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[Die schlechteste Geschichte der Welt] OPERATION Gramschatzer Wald

 
 
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Klemens_Fitte
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Beiträge: 2934
Wohnort: zuckerstudio waldbrunn


Beitrag08.02.2023 18:10
[Die schlechteste Geschichte der Welt] OPERATION Gramschatzer Wald
von Klemens_Fitte
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

*

Letztens ausgegraben und gedacht, das passt doch hierher.




OPERATION Gramschatzer Wald


1

Als Gramsa Gamsa eines Nachmittags aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich auf seiner Couch zum schrecklichen Ungeheuer Faul verwandelt.
Gramsa, der Konsequenz über alles schätzte, drehte sich um und döste weiter.

Jedoch: kurze Zeit später klingelte das Telefon, und da Gramsa nichts mehr hasste als das Klacken, mit dem sich sein Anrufbeantworter einschaltete, raffte er sich unter Ächzen und Stöhnen, unter Strecken und Arschkratzen von seiner Couch auf, schlurfte zum Telefon und nahm den Hörer ab.

»Gamsa«, sagte Gramsa. »Samsa Gamsa«, und als er merkte, dass er sich im Halbschlaf versprochen hatte, korrigierte er: »Gramsa Gamsa.«

Im Folgenden sagte Gramsa Gamsa nicht mehr viel, was ihm ganz recht war, und als er den Hörer wieder auf die Gabel legte, wusste er, was er zu tun hatte. Er ging zurück zur Couch, bückte sich und zog den Koffer hervor, der sich darunter befand, legte ihn auf dem Couchtisch ab, öffnete ihn und nahm eine Hand voll Reisepässe heraus.

»Eene meene mu«, sagte Gramsa, wie es seine Art war, und tippte mit dem Zeigefinger auf die Pässe, bevor er sich wie immer für du entschied. Du war in diesem Fall, wie er feststellte, der Reisepass von Ernst Mernst Dubbedernst, laut Dokument in Rotterdam geboren, Größe und Augenfarbe so gewählt, dass sie denen Gamsas entsprachen. Der steckte den Reisepass in die Hosentasche und entnahm dem Koffer des Weiteren einen USB-Stick mit geheimen Daten und der 3D-Druckvorlage für eine Liberator-Handfeuerwaffe, ein paar Seekarten und den dazugehörigen Breton Plotter, ein Geschenk seines Freundes Harry, sowie eine Schachtel ERNTE23, die er im Mülleimer neben der Couch entsorgte, weil er es nicht über sich brachte, das Rauchen anzufangen, auch vor einer – aller Voraussicht nach und zum Trotz – lebensgefährlichen Mission nicht.

Zu guter Letzt nahm er aus dem Koffer einen kleineren Koffer, in dem er alles verstaute, was er zuvor aus dem größeren Koffer genommen hatte, mit Ausnahme der Zigaretten. Ebenso verwundert wie erfreut ob seines Tatendrangs schritt Gramsa zum Fenster und schloss es. Wahrscheinlich würde er für einige Wochen außer Landes sein, und er hatte wenig Lust darauf, bei seiner Rückkehr ungebetenen Besuch vorzufinden.

Als Gramsa Gamsa wenige Minuten später in Anzug und Krawatte und mit einem reisetauglichen, aber nicht weiter auffälligen Koffer die Wohnung verließ, bemerkte er nicht, dass hinter dem Türspion seines Nachbarn Grigori Igorowitsch ein ominöses Auge blinzelte.

Es gehörte, wie sich später herausstellen würde, gar nicht Grigori Igorowitsch, sondern seinem nicht minder russischen Freund Igori Grigorowitsch, der Augenblicke später sein Auge vom Türspion, Minuten später einen letzten Schluck aus einer Wodkaflasche und eine knappe Stunde später ein Taxi zum Flughafen nahm.


Fortsetzung folgt

123456Wie es weitergeht »



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Pickman
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Beitrag08.02.2023 19:52

von Pickman
Antworten mit Zitat

Ich mag sie, Deine "schlechteste Geschichte der Welt", und freue mich auf die Fortsetzung.

