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silke-k-weiler Klammeraffe
Alter: 49 Beiträge: 748
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20.11.2022 20:00 Und Lina lacht von silke-k-weiler
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»Sie hat die strahlendsten Augen von allen, meine Lina. Da ist ein Leuchten tief drinnen, das nur ich seh. Augenstern nenn ich sie immer. Und da lacht sie. Ja, da lacht-« Er stockt. Seine Aufmerksamkeit springt wie ein Tonabnehmer aus der Rille, die Stimme verliert sich in unverständlichem Gemurmel.
Sie sitzt dicht bei ihm, hält seine Hand, während er in unerreichbarer Ferne weilt. Vielleicht an einem lauen Tag im Mai, an dem er einen Verlobungsring über den Finger seiner Lina streifen wird. Ein dünner goldener Ring, eine Form endlos wie ihre Liebe.
Ganz unbewusst streicht sie die Falten auf seinem Handrücken glatt. Als es ihr auffällt, wünscht sie sich, auch sein Denken wieder glätten zu können, bis es ruhig daliegt wie ein See. Mit freier Sicht auf alle Ufer.
Verwerfungen haben seinen Verstand aufgebrochen. Gewaltige Schollen schneiden ihn wie Gebirgszüge von der Gegenwart ab. Erinnerungen verschwinden in tiefen Graten und versickern dort. Andere schießen gipfelgleich in grell erleuchtete Höhen, zusammenhanglos aus ihrem Verbund gerissen. Wie jener Augenblick im Mai.
Inzwischen muss sie die Haustür abschließen, ihn hüten wie ein Kind. Einmal ist er auf die Straße gelaufen, hat Passanten gefragt, wo seine Lina sei. Nachts treibt ihn Unruhe durchs Haus, folgt sein Geist verworrenen Serpentinen in die Irre. Dann möchte sie schreien. Ihn packen und schütteln. Ihn zur Besinnung bringen. Jenes Bollwerk einstampfen, das ihn von ihr trennt wie der Fluss die beiden Königskinder. Doch sie weiß, ihre Stimme würde wie ein Echo zurückprallen und Grobheit ihn nur tiefer in dunkle Schluchten treiben.
Gestern fragte jemand: »Woher nimmst du nur all die Kraft?«
»Aus fast sechzig gemeinsamen Jahren«, lautete die Antwort. »Und aus den guten Tagen.«
An guten Tagen spürt sie, wie ihre Berührung zu einem Anker wird. Wenn sie gemeinsam in Alben blättern, wenn sie ihm ihr Lied vorsummt, verwandeln sich vergilbte Fotos in Landmarken, die ihn zu ihr zurückführen, und die Melodie webt einen Moment des Erkennens.
Dann flüstert er: »Augenstern.«
Und Lina lacht.
Weitere Werke von silke-k-weiler:
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UtherPendragon Eselsohr
U
Beiträge: 402
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U 28.11.2022 02:50
von UtherPendragon
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Vielleicht bin ich einfach nur saumüde, aber das ist ein sauguter Text, gefühlvoll ohne kitischig zu sein, ein in dem letzten Jahrzehnt oft verarbeiteten Thema doch noch etwas abgewinnend, STIMMIG auf eine Postkarte passend und das Thema kreativ umsetzend
Nur angesichts des (Halb)Satzes "Ein dünner goldener Ring, eine Form endlos wie ihre Liebe. " möchte ich vor Wut rumtrampeln: Das hat es doch nicht gebraucht! Passt überhaupt nicht zum Rest.
Macht aber nichts. Wird bestimmt eine gute Bewertung bekommen!
Beste Grüße, berührt,
UP
Edit: Nun mein Favorit. Das ist wirklich ein toll geschriebener Text.
