Nuff


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crim
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Beitrag05.06.2023 14:40
Re: der fünfte ort
von crim
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der fünfte ort

ich dachte es gäbe vier orte
für die wichtigsten dinge
die ich überall mit mir trage
und die ich nie verlieren darf

rechts oben in der brusttasche
meiner blauen winterjacke
befindet sich mein portemonnaie
mit dem eingerissnen münzgeldfach
links oben steckt mein schlüsselbund
mit sieben schlüsseln
drei für mein zuhause
drei für das meiner eltern
und ein kleiner für das fahrradschloss
doch im winter
geh ich fast nie in den hinterhof

links unten
in der großen jackenaußentasche
steckt mein handy
und der akku ist
fast immer leer
rechts unten liegt mein Tabak
und die filter sind da auch
die papes das feuer aber
an den kühlsten tagen
kann ich keine zigaretten drehen
weils mich an den fingern friert

immer wenn ich aus der tür geh
klopf ich meine taschen ab
und fühle nach
ob ich alles bei mir hab
und erst wenn alle vier
- tabak handy schlüsselbund und portemonnaie -
gefunden sind und sicher
geh ich aus dem haus

früher hab ich oft noch unterwegs auf grauen straßen
nachgefühlt
ob in den taschen alles auch herinnen ist
und nichts verloren

seit ich manchmal deine hände in den taschen finde
hab ich mit dem taschenklopfen aufgehört
rechts oben
links unten
links oben
rechts unten
das sind vier orte
wie ein rahmen um den fünften
und der klopft sich selbst ab
klopft
ob alles noch herinnen ist
und sicher

Ich bin jetzt vorerst hier angekommen, mein inneres Ohr wehrt sich aber noch teilweise gegen den neuen Rhythmus. Ich lasse mal sacken.

Anuphti, alles Gute. Du willst bestimmt aufs Spielfeld zurück.
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Soleatus
Klammeraffe


Beiträge: 999



Beitrag14.06.2023 16:59

von Soleatus
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Hallo Crim!

Gefällt mir in der alten Fassung und in der neuen auch – aber dein Ohr ist das entscheidende, von daher wirst du nach einiger Zeit bestimmt klar erkennen, was sein soll. Der eine großgeschriebene "Taback" steht in beiden Fassungen und ist als Absicht?!

Gruß,

Soleatus
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crim
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Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
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Beitrag15.06.2023 18:49

von crim
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Hi Soleatus,

nee, keine Absicht. Durchgerutscht. Danke fürs Finden.
Freut mich, wenn's dir gefällt.

LG crim
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schó
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Beiträge: 112



Beitrag21.06.2023 12:17

von schó
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Das ist ausgezeichnet, es ist rührend!

Erinnert mich an Samuel Becketts Molloy-Roman. (Kennst du den Textausschnitt? Müsstest du kennen, aber falls nicht, dann schicke ich ihn dir.)
Und an das Gedicht "Inventar" oder so ähnlich,
wo ebenfalls aufgezählt wird, was das lyrische Ich besitzt.

Ich liebe sowas.

Einfach konkret Dinge aufzählen und damit wird schon so viel gesagt.
Dinge, die der Mensch bei sich trägt / besitzt.

Das ist ausgezeichnet.

Nur die letzte Strophe und der Titel ergeben sich mir im Moment noch nicht. Ich überlege weiter und fühle mich weiter hinein.

Es berührt mich sehr.
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag22.06.2023 10:15

von holg
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Hey Crim,
Schön, dass Du den Weg zurück ins Forum gefunden hast.

Zu dem Text hier hab ich noch keine wirkliche Meinung. Er berührt mich und ich mag den Rhythmus (beider Versionen, irgendwie) und das im Konkreten verbackene Tiefere, das Herumschreiben um das Eigentliche, der Bedarf an Gewissheit, Ordnung, Da-Sein, Sicherheit. Und dass es bei all dem Geklopfe doch nur um das faustgroße Ding da hinterm Brustbein geht und das Geborgenheitsgefühl, das von da aus in Bauch und Hirn strahlt. Das gefällt mir schonmal richtig gut.