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Tempus fugit.
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wohe
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W

Alter: 71
Beiträge: 632
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W
Beitrag09.02.2023 08:14

von wohe
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Pickman hat Folgendes geschrieben:
freue mich auf die Fortsetzung
Dito. Bitte möglichst schnell!
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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

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Beitrag09.02.2023 11:04

von Klemens_Fitte
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Pickman hat Folgendes geschrieben:
Ich mag sie, Deine "schlechteste Geschichte der Welt", und freue mich auf die Fortsetzung.


wohe hat Folgendes geschrieben:
Pickman hat Folgendes geschrieben:
freue mich auf die Fortsetzung
Dito. Bitte möglichst schnell!


Freut mich.


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Klemens_Fitte
Geschlecht:männlichSpreu

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Beitrag10.02.2023 12:14

von Klemens_Fitte
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2


Igor Grigorowitsch oder schlicht ›Gogo‹, wie ihn seine Freunde nannten, hatte eben sein ominöses Auge – ein nur kosmetischer Geburtsfehler – vom Türspion genommen, als in der Wohnung von Grigori Igorowitsch das Telefon klingelte. Gogo Grigorowitsch hob ab, und sofort setzte sich das Tonband in Bewegung, das jeden Anruf aufzeichnete, sowie die Maschine, die ihn zurückverfolgte.

Die Auswertung der erfolgten Zurückverfolgung würde später ergeben, dass der Anruf – den Gogo lediglich mit der Aussage beantwortete, Gramsa Gamsa habe soeben das Haus verlassen und sei höchstwahrscheinlich an der Kreuzung Sansibarstraße/Ansbacher Straße in die nächste Straßenbahn gestiegen, und den er nach kurzem Schweigen mit einem Nicken, das sein Gesprächspartner nicht sehen konnte, beendete – von einem öffentlichen Münzfernsprecher nahe des Platzes der Öffentlichen Hand aus geführt worden war. Dabei ahnten weder Grigorowitsch noch sein namenloser Gesprächspartner, dass der Anruf beobachtet wurde, nämlich von der Gogo-Tänzerin Gemma Zumirah, die sich zu diesem Zweck an einem Sitzplatz hinter der Glasscheibe des Café Sansibar niedergelassen hatte und unauffällig im Schaum ihres Latte Macchiato stocherte.

Unterdessen kam Gramsa Gamsas Trambahnfahrt langsam zu ihrem Ende, als die Linie 76 den Hauptbahnhof erreichte. Gramsa, dessen zweite Natur es war, unauffällig im Schaum einer Menschenmenge zu verschwinden, ließ sich vom Strom der Reisenden ins Bahnhofsgebäude treiben, bevor er scharf, aber unauffällig nach links ausscherte und seine Schritte zu einem FOTOFIX-Fotoautomaten lenkte, die Kabine betrat und den Vorhang hinter sich zuzog.

Es folgten Blitzlichter und Summen, dann entstieg Gramsa, äuerßlich wie innerlich unverändert, der Kabine und entnahm wenige Augenblicke später dem Ausgabefach des Automaten eine Fotografie – die vier Aufnahmen zeigten allesamt Gramsa, wie er sich vier verschiedene Krawatten, blau, grau, schwarz, rot vor den Kragen hielt – die er kurz lächelnd betrachtete und dann in der Innenseite seines Jacketts verschwinden ließ.

An diesem Vorgang nicht zu beobachten war, dass Gramsa während des Countdowns, der den Start der Aufnahmen ankündigte, das Münzfach des Automaten mit einem Stück Tesafilm und einer Büroklammer manipuliert hatte – ein allerdings auch unbedeutendes Detail, das im weiteren Verlauf keine Rolle mehr spielen sollte und somit unbeobachtet bleiben durfte.

Entscheidender war, dass Gramsa nur wenige Minuten später an einem wenige Meter entfernt stehenden Snack- und Bedarfsartikelautomaten die Ziffernfolge 7-4-2 eintippte, eine Kombination, der kein Produkt entsprach, weshalb der Automat die Eingabe lediglich mit einem unaufgeregten Summen quittierte.

Gramsa sah auf die Uhr. Ihm blieb noch eine Viertelstunde.


Fortsetzung folgt

« Was vorher geschah123456Wie es weitergeht »



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dürüm
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Beitrag10.02.2023 12:39

von dürüm
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OMG
 (Oh mein Gogo)
 Blink Blink Blink Blink Blink

 Sich kaputt lachen Sich kaputt lachen Sich kaputt lachen

Warum erinnert mich das so an "Die Inhaltsangabe" von Loriot.