_________________ Dies ist ein Text, der an jeden Deiner Beiträge angehangen werden kann. Es besteht ein Limit von 400 Buchstaben. |
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d.frank Reißwolf
D Alter: 44 Beiträge: 1122 Wohnort: berlin
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D 28.11.2022 03:15
von d.frank
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Das ist kein komplizierter, sperriger Text, keine Avantgarde, kein exklusiver Rohdiamant, kein neues Thema, nur ein ganz bisschen Suspence, noch weniger Kitsch, und trotzdem berührt mich das und darum geht es wohl beim Lesen, dass einer den richtigen Ton findet für die Dinge, die er erzählt. Er behandelt das klassische Bild der romantischen Liebe aus einem reifen und anderen Blickwinkel, fängt das mit so wenigen Worten ein, was da passiert: das Unverständnis, das Klammern, natürlich ist das verklärt und natürlich ist das auch kitschig, aber ich mag es trotzdem von allen diesen kurzen Texten am Liebsten, weil, darüber hinaus geht es für mich hier auch um Glück, einen winzigen Moment in der Länge eines Lebens, etwas, an dem man sich immerzu festhalten kann, wenn es einmal dagewesen ist.
edit:
Jetzt sind es doch nur vier Punkte geworden.
Der Text hat einfach einen unlauteren Vorteil, weil er auf die typischen Knöpfe drückt. Das ändert aber nichts daran, dass er das ziemlich gut kann.
_________________ Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer |
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6125 Wohnort: Nullraum
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28.11.2022 17:27
von V.K.B.
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Ah, da ist sie ja. Die obligatorische Demenzgeschichte, die in keinem Wettbewerb fehlen darf. Sorry, Originalitätspunkte erntest du damit nicht mehr. Auch wenn das gut geschrieben ist, wobei mich aber gelegentliche Erklärbärpassagen rauswerfen. Dennoch kann ich mitfühlen. Schön, wenn Liebe so lange hält, ich allerdings glaube nicht mehr an sie und lese das eher als Märchen (der Satz "wie der Fluss die beiden Königskinder" lädt ja auch dazu ein).
Verdammt viele Geschichten diesmal, und nur so wenig Punkte. Leider bleiben für diese Geschichte keine mehr übrig. Heißt aber nicht, dass ich sie schlecht fand.
Beste Grüße,
Veith
_________________ Let the cosmic muse I summoned forth inspire thee …
Warning: Cthulhu may still occasionally jumpscare people … |
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nebenfluss Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5976 Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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28.11.2022 17:42
von nebenfluss
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Eigentlich mag ich keine Geschichten über Demenz mehr lesen, aber was will man machen, bei einem Thema, das in einer überalterten Gesellschaft für so viele Menschen präsent ist und aufgrund seiner emotionalen Belastung natürlich auch immer wieder Eingang in den Versuch einer literarischen Verarbeitung findet. Allerdings, wie ein Physiotherapeut einmal wegen meiner Beschwerde über eine schmerzhafte Dehnübung zu mir sagte: If you don’t like it, you need it. Und wenn es dann so gut beobachtet und verwortet wie hier passiert, kann ich mich dem dann doch nicht entziehen. Selbst das latent Kitschige der Glorifizierung Linas kann man ja alten Menschen nicht übelnehmen. Der Text endet mit einem gemeinsamen Glücksmoment, vielleicht dem letzten echten Zusammensein des Paares.
Dass dieser letzte Satz gleichzeitig den Titel der Kurzgeschichte bildet, hat mir nicht ganz so zugesagt, obwohl ich das in meinem eigenen Beitrag genauso gemacht habe. Vielleicht liegt es an dem „Und“ am Anfang oder daran, dass er quasi die Pointe vorwegnimmt, oder schlicht daran, dass mein Bedarf an Titeln mit dem Namen Lina darin nun auf längere Zeit gedeckt ist. Ich denke jedenfalls, da hätte sich etwas Besseres finden lassen.