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Mettbrötchen
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Ei 1


Beitrag22.06.2023 15:28

von Mettbrötchen
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Hallo Marc,

mich erinnert der Text an "Inventur" von Günter Eich. "Inventur" hat als eins der großen Gedichte der Nachkriegszeit natürlich eine gewisse Strahlkraft, vor allem angesichts des historischen Kontextes. Als Gedicht für sich genommen funktioniert dein Text gut. Ich mag die Idee, die Orte hier umzuinterpretieren als Stellen an der Kleidung. Die letzte Strophe rundet das Ganze sehr gut ab für mich. Ich finde sogar, ohne die letzte Strophe würde das Gedicht nicht annähernd so gut sein, ein Zeichen dafür, dass das Gedicht nicht zu lang ist, sondern alles seinen Platz hat.
Der Vers "seit ich manchmal deine hände in meinen taschen finde" erzeugt bei mir glaube ich ein nicht beabsichtigtes Bild. Da vorher ja ausschließlich von Gegenständen die Rede war, habe ich da tatsächlich zwei abgehackte Hände vor Augen Laughing Möglicherweise habe ich ein absurde Fantasie, aber angesichts der vorherigen Strophen stellte sich dieses Bild bei mir automatisch ein.

Irgendwie kann ich mir Günter Eich nicht ganz wegdenken und bin mir noch unsicher wie sich das auf das Gedicht auswirkt, eben weil "Inventur" so bekannt ist und ein so massiver historischer Background reinspielt, dass ich skeptisch bin, ob man das Verfahren einfach übernehmen kann, ohne deutlichere Bezüge herzustellen und das Ganze auf explizitere Weise zeitlich neu zu kontextualisieren.

Soweit von meiner Seite. Schön, wieder etwas von dir zu lesen.

LG David


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I read somewhere how important it is in life not necessarily to be strong... but to feel strong.
(Christopher McCandless
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2396
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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag23.06.2023 01:08

von holg
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Mettbrötchen hat Folgendes geschrieben:
Der Vers "seit ich manchmal deine hände in meinen taschen finde" erzeugt bei mir glaube ich ein nicht beabsichtigtes Bild. Da vorher ja ausschließlich von Gegenständen die Rede war, habe ich da tatsächlich zwei abgehackte Hände vor Augen Laughing Möglicherweise habe ich ein absurde Fantasie, aber angesichts der vorherigen Strophen stellte sich dieses Bild bei mir automatisch ein.

Jo. Ging mir auch so. Hab da kurz gestockt und mich gedanklich am Kopf gekratzt und gefragt, würde er?


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Skarabäus
Eselsohr


Beiträge: 227



Beitrag23.06.2023 16:55

von Skarabäus
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Hallo Crim,

ich finde es immer schön, wenn man beim Lesen von Lyrik etwas über sich selbst erfahren kann. Manche hier mussten erkennen, dass sie mit absurder Fantasie "gesegnet" sind und ich frage mich, ob ich nicht unter lyrischer ADHS leide.  Wink

Das Gedicht war für meine Aufmerksamkeitsschwelle fast etwas zu lang, zumal Du es sehr gemächlich angehen lässt. Bei der alltäglich Bestandsaufnahme von Gegenständen in Taschen hättest Du mich fast verloren ("Kenn ich, mache ich auch immer so."). Ok, ich bin ehrlich: Du hast mich verloren und ich habe erst beim dritten Anlauf verstanden, um was es Dir geht. Dafür traf mich die Erkenntnis am Ende mit der ganzen zarten, unaufgeregten Wucht dieses Gedichts. Und - ich kann nur schó nachplappern - es hat mich sehr berührt. Entschuldige, aber ich muss noch ein schnulziges "schööön" hinterherschieben.

Unbestritten ist es Dir auf höchst originelle Weise gelungen festzuhalten, wie viel Dir eine andere Person bedeutet. Die Art wie Du dies zum Ausdruck bringst, gefällt mir ausgesprochen gut (auch wenn es für mich ein wenig kürzer hätte sein dürfen  Wink).