Wie schafft man es Sätze über ganze Absätze zu schreiben?
Das ist genial. Absurder Thriller at its best.
Ich fiebere der Fortsetzung entgegen!

Diese genialen Wortwiederholungen, das "nicht nur" Nennen völlig irrelevanter Details, sondern direkt danach auch das Zugeben, dass sie irrelevant sind. Die Bandwurmsätze, die Namen (Tänzerin Gemma Zumirah und ihr Freier Oda Zudir)

.... langsam bekomme ich wieder Luft ...

Großartig, einfach großartig!

Totally geflasht
Kerem


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Klemens_Fitte
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Beitrag10.02.2023 19:12

von Klemens_Fitte
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Hach, dasma n schönes Lob. Tausend Dank dafür.

dürüm hat Folgendes geschrieben:
Warum erinnert mich das so an "Die Inhaltsangabe" von Loriot.


Ist das das Ding mit den ganzen th-Namen? Ja, das ist großartig.

dürüm hat Folgendes geschrieben:
Wie schafft man es Sätze über ganze Absätze zu schreiben?


Na ja, in meinem … vorletzten? ja, vorletzten Buch gehen Sätze auch mal über 30, 40 Seiten, von daher …

dürüm hat Folgendes geschrieben:
Das ist genial. Absurder Thriller at its best.
Ich fiebere der Fortsetzung entgegen!


Cool, freut mich.

dürüm hat Folgendes geschrieben:
(Tänzerin Gemma Zumirah und ihr Freier Oda Zudir)


 Laughing


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Klemens_Fitte
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Beitrag12.02.2023 10:28

von Klemens_Fitte
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3


Während Gemma Zumirah im Café Sansibar ein Stück Papier aus ihrer Packung Gizeh-Papers zog und mit dem Sparkassen-Kugelschreiber darauf notierte, dass vor gut zwanzig Minuten ein Herr mittleren Alters in dunklem Anzug mit blauer Krawatte einen Anruf am öffentlichen Münzfernsprecher getätigt habe und danach an der Ecke Sansibarstraße/Ansbacher Straße mit einem nicht weiter auffälligen Koffer in eine Straßenbahn der Linie 76 gestiegen sei, und während Gogo Grigorowitsch Grigori Igorowitschs SONGMICS-Kleiderschrank nach passender Kleidung durchsuchte, die er eilig in einen bereits mit Gepäckanhänger versehenen Trolli packte, setzte sich das unaufgeregte Summen weiter ins Innere des Snack- und Bedarfsartikelautomaten am Hauptbahnhof fort, wurde zugleich lauter und, von außen, unhörbarer, als wäre ein Mechanismus ausgelöst worden, in den immer neue Förderbänder, Gelenke, Zahnräder, Riemen und Pneumatikgetriebe einstimmten.

Gramsa Gamsa betrat derweil die Plattform 3 – die eigentlich nur der Bahnsteig war, der zu den Gleisen 5 und 6 führte, aber von Gramsa, der mit Vorliebe amerikanische Agententhriller OmU konsumierte, konsequent Plattform 3 genannt wurde – und suchte, indem er seinen durch den Konsum amerikanischer Agentenfilme geübten Blick schweifen ließ, systematisch den Boden ab.

Der Lokführer, der im Regionalexpress nach Gransee saß und auf das Signal zur – verspäteten – Abfahrt wartete, beachtete Gramsa nicht weiter. Ein letzter – verspäteter – Fahrgast hetzte den Bahnsteig entlang, im Laufen einen unauffälligen Koffer neben sich hin und her schwingend.

Genau in dem Moment, als sich Gramsa in das gelbe Quadrat stellte, das den Raucherbereich auswies, und der Zug Richtung Gransee den Bahnhof verließ, trat ein junger Mann in Jeans und Kapuzenpullover mit der Sohle seines Turnschuhs zweimal heftig gegen den Snack- und Bedarfsartikelautomaten, der sich zum einen weigerte, das ins Münzfach geworfene Kleingeld zurückzugeben, und zum anderen die Order des jungen Mannes – ein eingeschweißtes Set Colgate-Zahnbürste + Zahnpasta, Artikelnummer 2-7-4-2 – mit einem »Out of Order« beantwortete.

