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Günter Wendt Exposéadler
Beiträge: 2850
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28.03.2023 17:11
von Günter Wendt
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Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Sorry, ich verstehe den Faden nicht; liegt wohl am Alter.
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Es geht um Schulanfänger. Vermutlich 70er oder 80er Jahre.
Die Direktorin scheint keine ausgebildete Lehrkraft gewesen zu sein.
Eine Lehrerin hätte eine kindgerechte Sprache gehabt.
Also saß MDK nur da, mit offenen Mund und wusste absolut nicht was das Gequatsche da vorne sollte, weil sie die Wörter und Wortkombinationen noch nie gehört hatte. Irgendwas mit „Schultüte böse!“.
Aber warum genau hat sie damals nicht verstanden.
Für diese Art der Kommunikation, die für ein Kind unverständlich ist, suchen wir eine Umschreibung, die diese Art des des völlig am Kind vorbeigehenden „Zugelabers“.
Einige Vorschläge gab es bereits. Auch Satzvorschläge meinerseits.
Fehlt nur noch MDKs Antwort.
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MDK Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 350 Wohnort: OWL
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28.03.2023 17:13
von MDK
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Hallo ihr Lieben,
so, Feierabend, jetzt kann ich mich in die Unterhaltung stürzen. Erst einmal vielen Dank für eure vielfältigen Beiträge und die wirklich interessanten Vorschläge.
Ich muss mir unbedingt angewöhnen zu sagen, aus wessen Sicht erzählt wird; in diesem Fall ist es eine erwachsene Frau, die sich an ihre Kindheit erinnert. Diese spielt sich in Polen Anfang der achtziger Jahre ab. Die oben geschriebenen Zeilen entstehen also im Kopf der Frau.
Eigentlich gehört der Text zum Interview mit meiner Protagonistin, um sie für den Verlauf des Romans besser "kennenzulernen". Im Verlauf dieses Interviews hat sich irgendwie ein Kapitel herauskristallisiert.
Ihr habt alle top Vorschläge gemacht. Der Begriff, der für mein Gefühl am ehesten passt, ist elaboriert.
Hört man heutzutage selten, passt aber 1:1 auf die Direktorin.
Die Szene habe ich übrigens selbst so erlebt, ich verarbeite hier eigene Erinnerungen an die Einschulung, wenn auch es bei mir keine Schultüte gab (Kriegsrecht - Geschäfte leer).
Aufgebläht würde auch passen, wird aber der Frau nicht ganz gerecht. Man muss sie sich in einer Mischung aus affektiertem Getue vorstellen, eine vom Sozialismus durchdrungene Akademikerin, die zum Lachen in den Keller geht. Sie war mit Sicherheit intelligent, das will ich nicht abstreiten, aber auch sehr stolz und belehrend. Na ja, es waren andere Zeiten, man ging mit Kindern völlig anders um, als heute.
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MDK Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 350 Wohnort: OWL
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28.03.2023 17:24
von MDK
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Wer Lust hat; hier der ganze Text den Schulanfang betreffend. Es ist ein Erstentwurf und war - wie gesagt - als Interview gedacht. Ich plane aber, den Teil in eines der Kapitel über die Kindheit reinzunehmen.
Bevor ich in die erste Klasse kam, hatte ich Bammel vor den vielen Kindern und vor den Lehrern. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt und hatte die Befürchtung, dass ich all den Erwartungen nicht gerecht werden würde, denn ich wusste und konnte doch so gut wie nichts.
An meinem ersten Schultag begleiteten mich Mama, Oma und Opa zur Schule. Es waren viele andere Kinder da, die größeren zeigten kaum Interesse an uns Kleinen. Wir beäugten uns gegenseitig, loteten uns aus, manche schlossen erste Freundschaften. Ich wunderte mich darüber, wie schnell das bei bei ihnen ging, hatte den Eindruck, dass sie sich womöglich vorher schon kannten. Es gab auch viele, die, so wie ich, allein standen und unsicher um sich blickten, die Schultüte beschützend an sich gepresst. Die durfte in der Schule natürlich nicht ausgepackt werden. Die Lehrer wollten niemanden in Verlegenheit bringen, in dessen Tüte womöglich überwiegend zerknülltes Zeitungspapier und etwas Obst lag.