LG Skarabäus
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crim
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Beitrag24.06.2023 08:57

von crim
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der fünfte ort

ich dachte es gäbe vier orte
für die wichtigsten dinge
die ich überall mit mir trage
und die ich nie verlieren darf

rechts oben in der brusttasche
meiner blauen winterjacke
befindet sich mein portemonnaie
mit dem eingerissnen münzgeldfach

links oben mein schlüsselbund
mit sieben schlüsseln
drei für mein zuhause
drei für das meiner eltern
und ein winziger fürs fahrradschloss
aber im winter
geh ich fast nie in den hinterhof

links unten liegt mein handy
in der großen jackenaußentasche
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und der akku ist fast immer leer

rechts unten liegt mein tabak
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die papes das feuer aber
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immer wenn ich aus der tür geh
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ob ich alles bei mir hab
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geh ich aus dem haus

früher hab ich oft noch unterwegs auf grauen straßen
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ob in den taschen alles auch herinnen ist
und nichts verloren

seit ich manchmal deine hände in den taschen finde
hab ich mit dem taschenklopfen aufgehört
rechts oben
links unten
links oben
rechts unten
das sind vier orte
wie ein rahmen um den fünften
und der klopft sich selbst ab
klopft
ob alles noch herinnen ist
und sicher


hallo zusammen,

ich bin jetzt vorerst hier bei dieser version gelandet. danke für eure kommentare. ich gehe bald noch einmal länger darauf ein. wollte nur vorausschicken, dass ich weiterhin im prozess bin.

lg crim
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crim
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Beitrag24.06.2023 09:04

von crim
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schó hat Folgendes geschrieben:
Das ist ausgezeichnet, es ist rührend!

Erinnert mich an Samuel Becketts Molloy-Roman. (Kennst du den Textausschnitt? Müsstest du kennen, aber falls nicht, dann schicke ich ihn dir.)


hallo scho,

es freut mich sehr, wenn der text bei dir wirkung entfaltet, sogar ohne, dass sich dir die letzte strophe komplett aufschlüsselt.

ich muss mich leider als total-banause outen: ich kenne weder den beckett-roman noch das gedicht inventar. inventar habe ich jetzt aber gelesen und sehe diese verbindung des aufzählens.

danke für deinen schönen kommentar.

lg crim
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crim
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Beitrag24.06.2023 09:08

von crim
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hi holg,

eine meinung, die über die eindrücke, die du schilderst hinausgeht, brauchts vielleicht gar nicht. danke dir für dein lesen und deine worte - und dass du verdeutlicht hast, dass das beabsichtigte bild am ende bei dir angekommen ist. darüber freue ich mich natürlich auch.

lg crim
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Beitrag24.06.2023 09:28

von crim
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hi david,

toll, dass du hier bist. mein banausen-outing ist ja schon geschehen: ich kannte inventar gar nicht.

das mit den händen kann man (leider) tatsächlich so lesen, wie du es liest. ich hoffe diese lesart liegt nicht zu schwer im gedicht. beabsichtigt ist sie nicht.

diese neue zeitliche kontextualisierung, die du ansprichst, geschieht hier wahrscheinlich ein bisschen durch das handy, aber aussagen über eine zeit trifft das gedicht nicht. es bleibt da persönlich, ohne großes abstraktionspotenzial, denke ich. vielleicht reicht das?

jedenfalls vielen dank für deine art der beschäftigung, und dass du mir auch zeigst, was bei dir im gedicht aufgeht.

lg crim
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Beitrag24.06.2023 09:33

von crim
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hi skarabäus,

also doch zu lang! lol

ich danke dir für deine betrachtung, und dass du zurückgekehrt bist. und dein aufschlüsseln der leseerfahrung. kürzer wird das gedicht wahrscheinlich nicht mehr, aber ich habe gerne gelesen, wie dein lesen passiert ist.

vielen dank dafür. vor allem auch für die zarte unaufgeregte wucht. das freut mich sehr.

lg crim
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