Das Summen im Innern des Automaten verstärkte sich weiter.


Fortsetzung folgt

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dürüm
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Beitrag14.02.2023 00:44

von dürüm
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Spätestens bei dem Sparkassenkugelschreiber lag ich wieder hechelnd auf dem Boden.
Wenn ich nominieren könnte, das hier wäre mein Kandidat. Das ist kontinuierlich genial schlecht.

Was soll ich sagen, großartig!!
Bitte mehr!

Immer noch glucksend und schniefend.

Kerem


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Klemens_Fitte
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Beitrag14.02.2023 08:05

von Klemens_Fitte
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dürüm hat Folgendes geschrieben:
Das ist kontinuierlich genial schlecht.


smile

dürüm hat Folgendes geschrieben:
Bitte mehr!


Cool, dann schaue ich später noch mal mit der Fortsetzung rein (bisschen was hab ich noch).


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Klemens_Fitte
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Beitrag14.02.2023 10:19

von Klemens_Fitte
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4


Von all dem ahnte Grigori Igorowitsch oder ›Igor‹, wie ihn seine Kollegen nannten, nicht das Geringste, oder lediglich, dass sich Igori ›Gogo‹ Grigorowitsch in seiner Wohnung aufhielt, schließlich hatte er ihn vor wenigen Tagen selbst darum gebeten, damit Grigorowitsch Igorowitschs Stromzählerableser den Zugang zur Igorowitschischen Wohnung ermöglichen konnte – ein Termin, den wahrzunehmen ›Igors‹ Schichtdienst verhinderte.

Und so stand ›Igor‹ Igorowitsch, während Igori Grigorowitsch seinen Kleiderschrank durchwühlte, ahnungslos im Pausenraum der Granseer Granitolfabrik und schabte sich mit einer Einweg-Girolle seine nachmittägliche Portion Tête de Moine ab.

Igorowitsch, der durch die Umstellung auf den Schichtbetrieb – nachdem er jahrzehntelang als selbstständiger Abschaber gearbeitet hatte, mit all der Bewegung und dem Stress, den der Job mit sich brachte – in knapp drei Wochen eher wenig knappe zehn Kilo zugenommen hatte, war, um dieser Entwicklung gegenzuwirken, vor kurzem auf eine fleisch- und obstfreie Ernährung umgestiegen, ohne bislang daran Gefallen oder darin Erfüllung zu finden; ein weiterer Grund, weshalb er sich selbst ständig zurück in die Selbstständigkeit wünschte. Ein weiterer mochte darin liegen, dass Igorowitsch seine Fähigkeiten als Abschaber in einer solchen Fabrik nicht hinlänglich gewürdigt fand, jedenfalls nicht genug für jemanden, der aus einer langen Tradition der Abschaber stammte und den Beruf noch von seinem Vater – und dieser von seinem Vater – gelernt hatte, um danach seine ersten Sporen in der Feuertaufe des Gastronomiebusiness zu verdienen, bevor er dem Niedergang, den der Beruf des Küchenschabers infolge immer umfangreicherer Hygienevorschriften erlitten hatte, durch den Schritt in die Selbstständigkeit entgangen war; ein durchaus ereignis- und erfolgreiches Leben, wie ›Igor‹ Igorowitsch nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen seufzend resümierte. Und jetzt? Igorowitsch sah zur Decke und kaute seinen Mönchskopf zu Brei. Jetzt bestand sein Arbeitsalltag darin, dem auszubildenden Abschaber an der Abschabmaschine alle paar Minuten »Schab ab« zuzurufen.

Die Girolle begann, auf der Tischplatte zu schaben, und Igorowitsch ahnte, dass seine Pause sich dem Ende neigte. Was er nicht ahnte, war, dass in dem Augenblick, in dem er den Pausenraum verließ und die Tür hinter sich schloss, der Snackautomat leise, aber deutlich zu summen begann.


Fortsetzung folgt

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Mumienfreund
Eselsohr


Beiträge: 327



Beitrag19.03.2023 19:22

von Mumienfreund
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Und jetzt? Igorowitsch sah zur Decke und kaute seinen Mönchskopf zu Brei. Jetzt bestand sein Arbeitsalltag darin, dem auszubildenden Abschaber an der Abschabmaschine alle paar Minuten »Schab ab« zuzurufen.