_________________ "You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson) |
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hobbes Tretbootliteratin & Verkaufsgenie
Moderatorin
Beiträge: 4279
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28.11.2022 19:36
von hobbes
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Es scheint bei jedem Wettbewerb (mindestens) die eine Demenz-Geschichte zu geben. Und leider scheinen sie auch alle auf ähnliche Weise erzählt werden zu müssen. Dummerweise mag ich sie aber nicht mehr lesen.
_________________ Don't play what's there, play what's not there.
Miles Davis |
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tronde Klammeraffe
T
Beiträge: 524
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T 28.11.2022 21:00
von tronde
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Hallo!
Der Text gefällt mir sehr gut. Gut umgesetztes Thema. Schöne Bilder.
Vielleicht als einzige Anmerkung: Es gibt da diesen Sprung vom Seebild zum Gebirge. Das mit den Verwerfungen im Geist ist ein starkes Bild, ohne Sprung ginge es vielleicht so:
... sein Denken wieder glätten zu können, bis es offen und weit ist wie eine Ebene. Mit freier Sicht auf den Horizont.
Aber der "glatte See" ist natürlich ein etablierteres Bild und vielleicht auch ein stärkeres.
Nein, ich habe nichts zu meckern: sicher weit oben mit dabei.
Herzliche Grüße!
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Michel Bücherwurm
Alter: 52 Beiträge: 3376 Wohnort: bei Freiburg
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29.11.2022 14:01
von Michel
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Der Text erreicht mich. Direkt.
Linas Mann versinkt in der Demenz, für die du, finde ich, phantastische Bilder findest. Die aufgebrochenen Schollen sind hängengelieben. (Nur die Spur vom Mai scheint auch Lina verloren zu gehen.)
Und was für ein versöhnliches Ende, trotz Leid und Entfremdung – weil unter den wegfallenden Schichten der Persönlichkeit eine ganz große Liebe zum Vorschein kommt.
Im zweiten Durchgang schleicht sich etwas ein, dieses "Das ist zu einfach, so funktioniert das nicht". Kann es nicht ganz einordnen - ist mir der Text zu glatt?
_________________ Seit 27. April im Handel: "Rond", der dritte Band der Flüchtlings-Chroniken |
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Elisa Eselsohr
E
Beiträge: 272
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E 29.11.2022 15:32 Re: Und Lina lacht von Elisa
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Hallo du,
du weißt, was du tust! Ich habe deine Geschichte sehr gern gelesen. Sie ist sicher umgesetzt und liest sich flüssig.
Deinen Schreibstil würde ich bei E-Literatur einordnen.
Für Anspruch, Emotionen und deinen professionellen Schreibstil gebe ich dir 10 Punkte.
Meine Lieblingsstellen:
Postkartenprosa hat Folgendes geschrieben: | Ganz unbewusst streicht sie die Falten auf seinem Handrücken glatt. Als es ihr auffällt, wünscht sie sich, auch sein Denken wieder glätten zu können, bis es ruhig daliegt wie ein See. Mit freier Sicht auf alle Ufer. |
Postkartenprosa hat Folgendes geschrieben: | Wenn sie gemeinsam in Alben blättern, wenn sie ihm ihr Lied vorsummt, verwandeln sich vergilbte Fotos in Landmarken, die ihn zu ihr zurückführen, und die Melodie webt einen Moment des Erkennens. |
Liebe Grüße
Elisa
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Murnockerl Eselsohr
M
Beiträge: 333
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M 29.11.2022 19:04
von Murnockerl
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Ein schöner Text, der nur deshalb leer ausgeht, weil Idee und Umsetzung nicht so sehr hervorstechen wie andere, stilistisch vergleichbare Punkteanwärter.