Was mir vor allem an meinen ersten Schultag in Erinnerung blieb, ist der Moment, als ich in der Schlange zur Aula stand, in der die Direktorin für uns Erstklässler eine Rede halten würde. Ich lugte gerade schüchtern über den Rand meiner Schultüte hinweg, als jemand kurz an meinem Pferdeschwanz zog. Als ich mich umdrehte, sah ich in Marians lächelndes Gesicht. Er zwinkerte mir zu, dann war er schon wieder weg. Ich sah ihm nach, wie er mit einem anderen Jungen den Gang hinab ging, auf dem Rücken sein brauner Tornister. Sie unterhielten sich. Er hakte die Daumen in die Trageriemen des Ranzens ein und entgegnete etwas auf die Frage des anderen. Ich zuckte auf, als eine Lehrerin mich anstupste und sagte: „Träum nicht, Mädchen, geh rein.“
Die Lehrer waren streng. Das war nicht wirklich neu für mich. Es herrschte zu der Zeit eine allgemeine, gewisse Strenge gegenüber Kindern, von denen man erwartete, dass sie brav waren, sich zu benehmen und die richtigen Antworten zu geben wussten. Diese Erwartung wurde nicht unfreundlich oder barsch transportiert, vielmehr scheint es mir aus heutiger Sicht, dass die Erwachsenen sich wie in gegenseitigem Einverständnis darüber einig waren, dass Kinder mit höflicher aber strenger Hand erzogen werden mussten, und dass die Belohnung sich in wohlwollender Anerkennung manifestierte, die mit jovialem Getue einherging. Die Menschen hatten noch diese affektiert aristokratische Ader, auch wenn sie aus ärmlichsten Verhältnissen stammten. Distanziert höflich zu sein und sich gepflegt auszudrücken, war ein Zeichen von Wertschätzung; sich selbst und dem anderen gegenüber.
Die Rede der Direktorin verstand ich nicht. Nicht, dass es etwa am Geräuschpegel gelegen hätte. In der Aula war es so still, man konnte jedes Rascheln und jedes kleine Husten hören, manchmal auch das Schniefen eines vor Angst weinenden Kindes. Wir mussten uns alle auf den Boden hocken und sahen überwiegend ängstlich um uns, völlig erschlagen ob der Masse an kleinen Menschen ringsum. Ich weiß noch, dass die Direktorin etwas gegen unsere Schultüten hatte, verstand jedoch weder den Grund, noch die viel zu elaborierte Art, in der sie mit uns sprach.
Anschluss an die Kinder fand ich erst, als wir im Klassenraum unsere Sitzplätze zugewiesen bekamen.
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Günter Wendt Exposéadler
Beiträge: 2850
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28.03.2023 18:16
von Günter Wendt
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Jetzt müsste jeder Leser (und Leserin) auf Anhieb wissen was „elaboriert“ genau bedeutet.
Ich weiß es, weil ich gegoogelt habe
Das solltest du bedenken. Deine Entscheidung. 🤷🏽
Ansonsten solltest du auch auf die Zeiten achten. Vergangenheit, Gegenwart und diese „vergangene vollendete Vergangenheit“
Beispiel
Bevor ich in die erste Klasse gekommen bin … hatte ich …
… ich wusste nicht was auf mich zukommen würde …
Wenn das im Zusammenhang mit einem Interview geschrieben wird, solltest du unbedingt auf die Zeiten achten.
Interview in der Gegenwart, das erzählte einfache Vergangenheit. Beispielsweise. Auch vollendete, aktive Vergangenheit (ist gegangen oder hat gesagt etc.)
Oder … Interview einfache Vergangenheit und das erzählte vollendete Vergangenheit. Der Leser muss immer wissen WO er sich befindet.
Ansonsten hast du einen guten Stil. Das schaffst du.♥️
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MDK Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 350 Wohnort: OWL
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28.03.2023 18:25
von MDK
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Danke dir, Günter, ich werde mir die Zeiten auf jeden Fall noch mal vorknöpfen.
Der Begriff soll ruhig gegoogelt werden, wenn jemand ihn nicht kennt, das trägt zur Allgemeinbildung bei
Ich verwende z.B. auch mit Vorliebe die Präposition ob, sie hört sich für mich irgendwie schlüssiger an, als wegen und derlei. Meine Testleser kannten diese gar nicht und meinte, das sei ein Fehler. Ich finde das schade, weil das ob in meinen Ohren "eleganter" klingt. Ist sicherlich Geschmackssache.
… und sahen überwiegend ängstlich um uns, völlig erschlagen ob der Masse an kleinen Menschen ringsum.
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MDK Eselsohr
Alter: 47 Beiträge: 350 Wohnort: OWL
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28.03.2023 18:29
von MDK
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Rübenach hat Folgendes geschrieben: | elaborierte Art? |
Rübenach, danke dir für den Tipp
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