Ich habe diesen Käse nie gegessen, aber ich sehe ihn immer mal wieder. Hat so etwas von diesen keulendicken Schinken, die auf irgendwelche Holzlafetten angedengelt werden – vorwiegend um die Weihnachtszeit – und ich mir dann immer vorstelle, wie eine mit Säbeln bewaffnete Meute davor herumlungert, und um den Schinken kämpft.

Diese Idee allerdings, aus dieser Tätigkeit einen Ausbildungsberuf zu machen, dessen Geheimnisse von Generation zu Generation weitergegeben werden, ist ziemlich genial. Besonders das "Schab ab", was eigentlich alles zusammenfasst, was es dazu zu wissen gibt.

Wenn dies nicht hohe Literatur ist, was dann?
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wohe
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W
Beitrag19.04.2023 16:16

von wohe
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Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Fortsetzung folgt

Es wird Zeit. Mach hinne.

MfG Wohe
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anuphti
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Beitrag19.04.2023 16:19

von anuphti
Antworten mit Zitat

wohe hat Folgendes geschrieben:
Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Fortsetzung folgt

Es wird Zeit. Mach hinne.

MfG Wohe


Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Mach hinne.

Explodiert der Automat oder nicht?


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Klemens_Fitte
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Beitrag22.04.2023 09:59

von Klemens_Fitte
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anuphti hat Folgendes geschrieben:
wohe hat Folgendes geschrieben:
Klemens_Fitte hat Folgendes geschrieben:
Fortsetzung folgt

Es wird Zeit. Mach hinne.

MfG Wohe


Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Mach hinne.

Explodiert der Automat oder nicht?


Ach, stimmt. Da war ja noch was …

*

5


Präzise um Viertel nach Uhr öffnete sich die Tür des Café Sansibar und ein junger Mann mit schwarzem, präzise nach hinten gegeltem Haupthaar und einer eindrücklichen Nase, deren Rücken forsch, aber nicht unförmig nach außen gewölbt war, betrat das Lokal – was zunächst niemand bemerkte, denn die Eingangstür war innen mit einem schweren Brokatvorhang verhängt, den der junge Mann erst energisch beiseiteschieben musste.

Dann ging er festen Schrittes zur Bar, setzte sich auf einen der Hocker und zog ein Zigarilloetui aus der Jackettinnentasche seines wohl teuren, aber etwas maßlos geschneiderten Anzugs.

»Sie rauchen?«, fragte Gemma Zumirah und setzte sich auf den Barhocker neben ihm.
»Nur in Gesellschaft«, raunte er ihr verschwörerisch zu.
»Königin schlägt Bauer«, raunte sie ebenso verschwörerisch zurück – es handelte sich dabei aber nicht um ein geheimes Losungswort, sondern lediglich um die Schlagzeile einer Klatschzeitschrift, die hinter dem Tresen lag, und Gemma konnte nicht sagen, warum sie sie laut vorgelesen hatte.
Der junge Mann überspielte die Situation geschickt. »Broccoli«, sagte er und bot ihr mit einem Zippo, das er in einer fließenden Bewegung öffnete und entzündete, Feuer an. »Ken Broccoli.«
»Ihre Eltern waren Bauern?«
»Nein, Italiener.« Broccoli entnahm dem Etui ein Zigarillo und zündete es an.
»Dennoch ein bemerkenswerter Name.«
»Meine Eltern sind wenige Jahre vor meiner Geburt in die USA ausgewandert«, erwiderte Broccoli, als würde es etwas erklären.
»Oh, Sie kennen die USA«, rief Gemma aus. Sie hatte in Faible für Amerika, insbesondere für amerikanische Agententhriller, die sie sich vorzugsweise mit ihrem Freund ansah, OmU natürlich.
»Nur aus Erzählungen«, sagte Broccoli. »Meine Eltern sind wenige Wochen vor meiner Geburt wieder zurückgewandert.«
»Oh«, sagte Gemma nur.
»Allerdings sind sie auf dem Rückweg nur bis Deutschland gekommen. Dann kam ich dazwischen.« Ein schwer zu deutendes Lächeln umspielte seine Lippen.