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holg Exposéadler
Moderator
Beiträge: 2394 Wohnort: knapp rechts von links
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30.11.2022 10:41
von holg
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Jedes Mal, wenn ich eine Geschichte über Demenz lese, muss ich einerseits an meine Großmutter denken, die wir ein paar Jahre lang zuhause gepflegt haben. Von daher erkenne ich, dass diese Geschichte hier das ziemlich gut auf den Punkt bringt. Andererseits hoffe ich, dass weder meine Frau noch ich so dement werden, wie Linas Augenstern-Nenner oder meine Oma.
Die Geschichte schwappt ein wenig zwischen nüchtern-treffender Beschreibung, für meinen Geschmack etwas zu großen Worten (der Bergsee-Abschnitt) und sehr schönen Formulierungen wie Zitat: | Seine Aufmerksamkeit springt wie ein Tonabnehmer aus der Rille | Um das zu verstehen muss man natürlich alt genug sein, um zu wissen, was ein Plattenspieler ist.
Ein bisschen hadere ich mit der Vorgabenerfüllung, denn diese eine Erwähnung dieses einen Vorfalls, wo der Alte, seine Lina suchend auf die Straße rennt, ist wohl kaum geeignet, das Thema des Textes zu setzen. Dann aber wird mir klar, dass es um die Schätze geht. Die Kleinode der Erinnerung. Die weniger werdenden klaren Momente. Der wärmende Schein gemeinsamen Glücks.
Und das funktioniert für mich gut.
_________________ Why so testerical? |
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finest.fire Leseratte
Alter: 36 Beiträge: 173 Wohnort: Berlin
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30.11.2022 14:58
von finest.fire
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Ich finde da einige sehr schöne Bilder, die Idee gefällt. Denke man könnte mit kleinen Korretürchen noch mehr herausholen. Irgendwie stört mich der erste Satz. "strahlende Augen" ist mir als Beschreibung eines Dementen zu unpersönlich, zu unbesonders, es geht ja um seine große Liebe. da würde vielleicht eine Charaktereigenschaft oder vielleicht Augen die dieselbe Farbe haben wie Maronenröhrlinge, wenn man sie mit dem Messer anschneidet- Z.B.(!)
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gold Papiertiger
Beiträge: 4926 Wohnort: unter Wasser
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30.11.2022 22:15
von gold
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mein Favorit. Deine Geschichte brachte mich zum Heulen...
_________________ es sind die Krähen
die zetern
in wogenden Zedern
Make Tofu Not War (Goshka Macuga)
Es dauert lange, bis man jung wird. (Pablo Picasso) |
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Nachtvogel Leseratte
Alter: 32 Beiträge: 117 Wohnort: Münster
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03.12.2022 00:47
von Nachtvogel
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Du findest genau die richtigen Worte für diese Erzählung. Kein Wort zu viel, kein Wort zu wenig, und wunderschöne Metaphern und Vergleiche. Und das Thema "Wo ist Lina?" ist auch auf so treffende und gleichzeitig kreative Weise umgesetzt worden. Ich habe diese Geschichte jetzt schon einige Male gelesen und sie begeistert mich immer noch. Ein stilles, trauriges Thema, aber so schön und hoffnungsvoll erzählt. Mein absoluter Favorit!
12 Punkte
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wohe Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 628 Wohnort: Berlin
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W 04.12.2022 17:36
von wohe
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Die Vorgaben und die üblichen Kriterien (Stil, Aufbau, Spannung bzw. Stimmung, usw. = ok) sind erfüllt.
Ein Text, der ein schreckliches Schicksal einer Liebe gegenüber stellt, die das Leid überlebt.
Eine traurige Geschichte, die leider so viele Entsprechungen in der Realität hat.
Gefällt mir gut.
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Constantine Bücherwurm
Beiträge: 3308
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05.12.2022 13:47
von Constantine
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Bonjour sehr geehrte Postkarte
Sehr gefühlvolle Schilderung einer Liebe in Zeiten der Demenz. Eigentlich nicht mein Favorit, hast du Text dich nach und nach immer weiter nach oben geschoben und dann blieb als einziger Platz dieser hier übrig und ich sah es mir an und befand es als gut und passend.
