Camille (eine Erinnerung)

[wohe]

Zu meinem Bedauern landete die Schweizerin Camille Rast in der letzten Woche beim Slalom auf dem 19. Platz (wobei mir eigentlich alle Mädels leid tun, die nicht gewinnen - ist wohl biologisch bedingt) und infolge irgend welcher seltsamen Neuronenverschaltungen in meinem Hirn erinnerte mich dies (sozusagen zeitverzögert) eben an eine Begebenheit in den späten 70er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Ich war mit einem Freund zu Besuch bei Bekannten in Cassis, wo sich jenseits der Straße zur Calanque kleine Felsvorsprünge ins Meer erstreckten, die Sonnenanbetern als Strandersatz dienten und zwischen diesen lief ich damals träumend hin und her.
Ich hatte kurz zuvor versucht zu belegen, dass die Französische Revolution ohne Camille Desmoulins’ „À la lanterne!“ nicht in gleicher Weise abgelaufen wäre (klappte nicht, da die These Quatsch war) und daher war Camille für mich fälschlicherweise ein rein männlicher Vorname. Um so verwirrter sah ich deshalb wohl eine junge Frau an, als sie mit diesem Namen angesprochen wurde. Sie wiederum bedachte mich mit irgend etwas Französischem (ich konnte und kann nur „un vin rouge“) und erst, als wir uns auf Englisch eingepegelt hatten, konnte ich den Zusammenhang klären und anschließend neben ihr in die Sonne gucken, dann mit ihr Kaffee trinken, am Hafen spazieren gehen und so weiter und so weiter.
Am Ende blieben uns zwei viel zu kurze Wochen bis ich nach Hause musste und wir uns all die Wiedersehen schworen, die es nie gab, denn sowohl für meinen nur noch bedingt straßentauglichen VW-Käfer als auch für mein Einkommen als taxifahrendem Studenten war die Entfernung von 1400km genauso wenig eine Mehrfachoption wie für sie als eine von ihren Eltern finanzierte Studentin.
Was bleibt, ist eine klitzekleine Traurigkeit, die ich auch nach fast 50 Jahre immer noch spüre, wenn ich nur diesen Namen höre.
Camille.

[Aska Centauri]

Hallo wohe,

Deine Geschichte hat mich berührt.

Liebe Grüße
Aska

[Gast]

Gerade erst entdeckt und @wohe, mich hat es berührt - und gewundert: Warum im Trash und nicht unter Kurzprosa?

[Arminius]

Ja, so was gibt's. Hat sicher fast jede*r schon mal erlebt. Da steigt in mir gleich eine ähnliche Erinnerung auf.
Danke dafür!