Er war kein unattraktiver Mann, fand Gemma. Die Haare vielleicht etwas zu präzise nach hinten gegelt, die Nase etwas zu forsch gebogen – aber nicht uninteressant. Sie führte die Zigarette zum Mund und nahm einen tiefen Zug, und dann fiel ihr auf, dass sie dabei war, das Paper zu rauchen, auf dem sie vor wenigen Minuten das Gespräch am öffentlichen Münzfernsprecher notiert hatte.


Fortsetzung folgt

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anuphti
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Beitrag22.04.2023 13:15

von anuphti
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Die Spannung steigt ins Unermessliche.

 Blink

Wird Ken Broccoli mit Gemma Zumirah die Verfolgung des Russen aufnehmen?

Wird der Automat explodieren?

Wird die Aufzeichnung auf dem Papier noch gerettet?

OMG

Es wird immer besser Sich kaputt lachen


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MDK
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Beitrag22.04.2023 14:36

von MDK
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Herrlicher Nonsens Laughing Irgendwie habe ich beim Lesen Leslie Nielsen und Konsorten vor Augen. Das ist solch ein Stoff, aus dem Filme wie "Die nackte Kanone" gemacht sind Daumen hoch
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Mumienfreund
Eselsohr


Beiträge: 327



Beitrag22.04.2023 22:59

von Mumienfreund
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Gewohnt großartig. Könntest du nicht ein Werk daraus machen? Einen Schreibratgeber vielleicht: "30 geniale Romananfänge." Würd ich mir sofort zulegen.
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Klemens_Fitte
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Beitrag02.05.2023 07:36

von Klemens_Fitte
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anuphti hat Folgendes geschrieben:
Die Spannung steigt ins Unermessliche.


Vor allem, wenn ich dann ständig vergesse, die Fortsetzungen zu posten (bzw. überhaupt erst mal zu schreiben …)

anuphti hat Folgendes geschrieben:
Es wird immer besser Sich kaputt lachen


Merci smile

MDK hat Folgendes geschrieben:
Herrlicher Nonsens Laughing Irgendwie habe ich beim Lesen Leslie Nielsen und Konsorten vor Augen. Das ist solch ein Stoff, aus dem Filme wie "Die nackte Kanone" gemacht sind Daumen hoch


Für jemanden, der besagte Filme mehr oder weniger auswendig kennt, ist das ja mal ein sehr schönes Lob.

Mumienfreund hat Folgendes geschrieben:
Gewohnt großartig.


Merci smile

Mumienfreund hat Folgendes geschrieben:
Könntest du nicht ein Werk daraus machen? Einen Schreibratgeber vielleicht: "30 geniale Romananfänge." Würd ich mir sofort zulegen.


Öh, nee, kann ich mir grad nicht vorstellen.


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Klemens_Fitte
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Beitrag03.05.2023 08:02

von Klemens_Fitte
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OPERATION Gramschatzer Wald


Staffel 2

Was bisher geschah

Nach einem mysteriösen Telefonanruf packt Gramsa Gamsa einen unverdächtigen Koffer mit sehr verdächtigem Inhalt und macht sich auf den Weg zum Hauptbahnhof. Beim Verlassen des Hauses wird er aus Grigori ›Igor‹ Igorowitschs Wohnung von Igori ›Gogo‹ Grigorowitsch beobachtet, der kurz darauf von einer unbekannten Person kontaktiert wird. Das Telefongespräch zwischen Grigorowitsch und jener unbekannten Person wird wiederum von der Gogo-Tänzerin Gemma Zumirah beobachtet, die den Zeitpunkt des Gesprächs auf einem Zigarettenpaper notiert. Derweil hat Gramsa Gamsa den Hauptbahnhof erreicht, wo er eine Reihe Passbilder anfertigen lässt und eine mysteriöse Zahlenfolge an einem Verkaufsautomaten eintippt. An jenem Verkaufsautomaten wird kurze Zeit später durch einen genervten Fußtritt ein Mechanismus noch unbekannter Funktion ausgelöst – ein Mechanismus, der sich an einem Automaten in der Granseer Granitolfabrik wiederholt, wo Grigori Igorowitsch als Abschaber arbeitet. Derweil lernt Gemma Zumirah im Café Sansibar den schneidigen Ken Broccoli kennen und entzündet im Verlauf des Gesprächs unwillentlich das Paper, auf dem sie das Telefonat notiert hatte.


Fortsetzung folgt

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