Von mir: douze points.
Gratulation!
Merci beaucoup
Constantine
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dürüm Wolf im Negligé
Alter: 46 Beiträge: 966 Wohnort: Cape Town
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05.12.2022 14:44
von dürüm
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Silke? Bist Du das?
Dieser Text hat eine tiefe berührende Qualität, die ihn für mich zum absoluten Favoriten machen.
Lieblingsstelle:
Zitat: | Verwerfungen haben seinen Verstand aufgebrochen. Gewaltige Schollen schneiden ihn wie Gebirgszüge von der Gegenwart ab. Erinnerungen verschwinden in tiefen Graten und versickern dort. Andere schießen gipfelgleich in grell erleuchtete Höhen, zusammenhanglos aus ihrem Verbund gerissen.
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Sehr gerne gelesen!
12 Punkte
Gruß
Kerem
_________________ Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiß, ob sie wiederkommen.
(Oscar Wilde)
Der Willige wird vom Schicksal geführt. Der Störrische geschleift.
(Seneca) |
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F.J.G. Bitte keinen Weichspüler verwenden
Alter: 33 Beiträge: 1947 Wohnort: Wurde erfragt
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05.12.2022 16:14 Re: Und Lina lacht von F.J.G.
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Wertes unbekanntes schreibendes Wesen,
leider habe ich mit diesem Text ein paar kleinere Probleme.
Postkartenprosa hat Folgendes geschrieben: | Seine Aufmerksamkeit springt wie ein Tonabnehmer aus der Rille |
Für mich passt dieser Vergleich nicht so ganz. Eine Schallplattenrille ist doch etwas, das die Diamantnadel erst recht in der Rille halten soll, oder nicht? Jedenfalls ist mir noch keine Vinylplatte untergekommen, bei der der Tonabnehmer von selbst munter raushüpfte.
Der Rest des Textes? Ja, den habe ich auch gelesen.
Und leider komme ich abermals nicht dahinter, was nun Sinn und Zweck der Aussagen sein soll.
Vielleicht bin ich ja auch einfach nur ein Kunstbanause. Durchaus möglich.
Dennoch danke ich brav für den Text und die zweifellos große Arbeit, die dahintersteckt.
Der Kojote
_________________ Ab sofort erhältlich: Achtung Ungarn! Ein humorvolles Benutzerhandbuch |
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Heidi Reißwolf
Alter: 42 Beiträge: 1424 Wohnort: Hamburg
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05.12.2022 17:03
von Heidi
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Der Titel
spricht mich nicht wirklich an. Außerhalb dieses Wettbewerbs wäre dieser Titel sogar ein Kriterium gewesen, den Text nicht zu lesen. Er weckt in mir keinerlei Assoziationen, macht mich nicht neugierig und ist auch nicht besonders.
Die Sprache
Der Text ist solide geschrieben.
Die Figur(en)
Lina wird in diesem Text als fürsorglich dargestellt, als alte Frau, die aus Liebe zu ihrem Mann, zu ihm steht und sein Vergessen ertragen kann, obwohl sie sehr darunter leidet.
Linas Mann zeigt ebenso deutlich seine Liebe zu seiner Frau, indem der Kosename „Augenstern“ eingeworfen wird.
Ein wenig klischeehaft wirkt sie auf mich, die Lina.
Der Inhalt
Das Thema Demenz im Zusammenhang mit Liebe und Treue eines langjährigen Ehepaares ist inhaltlich gesehen natürlich ein wahrer Tränendrüsendrücker. Es wird deutlich wie sehr Lina die Erkrankung ihres Mannes mitnimmt, aber sie macht weiter.
Der Gesamteindruck
Das ist eine perfekt ausgearbeitete kleine Geschichte. Sie macht traurig und lässt bewundernd auf Lina blicken, die ihr Schicksal mit Fassung und Liebe trägt. Es fehlt nichts bei der Geschichte, es ist auch nichts zu viel. Und trotzdem reißt sie mich nicht vom Hocker. Sie ist mir schon fast zu perfekt, es gibt nichts Außergewöhnliches, nichts was mich packt und mitreißt in Umsetzung und Sprache. Auch die Themenumsetzung „Wo ist Lina?“ finde ich hier nicht vor. Lina ist eindeutig da und wird auch nicht vermisst. Sogar für ihren an Demenz erkrankten Mann ist klar, dass Lina sein Augenstern ist. Und sie sitzt bei ihm - zumindest aus meiner Perspektive, seine kommt im Text tatsächlich etwas zu kurz, denn, wenn ich mehrmals ums Eck denke, kann ich mir zusammenreimen, dass die Themenvorgabe möglicherweise gelöst sein möchte, indem die Demenz als wo-ist-dieser-Mensch-eigentlich? gedacht ist, weil er gedanklich nicht ganz bei Sinnen ist, in ihrer Welt der Erinnerungen lebt, nicht mehr durchdringen kann zu der Welt seiner Lieben, seiner Lina, die nicht nur in ihm drin existiert und weil er vergisst. Wenn das der Gedanke zum Textinhalt und zur Themenumsetzung war, wird das in der Geschichte nicht ausreichend deutilch.
Ich möchte aber dennoch hervorheben, dass ich es bewundernswert finde, wenn jemand eine komplette Geschichte mit so wenigen Worten erzählen kann, die auch Sinn ergibt und zwei Menschen halbwegs authentisch charakterisiert.
Und trotzdem: keine Punkte.
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Jenni Bücherwurm
Beiträge: 3310
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05.12.2022 18:15
von Jenni
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Der unvermeidliche Demenztext.
Zumindest macht er daraus kein Rätsel. Und was heißt zumindest, ich finde das tatsächlich sehr schön erzählt, in passender Sprache, ohne eine übertriebene Sentimentalität, dem Thema angemessen. Das Ende ist berührend und der Titel dementsprechend schön.
Wenn ich den Text unbepunktet lasse, dann allein deshalb, weil ich (gerade im dsfo) schon so viele Geschichten über Demenz gelesen habe, und etwas wirklich Neues dieser feine kleine Text dem nicht hinzufügt.
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MoL Quelle
Beiträge: 1845 Wohnort: NRW
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05.12.2022 22:14
von MoL
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Lieber Inko!
Witziger Weise habe ich mal eine ähnliche Geschichte geschrieben, ich mag sowas ja, auch den Frohsinn am Ende, 3 Punkte von mir.
_________________ NEU - NEU - NEU
gemeinsam mit Leveret Pale:
"Menschen und andere seltsame Wesen"
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Hexenherz-Trilogie: "Eisiger Zorn", "Glühender Hass" & "Goldener Tod", Acabus Verlag 2017, 2019, 2020.
"Die Tote in der Tränenburg", Alea Libris 2019.
"Der Zorn des Schattenkönigs", Legionarion Verlag 2021. |
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Bananenfischin Show-don't-Tellefant
Moderatorin
Beiträge: 5335 Wohnort: NRW
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06.12.2022 09:43
von Bananenfischin
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Von mir gibt es zeitbedingt leider nur einen kurzen Kommentar.
Dieser Text ist für mich im Vergleich innerhalb dieses Wettbewerbs ein mittlerer bis hoher Punktekandidat. Man kann ihm vorhalten, dass das Thema Demenz schon zu oft behandelt wurde (ich glaube, einer meiner ersten Texte im Forum tat das auch), dass er nichts Neues zu sagen hat. Aber wie er das tut, das ist einfach gut, berührend, die Metaphorik spricht mich an.
Am Ende wurden es 6 Punkte.
_________________ Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge
Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft
I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf) |
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